Anordnung über Veräußerung eines Nachlassgrundstückes durch Testamentsvollstrecker; Auslegung
letzte Aktualisierung: 20.4.2022
KG, Beschl. v. 28.5.2021 – 19 W 26/21
BGB §§ 133, 137, 2084, 2208, 2216
Anordnung über Veräußerung eines Nachlassgrundstückes durch Testamentsvollstrecker; Auslegung
1. Ob ein Erblasser eine dinglich wirkende Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB oder eine
schuldrechtlich wirkende Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB anordnen wollte, ist durch
Auslegung zu ermitteln.
2. Eine testamentarische Anordnung, wonach die dingliche Wirkung einer Verfügung über einen
Nachlassgegenstand von der Zustimmung oder Genehmigung eines Dritten abhängen soll, der nicht
Erbe oder Mittestamentsvollstrecker ist, würde gegen § 137 S. 1 BGB verstoßen.
3. Ein Wille des Erblassers, Dritte als Kontrollinstanz über den möglichen Verkauf eines
Nachlassgrundstücks durch den Testamentsvollstrecker mitentscheiden zu lassen, lässt sich durch die
Einsetzung als Mittestamentsvollstrecker, § 2224 BGB, oder durch eine schuldrechtliche
Verwaltungsanordnung, § 2216 BGB, umsetzen.
4. Verwaltungsanordnungen gem. § 2216 BGB, die keine Beschränkungen der Verfügungsbefugnis
gem. § 2208 BGB enthalten, sind nicht in ein Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um den Inhalt eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
Die Beteiligte zu 2 ist die Tochter des Erblassers, der Beteiligte zu 1 ist der ernannte
Testamentsvollstrecker.
Der am XX.XX.1948 geborene Erblasser und seine Ehefrau errichteten am 2.11.2011 ein
gemeinschaftliches Testament (Bl. 61 ff. im Band 65 IV 300/18). Darin bestimmten sie sich
wechselseitig zu Alleinerben, jedoch sollte der überlebende Ehegatte Vorerbe sein, befreit
von allen gesetzlichen Verpflichtungen und Beschränkungen. Als Nacherben werden darin
die beiden Kinder der Eheleute, die Beteiligte zu 2 sowie M... E..., bestimmt. Ferner enthält
das Testament einige Vermächtnisse.
4 Am 19.3.2014 errichteten sie ein weiteres gemeinschaftliches Testament (Bl. 6 im Band 65
IV 300/18). Darin heißt es eingangs: „Wir, die Eheleute E... und M... E..., setzen uns
gegenseitig als Alleinerben ein.“ Danach werden verschiedene Vermächtnisse
ausgesprochen. Die Beteiligte zu 2 wird darin nicht erwähnt, von Vor- und Nacherbschaft
ist im Testament nicht die Rede.
Am XX.XX.2014 verstarb die Ehefrau des Erblassers.
Am 27.11.2016 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament. Darin heißt es
unter anderem:
„Das gemeinschaftliche Testament M... E... geb. S... und E... E... ist hinterlegt beim
Amtsgericht Schöneberg (...). Die darin getroffenen Vermächtnisse bleiben bestehen.
A) Ä... o... G... (...) 150.000,- €
B) B... (...) 50.000,- €
C) F... M... 12.000,- €
D) H... E... (...) Ihre monatlichen Rentenbezüge decken nicht die monatlichen Pflege- und
Wohnkosten. Zur Deckung soll sie einen Zuschuss von monatlich von 800,- € erhalten.
Mein Freund K... E... erhält mein Kfz (...).
Ich setze für meine Tochter, M... E... geb. am XX.XX.83, eine monatliche Rente in Höhe
von 800,- € für den Zeitraum bis zum Rentenalter fest. Die Rente ist jeweils zum ersten
eines Monats zu zahlen. Ferner erhält meine Tochter das Kfz (...). Für mich ist wichtig
sicherzustellen, dass meine Tochter von meinen vorhandenen Mitteln zunächst die Rente
erhält. Sollten weiterhin noch finanzielle Mittel vorhanden sein, setze ich folgende
Vermächtnisse aus:
A) D... K... (...) 50.000,- €
B) D... J... C... L... S... (...) 50.000,- €
Da meine Tochter an der Immobilie P... C..., ... Berlin kein Interesse hat, soll mein
gesondert zu bestellender Testamentsvollstrecker diese am Markt verkaufen. Von dem
Verkaufserlös ist zunächst sicherzustellen, dass die meiner Tochter ausgelobte Rente erfüllt
werden kann. Anschließend sind die vorbezeichneten Vermächtnisse zu erfüllen. (...)
Meinen Sohn M... E..., geb. XX.XX.77, enterbe ich. (...)
Die gegebene Vorsorgevollmacht an M... E... widerspreche ich hiermit.
Testamentsvollstrecker: RA B..., T..., ... Berlin.“
In einer handschriftlichen „Zusatzvereinbarung - Testament vom 27.11.2016“ heißt es:
„Das Testamentsvollstreckerhonorar lege ich bereits jetzt fest. (...). Für die danach
erforderliche Dauertestamentsvollstreckung erhält der Testamentsvollstrecker pro Jahr eine
pauschale Vergütung 0,5 % des Wertes des noch vorhandenen Nachlasswertes. Rest des
Erbes, auf die Vermächtnisse quotenmäßig aufzuteilen.
