Amtshaftung; anderweitige Ersatzmöglichkeit; Reichweite der Rechtskraft im Folgeprozess
letzte Aktualisierung: 28.7.2022
BGH, Urt. v. 9.6.2022 – III ZR 24/21
Amtshaftung; anderweitige Ersatzmöglichkeit; Reichweite der Rechtskraft im Folgeprozess
a) Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem die gegen einen Notar gerichtete Amtshaftungsklage wegen
einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach
abgewiesen wird, umfasst die Gründe des Urteils, soweit in ihnen die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt werden. Ist dies der Fall, kann im Folgeprozess die
Amtshaftungsklage nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im
Zeitpunkt der Erstentscheidung dem Grunde nach nicht bestanden.
b) Zur sekundären Darlegungslast des Verwalters des Nachlasses eines verstorbenen Notars, der
wegen Verletzung von Amtspflichten des Notars aus
Anspruch genommen wird.
c) Ergreift der durch eine notarielle Amtspflichtverletzung Geschädigte Maßnahmen der
Rechtsverfolgung gegen Personen, deren Haftung gegenüber derjenigen des Notars nach § 19 Abs. 1
Satz 2 BNotO vorrangig ist, sind die Kosten eines gegen solche Personen geführten Rechtsstreits
erster Instanz als adäquat-kausal auf der Amtspflichtverletzung beruhender Schaden ersatzfähig,
wenn und soweit die Klage rechtlich wie wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bot und sich
nicht als Maßnahme darstellt, die dem Geschädigten nicht zumutbar ist und die ein vernünftiger
Geschädigter nicht ergreifen würde. Kosten eines Rechtsmittels, das der Geschädigte gegen ein ihm
ungünstiges erstinstanzliches Urteil einlegt, sind hingegen regelmäßig nicht ersatzfähig, soweit es zur
Interessenwahrung des Geschädigten genügt, mittels einer Streitverkündung gegenüber dem Notar
Bindungswirkung für den nachfolgenden Amtshaftungsprozess herzustellen (Bestätigung von Senat,
Urteil vom 27. Oktober 1955 – III ZR 82/54,
Urteil vom 18. April 2002 – IX ZR 72/99,
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des
Landgerichts. Im Übrigen führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Anspruch der Erblasserin gegen
den Notar aus
Beweis gestellt. Eine Verletzung notarieller Amtspflichten aus
sei nicht feststellbar. Dies setze voraus, dass der Notar Kenntnis von Umständen
gehabt habe, die ihn zur Versagung seiner Amtstätigkeit verpflichtet hätten. Der
Beklagte habe die Kenntnis des Notars von einer sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung
zulässig mit Nichtwissen bestritten. Als Nachlassverwalter obliege ihm
keine sekundäre Darlegungslast, weil er außerhalb des erheblichen Geschehensablaufs
stehe. Die Rechtsprechung, nach der die beweisrechtliche Position des
Erblassers auf den Erben übergehe, könne auf den Nachlassverwalter nicht
übertragen werden.
Dass dem Notar die erheblichen Kaufpreissteigerungen, die für ihn Anhaltspunkt
für die mögliche Unredlichkeit des Geschäfts hätten sein können, bekannt
gewesen seien, habe die Erblasserin nicht konkret unter Beweis gestellt.
Auf seine Kenntnis könne auch nicht auf Grund der vorgetragenen Umstände
geschlossen werden. Voraussetzung sei, dass der Notar bei der Beurkundung
des Angebots der Erblasserin die Kaufpreise aus An- und Verkauf auch tatsächlich
gekannt habe, sodass er sie hätte vergleichen und als sittenwidrig hätte würdigen
können. Dies lasse sich nicht feststellen. Dagegen spreche, dass sich für
den Notar ein Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag zwischen Herrn
B. und der Zwischenkäuferin vom 6. Februar 2006 über insgesamt 25 Wohnungen
und dem Angebot der Erblasserin vom 27. Februar 2006 an die Verkäuferin
über zwei Wohnungen nicht habe erschließen müssen. Das verbindende
Glied zwischen den beiden Beurkundungen habe sich erst ergeben, als die Verkäuferin
am 3. März 2006 vor dem Notar einen Kaufvertrag mit der Zwischenkäuferin
über den Erwerb von 14 Wohnungen geschlossen habe. Auch der Zeitablauf
von drei Wochen spreche dafür, dass sich der Notar an einzelne Kaufpreise aus
früheren Beurkundungen nicht konkret habe erinnern müssen.
