LG Gera 18. März 2002
5 T 65/01
GBO § 39, ZVG §§ 128, 130

Eintragung von Grundschulden vor Eintragung des Zuschlagsbeschlusses im Grundbuch

5. GBO § 39, ZVG §§ 128, 130 (Eintragung von Grundschulden vor Eintragung des Zuschlagsbeschlusses im
Grundbuch)
1. In dem Zeitraum zwischen dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren und der Eintragung des Zuschlagsbeschlusses im Grundbuch ist das Grundbuchamt nach § 39 GBO und § 130 Abs. 3 ZVG gehindert, durch den Ersteher bewilligte Grundpfandrechte im Grundbuch zu vollziehen.
2. § 130 Abs. 3 ZVG soll verhindern, dass der Ersteher
nach dem durch den Zuschlagsbeschluss erfolgten
materiell-rechtlichen Eigentumserwerb den Rang
und die Realisierbarkeit eventuell nach § 128 ZVG zu
bestellender Sicherungshypotheken beeinträchtigt.
3. Das Grundbuchamt darf derartige Eintragungsanträge des Erstehers oder Dritter im Grundbuch nicht
vollziehen, aber auch nicht zurückweisen oder eine
Zwischenverfügung erlassen, sondern hat diese im
Verfahren solange nicht zu behandeln, bis ein nach
§ 130 Abs. 1 gestelltes Ersuchen des Vollstreckungsgerichts im Grundbuch vollzogen ist.
(Leitsätze nicht amtlich)
Landgericht Gera, Beschluss vom 19.3.2002 – 5 T 65/01 –,
mitgeteilt von Johannes Holzer, Richter am LG
Zum Sachverhalt:
In dem Versteigerungsverfahren zur Aufhebung der Erbengemeinschaft wurde der Versteigerungsvermerk 1997 in das Grundbuch eingetragen. Den Zuschlag erhielt am 30.6.1998 der Beteiligte. Der Zuschlagsbeschluss wurde rechtskräftig.
Am 6.8.1998 bestellte der Beteiligte zugunsten der A-GmbH zwei
Briefgrundschulden. Die A-GmbH beantragte die Eintragung der
Grundschulden und wies unter Vorlage einer Kopie des Zuschlagsbeschlusses unter Bezugnahme auf § 130 Abs. 3 ZVG darauf hin,
dass der Grundschuldbesteller Eigentümer des Grundstücks geworden sei. Die Grundschulden wurden am 21.8. und 2.9.1998 unter lfd.
Nrn. 1 und 2 eingetragen.
Die A-GmbH trat die Grundschulden mit notariell beglaubigter Erklärung vom 25.8. und 9.9.1998 an die Beschwerdeführerin ab. Die
Abtretungen wurden am 28.4.2000 in das Grundbuch eingetragen.
Am 20.4.2000 ging bei dem Grundbuchamt das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts ein, in dem um die Eintragung des Erstehers als
Eigentümer sowie die Eintragung diverser Sicherungshypotheken gebeten wurde. Diese wurden eingetragen. Entgegen dem Ersuchen erfolgte die Eintragung nicht unmittelbar im Anschluss an etwa bestehen gebliebene Rechte, sondern im Nachrang zu den unter lfd. Nrn. 1
und 2 eingetragenen Grundschulden.
Am 17.10.2000 wurden zugunsten der Gläubiger aller Sicherungshypotheken Amtswidersprüche hinsichtlich der Rangrichtigkeit der
Grundschulden in das Grundbuch eingetragen. Das Grundbuchamt
ging davon aus, dass die Grundschulden entgegen der Bestimmung
des § 130 Abs. 3 ZVG in nicht zulässiger Weise eingetragen worden
seien.
Gegen die Eintragung dieser Widersprüche wurde Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin meint, dass sie die ihr abgetretenen
Grundschulden mit dem Erstrang gutgläubig erworben habe. Das
Grundbuch sei deshalb trotz einer möglichen Gesetzesverletzung
nicht materiell unrichtig geworden. Das Grundbuchamt habe aus diesem Grunde die Amtswidersprüche nicht eintragen dürfen, so dass sie
wieder zu löschen seien.
Aus den Gründen:
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
(…)
II. 2. b. Das Grundbuchamt hat die verfahrensgegenständlichen
Amtswidersprüche zu Unrecht eingetragen.