Bei Verkauf des Hauses: ... Berlin P... C... wird nur gültig bei Gegenzeichnung meiner
Familie (Schwager)
I. A... L... (...)
II. M... L... (...)
III. L... und A... L... (...)“
Der Beteiligte zu 1 beantragte am 14.3.2017 die Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses unter Berufung auf das Testament vom 27.11.2016. Am
20.4.2017 beantragte er eine Ergänzung dahingehend, dass für den Erbteil der Beteiligten zu
2 Dauertestamentsvollstreckung für 33 Jahre ab dem 23.1.2017 angeordnet sei und dass er
in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass nicht beschränkt sei.
Mit Beschluss vom 30.5.2017 stellte das Amtsgericht die zur Erteilung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich Tatsachen fest (Bl. I/33 d.A.). Ein
entsprechendes Testamentsvollstreckerzeugnis wurde dem Beteiligten zu 1 ausgestellt (Bl.
I/34 d.A.) und übersandt.
Am 2.11.2017 beantragte Rechtsanwältin S... in Vollmacht für den Beteiligten zu 1 die
Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin ausweist und den Vermerk
enthält, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist (Bl. I/71 ff. d.A.).
Die Beteiligte zu 2 wandte demgegenüber ein, dass der Erbschein nach ihrer
Rechtsauffassung ohne den Testamentsvollstreckervermerk zu erteilen sei. Der Erblasser
habe infolge des gemeinschaftlichen handschriftlichen Ehegattentestaments vom 2.1.2011
keine Testamentsvollstreckung anordnen dürfen, die im Widerspruch zu diesem Testament
stehe. Das Testament sei auch nicht durch das weitere gemeinschaftliche Testament vom
19.3.2014 widerrufen worden. Die Beteiligte zu 2 habe nach dem Willen der
vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers unbeschränkte Schlusserbin sein sollen. Die vom
Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung stelle eine solche Beschränkung dar.
Ferner erklärte die Beteiligte zu 2 mit Schriftsatz vom 29.1.2018 die Anfechtung der
Anordnung der Testamentsvollstreckung gemäß § 2081 BGB (Bl. I/98 ff. d.A.).
Das Amtsgericht wies darauf hin, dass das Testament vom 19.3.2014 keine bindenden
wechselseitigen Verfügungen im Hinblick auf eine Schlusserbenseinsetzung enthalte, so dass
der Erblasser berechtigt gewesen sei, nach dem Tod seiner Ehefrau neu zu testieren.
Hinsichtlich der Anfechtung sei nicht ersichtlich, welchem Irrtum der Erblasser unterlegen
sein soll.
Die Beteiligte zu 2 erklärte daraufhin, dass der Erblasser bei seiner testamentarischen
Verfügung irrtümlich davon ausgegangen sei, dass seine Tochter kein Interesse an der
künftigen Nutzung ihres ehemaligen Elternhauses in der P... C... in Berlin gehabt habe.
Tatsächlich habe die Beteiligte zu 2 ein großes Interesse an der Nutzung dieser Immobilie.
Entgegen den Vorstellungen des Erblassers nutze die Beteiligte zu 2 die Immobilie bereits
seit dem Ableben des Erblassers zu Wohnzwecken und wolle dies auch weiterhin tun. Die
Anfechtung der Verfügung sei nach § 2078 BGB begründet.
Mit Beschluss vom 7.3.2019 stellte das Amtsgericht die zur Erteilung des Erbscheins
erforderlichen Tatsachen fest. Es sei ein Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 2 als
Alleinerbin ausweise, wobei der Erbschein den Zusatz enthalte, dass
Testamentsvollstreckung angeordnet sei (Bl. I/184 ff. d.A.). Zur Begründung führt das
Amtsgericht im Wesentlichen aus, dass der Erblasser insgesamt Testamentsvollstreckung
angeordnet habe, die sich nicht auf das Grundstück beschränke. Zudem greife die
Anfechtung nicht durch, denn es sei nicht ersichtlich, dass der Erblasser die
Testamentsvollstreckung nicht angeordnet hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Beteiligte
zu 2 das Grundstück selbst nutzen wolle. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die
Anordnung auch dann erfolgt wäre, zumal der Erblasser dadurch den Lebensunterhalt der
Beteiligten zu 2 habe sichern wollen. Zudem sei dem Testamentsvollstrecker bezüglich des
Verkaufs ein Ermessen eingeräumt worden (“soll“).
Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 2 am 3.7.2019 Beschwerde ein. Zur
Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass der Testamentsvollstreckerzusatz die
Einschränkung enthalten müsste, dass diese hinsichtlich des Grundstücks in der P...... nur
auf die Verwaltung beschränkt sei. Die Beteiligte zu 2 meine zwar, dass das Grundstück der
Testamentsvollstreckung unterliege, der Testamentsvollstrecker aber nicht befugt sei, das
Grundstück zu veräußern. Dies ergebe sich aus der Zusatzvereinbarung des Erblassers vom
27.11.2016, wonach der Verkauf des Hauses nur gültig sei bei Gegenzeichnung der konkret
genannten Familienmitglieder der Familie L.... Dies sei eine Anordnung nach § 2208 BGB,
die widerstreitende dingliche Verfügungen ausschließe.