Eine von der Erblasserin behauptete Einbindung des Notars in das gesamte
Immobiliengeschäft, auf Grund deren ihm hätte auffallen müssen, dass die
Wohnungen mit sittenwidrigen Kaufpreisdifferenzen verkauft und mit den Geschäften
deshalb unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt würden, habe der
Beklagte bestritten und sei nicht bewiesen. Auch wenn der Notar bezüglich der
am 6. Februar 2006 verkauften Eigentumswohnungen zahlreiche Beurkundungen
vorgenommen habe, folge daraus nicht, dass er bereits am 27. Februar 2006
umfassend mit dem gesamten Immobiliengeschäft, das sich erst in der Anfangsphase
befunden habe, befasst gewesen sei. Ein Zusammenhang der einzelnen
Beurkundungen habe sich ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufdrängen müssen.
Da das Vorbringen der Erblasserin zu den einzelnen notariellen Tätigkeiten
als wahr unterstellt werden könne, sei ihren diesbezüglichen Beweisangeboten
nicht nachzugehen. Auch überzeuge ihre Annahme nicht, konkrete Verdachtsgründe
hätten sich für den Notar spätestens am 10. Februar 2006 daraus ergeben,
dass bei einem Vergleich der Kaufpreise aus dem Ankauf durch die Zwischenkäuferin
am 6. Februar 2006 und den Angeboten der Verbraucher (darunter
des Käufers L. ) vom 10. Februar 2006 sittenwidrige Kaufpreisüberhöhungen
festzustellen gewesen seien. Der Zusammenhang zwischen dem Ankauf
durch die Zwischenkäuferin und dem Verkauf durch die Verkäuferin habe sich
auch hier erst aus der Beurkundung des Erwerbs von 14 Wohnungen aus den
von der Zwischenkäuferin erworbenen Wohnungen am 3. März 2006 ergeben.
Der Notar habe zwar seine Hinwirkungspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2
Nr. 2 BeurkG a.F. verletzt, indem er sich nicht vergewissert habe, ob die Erblasserin
rechtzeitig vor der Beurkundung den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts
erhalten habe. Jedoch sei die Kausalität der Amtspflichtverletzung nicht
festzustellen, weil die Erblasserin nicht vorgetragen habe, wie sie sich auf eine
konkrete Nachfrage des Notars verhalten hätte. Für ihre Behauptung, den Vertragstext
nicht vorab erhalten zu haben, habe sie keinen Beweis angetreten.
Soweit die Erblasserin erstmals in zweiter Instanz geltend mache, der
Notar habe die Annahme des Angebotes, die Auflassung oder auch die Grundschuldbestellung
wegen Erkenntnissen über die Unredlichkeit des Geschäftes
versagen müssen, leite sie ihren Schaden aus anderen Pflichtverletzungen des
Notars her, die bislang nicht streitgegenständlich gewesen seien. Sie habe trotz
Hinweises in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2019 ihre Klage
insoweit nicht erweitert.
Schließlich habe die Erblasserin ihren Schaden nicht ausreichend dargetan,
weil sie weder die behaupteten Beträge nachvollziehbar aus dem konkreten
Geschehensablauf abgeleitet noch zu ihren Mieteinnahmen schlüssig vorgetragen
habe. Als Vorteil sei die Ablösung von Altverbindlichkeiten in Höhe von
ben sei, könne nicht festgestellt werden.