130 MittBayNot 2/2003Bürgerliches Recht
Die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1
Satz 1 GBO ist nur dann zulässig, wenn eine Eintragung unter
Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen wurde und
dadurch das Grundbuch unrichtig geworden ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben,
weil das Grundbuchamt zwar bei der Eintragung der zu
Gunsten der A-GmbH bestellten Grundschulden gesetzliche
Vorschriften missachtet hat (dazu unter aa.), das Grundbuch
zum Zeitpunkt der Eintragung des Widerspruchs aber richtig
war (dazu unter bb.).
aa. Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Grundschulden gesetzliche Vorschriften verletzt, weil sowohl gegen § 39 GBO als auch gegen
§ 130 Abs. 3 ZVG verstoßen wurde.
Der Beteiligte hat im Zwangsversteigerungsverfahren das
Eigentum gem. §§ 89, 90 Abs. 1 ZVG mit der Verkündung des
Zuschlags am 30.6.1998 erworben. Der Eigentumserwerb erfolgte außerhalb des Grundbuchs und wurde erst durch seine
– berichtigende – Eintragung aufgrund des Ersuchens des
Vollstreckungsgerichts am 28.4.2000 nachvollzogen.
In der zwischen der Erteilung des Zuschlags und seiner Eintragung liegenden Zeit war zwar der Beteiligte materiellrechtlich Eigentümer des Grundstücks. Das Grundbuchamt
war jedoch an der Eintragung der Grundschulden bereits
durch den Voreintragungsgrundsatz des § 39 GBO gehindert
(Meyer-Stolte, Rpfleger 1983, 240, 241). Die Bestimmung
stellt zwar nur eine Ordnungsvorschrift dar. Sie soll jedoch erreichen, dass das Grundbuch in allen Entwicklungsstufen klar
und verständlich wiedergegeben wird und muss deshalb durch
das Grundbuchamt stets beachtet werden (Demharter § 39
Rdnr. 1). Eine Nichtbeachtung des § 39 GBO ist somit als Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1
GBO anzusehen.
Das Grundbuchamt hat ferner § 130 Abs. 3 ZVG nicht beachtet. Nach dieser Bestimmung darf eine Eintragung eines
Rechts, das der Ersteher an dem Zuschlagsgrundstück bewilligt hat, vor der Erledigung des Eintragungsersuchens des
Vollstreckungsgerichts (gem. § 130 Abs. 1 ZVG) nicht im
Grundbuch vollzogen werden. Der Sache nach handelt es sich
um eine spezielleAusprägung des § 39 GBO für den Zeitraum
zwischen der Zuschlagserteilung und deren berichtigendem
Nachvollzug im Grundbuch. Die Bestimmung soll verhindern,
dass der Ersteher nach dem materiell-rechtlichen Erwerb des
Eigentums durch den Zuschlagsbeschluss Grundpfandrechte
bestellt und dadurch den Rang und die Realisierbarkeit eventueller nach § 128 ZVG zu bestellender Sicherungshypotheken beeinträchtigt (Meyer-Stolte, Rpfleger 1983, 240, 241).
Das Grundbuchamt darf deshalb Eintragungsanträge des Erstehers oder Dritter nicht vollziehen, aber auch nicht zurückweisen oder eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO
erlassen. Es ist vielmehr gehalten, solche Anträge solange
verfahrensmäßig nicht zu behandeln, bis ein nach § 130 Abs. 1
ZVG gestelltes Ersuchen desVollstreckungsgerichts im Grundbuch vollzogen ist (hierzu Meyer-Stolte, Rpfleger 1983, 240,
241; Schiffhauer, Rpfleger 1979, 353).
Auch diese Bestimmung wurde nicht beachtet: Die Eintragung der Grundschulden erfolgte am 21.8.1998 und 2.9.1998,
die Eintragung des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts aber
erst am 18.4.2000.
Ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften i.S.d. § 53 Abs. 1
Satz 1 GBO ist deshalb zu bejahen.
bb. Die Eintragung des Amtswiderspruchs erfolgte gleichwohl zu Unrecht.
Rechtsprechung