Der Beteiligte zu 1. nahm am 16.10.2019 zu der Beschwerde Stellung. Er habe den
Erblasser 2014 ständig beraten. Der Erblasser habe seine Tochter mittels der Rente
absichern wollen. Er sei nicht davon überzeugt gewesen, dass seine Tochter die Immobilie
behalten und damit sorgfältig umgehen werde. Auch könnte sie negativ in ihren
wirtschaftlichen Entscheidungen beeinflusst werden. Diese Gefahr habe der Erblasser
durch die Rentenzahlung minimieren wollen. Die Zustimmung der Verwandtschaft habe
der Erblasser aus Sicherheitsgründen gewollt, damit ein marktüblicher Preis erzielt werde,
allein darum sei es ihm gegangen. Einem Irrtum sei der Erblasser nicht unterlegen.
Die Beteiligte zu 2 hielt dem entgegen, dass die Vermächtnisse auch ohne Verkauf des
Hauses erfüllt werden könnten. Den Familienangehörigen komme bezüglich des
Hausverkaufs eine Prüfungskompetenz zu.
Das Amtsgericht half der Beschwerde am 5.3.2020 nicht ab (Bd. II, Bl. 165 d.A.).
Das Beschwerdegericht wies die Beteiligte zu 2 am 16.3.2020 darauf hin, dass die
Beschwerde kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Eine Verfügungsbeschränkung sei im
Erbschein nicht aufzunehmen, dort werde lediglich der Umstand der
Testamentsvollstreckung angeführt. Die Meinung der Beteiligten zu 2, die Erteilung eines
unbeschränkten Testamentsvollstreckervermerks stehe im Widerspruch zu dem gewollten
Zustimmungserfordernis, betreffe mithin nicht den Vermerk auf dem Erbschein, sondern
allenfalls das im dortigen Beschwerdeverfahren nicht streitgegenständliche
Testamentsvollstreckerzeugnis nach
Daraufhin nahm die Beteiligte zu 2 die Beschwerde zurück.
Mit Schriftsatz vom 2.6.2020 hat die Beteiligte zu 2 den Antrag auf Einziehung und
Kraftloserklärung des erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 30.5.2017 gestellt.
Ferner hat sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Zur Begründung verweist die Beteiligte zu 2 auf das Zustimmungserfordernis in der
Zusatzvereinbarung vom 27.11.2016. Dies sei eine eindeutige testamentarische
Verfügungsbeschränkung, so dass das unbeschränkte Testamentsvollstreckerzeugnis
einzuziehen sei, da es unrichtig sei. Der Erblasser habe eindeutig zum Ausdruck gebracht,
dass der Testamentsvollstrecker keine unbeschränkte Vollmacht zum Verkauf der
streitgegenständlichen Immobilie haben solle, sondern ein solcher Verkauf ohne
Zustimmung unwirksam sein solle. Diese Rechtsauffassung habe auch der Senat in seinem
Hinweis vom 16.3.2020 vertreten.
Der Beteiligte zu 1 ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 19.8.2020 entgegengetreten. Die
getroffene Regelung des Erblassers betreffe lediglich das Innenverhältnis. Im Übrigen habe
der Beteiligte zu 1 bereits mehrfach mitgeteilt, dass er die im Testament benannten
Personen um Zustimmung bitten würde, falls verkauft werden sollte, ein unberechtigter
Verkauf sei nicht beabsichtigt.
Mit Beschluss vom 14.9.2020 hat das Amtsgericht den Einziehungsantrag und den Antrag
auf Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im
Wesentlichen ausgeführt, dass der Erblasser dem Testamentsvollstrecker ausdrücklich die
Befugnis eingeräumt habe, über das Grundstück zu verfügen, lediglich der Nachtrag zu dem
Testament enthalte die Beschränkung der Gegenzeichnung Dritter. Bei dieser
Einschränkung handele es sich nur um eine interne Anordnung nach § 2216 Abs. 2 BGB,
die der Testamentsvollstrecker im Innenverhältnis zur Erbin zu berücksichtigen habe. Es sei
keinesfalls klar, ob die Gegenzeichnung tatsächlich bedeute, dass die benannten Personen
dem Verkauf zustimmen müssten oder ob dies lediglich bedeute, dass die Kenntnis der
Personen vor dem Verkauf sichergestellt werden solle. Da der Erblasser davon ausgegangen
sei, dass seine Tochter an dem Grundstück kein Interesse habe, könne nicht angenommen
werden, dass der Erblasser die absolute Verfügungsbefugnis habe einschränken wollen.
„Gültig“ könne in diesem Fall auch bedeuten, dass die Erbin den Verkauf dann intern zu
akzeptieren habe. Zudem habe der Erblasser erklärt, dass aus dem Verkaufserlös die zu
Gunsten seiner Tochter ausgelobte Rente zu erfüllen sei. Diesem Ziel widerspräche die
Annahme, die Verfügung über das Grundstück sei erst wirksam, wenn Dritte zustimmen
würden. Denn würde der Verkauf dann scheitern und sei die beabsichtigte Versorgung
seiner Tochter gefährdet, könnte der Testamentsvollstrecker die vom Erblasser verfolgte
Absicherung seiner Tochter nicht erreichen.
