Zuweisung von Sondernutzungsrechten durch den teilenden Eigentümer; gestreckte Begründung von Sondernutzungsrechten; Auslegung der Teilungserklärung
letzte Aktualisierung: 25.7.2024
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.3.2024 – 14 W 104/23 (Wx)
GBO §§ 13, 19, 29; WEG §§ 4, 10 Abs. 3
Zuweisung von Sondernutzungsrechten durch den teilenden Eigentümer; gestreckte
Begründung von Sondernutzungsrechten; Auslegung der Teilungserklärung
1. Macht der teilende Eigentümer noch als Mitglied der Eigentümergemeinschaft von der in der
Teilungserklärung vorgesehenen Befugnis zur Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an
Gemeinschaftsflächen zu einer Wohnungseigentumseinheit Gebrauch, hat das Grundbuchamt
durch Auslegung der Teilungserklärung zu ermitteln, ob die Bewilligungsberechtigung des teilenden
Eigentümers trotz zwischenzeitlichen Ausscheidens aus der Eigentümergemeinschaft fortwirkt, bis
das Sondernutzungsrecht zu Gunsten des Erwerbers des Sondernutzungsrechts im Grundbuch
eingetragen und verdinglicht ist.
2. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist insbesondere der jedem unbefangenen Betrachter
erkennbare Sinn und Zweck der gestreckten Begründung des Sondernutzungsrechts in den Blick zu
nehmen, wonach eine möglichst flexible, sowohl für den teilenden Eigentümer als auch die
Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft und deren Grundpfandrechtsgläubiger zeit- und
kostensparende Zuweisung dieser Sondernutzungsrechte ermöglicht werden und die mit der
Beschaffung der Bewilligung aller Wohnungseigentümer und ihrer Grundpfandrechtsgläubiger
möglicherweise verbundenen praktischen (und rechtlichen) Probleme vermieden werden sollen.
3. Das Grundbuchamt darf die Eintragung des Sondernutzungsrechts nur nach Maßgabe des im
Eintragungsverfahren beschränkt geltenden Legalitätsgrundsatzes von der Bewilligung der übrigen
Wohnungseigentümer abhängig machen, wenn es greifbare Anhaltspunkte für die Annahme gibt,
dass das zunächst nur schuldrechtlich begründete und nach den §§ 414, 2. Halbsatz, 398 Satz 1 BGB
formlos übertragbare Sondernutzungsrecht tatsächlich unterdessen einem anderen Wohnungseigentümer
übertragen worden ist.
Gründe
I.
Die Beteiligte Ziffer 1 wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Eintragung
mehrerer Sondernutzungsrechte im Teileigentumsgrundbuch von Markdorf Blatt 7221.
Die Beteiligte Ziffer 1 ist ein Bauträgerunternehmen. Sie war ursprünglich Eigentümerin des in
Abt. II und Abt. III lastenfreien Grundstücks Flurstück Nr. 973 BV Nr. 36, Xstraße ZZ,
Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche im Grundbuch von Markdorf Blatt 853. Mit
notarieller Teilungserklärung vom 04.02.2014 (AS 389 ff.) – UR 417/2014 –, geändert durch
Nachtrag vom 07.11.2014 (AS 459 ff.) – UR 4308/2014 – und durch Nachtrag vom 16.12.2014
(AS 498 ff.) – UR 5003/2014 – teilte sie das Grundstück in Wohn- und Teileigentum mit der
Absicht, auf dem Grundstück später Mehrfamilienhäuser mit mehreren Wohneinheiten und
Tiefgaragenstellplätzen zu errichten.
Abschnitt VII der Teilungserklärung lautet in der zuletzt maßgeblichen Fassung (AS 395, 466
der Grundakten):
„Bestimmungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und über die
Verwaltung (Gemeinschaftsordnung)
„[…]
Sondernutzungsrechte
a) Kfz-Stellplätze im Freien und weitere Freiflächen
Von Nutzen und Gebrauch
- des im Tiefgaragenplan Haus A/B zum Aufteilungsplan vom 9. Oktober 2013 mit „SN 1" und
„SN2" bezeichneten Kellerräume,
- der Treppenaufgänge jeweils vom Obergeschoss ins Dachgeschoss sowie den
Treppenpodesten jeweils im Dachgeschoss je im Haus A und Haus B gem. der
Teilungserklärung vom 4. Februar 2014 beigefügten Plan Anlage 4,
- der Kfz-Stellplätze wie im Erdgeschossplan Anlage 1 zu dieser Urkunde mit „AA1" bis „AA7"
bezeichnet,
- der Freiflächen wie im Erdgeschossplan Anlage 1 zu dieser Urkunde mit „SN1", „SN2", SNX"
und „SNY" bezeichnet,
- sämtlicher nicht überbauter Freiflächen auf dem Grundstück, an welchen nicht bereits
Sondernutzungsrechte begründet wurden und welche nicht als Zugang zum Gebäude dienen,
sind alle Wohnungs- und Teileigentümer ausgeschlossen, mit Ausnahme der teilenden
Eigentümerin (negative Komponente).
Diese Flächen bzw. Räume sind somit der Nutzung durch die Eigentümergemeinschaft
entzogen; hieran wird jeweils Sondernutzungsrecht begründet.
Der teilende Eigentümer bzw. dessen Rechtsnachfolger ist gemäß vorstehender Vorgabe
berechtigt, einzelnen Wohnungs- und Teileigentümern bezüglich einer oder mehreren Flächen
oder Teilflächen die ausschließliche Befugnis zum Gebrauch zuzuweisen (positive
Komponente).
Die Zuweisung von Sondernutzungsrechten an den vorbezeichneten Flächen kann auch
bezüglich von Teilflächen erfolgen.
Die Benennung und Zuweisung erfolgt jeweils im Kaufvertrag.