§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO hat, wie bereits eingangs dargestellt,
zur weiteren Voraussetzung, dass das Grundbuch auch materiell i.S.d. § 894 BGB unrichtig ist, weil nur ein mit der
wahren Rechtslage nicht übereinstimmender Buchinhalt bei
einem gutgläubigen Rechtserwerb zu Schäden und damit zu
einer Haftung des Staates führen kann. Nur davor soll aber die
Eintragung des Amtswiderspruchs schützen.
Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts war das Grundbuch zum Zeitpunkt der Eintragung der Amtswidersprüche
nicht unrichtig. Der gutgläubige Erwerb der Grundschulden
durch die Beschwerdeführerin (§ 892 Abs. 1 BGB) hat vielmehr dazu geführt, dass das Grundbuch zum Zeitpunkt der
Eintragung des Amtswiderspruches richtig war.
Die Grundschulden sind trotz des Verstoßes gegen § 39 GBO
und § 130 Abs. 3 ZVG materiell-rechtlich entstanden. § 39
GBO stellt lediglich eine Ordnungsvorschrift dar, die zwar
von dem Grundbuchamt zwingend zu beachten ist. Eine
Nichtbeachtung der Vorschrift führt jedoch zu einem wirksamen Rechtserwerb (Demharter § 39 Rdnr. 1).
Gleiches gilt für den Verstoß gegen § 130 Abs. 3 ZVG: Die
Bestimmung beinhaltet lediglich ein relatives Verfügungsverbot gegenüber den durch sie geschützten Voreigentümern –
hier die Beteiligten zu 3. und 4. Das hat zur Folge, dass nach
dem Zuschlag, aber vor der Eintragung des Erwerbers eingetragene Grundpfandrechte wirksam entstehen. Ob sie den mit
dem Ersuchen gem. § 130 Abs. 1 ZVG nach § 128 ZVG
eingetragenen Sicherungshypotheken im Rang vorgehen (so
Meyer-Stolte, Rpfleger 1983, 240, 241; Hornung, Rpfleger
1980, 249, 252), kann vorliegend offen bleiben, weil der Rang
jedenfalls so im Grundbuch verlautbart wurde und von der
Beschwerdeführerin gutgläubig gem. § 892 Abs. 1 BGB erworben wurde.
Die Beschwerdeführerin hat einen gutgläubigen Erwerb behauptet. Nähere Darlegungen hierzu sind im Verfahren nach
§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht erforderlich, es sei denn, dass
eine Bösgläubigkeit mit Sicherheit feststeht (BayObLG MittBayNot 1991, 79, 80). Das ist aber ausweislich des Akteninhalts nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin konnte sich
deshalb auf die Richtigkeit des Grundbuchs auch hinsichtlich
des eingetragenen Ranges verlassen und hat die Grundschulden durch die Abtretung mit den im Grundbuch eingetragenen
Rangverhältnissen erworben.
Eine materiell-rechtliche Unrichtigkeit bestand mithin nicht,
so dass das Grundbuch richtig war und die Amtswidersprüche
nicht eingetragen werden durften.
Das Grundbuchamt war aus diesem Grunde anzuweisen, die
eingetragenen Amtswidersprüche zu löschen.
Anmerkung:
So einfach geht es natürlich nicht. Es ist keineswegs richtig,
dass der Rang der Grundschulden vor den Sicherungshypotheken aus der Zwangsversteigerung von der Zessionarin
„gutgläubig gem. § 892 Abs. 1 BGB erworben wurde“.
Wenn der Ersteher sein Meistgebot im Verteilungstermin
(§ 49 Abs. 1, § 107 Abs. 2 ZVG) nicht zahlt, haben die Beteiligten Befriedigung aus der Forderung gegen ihn zu suchen.
Das Vollstreckungsgericht erzwingt die Erfüllung der Zahlungspflicht des Erstehers nicht; die Berechtigten haben die
Forderung gegen ihn selbst geltend zu machen. Diese gebührt
als Ersatz für das versteigerte Grundstück allerdings zunächst
dem Eigentümer bei Zuschlag; sie ist (wie vordem das Grundstück) beschlagnahmt, als Verwertungserlös somit der staatlichen Zwangsgewalt, oder einfacher, der Erlösverteilung
Bürgerliches Recht
durch das Vollstreckungsgericht (§§ 105 ff. ZVG) unterstellt.
Gläubiger eines Rechts auf Befriedigung aus dem Grundstück
(§ 10 ZVG) können sie gegen den Ersteher daher nur geltend