Eine Bindung an die vom Kammergericht geäußerte Auffassung bestehe nicht, da diese nur
im Rahmen einer Zwischenverfügung geäußert worden sei und zudem nicht erkennbar sei,
dass die Aufnahme der Beschränkung nach Meinung des Kammergerichts in jedem Fall zu
erfolgen habe.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2020 hat die Beteiligte zu 2 gegen den Beschluss Beschwerde
eingelegt und ihre Anträge wiederholt (Bl. II/136 ff. d.A.). Sie verweist insbesondere auf die
zuvor vom Kammergericht vertretene Auffassung vom 16.3.2020, die alleine schon eine
hinreichende Erfolgsaussicht nach
Anordnung nach § 2216 BGB sei fehlerhaft und widerspreche dem eindeutigen Wortlaut.
Dass mit „gültig“ lediglich die Kenntnisnahme des Verkaufs durch die Familienmitglieder
gemeint sei, stehe im krassen Widerspruch zum erklärten Willen des Erblassers.
Ferner hat die Beteiligte zu 2 anlässlich der Beschwerde einen Befangenheitsantrag gegen
den erstinstanzlich zuständigen Amtsrichter gestellt. Dieser ist mit Beschluss vom
18.12.2020 zurückgewiesen worden. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat die
Beteiligte zu 2 am 11.2.2021 zurückgenommen.
Der Beteiligte zu 1 ist der Beschwerde mit Schriftsatz vom 13.11.2020 entgegengetreten. Er
macht im Wesentlichen geltend, dass es der Wunsch des Erblassers gewesen sei, dass das
Haus verkauft werde, um die Vermächtnisse und die Rente seiner Tochter begleichen zu
können.
Mit Beschluss vom 25.2.2021 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die
Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt, bei dem die Akte am 3.3.2021 eingegangen ist. Der
Vorsitzende hat nach Akteneingang am 9.3.2021 folgenden Hinweis erteilt:
„A) Maßgeblicher Inhalt des damaligen Hinweises des Vorsitzenden im Verfahren 19 W
38/20 vom 16.3.2020 war, dass die Frage der Verfügungsbeschränkung jedenfalls nicht in
den Erbschein aufzunehmen sei, sondern allenfalls das Testamentsvollstreckerzeugnis
betreffe. Eine rechtliche Bindung trat dadurch für das Amtsgericht nicht ein.
B) Ob die Anweisung in der „Zusatzvereinbarung“ zum Testament bezüglich des
Grundstücksverkaufs eine dingliche Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB darstellt,
wird der Senat in seiner jetzigen Besetzung (die von der im März 2020 abweicht) zu beraten
haben. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Gültigkeit des
Grundstücksverkaufs von der Zustimmung von vier Personen abhängig gemacht wird, die
weder Erben noch Vermächtnisnehmer des Erblassers sind, also „Dritte“. Nach derzeit
ganz herrschender Ansicht in der Kommentarliteratur wäre eine solche dingliche
Beschränkung mit Blick auf § 137 BGB unwirksam (vgl. Keim, Teilung der
Verfügungsbefugnis zwischen Testamentsvollstrecker und Erben durch den Willen des
Erblassers, in
in
BeckOGK/Grotheer BGB § 2197 Rn. 129.1 und § 2208 Rn. 20; BeckOK BGB/Lange, §
2208 BGB Rn. 7; Kroiß/Ann/Mayer-Kroiß, Erbrecht 5. A., § 2208 BGB Rn. 8 f.;
Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung 6. A., § 15 Rn. 76). Wäre dieser
herrschenden Ansicht zu folgen, spräche dies dafür, mit dem Amtsgericht in der Klausel
nur eine lediglich schuldrechtlich wirkende Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB zu
sehen. An diese bliebe der Testamentsvollstrecker gebunden und würde sich ggf. bei einem
Verstoß schadensersatzpflichtig machen. Allerdings bliebe ein Grundstücksverkauf dinglich
wirksam und wäre eine Beschränkung in das Testamentsvollstreckerzeugnis dann nicht
aufzunehmen.“
Zu diesem Hinweis hat die Beschwerdeführerin keine weitere Stellungnahme abgegeben.
Der Beteiligte zu 1 hat sich dem Hinweis mit Schriftsatz vom 7.5.2021 angeschlossen. Er
sehe in der testamentarischen Anordnung nur eine Verwaltungsanordnung und werde
selbstverständlich die darin benannten Personen bei einem Verkauf informieren.
II.
Die gemäß den
Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat den Antrag auf
Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses im Ergebnis zu Recht abgelehnt, da die
Voraussetzungen für eine Einziehung nicht gegeben sind. Gemäß den §§ 2368 Abs. 2, 2361
Satz 1 BGB ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen, wenn sich ergibt, dass das
erteilte Zeugnis unrichtig ist. Eine solche Unrichtigkeit lässt sich entgegen der Ansicht der
Beschwerdeführerin vorliegend nicht feststellen.
1.