Das Benennungs- und Zuweisungsrecht endet, sobald der Eigentümer durch Veräußerung
(Eigentumsumschreibung im Grundbuch) der letzten Sondereigentumseinheit nicht mehr zur
Eigentümergemeinschaft gehört. Das Nutzungsrecht an den Flächen, hinsichtlich derer der
teilende Eigentümer von seinem Übertragungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, geht dann
auf die Eigentümergemeinschaft über. Bis zur Übertragung steht das Recht zur Nutzung dieser
Flächen bzw. Räumen dem teilenden Eigentümer zu.
Der teilende Eigentümer ist verpflichtet, bei Übertragung eines Sondernutzungsrechts die
dingliche Verbindung mit der dazugehörigen Sondereigentumseinheit durch Eintragung im
Grundbuch zu bewirken.
[…]"
Auf den Aufteilungsplan (AS 479 ff. der Grundakten) wird verwiesen.
Die Eintragung erfolgte am 18.03.2015. Die Beschränkungen des Gemeinschaftseigentums
wurden in Abt. I der neu angelegten Wohnungsgrundbücher gebucht.
Mit notariellen Urkunden vom 24.02.2014 – UR 709/2014 – und vom 07.11.2014 – UR
4309/2014 – veräußerte die Beteiligte Ziffer 1 unter Abänderung eines Kaufvertrages vom
24.02.2014 die im Aufteilungsplan mit Nummer C 4, C 5, C 6 bezeichneten Wohnungseinheiten
sowie die Tiefgaragenstellplätze TG 19 und TG 20 an die Beteiligte Ziffer 2. Die Eintragung
erfolgte am 09.11.2016.
Im Jahr 2019 wurde das Grundstück nochmals geteilt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 13.09.2021 – UR 1963/2021 – machte die Beteiligte Ziffer 1
von ihrem Benennungs- und Zuweisungsrecht gemäß Abschnitt VII der Teilungserklärung
Gebrauch. Sie begründete Sondernutzungsrechte an den im Aufteilungsplan mit SN1, SN2,
SNX und SNY bezeichneten Freiflächen und wies diese dem Tiefgaragenstellplatz TG Nr. 19
der Beteiligten Ziffer 2 zu. Zugleich verkaufte sie die so zugewiesenen Sondernutzungsrechte an
die Beteiligte Ziffer 2 und beantragte mit Zustimmung der Beteiligten Ziffer 2 die Eintragung
der Sondernutzungsrechte im Teileigentumsgrundbuch von Markdorf Blatt 7221. Auf die
Urkunde vom 13.09.2021 und den beigefügten Lageplan wird Bezug genommen.
Am 13.09.2021 war die Beteiligte Ziffer 1 noch Eigentümerin mindestens einer Einheit in dem
Objekt in Markdorf, XXstraße ZZ/1, ZZ/2, ZZ/3, Flurstück 973/9. Am 26.01.2022 schied die
Beteiligte Ziffer 1 durch Vollzug des letzten Kaufvertrages im Grundbuch aus der
Wohnungseigentümergemeinschaft aus.
Mit Schreiben vom 01.02.2022, beim Grundbuchamt am 04.02.2022 eingegangen, hat der Notar
gemäß
des Finanzamts die Eintragung der Sondernutzungsrechte gemäß Urkunde
vom 13.09.2021 im Grundbuch von Markdorf Blatt 7221 bewilligt und beantragt.
Mit Verfügung vom 05.12.2022 hat das Grundbuchamt die Bewilligung sämtlicher Eigentümer
der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie die Zustimmung sämtlicher dinglich Berechtigter
gegebenenfalls mit Briefvorlage verlangt. Die Eintragungsbewilligung werde als
verfahrensrechtliche Eintragungsgrundlage nicht schon mit der Ausstellung wirksam, sondern
erst mit Zugang beim Grundbuchamt. Die Bewilligungsbefugnis müsse grundsätzlich bis zum
Ende des Rechtserwerbs, mindestens aber bis zum Eingang beim Grundbuchamt vorliegen.
Dies sei vorliegend nicht der Fall, weshalb die Beteiligte Ziffer 1 zum Zeitpunkt des Eingangs
des Antrags und der Bewilligung nicht mehr befugt gewesen sei, die Sondernutzungsrechte
zuzuweisen und die Bewilligung abzugeben. Auf die Verfügung wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 02.03.2023, dem Notar zugestellt am 15.05.2023, hat das Grundbuchamt den
Eintragungsantrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 01.02.2022 gemäß § 18 Abs. 1 GBO
zurückgewiesen. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Mit Urkunde vom 18.07.2023 hat die Beteiligte Ziffer 2 die Wohnung Nr. C 4 an Frau A
veräußert und mit Schreiben vom 28.11.2023 den Vollzug der Auflassung sowie die Ab- bzw.
Zuschreibung eines Sondernutzungsrechts beantragt.
Mit Schreiben vom 20.10.2023, am 25.10.2023 beim Grundbuchamt eingegangen, hat der Notar
als Bevollmächtigter des Beteiligten Ziffer 1 Beschwerde gegen den Beschluss vom 02.03.2023
eingelegt. Die Beteiligte Ziffer 1 sei am 13.09.2021 noch Eigentümerin einer Einheit der
Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen. Sie habe ihr Zuweisungsrecht daher wirksam
ausgeübt. Die Zuordnungserklärung sei gegenüber der Beteiligten Ziffer 2 abgegeben und dieser
gegenüber wirksam geworden. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 30.11.2023 hat das Grundbuchamt an seiner Rechtsauffassung festgehalten.