machen, wenn (und soweit) sie ihnen zugewiesen ist. Dies
erfolgt mit Überweisung in Ausführung des Teilungsplans
durch gerichtlichen Beschluss (§ 118 Abs. 1 ZVG). Für einen
Erlösüberschuss, der nach Deckung aller Gläubigeransprüche
(insbesondere in der Auseinandersetzungsversteigerung zur
Teilung, § 753 Abs. 1 BGB) unverteilt bleibt, enden mit Ausführung des Teilungsplans die Beschlagnahmewirkungen. Ihn
kann damit fortan der berechtigte Eigentümer bei Zuschlag
selbst geltend machen. Zur Sicherung der Ansprüche, die aus
übertragenen Forderungen zu befriedigen sind, und zur Sicherung des dem Grundstückseigentümer bei Zuschlag verbleibenden Erlösüberschusses werden an dem versteigerten Grundstück Sicherungshypotheken eingetragen (§ 128 Abs. 1 und 2
ZVG). Deren Eintragung hat das Vollstreckungsgericht zu
veranlassen (§ 130 Abs. 1 ZVG). Den Sicherungshypotheken
der am Grundstück Berechtigten gebührt der Rang ihrer Ansprüche (§ 128 Abs. 1, §§ 10–12 ZVG), der Sicherungshypothek des (vormaligen) Eigentümers sodann nächstoffene Rangstelle. Die Sicherungshypotheken entstehen mit der Grundbucheintragung (§ 128 Abs. 3 S. 1 ZVG). Erst dann, damit im
Rang nach all diesen Sicherungshypotheken, dürfen Rechte
an dem versteigerten Grundstück eingetragen werden, die der
Ersteher bewilligt hat (§ 130 Abs. 3 ZVG). Geht der Antrag
auf Eintragung eines vom Ersteher bewilligten Rechts nach
dem Eintragungsersuchen des Vollstreckungsgerichts beim
Grundbuchamt ein, dann gewährleistet bereits § 17 GBO
nachrangige (§ 45 Abs. 1 GBO) Erledigung. Das will § 130
Abs. 3 ZVG nicht nochmals regeln. Die Bestimmung legt
vielmehr fest, dass der Ersteher, bevor er als Eigentümer eingetragen ist, bereits die Eintragung eines Rechts an dem versteigerten Grundstück bewilligen kann, dass jedoch „durch
eine derartige Bewilligung die Rangordnung der auf Ersuchen
des Vollstreckungsgerichts einzutragenden Rechte nicht
gestört werden darf“ (hierwegen zur Entstehungsgeschichte
Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl. 1937, Rdnr. 15 zu §§ 130, 131).
Damit wird gewährleistet, dass frühzeitig vom Ersteher bewilligte „neu einzutragende Rechte ihre Rangstelle hinter den
nach § 130 Abs. 1 ZVG einzutragenden Sicherungshypotheken finden“ (Jaeckel/Güthe a.a.O.).
Eine vom Ersteher bewilligte Eintragung eines Rechts an
dem versteigerten Grundstück, die unter Verstoß gegen § 130
Abs. 3 ZVG vor Erledigung des Eintragungsersuchens des
Vollstreckungsgerichts erfolgt ist, ist nicht nichtig. Die Berechtigten der Forderung gegen den Ersteher und des Erlösüberschusses können dann, weil der Versteigerungsvermerk
noch eingetragen ist, nach ganz allgemeiner und zutreffender
Ansicht aber beanspruchen, dass ihre Sicherungshypotheken
den Vorrang vor dem verbotswidrig eingetragenen Recht erhalten (Dassler/Schiffhauer, ZVG, 12. Aufl. 1991, Rdnr. 31
zu § 130; Jaeckel/Güthe a.a.O.; Korintenberg/Wenz, 6. Aufl.
1935, Anm. 6 zu § 130). Damit ist schon zum Ausdruck gebracht, dass ein vom Ersteher bewilligtes Recht mit Eintragung unter Verstoß gegen § 130 Abs. 3 ZVG durch gutgläubigen Erwerb (§ 892 BGB) Rang vor den auf Ersuchen
des Vollstreckungsgerichts einzutragenden Sicherungshypotheken nicht erlangen kann. Gutgläubigen Erwerb kann § 892
BGB überdies nicht ermöglichen, weil der Ersteher erst bei
Erledigung des Grundbuchersuchens des Vollstreckungsgerichts als Grundstückseigentümer eingetragen wird (§ 130
Abs. 1 ZVG). Bis dahin garantiert das Grundbuch gutgläubigen Erwerb nicht; es verlautbart nicht, dass der durch den
Zuschlagsbeschluss legitimierte Ersteher (wie im Fall des LG
Gera) Eigentümer des Grundstücks frei von SicherungshypoRechtsprechung