Das Zeugnis ist nicht deshalb unrichtig, weil es hinsichtlich des streitgegenständlichen
Grundstücks in der P... C... keine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des
Testamentsvollstreckers nach § 2208 BGB enthält. Die im Testament enthaltene
Bestimmung, dass die dort benannten vier Personen der Familie L... zur „Gültigkeit“ des
Verkaufs „gegenzeichnen“ müssen, ist lediglich eine Verwaltungsanordnung gemäß § 2216
Abs. 1 BGB, welche nicht in das Zeugnis aufzunehmen ist. Dies ergibt die Auslegung des
Testaments unter Berücksichtigung des Erblasserwillens.
a)
Was ein Erblasser in einem Testament rechtlich gewollt hat, ist durch Auslegung nach den
allgemeinen Grundsätzen gemäß den §§ 133, 2084 BGB zu ermitteln. Dabei ist der
wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des
Ausdrucks zu haften (BGH, Beschluss v. 10.5.2017, XII ZB 614/16, Rn. 12). Der Wortsinn
der benutzten Ausdrücke muss gewissermaßen „hinterfragt” werden, wenn dem wirklichen
Willen des Erblassers Rechnung getragen werden soll. Es müssen daher der gesamte Text
der Verfügung und auch alle dem Richter zugänglichen Umstände außerhalb der
Testamentsurkunde ausgewertet werden, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens
möglicherweise dienlich sind. Hierzu gehören unter anderem die Vermögens- und
Familienverhältnisse des Erblassers, seine Beziehungen zu den Bedachten und seine
Zielvorstellungen. Auch können weitere Schriftstücke des Erblassers oder die Auffassung
der Beteiligten nach dem Erbfall von dem Inhalt des Testaments Anhaltspunkte für den
Willen des Erblassers geben. Steht der Erblasserwille fest und ist er formgerecht erklärt,
geht er jeder anderen Interpretation, die der Wortlaut zulassen würde, vor (vgl. zum Ganzen
BGH, Urteil v. 24.6.2009, IV ZR 202/07, Rn. 24). Gemäß § 2084 BGB ist bei mehreren
möglichen Auslegungsvarianten derjenigen der Verzug zu geben, bei welcher die Verfügung
Erfolg haben kann. Es ist deshalb auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass den
Vorstellungen der Beteiligten über die rechtliche Einkleidung ihres Handelns bei Laien in
der Regel nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Deshalb sollte die Verwirklichung ihres
Willens an Zweifeln über die rechtliche Einordnung des Geschäfts nach Möglichkeit nicht
scheitern (BGH, Urteil v. 18.5.1988, IVa 36/87, Rn. 13).
b)
Ob der Erblasser mit der streitgegenständlichen Anordnung eine dinglich wirkende
Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB oder nur eine schuldrechtlich wirkende
Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB aussprechen wollte, ist nach diesen Grundsätzen
zu ermitteln. Dies führt zur Annahme einer Verwaltungsanordnung, da eine
Verfügungsbeschränkung mit Zustimmungsvorbehalt für einen Dritten rechtlich gemäß §
137 Satz 1 BGB unwirksam wäre.
Wenn ein Erblasser in seinem Testament anordnet, dass die dingliche Wirksamkeit einer
Verfügung über einen Nachlassgegenstand von der Zustimmung oder Genehmigung eines
Dritten, der nicht Erbe und nicht Mittestamentsvollstrecker ist, abhängen soll, entspricht es
allgemeiner Meinung, dass eine solche dinglich wirkende Anordnung gegen § 137 Satz 1
BGB verstoßen würde (vgl. Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 4. Auflage, § 9 Rn.
118/119; Damrau/Tanck-Bonefeld, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Auflage, § 2208 BGB
Rn. 3; Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 7. Auflage, § 2 Rn. 126
und § 4 Rn. 188; Soergel-Damrau, BGB 13. Auflage, § 2208 BGB Rn. 1; BeckOK
BGB/Lange, BGB § 2208 Rn. 7; Staudinger-Reimann (2016), Vor §§ 2197-2228 BGB Rn.
58; BeckOGK/Grotheer BGB § 2197 Rn. 129.1 und § 2208 Rn. 20; Kroiß/Ann/Mayer-
Kroiß, Erbrecht 5. Auflage, § 2208 BGB Rn. 8/9; Keim, Teilung der Verfügungsbefugnis
zwischen Testamentsvollstrecker und Erben durch den Willen des Erblassers?, in ZEV
2002, 132, 134 f.; Reimann, Die Kontrolle des Testamentsvollstreckers, in FamRZ 1995,
588, 592; Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 6. Auflage, § 15 Rn. 76).
Nach § 137 Satz 1 BGB kann die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht
nicht durch Rechtsgeschäft mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Im Regelfall steht diese Befugnis dem Rechtsinhaber selbst zu, Rechtsträgerschaft und
Verfügungsbefugnis sind in einer Hand vereinigt. Zwar wird diese Regel vom Gesetz
mehrfach durchbrochen, so gerade im Fall der Testamentsvollstreckung, denn durch deren
Anordnung wird die Verfügungsbefugnis des Erben als Rechtsinhaber für den Normalfall
mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen und dem Testamentsvollstrecker anvertraut. Aber
auch dann gilt nach der Vorschrift des § 137 Satz 1 BGB, dass eine rechtsgeschäftliche
Willenserklärung nicht die Wirkung haben darf, dass über einen Gegenstand weder vom
Rechtsträger (hier der Erbin) noch von einem an sich verfügungsbefugten Dritten (hier dem
Testamentsvollstrecker) und damit überhaupt nicht verfügt werden kann. Denn dann wäre
der Gegenstand dem Rechtsverkehr entzogen. Die Vorschrift des § 137 BGB verbietet also,
kraft Privatautonomie mit dinglicher Wirkung Gegenstände „extra commercium“ zu stellen
und will damit eine Erstarrung des Güterverkehrs verhindern (so zum Ganzen BGH,
Beschluss v. 18.6.1971, V ZB 4/71, Rn. 18).