Es liege ein Fall einer gestreckten Begründung von Sondernutzungsrechten durch
Zuordnungsvorbehalt vor. Bei dieser Variante bestehe die Zuweisungsmöglichkeit des teilenden
Eigentümers nur bis zu seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft. Die Bewilligung werde
überdies nicht bereits mit formgerechter Erstellung der Urkunde, sondern erst mit Zugang beim
Grundbuchamt als Adressaten wirksam. Auf die Verfügung wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 08.12.2023 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die
Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Grundbuchamt wiederholte seinen
Rechtsstandpunkt. Ergänzend führte es aus: Die zunächst nur schuldrechtlich begründeten
Sondernutzungsrechte seien gemäß
übertragbar. Zur Eintragung der Sondernutzungsrechte sei daher der Nachweis erforderlich,
dass diese nicht durch Abtretung bereits einer anderen Einheit zugewiesen worden seien.
Notwendig sei daher auch insoweit die Bewilligung aller Wohnungseigentümer als potentieller
Erwerber der Sondernutzungsrechte.
Der Notar hat mit Schreiben vom 11.12.2023 ergänzend Stellung genommen, auf das verwiesen
wird.
Dem Senat lagen die Grundakten von Markdorf Blatt 853 mit der Teilungserklärung und den
Bauträgerverträgen vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (dazu A.) und hat in der Sache vorläufig Erfolg (dazu B.). Das
Grundbuchamt ist unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anzuweisen, über die
beantragte Eintragung der Sondernutzungsrechte unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats erneut zu befinden (dazu C.).
A. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 GBO statthafte und gemäß § 73
Abs. 2 GBO formgerechte Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 ist zulässig.
B. Die Beschwerde hat in der Sache vorläufig Erfolg. Die Eintragung der Sondernutzungsrechte
kann vorliegend nicht von der Vorlage der Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und
der an ihrem Wohn- und Teileigentum dinglich Berechtigten abhängig gemacht werden.
Nach
betroffen wird. Die Bewilligung muss von dem dazu Berechtigten abgegeben werden,
sogenannte Bewilligungsberechtigung (vgl. zu den Begrifflichkeiten und in Abgrenzung zur
Bewilligungsbefugnis: Kilian, in: Bauer/Schaub, GBO, 5. Aufl. 2023, § 19 Rn. 135). Die
Bewilligungsberechtigung muss grundsätzlich noch im Zeitpunkt der Eintragung des Rechts
vorliegen (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 19 Rn. 44; OLG München, Beschluss vom
05.12.2017 - 34 Wx 402/17, Rn. 23, juris; OLG München, Beschluss vom 19.06.2015 - 34 Wx
24/15, Rn. 21, juris; BayObLG, Beschluss vom 21.08.1980 - 2 Z 59/80, juris - LS).
Das ist vorliegend der Fall. Die Beteiligte Ziffer 1 hat die der Beteiligten Ziffer 2 übertragenen
Sondernutzungsrechte in der Teilungserklärung durch Zuordnungsvorbehalt begründet (dazu
1.). Die Auslegung der Teilungserklärung ergibt, dass die Bewilligungsberechtigung der
Beteiligten Ziffer 1 bis zur Eintragung der Sondernutzungsrechte fortbesteht, weil die Beteiligte
Ziffer 1 von ihrem Zuweisungs- und Benennungsrecht noch zum Zeitpunkt ihrer Zugehörigkeit
zur Eigentümergemeinschaft gegenüber der Beteiligten Ziffer 2 in einem Kaufvertrag Gebrauch
gemacht hat. Der Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und der an deren Wohn- und
Teileigentum dinglich Berechtigten bedarf es daher nicht (dazu 2.). Deren Bewilligung ist ebenso
wenig zum Nachweis erforderlich, dass die Sondernutzungsrechte nicht unterdessen durch
Abtretung gemäß
hierfür keinerlei Anhaltspunkte gibt (dazu 3.). Die Bewilligung der Beteiligten Ziffer 1 ist
wirksam geworden und hinreichend bestimmt (dazu 4.). Der erforderliche Antrag der Beteiligten
Ziffer 1 liegt ebenso vor (dazu 5.). Im Einzelnen:
1. Die Beteiligte Ziffer 1 hat die der Beteiligten Ziffer 2 übertragenen Sondernutzungsrechte in
der Teilungserklärung durch den Ausschluss der Nutzungsbefugnis aller übrigen Eigentümer
und die Einräumung eines persönlichen Zuordnungsvorbehalts wirksam (schuldrechtlich)
begründet.
a) Sondernutzungsrechte kraft Vereinbarung oder durch einseitige Erklärung des teilenden
Eigentümers begründen für einen Wohnungseigentümer das alleinige Nutzungsrecht an Flächen
des Gemeinschaftseigentums. Die übrigen Eigentümer werden von der Nutzung
ausgeschlossen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz WEG wirken sie gegen den
Sondernachfolger des Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im
Grundbuch eingetragen sind. Es handelt sich dann um eine schuldrechtliche Gebrauchsregelung
mit dinglicher Wirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 24.11.1978 - V ZB 11/77, Rn. 12, juris;
Falkner,
Gemeinschaftseigentums handelt, ist zur Eintragung des Sondernutzungsrechts grundsätzlich
die Bewilligung aller Wohnungs- und Teileigentümer erforderlich (vgl. Hügel/Elzer,
Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl. 2021, § 10 WEG Rn. 126; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 2914; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2019 - I-3
Wx 69/19, Rn. 19, juris; BayObLG, Beschluss vom 08.11.1985 - BReg 2 Z 119-122/84, Rn. 21,
juris). Ebenso ist – materiellem Recht nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG folgend – im Grundsatz die
Bewilligung der dort genannten, am Wohnungs- und Teileigentum der übrigen
Wohnungseigentümer dinglich Berechtigten erforderlich (Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2912b;
BayObLG, Beschluss vom 08.11.1985 - BReg 2 Z 119-122/84, Rn. 26, juris).