MittBayNot 2/2003
Bürgerliches Recht
theken für die Forderung aus dem übertragenen oder freigestellten Meistgebot ist.
Aber auch mit Abtretung kann eine unter Verstoß gegen § 130
Abs. 3 ZVG eingetragene Grundschuld gutgläubig nicht mit
Rang vor den erst noch einzutragenden Sicherungshypotheken aus der Zwangsversteigerung erworben werden. Berechtigter dieser wirksam entstandenen Grundschuld ist zwar der
eingetragene (und durch Briefbesitz ausgewiesene) Gläubiger. Aber es ist bei Abtretung im Grundbuch (entgegen der
Behauptung des LG Gera) nicht eingetragen, dass sie Rang
vor den erst später einzutragenden Sicherungshypotheken aus
der Zwangsversteigerung hat. Der Zwangsversteigerungsvermerk, der bei Zession noch eingetragen ist, weist vielmehr das
Gegenteil aus. Dieser macht nicht nur das mit der Beschlagnahme bewirkte Verfügungsverbot des schuldnerischen Grundstückseigentümers (§ 23 Abs. 1 S. 1 ZVG; § 892 Abs. 1 S. 2
BGB) grundbuchersichtlich. Er sichert auch die Verfahrensdurchführung mit Versteigerung des Grundstücks und Zuteilung des Verwertungserlöses an die Berechtigten in Ausführung staatlicher Zwangsgewalt nach den vollstreckungsrechtlichen Verfahrensvorschriften, damit auch die rangrichtige
Eintragung von Sicherungshypotheken auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts. Der Grundbuchinhalt, der einen Vorrang
des unter Verstoß gegen § 130 Abs. 3 ZVG eingetragenen
Grundpfandrechts vor Sicherungshypotheken für Forderungen aus dem übertragenen oder freigestellten Meistgebot somit nicht ausweist, kann einem Zessionar gutgläubigen Erwerb des Rangs vor den Sicherungshypotheken nach § 892
Abs. 1 BGB auch nicht gewährleisten.
Auf diese Bedeutung des Zwangsversteigerungsvermerks hat
das Reichsgericht sich bereits im Jahre 1911 (RGZ 76, 373
[376 ff.]) gestützt. In seinem Fall war die mit dem Zuschlag
erloschene (§ 91 Abs. 1 ZVG) Hypothek abgetreten worden,
richtigerweise somit der an ihre Stelle getretene Gläubigeranspruch auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös. Gegen
einen „Erwerb (der noch nicht gelöschten Hypothek) in
gutem Glauben an die Richtigkeit und Vollständigkeit des
Grundbuchs nach Maßgabe des § 892 BGB“ hat das RG sich
ausgesprochen, weil der (richtigerweise) abgetretene Erlösanspruch kein Recht an einem Grundstück ist, auf ihn § 892
BGB somit keine Anwendung findet. Es führt dazu aus (RGZ
76, 377/378):
„Allerdings bleibt die Hypothek auch nach dem Zuschlag
vorläufig im Grundbuch eingetragen, bis sie auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts (§ 130 ZwVG) gelöscht
wird. Aber dieser Eintragung ist durch die reichsgesetzliche Sonderbestimmung, daß die nicht in das geringste
Gebot fallenden Rechte durch den Zuschlag erlöschen,
die rechtliche Bedeutung als Hypothek genommen. Das
muß auch derjenige, welcher nach dem Zuschlag etwa
die Eintragung eines Rechts an der Hypothek erlangt,
oder im Falle einer Briefhypothek den Hypothekenbrief
zwecks Übertragung der Hypothek übergeben erhält …
gegen sich gelten lassen, da das Grundbuch … durch den
Versteigerungsvermerk auf die Möglichkeit der Erlöschung der Hypothek infolge Zuschlags hinweist…“
Das Schrifttum sieht das nach wie vor so (BGB-RGRK/
Augustin, 12. Aufl. 1979, Rdnr. 20; MünchKomm/Wacke,
Rdnr. 24; Staudinger/Gursky, 13. Aufl. 1996, Rdnr. 50, je zu
§ 892). Anders ist das natürlich, wenn der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch nicht eingetragen oder bereits
wieder gelöscht ist. Löschung war in dem vom LG Gera entschiedenen Fall schließlich (nach der Abtretung) erfolgt. Zum
Schutz vor Rechtsverlust mit weiterer Verfügung über die