Wenn nun ein Erblasser die dingliche Wirksamkeit einer Verfügung (insbesondere über ein
Grundstück) von der Zustimmung eines Dritten abhängig macht, hätten es weder der Erbe
noch der Testamentsvollstrecker in der Hand, über den Nachlassgegenstand zu verfügen.
Dies könnte im Ergebnis dazu führen, dass über den Nachlassgegenstand weder vom
Rechtsinhaber noch vom Verfügungsberechtigten verfügt werden kann und der Gegenstand
damit „extra commercium“ gestellt werden würde; genau dies verbietet § 137 Satz 1 BGB.
Zudem kennt das deutsche Recht keinen „Mega-Testamentsvollstrecker“, der dem
regulären Testamentsvollstrecker übergeordnet wäre (Staudinger-Reimann aaO Vor §§
2197-2228 BGB Rn. 57; BeckOK/Lange BGB § 2208 Rn. 7). Schließlich bestünde in dieser
Konstellation das Problem, dass der Dritte sich bezüglich seiner Befugnisse nicht
legitimieren könnte, so dass die Wirksamkeit von Verfügungen des Testamentsvollstreckers
im Außenverhältnis nicht nachprüfbar wäre (Staudinger-Reimann aaO Rn. 58).
Vorliegend spricht zwar die Wortwahl des Erblassers dafür, dass er tatsächlich die dingliche
Wirksamkeit der Verfügung über das Grundstück von der Zustimmung der benannten
Familienmitglieder (die nicht Erben sind) abhängig machen wollte. Wäre damit eine
Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB gewollt, wäre diese jedoch nach § 137 Satz 1
BGB unwirksam.
Ob die allein am Wortlaut orientierte Auslegung wirklich zur Annahme einer dinglichen
Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB führen müsste, kann letztlich dahingestellt
bleiben. Denn selbst wenn dies anzunehmen wäre, wäre im Rahmen der Auslegung weiter
zu prüfen, wie dem in der Anordnung zum Ausdruck kommenden Willen des Erblassers am
besten rechtswirksam - also ohne Verstoß gegen § 137 BGB - zur Durchsetzung verholfen
werden kann, § 2084 BGB. Hierzu kommen grundsätzlich drei Wege in Betracht:
(1) der Dritte ist Mittestamentsvollstrecker nach § 2224 BGB
(2) der Erblasser akzeptiert jedenfalls eine einverständliche Verfügung von Erben und
Testamentsvollstrecker, auch ohne Zustimmung des Dritten
(3) die Anordnung des Erblassers soll nur schuldrechtliche Wirkung nach § 2216 BGB
haben.
aa) zur Variante (1):
Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Erblasser der Familie L... eine so starke Stellung
wie der eines Testamentsvollstreckers einräumen wollte. Zwar ist es grundsätzlich möglich,
eine Mittestamentsvollstreckung auch nur bezüglich eines einzelnen Nachlassgegenstandes
anzuordnen, wie hier bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks. Eine solche
Funktion und rechtliche Konstruktion ginge jedoch deutlich über eine reine Kontrolle des
eigentlichen Testamentsvollstreckers hinaus. Die Familie L... könnte und müsste sogar
selbst bezüglich des Verkaufs aktiv werden und sich an der Vertragsgestaltung aktiv
beteiligen. Auch würde dadurch ein Vergütungsanspruch für die Testamentsvollstreckung
ausgelöst werden, § 2221 BGB. All dies ginge über das hinaus, was der Erblasser in seiner
Anordnung zum Ausdruck gebracht hat. Die Formulierungen „gültig“ und
„Gegenzeichnung“ deuten vielmehr stark darauf hin, dass zwar die genannten
Familienmitglieder im Falle eines Verkaufs „das letzte Wort“ haben sollen, mehr aber eben
auch nicht. Sie sollen lediglich einen vom Testamentsvollstrecker in die Wege geleiteten
Verkauf prüfen und gegebenenfalls „absegnen“. Hiermit ist nicht die - deutlich stärkere -
Position eines Mittestamentsvollstreckers gemeint.
bb) zur Variante (2):
Diese Variante ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH verschiedentlich
angesprochen worden, allerdings immer nur in Konstellationen, in denen es um die
Wirksamkeit einer gemeinsamen Verfügung der Erben und des Testamentsvollstreckers
ging und nicht um eine mögliche Unwirksamkeit der Anordnung als solcher (BGH,
Beschluss v. 18.6.1971, V ZB 4/71: gemeinsame Verfügung wirksam, trotz
Verfügungsverbots des Erblassers; BGH, Urteil v. 9.5.1984, Iva ZR 234/82: Übergehen
einer bestimmten Art der Auseinandersetzung nur mit Zustimmung aller Mitglieder der
Erbengemeinschaft möglich; BGH, Urteil v. 25.9.1963, V ZR 130/61: gemeinsame
Verfügung der Erben und des Testamentsvollstreckers trotz Auseinandersetzungsverbot).