b) In der Praxis haben sich im Wesentlichen zwei übliche Gestaltungsvarianten unter den
Begriffen der „gestreckten“ oder „gestuften Begründung von Sondernutzungsrechten“ mit dem
Ziel etabliert, bei der oftmals wegen (realer oder grundbuchrechtlicher) Veränderungen des
Grundstücks auf Grund der nachträglichen Verbindung des Sondernutzungsrechts mit einem
Wohnungseigentum die sonst erforderliche Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und
deren Finanzierungsgläubiger aus Kosten- und Zeitgründen entbehrlich zu machen und dem
Bauträger alleinige Handlungsbefugnis zu verleihen (vgl. Übersichten bei BeckOGK/Falkner,
WEG, Stand: 01.05.2023, § 10 Rn. 400; Grüneberg/Wicke, BGB, 83. Aufl. 2024, § 13 WEG
Rn. 12; Hügel/Elzer, a. a. O., § 10 WEG Rn. 129; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2913; Klühs,
251, 256 unter III. 1. a); diess.,
3.). Den Gestaltungsvarianten ist gemein, dass bis auf einen Wohnungseigentümer sämtliche
übrigen Wohnungseigentümer von der Benutzung der Flächen ausgeschlossen werden (negative
Komponente) und einem Wohnungseigentümer – in der Regel dem teilenden Eigentümer und
Bauherrn – das Recht vorbehalten wird, das Sondernutzungsrecht einer bestimmten Einheit
(später) zuzuweisen (positive Komponente).
aa) Der teilende Eigentümer kann in der ersten Gestaltungsvariante sämtliche (künftigen)
Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung von der Nutzung bestimmter Flächen unter
aufschiebender Bedingung der Zuweisung des Nutzungsrechts zu einer bestimmten
Sondereigentumseinheit ausschließen und diesen Ausschluss in allen Grundbüchern der
Wohnungseigentumsserie als Inhalt des Sondereigentums gemäß den §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 8
Abs. 2, 10 Abs. 3 Satz 1, 16 Abs. 1 Satz 3 WEG eintragen lassen (vgl. BeckOGK/Falkner, a. a.
O.; § 10 Rn. 403; Schneider, in: Drasdo/Elzer, Münchener Handbuch des
Wohnungseigentumsrechts, 8. Aufl. 2023, § 2 Rn. 455; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2913a). Die
Bewilligung der übrigen Miteigentümer nebst der dinglich Berechtigten ist zur Eintragung des
Sondernutzungsrechts nicht erforderlich, weil der Inhalt ihres Rechts durch die Zuweisung des
teilenden Eigentümers nicht mehr berührt wird (vgl. Hügel/Elzer, a. a. O., § 10 WEG Rn. 135;
Schöner/Stöber, a. a.O., Rn. 2913a; KG, Beschluss vom 07.02.2023 - 1 W 213/22, Rn. 3, juris;
OLG München, Beschluss vom 22.12.2017 - 34 Wx 139/17, Rn. 29, juris; OLG Hamm,
Beschluss vom 16.06.2017 - 15 W 474/16, Rn. 9, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom
10.03.2016 - 20 W 70/15, Rn. 40, juris; OLG München, Beschluss vom 10.04.2013 - 34 Wx
31/13, Rn. 19; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.05.2012 - 8 W 164/11, Rn. 16, juris; OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.1992 - 3 Wx 110/92,
Beschluss vom 08.11.1985 - BReg 2 Z 119-122/84, Rn. 23, juris; Rieger,
unter 3.).
bb) In der zweiten Gestaltungsvariante kann der teilende Eigentümer für sich ein persönliches
Sondernutzungsrecht begründen, indem er die (künftigen) Wohnungseigentümer in der
Teilungserklärung von der Nutzung sofort und ohne aufschiebend bedingte Zuweisung des
Sondernutzungsrechts von der Nutzung ausschließt und sich zugleich das persönliche Recht
vorbehält, diese Sondernutzungsrechte mit von ihm (später) bestimmten Einheiten zu verbinden
(vgl. BeckOGK/Falkner, a. a. O., § 10 Rn. 402; Schneider, in: Bauer/Schaub, a. a. O., Abschnitt
E Rn. 146; Hügel/Elzer, a. a. O., § 10 WEG Rn. 129; Schneider, in: Drasdo/Elzer, a. a. O., § 2
Rn. 451; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2913; Häublein,
Auch in diesem Fall ist die Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und der an deren
Einheiten dinglich Berechtigten grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom
02.11.2011 - V ZR 74/11, Rn. 21, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2016 - 20 W
70/15, Rn. 40, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.07.2013 - 3 W 22/13, Rn. 12, juris;
OLG Köln, Beschluss vom 27.04.2001 - 2 Wx 62/00, Rn. 12, juris; Bauer/Schaub, a. a. O., Rn.
146; Demharter, a. a. O., Anhang zu § 3 Rn. 28c; Böttcher,
2010, 177, 178 unter I. 2.).
c) Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte Ziffer 1 die letztgenannte Variante gewählt.
aa) Welche Gestaltungsbefugnis der teilende Eigentümer vorgesehen hat, ist durch Auslegung
der Teilungserklärung zu ermitteln. Die Auslegung einer Teilungserklärung, die durch
Eintragung zum Inhalt des Grundbuchs geworden ist, hat maßgebend auf Wortlaut und Sinn
abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt. Umstände
außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen
Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil
vom 16.11.2012 - V ZR 9/12, Rn. 7, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2019 - I-3 Wx
69/19, Rn. 25, juris; OLG München, Beschluss vom 10.04.2013 - 34 Wx 31/13, Rn. 22, juris).
bb) Nach dem Wortlaut der Teilungserklärung hat die Beteiligte Ziffer 1 die einzelnen
Eigentümer bereits in der Teilungserklärung ohne Bedingung und mit sofortiger Wirkung von
der Nutzung dieser Flächen ausgeschlossen. Das ergibt sich ebenso daraus, dass die
Nutzungsbefugnis bei Nichtausübung des Zuweisungsrechts wieder an die
Eigentümergemeinschaft zurückfallen soll. Dieser Regelung bedürfte es nicht, wenn die
Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung des Zuweisungsrechts weiterhin
nutzungsberechtigt wären.