Grundschulden hätte der Widerspruch daher erhalten bleiben
müssen.
MittBayNot 2/2003
Dem Notar macht der Fall erkennbar, dass bei Verfügung des
Erstehers vor Löschung des Versteigerungsvermerks größte
Vorsicht geboten ist. Mit Eintragung von Sicherungshypotheken für übertragene Forderungen gegen den Ersteher können
sich vorrangige Rechte ergeben. Auch wenn der Ersteher sein
Meistgebot (voll) zahlt, kann es für einen (ungewissen oder
bedingten) Zuzahlungsbetrag (§§ 50, 51 ZVG) zur Eintragung
rangbesserer Sicherungshypotheken kommen (§§ 125, 128
Abs. 1 und 2, § 130 Abs. 1 ZVG). Überdies kann ein nach
dem Zuschlagsbeschluss erloschenes Grundstücksrecht (§ 91
Abs. 1 ZVG) infolge Liegenbelassungsvereinbarung doch
noch (mit bisherigem Rang) bestehen bleiben (§ 91 Abs. 2
ZVG). Für Rechte, deren Eintragung der Ersteher bereits vor
Eintragung als Eigentümer bewilligt (§ 130 Abs. 3 ZVG),
etwa ein Finanzierungsgrundpfandrecht, ist eine (uneingeschränkte) Notarbestätigung daher mehr als außerordentlich
riskant, damit unvertretbar.
Regierungsdirektor a.D. Kurt Stöber, Rothenburg o. d.T.
6. BGB §§ 242, 1601, 1603 Abs. 1 (Umfang des Elternunterhalts)
a)
Zur Verwirkung rückständigen Elternunterhalts (im
Anschluss an Senatsurteil BGHZ 103, 62).
b) Zur Höhe des eigenen angemessenen Unterhalts bei
Unterhaltsansprüchen von Eltern gegen ihre erwachsenen Kinder (im Anschluss an Senatsurteil vom
26.2.1992 – XII ZR 93/91 – FamRZ 1992, 795).
c)
Zur Frage des Einsatzes von Vermögen zur Befriedigung des Elternunterhalts.
BGH, Urteil vom 23.10.2002 – XII ZR 266/99 – , mitgeteilt
von Wolfgang Wellner, Richter am BGH
Zum Sachverhalt:
Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem
Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend.
Der Vater und die Mutter des Beklagten lebten seit Juli 1990 in einem
Altenheim. Ihre Einkünfte und ihr Vermögen reichten bis Ende Januar 1995 zur Bestreitung der Heimkosten aus. Mit Bescheiden vom
13.3.1995 zeigte der Kläger den Eltern des Beklagten an, dass er die
nicht durch deren Einkommen gedeckten Kosten des Heimaufenthalts ab 1.2.1995 als Hilfe zur Pflege gemäß §§ 68, 97, 100 BSHG
nach Stufe III der Pflegesatzvereinbarung übernehme. Mit Rechtswahrungs- und Überleitungsmitteilung des Klägers vom 13.3.1995
wurde der Beklagte über diesen Sachverhalt unterrichtet. Zugleich
wurde ihm bekannt gegeben, dass etwaige Unterhaltsansprüche seiner Eltern gegen ihn auf das Land Rheinland-Pfalz übergingen. Mit
Schreiben vom 30.7.1997 wurde dem Beklagten die Höhe des zu
zahlenden Unterhalts bekannt gegeben.
Der Beklagte ist seit dem 1.5.1995 Rentner. Vorher war er arbeitslos,
bezog aber nur bis etwa Ende April 1994 Arbeitslosengeld.
Mit der vorliegenden Klage, der ein Ende November eingeleitetes
Mahnverfahren vorausging, hat der Kläger – nach teilweiser Klagerücknahme – Unterhaltsansprüche in Höhe von insgesamt
83.799,46 DM geltend gemacht. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund seines Vermögens von rund
300.000 DM, das er zusätzlich zu einer – zeitweise vermieteten –
Eigentumswohnung besitze, in der Lage, in der geltend gemachten
Höhe Unterhalt für seine Eltern zu leisten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
Klägers hat das Oberlandesgericht (NJW-RR 2000, 293 ff.) das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, an
den Kläger 76.072,98 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Im Übrigen

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Gera

Erscheinungsdatum:

18.03.2002

Aktenzeichen:

5 T 65/01

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2003, 130-132
RNotZ 2002, 511-512
NotBZ 2002, 422-424

Normen in Titel:

GBO § 39, ZVG §§ 128, 130