BGH 04. Juli 2019
V ZB 53/19
GNotKG-KV Nr. 22124, 25207

Keine Vollzugsgebühr für Einholung einer Apostille

letzte Aktualisierung: 18.10.2019
BGH, Beschl. v. 4.7.2019 – V ZB 53/19

GNotKG-KV Nr. 22124, 25207
Keine Vollzugsgebühr für Einholung einer Apostille

Dem Notar steht für die Einreichung einer Urkunde bei dem Präsidenten des Landgerichts zur
Einholung einer Apostille keine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG zu; er kann nur eine
Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG für die Erwirkung der Apostille beanspruchen.

Gründe:

I.
Der Kostenschuldner legte dem Notar (Kostengläubiger) mehrere in serbischer
Sprache verfasste Urkunden vor. Er bat um Vornahme von Unterschriftsbeglaubigungen
und um die Einholung von Apostillen für die beglaubigten
Urkunden, da die Dokumente für Serbien bestimmt seien. Der Notar wurde
auftragsgemäß tätig und holte in diesem Zusammenhang bei dem Präsidenten
des Landgerichts Hannover die Apostillen ein. Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren
von Interesse, stellte der Notar dem Kostenschuldner mit Schreiben
vom 11. September 2017 für das Erwirken der Apostille in sechs Fällen
eine Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG in Höhe von jeweils 25 € sowie für die
Übersendung der Urkunden an den Präsidenten des Landgerichts in sechs Fällen
eine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG in Höhe von jeweils 20 €
in Rechnung. Auf den Antrag des Kostenschuldners auf gerichtliche Entscheidung
hat das Landgericht die Kostenberechnung teilweise geändert und die
Vollzugsgebühren abgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Notars
hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
möchte der Notar die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche
Entscheidung erreichen.

II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts stehen dem Notar die Vollzugsgebühren
nach Nr. 22124 KV GNotKG nicht zu. Wie sich aus der Gesetzesbegründung
zu der Gebühr gemäß Nr. 25207 KV GNotKG ergebe, solle mit dem
Gebührentatbestand auch diejenige Tätigkeit des Notars abgegolten sein, die
darin liege, die Urkunde nebst Begleitschreiben dem zuständigen Präsidenten
des Landgerichts zum Erhalt der Apostille vorzulegen. Demgegenüber sei der
Gebührentatbestand der Nr. 22124 KV GNotKG nicht erfüllt, da sich die Tätigkeit
des Notars nicht auf die Übermittlung von Anträgen, Erklärungen oder Unterlagen
an das Landgericht beschränkt habe. Unabhängig davon könne es für
dieselbe Tätigkeit nicht zwei unterschiedliche Gebührentatbestände geben.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers seien gegenüber der bisherigen
Rechtslage sämtliche Tätigkeiten des Notars für das Erwirken der Apostille mit
25 € angemessen abgegolten.

III.
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht
gemäß § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 70 Abs. 1
FamFG statthaft (vgl. zum Zulassungserfordernis Senat, Beschluss vom
16. November 2017 - V ZB 124/17, FGPrax 2018, 44 Rn. 6 mwN). Sie ist auch
im Übrigen zulässig, insbesondere ist der Notar für die Rechtsbeschwerde in
Notarkostensachen selbst postulationsfähig (§ 130 Abs. 3 Satz 2 GNotKG). In
der Sache ist die Rechtsbeschwerde jedoch unbegründet, da dem Notar die
geltend gemachten Vollzugsgebühren nicht zustehen.

1. Nach Nr. 25207 des KV GNotKG erhält der Notar für die Erwirkung der
Apostille oder der Legalisation einschließlich der Beglaubigung durch den Präsidenten
des Landgerichts eine Gebühr von 25 €. Nach Nr. 22124 steht dem
Notar eine Vollzugsgebühr von 20 € zu, wenn sich seine Tätigkeit auf die
Übermittlung von Anträgen, Erklärungen oder Unterlagen an ein Gericht, eine
Behörde oder einen Dritten oder die Stellung von Anträgen im Namen der Beteiligten
beschränkt. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, beide Gebühren
könnten nicht nebeneinander geltend gemacht werden, ist zutreffend.