2. Die Bewilligungsberechtigung der Beteiligten Ziffer 1 besteht trotz ihres zwischenzeitlichen
Ausscheidens aus der Eigentümergemeinschaft bis zum Vollzug der beantragten Eintragung der
Sondernutzungsrechte im Grundbuch fort.
Da die Zuweisungsmöglichkeit einschließlich der Bewilligungsberechtigung des teilenden
Eigentümers in der von der Beteiligten Ziffer 1 gewählten Gestaltungsvariante gerade auf dessen
persönlicher Sondernutzungsberechtigung beruht, postulieren Rechtsprechung und Literatur,
dass die Zuweisungsbefugnis grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des teilenden Eigentümers
aus der Gemeinschaft mit der letzten Veräußerung von Wohnungseigentum an einen Erwerber
bestehe (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2011 - V ZR 74/11, Rn. 16, juris; Schneider, in:
Drasdo/Elzer, a. a. O., Abschnitt E Rn. 147; BeckOK GBO/Kral, Sonderbereich WEG, 52.
Ed., Stand: 01.03.2024, Rn. 63; BeckOGK/Falkner, a. a. O., § 10 Rn. 413; Demharter, a. a. O.,
Anhang zu § 3 Rn. 28c; Grüneberg/Wicke, a. a. O., § 13 WEG Rn. 12 a.E.; Hügel/Elzer, a. a.
O., § 10 WEG Rn. 130). Die Zuweisungsbefugnis sei grundsätzlich nicht „mitnahmefähig“ (vgl.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2019 - I-3 Wx 69/19, Rn. 21, juris; OLG Frankfurt,
Beschluss vom 10.03.2016 - 20 W 70/15, Rn. 40, juris; Schneider, in: Drasdo/Elzer, a. a. O., § 2
Rn. 572; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2913; Böttcher,
Ott,
des teilenden Eigentümers an den Gemeinschaftsflächen. Zur Bewilligung berechtigt seien dann
(nur noch) die Wohnungseigentümer.
Vorliegend hat die Beteiligte Ziffer 1 von der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung am
13.09.2021 Gebrauch gemacht, mithin zu einem Zeitpunkt, als sie noch Eigentümerin einer
Einheit der Eigentümergemeinschaft war. Die Bewilligung ging allerdings erst am 04.02.2022
beim Grundbuchamt ein, nun zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligte Ziffer 1 nicht mehr Mitglied
der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ob die Beteiligte Ziffer 1 am 04.02.2022 noch
bewilligungsberechtigt war, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist von der konkreten
Ausgestaltung der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung abhängig (vgl. Münchener
Kommentar zum BGB/Burgmair, 9. Aufl. 2023, § 10 WEG Rn. 30; Klühs,
181 unter III 2.). Maßgeblich für die Feststellung der Bewilligungsberechtigung ist daher der
Inhalt der Teilungserklärung, der durch Auslegung zu ermitteln ist (vgl. OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 17.10.2019 - I-3 Wx 69/19, Rn. 24, juris).
a) Nach dem Wortlaut der Teilungserklärung endet das Benennungs- und Zuweisungsrecht,
sobald die Beteiligte Ziffer 1 durch „Veräußerung (Eigentumsumschreibung im Grundbuch)“
nicht mehr zur Eigentümergemeinschaft gehört. Das Nutzungsrecht an den Flächen,
hinsichtlich derer die Beteiligte Ziffer 1 von ihrem Übertragungsrecht keinen Gebrauch gemacht
hat, geht - so der Wortlaut der Teilungserklärung - dann auf die Eigentümergemeinschaft über.
Bis zur „Übertragung“ der Sondernutzungsrechte soll das Recht zur Nutzung dieser Flächen
bzw. Räumen der Beteiligten Ziffer 1 zustehen.
Damit betrifft die Regelung nach dem Wortlaut nur den Fall, in dem die Beteiligte Ziffer 1 als
teilende Eigentümerin von dem Zuweisungs- und Benennungsrecht vor ihrem Ausscheiden aus
der Eigentümergemeinschaft nicht gegenüber einem Mitglied der Eigentümergemeinschaft in
einem Kaufvertrag Gebrauch gemacht hat. Nur für den Fall des Nichtgebrauchs des
Übertragungsrechts bei Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft soll das Nutzungsrecht an
diesen Flächen auf die Eigentümergemeinschaft übergehen. Hat die Beteiligte Ziffer 1 dagegen
ihr Zuweisungs- und Übertragungsrecht noch als Mitglied der Eigentümergemeinschaft
gegenüber einem Wohnungseigentümer in einem Kaufvertrag ausgeübt, sieht die
Teilungserklärung keinen Übergang der Nutzungsbefugnisse hieran auf die
Eigentümergemeinschaft vor. Ab dem Zeitpunkt der Ausübung der Zuweisungsbefugnis durch
die Beteiligte Ziffer 1 und der „Übertragung“ der Sondernutzungsrechte gebührt die Nutzung
dieser Flächen nämlich dem erwerbenden Wohnungseigentümer, wenngleich bis zur Eintragung
der Zuweisung im Grundbuch zunächst nur im Innenverhältnis zwischen der Beteiligten Ziffer
1 und diesem, mithin ohne dingliche Wirkung.