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein diese Möglichkeit der gemeinsamen Verfügung der
Erben und des Testamentsvollstreckers eine Unwirksamkeit der Zustimmungsanordnung
nach § 137 Satz 1 BGB zu hindern vermag. Denn vorrangig bleibt zu prüfen, ob dies dem
wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht oder ob eine andere
Auslegung nicht vorzugswürdig ist.
Würde man die Verfügung des Erblassers zum Zustimmungserfordernis einschränkend so
lesen wollen, dass stattdessen - also auch ohne Zustimmung dieser Dritten - jedenfalls eine
gemeinsame (dingliche) Verfügung der Erbin und des Testamentsvollstreckers über das
Grundstück zulässig ist, wäre diese Verfügungsbeschränkung so in das
Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen, da auch diese Anordnung die alleinige
Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (wie auch der Erbin) beschränkt (so KG,
Beschluss v. 16.1.2015, 6 W 1/15, Rn. 22 - juris). Auch dann wäre das ausgestellte Zeugnis
unrichtig und einzuziehen.
Dass der Erblasser eine solche Möglichkeit einer nur schuldrechtlich bindenden
Verwaltungsanordnung (Variante 3) zur Zustimmung der übrigen Familienmitglieder
vorgezogen hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar hat Herr M... L... mit
Schreiben vom 17.11.2019 (Bl. II/36 d.A.) erklärt, dass das Haus „nur mit Zustimmung der
ganzen Familie“ verkauft werden könne und dass der Erblasser gesagt habe, dass auch seine
Tochter ihre Zustimmung zum Verkauf des Hauses geben müsse. Für diesen Willen des
Zustimmungserfordernisses auch der Tochter findet sich im Testament jedoch kein Anhalt,
dort hat der Erblasser lediglich die Familie seiner verstorbenen Frau benannt. Erst recht ist
nicht ersichtlich, dass dem Erblasser genügt hätte, wenn nur seine Tochter mit dem Verkauf
einverstanden wäre. Genau das Gegenteil von diesem Willen ergibt sich deutlich aus dem
Testament: Denn bei Abfassung des Testaments ging der Erblasser ja davon aus, dass seine
Tochter kein Interesse an dem Grundstück hat, mithin mit einem Verkauf einverstanden
wäre. Dennoch ordnete der Erblasser an, dass der Verkauf nur gültig sei bei
Gegenzeichnung der dort benannten Personen aus der Familie seiner Ehefrau. Dem
Erblasser war es demnach offenbar wichtig, eine weitere Kontrollinstanz für den Fall des
Verkaufs festzuschreiben, und dies sollte gerade nicht die Tochter sein. Allein das
Einverständnis der Tochter mit dem Verkauf genügte dem Erblasser demnach nicht.
Welches Motiv ihn insoweit leitete, ist dabei unerheblich.
cc) zur Variante (3):
Wenn dem Erblasser es demnach wichtig war, dass Dritte als Kontrollinstanz über den
möglichen Verkauf des Grundstücks mitentscheiden, lässt sich dieser Wille - wie oben
dargestellt - rechtlich nicht über eine Verfügungsbeschränkung nach § 2208 BGB umsetzen,
sondern nur über eine Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB. Dies führt dazu, dass die
Anordnung des Erblassers entsprechend als Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB
auszulegen ist. Damit wird dem Erblasserwillen auch am besten Genüge getan. Zwar fehlt
es dadurch an einer dinglichen Absicherung. Allerdings durfte der Erblasser davon
ausgehen, dass der von ihm bestimmte Testamentsvollstrecker - ein Rechtsanwalt, dessen
Dienste er unstreitig häufiger in Anspruch genommen hat, der ihm also gut bekannt war -
sich an die Gesetze hält und deshalb auch eine Verwaltungsanordnung des Erblassers
beachten würde, wie es § 2216 Abs. 2 Satz 1 BGB vorschreibt, und den Verkauf des
Grundstücks deshalb nicht ohne Zustimmung der im Testament genannten Personen
durchführen würde. Selbst wenn der Erblasser, wie die Beschwerdeführerin im Schriftsatz
vom 19.7.2019 behauptet hat, durch die Zustimmungsanordnung sicherstellen wollte, dass
der Testamentsvollstrecker seine Befugnisse nicht missbraucht und das Grundstück nur im
äußersten Notfall zur Sicherung des Lebensunterhalts der Beschwerdeführerin verkauft,
wäre diese Intention auch durch eine Verwaltungsanordnung hinreichend berücksichtigt
und abgesichert. Insbesondere würde sich der Testamentsvollstrecker bei einem Verstoß
gegen die Verwaltungsanordnung, also bei einem Verkauf ohne Zustimmung der genannten
Personen, gegebenenfalls erheblichen Schadensersatzforderungen ausgesetzt sehen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser davon ausging, dass der Testamentsvollstrecker
sich womöglich an die testamentarischen Anordnungen nicht halten würde, sind ohnehin
nicht gegeben. Hätte der Erblasser befürchtet, dass der Beteiligte zu 1 seine Anordnungen
nicht umsetzen würde, hätte er ihn wohl kaum zum Testamentsvollstrecker bestimmt. In
der Ernennung kommt bereits ein deutliches Vertrauen des Erblassers in die Person des
Beteiligten zu 1 zum Ausdruck. Das behauptete Misstrauen bezüglich eines möglichen
Verkaufs des Grundstücks mag zu dem Zustimmungserfordernis geführt haben. Mit dem
Zustimmungserfordernis aber sah sich der Erblasser hinsichtlich der Umsetzung und
Berücksichtigung seines Willens offensichtlich als hinreichend abgesichert an. Eine (nur
schuldrechtlich bindende) Verwaltungsanordnung ist deshalb ausreichend. Allein der
Wortlaut der Anordnung, der aufgrund der Wortwahl „gültig“ und „Gegenzeichnung“
entgegen der Ansicht des Amtsgerichts stark für eine an sich gewollte
Wirksamkeitsvoraussetzung spricht, vermag deshalb zu keinem anderen Auslegungsergebnis
zu führen.