2. Allerdings ist die Frage umstritten. Zum Teil wird die Abrechnung einer
Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG neben der Gebühr für die Bewirkung
der Apostille nach Nr. 25207 KV GNotKG als zulässig angesehen (vgl. LG
Düsseldorf, ZNotP 2016, 79; Diehn, Notarkostenberechnungen, 5. Aufl.,
Rn. 199 u. 2179; ders., in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl.,
Nr. 22124 Rn. 11; Leipziger Gerichts- u. Notarkosten-Kommentar/Arnold,
2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 15; Volpert, RNotZ 2015, 146, 150 f.). Begründet
wird dies in erster Linie damit, dass die Erwirkung der Apostille ein
sonstiges notarielles Geschäft sei, bei dem sich die Vollzugstätigkeit des Notars
auf die Übermittlung von Unterlagen beschränke. Die Vollzugsgebühr der Nr.
22124 gelte eine andere Tätigkeit des Notars ab als diejenige für das notarielle
Geschäft, nämlich diejenige der Weiterleitung der Urkunde an das Gericht (vgl.
LG Düsseldorf, ZNotP 2016, 79). Die Gegenauffassung lehnt ein Nebeneinander
beider Gebühren ab (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 20. Aufl.,
Nr. 25207, 25208 Rn. 7 f.; ders., ZNotP 2016, 80; Schneider/Volpert/Fölsch/
Leiß, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 5; Streifzug
durch das GNotKG, 12. Aufl., Rn. 123). Ein Erwirken einer Apostille ohne Einreichen
der Urkunde bei dem zuständigen Landgericht sei nicht möglich. Die
Übermittlungstätigkeit trete nicht als eigenständige Vollzugstätigkeit, sondern
nur als notwendiger Teil des eigentlichen Verfahrens in Erscheinung. Auch
nach der Auffassung des Gesetzgebers werde mit dem Erwirken der Apostille
das gesamte Verfahren abgegolten (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG,
20. Aufl., Nr. 25207, 25208 Rn. 8; Streifzug durch das GNotK, 12. Aufl.,
Rn. 123).

3. Die zuletzt genannte Ansicht ist richtig. Dem Notar steht für die Einreichung
einer Urkunde bei dem Präsidenten des Landgerichts zur Einholung einer
Apostille keine Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG zu; er kann nur
eine Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG für die Erwirkung der Apostille beanspruchen.

a) Die Gebühr nach Nr. 25207 KV GNotKG enthält eine abschließende
Regelung für die Tätigkeiten, die das Erwirken einer Apostille notwendigerweise
mit sich bringt; dazu zählt das Übersenden der Urkunden an den Präsidenten
des Landgerichts. Eine andere Sichtweise widerspräche dem Willen des Gesetzgebers.

Dieser wollte durch die Schaffung der Nr. 25207 KV GNotKG eine
Lücke im bisherigen Recht schließen. Der Notar sollte nunmehr für seinen (gesamten)
Aufwand bei der Einholung einer Apostille oder Legalisation, zu der
auch die Vorlage der Urkunde an den Präsidenten gehört, mit der Gebühr
Nr. 25207 entlohnt werden (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 232 f.). Die Gebühr von
25 € wurde hierbei als angemessen angesehen. Dieses gesetzgeberische Ziel
würde unterlaufen, könnte der Notar zusätzlich noch eine Vollzugsgebühr von
20 € und damit für jedes Erwirken einer Apostille eine Vergütung von insgesamt
45 € beanspruchen.

b) Daraus, dass der Gesetzgeber nicht ausdrücklich angeordnet hat,
dass die Vollzugsgebühr nach Nr. 22124 KV GNotKG bei der Erwirkung einer
Apostille nicht entsteht (vgl. zu einer solchen Einschränkung etwa Nr. 25104
KV GNotKG a.E.), folgt nichts anderes (so aber LG Düsseldorf, ZNotP 2016,
79; Volpert, RNotZ 2015, 146, 151). Hieraus kann nicht geschlossen werden,
dass der Gesetzgeber davon ausging, dass neben die Gebühr nach Nr. 25207
KV GNotKG noch eine Vollzugsgebühr tritt. Näher liegt die Annahme, dass kein
Anlass für eine Anrechnungsbestimmung gesehen wurde, weil das Erwirken
einer Apostille die Vorlage der Urkunde an den Präsidenten des Landgerichts
zwingend umfasst und damit bereits durch die Gebühr nach Nr. 25207
KV GNotKG abgegolten wird (für ein bloßes Versehen des Gesetzgebers
Fackelmann, ZNotP, 2016, 80; Schneider/Volpert/Fölsch/Leiß, Gesamtes Kostenrecht,
2. Aufl., Nr. 25207 bis 25208 Rn. 5).

IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG
i.V.m. § 84 FamFG. Einer Wertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren
bedarf es nicht, da hierfür gemäß Nr. 19120 eine Festgebühr anfällt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

04.07.2019

Aktenzeichen:

V ZB 53/19

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

RNotZ 2020, 56-58
ZNotP 2020, 35-36
FGPrax 2019, 282-283
NJW 2019, 3524-3525

Normen in Titel:

GNotKG-KV Nr. 22124, 25207