Dem Wortlaut der Teilungserklärung lässt sich nicht entnehmen, dass die Beteiligte Ziffer 1 von
ihrem Zuweisungs- und Benennungsrecht nur in einem Kaufvertrag beziehungsweise
Bauträgervertrag über das jeweilige Wohnungseigentum Gebrauch machen könnte. Mit Blick auf
den Zweck der gewählten Gestaltung wird zwar - wie bei der Auslegung von Vollmachten in
Teilungserklärungen (vgl. Demharter, a. a. O., § 19 Rn. 75 mwN) - postuliert, dass der geringere
Umfang der Zuweisungsbefugnis anzunehmen sei (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
17.10.2019 - I-3 Wx 69/19, Rn. 31, juris, dort allerdings zu einer anders gefassten
Teilungserklärung). Dieser Grundsatz beansprucht jedoch ebenso wie bei Vollmachten nur
insoweit Geltung, als - anders als hier - das Ergebnis einer vorigen Auslegung kein eindeutiges
Ergebnis erbringt (vgl. zu Vollmachten BayObLG, Beschluss vom 21.03.1996 - 2 Z BR 11/96,
jeweils im Kaufvertrag erfolgt, versteht ein unbefangener Betrachter, der den Zweck der
gewählten Gestaltung - unkomplizierte spätere Zuweisung der Sondernutzungsrechte durch den
Bauträger in seinem und im Interesse der künftigen Wohnungseigentümer ohne aufwendige
Beibringung ihrer Bewilligung und der an ihren Grundstücken dinglich Berechtigten - in den
Blick nimmt, jedoch nur dahin, dass hierfür auch ein (separater, nachträglicher) Kaufvertrag
über die Sondernutzungsrechte ausreichend ist. Denn vorliegend hat die betreffende Passage in
der Teilungserklärung keine Beschränkung der Zuweisungsbefugnis der Beteiligten Ziffer 1 zum
Ziel. Vielmehr wird nur die Art und Weise, auch zum Zweck des Nachweises der Ausübung des
Zuweisungs- und Benennungsrechts angesprochen. Da ein Kaufvertrag über
Wohnungseigentum und Sondernutzungsrechte gemäß
notariellen Beurkundung bedarf (vgl. BeckOK WEG/Leidner, 55. Ed., Stand: 01.01.2024, § 4
Rn. 6 f.), erfüllt er nämlich zugleich die Formerfordernisse der §§ 20, 29 GBO und dient
gegenüber dem Grundbuchamt als formgerechter Nachweis über die Ausübung des
Zuweisungs- und Benennungsrechts durch die Beteiligte Ziffer 1.
b) Für den Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bei Ausübung des Zuweisungsrechts als
Mitglied der Eigentümergemeinschaft streitet die systematische Auslegung: „Überträgt“ die
Beteiligte Ziffer 1 das Sondernutzungsrecht durch Kaufvertrag, ist sie nach den weiteren
Regelungen in Abschnitt VII verpflichtet, die dingliche Verbindung des Sondernutzungsrechts
mit der dazugehörigen Sondereigentumseinheit durch Eintragung im Grundbuch zu bewirken,
um die Wirkungen des § 10 Abs. 3 WEG herbeizuführen. Die Verpflichtung zur Verdinglichung
der zugewiesenen Sondernutzungsrechte könnte die Beteiligte Ziffer 1 aber nur dann ohne
erschwerte Bedingungen erfüllen, wenn der Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bis zur
Eintragung der Übertragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch vorausgesetzt wird.
Andernfalls wäre sie gehalten, die Bewilligung der Wohnungseigentümer der übrigen Einheiten
– vorliegend 17 Einheiten – und ggf. deren Grundpfandrechtsgläubiger beizubringen und
womöglich notfalls im Klagewege durchzusetzen.
c) Die Auslegung, wonach die Eigentümerstellung der Beteiligten Ziffer 1 (nur) im Zeitpunkt
der Ausübung der Zuweisungsbefugnis maßgeblich ist und die in diesem Moment bestehende
Bewilligungsberechtigung unabhängig vom Verbleib der Beteiligten Ziffer 1 in der
Eigentümergemeinschaft bis zur Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch
fortwirkt, trägt allein dem jedem unbefangenen Betrachter erkennbaren Sinn und Zweck der in
der Teilungserklärung gewählten Gestaltung der gestreckten Begründung des
Sondernutzungsrechts Rechnung. Danach sollte angesichts der bei Fassung der
Teilungserklärung noch unklaren realen Lage der Sondernutzungsflächen eine möglichst flexible,
sowohl für den teilenden Eigentümer als auch die Mitglieder der
Wohnungseigentümergemeinschaft und die Grundpfandrechtsgläubiger zeit- und
kostensparende Zuweisung dieser Sondernutzungsrechte ermöglicht werden und die mit der
Beschaffung der Bewilligung aller Wohnungseigentümer und ihrer Grundpfandrechtsgläubiger
möglicherweise verbundenen praktischen (und rechtlichen) Probleme vermieden werden. Dieser
Zweck würde vereitelt, wenn die Beteiligte Ziffer 1 ein einmal gegenüber einem
Wohnungseigentümer wirksam ausgeübtes Zuweisungsrecht wegen späteren Ausscheidens aus
der Wohnungseigentümergemeinschaft zwischen Ausübung und des Zuweisungsrechts und
Eintragung des Sondernutzungsrechts wieder verlöre und der Wohnungseigentümer, dem die
Sondernutzungsrechte zugewiesen wurden, seine Eintragung nur unter Vorlage der
Bewilligungen der anderen Wohnungseigentümer und ihrer Grundpfandrechtsgläubiger
erreichen könnte.