c)
Da sich bereits nach dem Vorstehenden ergibt, dass vorliegend nur eine
Verwaltungsanordnung nach § 2216 BGB in Betracht kommt, die nicht in das
Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen ist und aus der deshalb keine Unrichtigkeit des
erteilten Zeugnisses folgt, kann letztlich offen bleiben, ob auch die vom Amtsgericht
angeführten Gründe für eine solche Auslegung sprechen.
Soweit der Senat in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren Ausführungen zu § 2208
BGB getätigt hat, waren diese in der dortigen Hinweisverfügung nicht tragend und binden
weder das Amtsgericht noch den Senat. Im Übrigen hat der Senat in der Verfügung vom
16.3.2020 darauf hingewiesen, dass die Frage des Zustimmungserfordernisses „allenfalls“
das dort nicht streitgegenständliche Testamentsvollstreckerzeugnis betreffe und hat damit
offen gelassen, wie diesbezüglich zu entscheiden wäre.
2.
Die Unrichtigkeit ergibt sich auch nicht im Zusammenhang mit der von der
Beschwerdeführerin am 29.1.2018 erklärten Anfechtung der letztwilligen Verfügung bzw.
der darin enthaltenen angeordneten Testamentsvollstreckung und „Verkaufsermächtigung“,
da ein Anfechtungsgrund nach § 2078 BGB nicht gegeben ist. Insoweit kann vollumfänglich
auf die Ausführungen des Nachlassgerichts im Beschluss vom 7.3.2019 verwiesen werden,
die mit der damaligen Beschwerdebegründung vom 19.7.2019 zum Az. 19 W 38/20 -
bezogen auf die Ausführungen zur nicht durchgreifenden Anfechtung - auch nicht weiter
angegriffen wurden. Es ist demnach nicht feststellbar, dass der Erblasser, selbst wenn er
sich über die Nutzungsabsicht seiner Tochter bezüglich des Grundstücks geirrt haben sollte,
in diesem Fall von der Anordnung der umfassenden Testamentsvollstreckung einschließlich
der Möglichkeit des Grundstücksverkaufs abgesehen hätte. Wie das Nachlassgericht
zutreffend ausgeführt hat, stand für den Erblasser die Sicherung des Lebensunterhalts seiner
Tochter durch Zahlung einer Rente im Vordergrund und hielt er es offenbar für möglich
bzw. nötig, das Grundstück verkaufen zu müssen, um diese Rentenzahlung zu
gewährleisten. Dies ergibt sich aus der folgenden Formulierung im Testament: „Von dem
Verkaufserlös ist zunächst sicherzustellen, dass die meiner Tochter ausgelobte Rente erfüllt
werden kann.“ Dass das Haus nach dem Willen des Erblassers auf keinen Fall hätte verkauft
werden sollen, lässt sich aus dem Testament nicht herauslesen. Dafür, dass dies anders
gewesen wäre, wenn er sich über den Nutzungswillen seiner Tochter nicht geirrt hätte, sind
mit dem Nachlassgericht keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden.
3.
Auch im Übrigen ist der Inhalt des ausgestellten Testamentsvollstreckerzeugnisses nicht zu
beanstanden und damit nicht fehlerhaft, so dass auch insoweit eine Einziehung nicht
gerechtfertigt ist. Konkrete weitere Rügen sind zwar von der Beschwerdeführerin nicht
erhoben worden, die Richtigkeit des Zeugnisses ist jedoch im Beschwerdeverfahren von
Amts wegen vollständig zu prüfen.
Die Angabe der Dauertestamentsvollstreckung basiert auf
als Abweichung vom gesetzlichen Regelfall im Zeugnis anzugeben (vgl. nur KG, Beschluss
vom 7.3.1991, 1 W 3124/88, Rn. 13 - juris). Gemäß
anzunehmen, dass einem solchen Testamentsvollstrecker die Ermächtigung nach § 2207
BGB erteilt ist, er also in der Eingehung von Verpflichtungen für den Nachlass nicht
beschränkt ist. Auch dieser Zusatz ist deshalb zu Recht im Testamentsvollstreckerzeugnis
aufgenommen worden.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Die Wertfestsetzung beruht auf den
Wert 20 % des Nachlasswertes von rund 1,6 Mio EUR.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:28.05.2021
Aktenzeichen:19 W 26/21
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
BGB §§ 133, 137, 2084, 2208, 2216