Nur bei einer diesem Zweck der Konstruktion Rechnung tragenden Auslegung hängt die
Bewilligungsberechtigung der Beteiligten Ziffer 1 nicht von zeitlichen Zufälligkeiten des
Grundbuchvollzuges ab, wie die vorliegende Beschwerdesache zeigt. Weder haben die
Beteiligten es in der Hand, wann ihnen die zum Vollzug des Kaufvertrages über die
Sondernutzungsrechte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GrEStG erforderliche
Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vorliegt noch haben sie Einfluss auf die
zeitliche Reihenfolge des Vollzugs der Kaufverträge beim Grundbuchamt. Hätte das
Grundbuchamt am 04.02.2022 die Eintragung der Sondernutzungsrechte vorgenommen und
den Vollzug des letzten Kaufvertrages statt 10 Tage zuvor einen Tag später, stellte sich die Frage
der Bewilligungsberechtigung der Beteiligten Ziffer 1 nämlich nicht. Genau solchen
Zufälligkeiten begegnet aber nur die am - jedem unbefangenen Betrachter augenscheinlichen -
Zweck der gewählten Gestaltung ausgerichtete Auslegung der Teilungserklärung.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von den Sachverhalten, die anderen
Oberlandesgerichten zur Entscheidung vorlagen. In den dortigen Streitfällen hatte der teilende
Eigentümer erst von der Zuweisungsbefugnis Gebrauch gemacht, als er bereits (teils seit Jahren)
aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden war, ohne für diesen Fall ausdrücklich eine
Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung vorzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
17.10.2019 - I-3 Wx 69/19, Rn. 30 f., juris; Gegenbeispiel OLG Stuttgart, Beschluss vom
11.05.2012 - 8 W 164/11, Rn. 19, juris) oder die Teilungserklärung war - nach Auffassung des
damit befassten Senats - hinsichtlich des Zeitpunkts des Erlöschens der Zuweisungsbefugnis
mehrdeutig, weil von „Verkauf“ statt von „Veräußerung“ (Eigentumsumschreibung im
Grundbuch) die Rede war (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.04.2013 - 34 Wx 31/13,
Rn. 24, juris).
e) Nach alledem gilt die Beteiligte Ziffer 1 (immer noch) als bewilligungsberechtigt. Die
Bewilligungsberechtigung wirkt fort, bis die Sondernutzungsrechte zu Gunsten der Beteiligten
Ziffer 2 im Grundbuch eingetragen und verdinglicht sind (vgl. auch KG, Beschluss vom
07.02.2023 - 1 W 213/22, Rn. 5, juris). Deswegen ist es unerheblich, dass der Eintragungsantrag
dem Grundbuchamt erst am 04.02.2022 zuging (vgl. im Ergebnis: OLG Hamm, Beschluss vom
16.06.2017 - 15 W 474/16, Rn. 14, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.1992 - 3 Wx
110/92,
f) Dass die Beteiligte Ziffer 1 nicht als Inhaberin der Sondernutzungsrechte mit der
Vermutungswirkung gemäß § 891 Abs. 1 BGB ausgewiesen wird, ist ebenso unschädlich. Denn
das Grundbuch verlautbart die negative Komponente der Sondernutzungsrechte - den
Ausschluss der Nutzungsbefugnis der übrigen Wohnungseigentümer - durch die Eintragung in
Abt. I des jeweiligen Wohnungsgrundbuchs und nimmt auf die Teilungserklärung Bezug, die
damit zum Inhalt des Grundbuchs wird (vgl. Falkner,
der Teilungserklärung kann die Beteiligte Ziffer 1 von ihrem Zuweisungsrecht nur in einem
Kaufvertrag Gebrauch machen. Ein anderer „Kaufvertrag“ im Sinne der Teilungserklärung, mit
dem die Beteiligte Ziffer 1 von ihrem Zuweisungsrecht gegenüber einem Wohnungseigentümer
in abweichender Art und Weise Gebrauch gemacht hätte, ist nicht ersichtlich. Die (einmalige)
Ausübung des Zuweisungsrechts ist vorliegend durch notarielle Urkunde vom 13.09.2021
formgerecht nach
3 Wx 110/92,
3. Die Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer darf das Grundbuchamt auch nicht zum
Nachweis verlangen, dass die Sondernutzungsrechte nicht unterdessen einem anderen
Wohnungseigentümer formlos durch Abtretung gemäß den §§ 413, 1. Halbsatz, 398 Satz 1 BGB
übertragen wurden.
a) Teilweise wird in der Literatur und der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, die Bewilligung
aller Wohnungseigentümer sei deswegen erforderlich, um den Nachweis zu führen, dass das
zunächst nur schuldrechtlich begründete Sondernutzungsrecht nicht bereits durch zulässige
Abtretung gemäß
BeckOK WEG/Kral, a. a. O., § 7 Rn. 151; Schneider, in Drasdo/Elzer, a. a. O., § 2 Rn. 454;
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.03.2018 - 5 W 17/18, Rn. 22, juris; OLG Zweibrücken,
Beschluss vom 27.10.2021 - 3 W 52/21, Rn. 8, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.06.2015
- 20 W 54/15, Rn. 31, juris: wenn nicht „gänzlich unwahrscheinlich“; OLG München, Beschluss
vom 22.12.2017 - 34 Wx 139/17, Rn. 41, juris; OLG München, Beschluss vom 18.04.2013 - 34
Wx 363/12, Rn. 19 f., juris; OLG München, Beschluss vom 11.05.2012 - 34 Wx 137/12, Rn. 22,
juris; Böttcher,
Nach der Gegenauffassung ist dieser Nachweis grundsätzlich nicht erforderlich, wenn nicht
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Sondernutzungsrecht tatsächlich auf einen
anderen Wohnungseigentümer übertragen wurde (vgl. KG, Beschluss vom 07.02.2023 - 1 W
213/22, Rn. 4 f., juris; Demharter, a. a. O., Anh. § 3 Rn. 28e: „nicht als gänzlich
unwahrscheinlich zu erachten“; Schmidt,
b) Der Senat schließt sich im Hinblick auf die im Eintragungsverfahren beschränkte Geltung des
Legalitätsprinzips der letztgenannten Auffassung an.
aa) Das Grundbuchamt hat darüber zu wachen, dass das Grundbuch seinen Zweck erfüllen
kann, über die privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks zuverlässig Auskunft zu geben.
Das Grundbuchamt darf daher nicht mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen (vgl.
BGH, Beschluss vom 11.03.2021 - V ZB 127/19, Rn. 5, juris; Demharter, a. a. O., Anh. § 13
Rn. 41). Im Eintragungsverfahren hat das Grundbuchamt allerdings die sachliche Richtigkeit der
Eintragung grundsätzlich nicht nachzuprüfen. Ihm obliegt weder im Interesse der Beteiligten
noch des Rechtsverkehrs eine allgemeine Rechtsfürsorge für die materielle Richtigkeit der im
Grundbuch ausgewiesenen Rechtsverhältnisse. Es hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob
die Eintragungsvoraussetzungen in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen sind (Demharter, a.
a. O., Anh. § 13 Rn. 41; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.11.1993 - 11 Wx 61/93, juris - LS).
Bloße Zweifel oder Ungewissheiten über die materielle Rechtslage genügen nicht (OLG
Karlsruhe, Beschluss vom 20.03.2001 - 11 Wx 18/01, Rn. 9, juris). Das Grundbuchamt – im
Beschwerdeverfahren das Beschwerdegericht – muss vielmehr überzeugt sein, dass der
begehrten Eintragung Tatsachen entgegenstehen (vgl. Demharter, a. a. O., Anh. § 13 Rn. 41). Es
darf die Eintragung beispielsweise nur versagen, wenn es weiß, dass das Grundbuch durch die
beantragte Bewilligung unrichtig würde (vgl. BGH, Beschluss vom 16.02.2012 - V ZB 204/11,
Rn. 20 mwN, juris).
bb) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Die bloße Möglichkeit, die Beteiligte Ziffer 1 könnte die Sondernutzungsrechte an den
Freiflächen bereits einem anderen Wohnungseigentümer übertragen und sich damit gegenüber
der Beteiligten Ziffer 2 vertragswidrig verhalten haben, begründet kein Nachweiserfordernis in
Form der Vorlage der Bewilligung aller übrigen Wohnungseigentümer. Für eine solche Tatsache
gibt es keinerlei objektive Anhaltspunkte, die Grundlage einer entsprechenden Überzeugung des
Senats sein könnten. In den Kaufverträgen der übrigen Wohnungseigentümer findet sich keine
anderweitige Zuweisung.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich im Übrigen maßgeblich von den durch die
Oberlandesgerichte München, Frankfurt, Zweibrücken und Saarbrücken entschiedenen
Sachverhalten. Der teilende Eigentümer hatte in diesen Fällen bereits von seinem
Zuweisungsrecht Gebrauch gemacht und das Sondernutzungsrecht einer
Wohnungseigentumseinheit im Kaufvertrag zugewiesen. Die dingliche Eintragung war jedoch
(teils jahrelang) unterblieben. Seitdem war es zu teils mehreren Veräußerungen der
Wohnungseigentumseinheit gekommen.
4. Die Bewilligung der Beteiligten Ziffer 1 ist jedenfalls mit dem Zugang der beglaubigten
Abschrift des die Bewilligung enthaltenden Kaufvertrages vom 13.09.2021 beim Grundbuchamt
wirksam geworden (BeckOK GBO/Holzer, a. a. O., § 19 Rn. 28; OLG München, Beschluss
vom 05.12.2017 - 34 Wx 402/17, Rn. 24, juris). Sie genügt dem Bestimmtheitsgrundsatz. Der
Bewilligung ist ein Lageplan angeschlossen, der die Flächen des Gemeinschaftseigentums
hinreichend genau bestimmt, an denen die Sondernutzungsrechte begründet werden sollen (vgl.
Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2914 mwN).
5. Der nach § 13 GBO erforderliche Antrag der Beteiligten Ziffer 1 liegt dem Grundbuchamt
formgerecht seit dem 04.02.2022 vor.
C. Nach alledem bestehen die vom Grundbuchamt angenommenen Eintragungshindernisse
nicht. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, den
Eintragungsantrag vom 01.02.2022 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu
prüfen (vgl. Sellner, in: Bauer/Schaub, a. a. O., § 77 Rn. 13). Die Beschränkungen von § 69 Abs.
1 FamFG gelten in Grundbuchbeschwerdesachen nicht (vgl. Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl.
2023, § 69 Rn. 28; OLG Hamm, Beschluss vom 22.04.2022 - I-15 W 76/22, Rn. 10, juris; OLG
Hamm, Beschluss vom 14.12.2010 - I-15 W 190/10, Rn. 13, juris). Angesichts der
Besonderheiten der Buchung von Sondernutzungsrechten in dem Teileigentumsgrundbuch der
Beteiligten Ziffer 2 (vgl. Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 2915) sieht der Senat davon ab, das
Grundbuchamt zu einer konkreten Eintragung anzuweisen, zumal das Grundbuchamt
womöglich seit der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens auf Grund der dem Senat nicht
vorliegenden Urkunde vom 18.07.2023 im Grundbuch Blatt 7221 Änderungen vorgenommen
haben könnte (vgl. BeckOK GBO/Kramer, a. a. O., § 77 GBO Rn. 41).
III.
Für die erfolgreiche Beschwerde fallen keine Gerichtsgebühren an. Die Entscheidung über die
außergerichtlichen Kosten beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 FamFG. Der Festsetzung
eines Geschäftswertes bedarf es nicht.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß
Entscheidung beruht auf der Auslegung der Teilungserklärung im Einzelfall.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Karlsruhe
Erscheinungsdatum:28.03.2024
Aktenzeichen:14 W 104/23 (Wx)
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Grunderwerbsteuer
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Beurkundungserfordernis
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GBO §§ 13, 19, 29; WEG §§ 4, 10 Abs. 3