Die Bindungswirkung des Urteils vom 10. März 2016 aus dem Vorprozess
stehe der Klageabweisung nicht entgegen. Die Rechtskraft eines Urteils, durch
das die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen worden sei, beschränke sich
auf den Entscheidungssatz und mithin darauf, dass der Kläger bis zum Schluss
der mündlichen Verhandlung im Vorprozess keinen zur Zahlung fälligen Anspruch
gehabt habe. Sie erstrecke sich nicht auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen
wie Amtspflichtverletzung, Kausalität und Schaden; denn diese seien
nicht Gegenstand des Tenors, und die Urteilsgründe erwüchsen nicht in Rechtskraft.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in mehreren Punkten
nicht stand.
1. Die Klage ist in Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages von
21.407,17
richts gerichtete Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat den Umfang der Rechtskraft des Urteils vom
10.
Vorprozess nur wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 19 Abs. 1
Satz 2 BNotO als derzeit unbegründet abgewiesen und zugleich die übrigen Voraussetzungen
eines Anspruchs aus
der Amtspflicht aus
2013 geltenden Fassung vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850, 2859; künftig:
a.F.) bejaht worden sind (S. 26 - 29 des Urteils vom 10. März 2016), steht rechtskräftig
fest, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung
im Vorprozess die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Da inzwischen
infolge der Aufhebung der Verurteilung des Geschäftsführers der Verkäuferin
auch feststeht, dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 19 Abs. 1
Satz 2 BNotO besteht, ist die Klage in vorstehendem Umfang begründet.
a) Ob die Rechtskraft eines die Klage als derzeit unbegründet abweisenden
Urteils die Feststellung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen umfasst, so
dass im Folgeprozess die Klage nicht mit der Begründung abgewiesen werden
kann, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der Erstentscheidung dem Grunde
nach nicht bestanden, ist umstritten.
aa) Das Oberlandesgericht Düsseldorf sowie ein Teil des Schrifttums bejahen
diese Frage (OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 139 f; Grunsky, ZZP 76 [1963],
165, 170, 177; Heinrich,
§ 322 Rn. 156; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 322 Rn. 249 f; Zöller/
Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., vor § 322 Rn. 58). Dem Zweitgericht stehe allein die
Entscheidung darüber zu, ob die im ersten Prozess noch fehlenden Voraussetzungen
der Begründetheit des Anspruchs inzwischen gegeben seien. Dies folge
aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die Abweisung der
Klage als derzeit unbegründet einen zugunsten des Klägers anderen Rechtskraftumfang
habe als eine endgültige Klageabweisung (Heinrich aaO S. 18; vgl.
BGH, Urteil vom 21. April 1988 - VII ZR 372/86,
die Abweisung nur als derzeit unbegründet habe der Kläger eine Rechtsposition
erlangt, die ihm nicht durch eine Veränderung des Rechtskraftumfangs des Ersturteils
in einem zweiten Prozess wieder genommen werden könne (Heinrich
aaO S. 18 f). Dieses Ergebnis folge auch aus dem Prinzip der Waffengleichheit.
Da sich der Beklagte auf die ihm günstigen Urteilselemente berufen könne, dürfe
dem Kläger dies nicht versagt werden (OLG Düsseldorf aaO S. 140; Grunsky
aaO S. 170; Stein/Jonas/Althammer aaO Rn. 249). Auch wenn die Klage als derzeit
unbegründet abgewiesen werde, treffe das Gericht, indem es einzelne Tatbestandsmerkmale
bejahe, insoweit eine Entscheidung über den durch die Klage
erhobenen Anspruch im Sinne von
maßgeblichen Entscheidungssatzes sei (OLG Düsseldorf aaO S. 139 f).
bb) Andere Stimmen in der Literatur lehnen eine Bindungswirkung des
Ersturteils bezüglich anderer Tatbestandsmerkmale als desjenigen, dessentwegen
die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist, ab (Baumann,
AcP 169 [1969], 317, 343 f; Blomeyer in FS Lent, 1957, S. 43, 79 f; Brox, ZZP 81
[1968], 379, 389 Fn. 41; Deckers,
"zur Zeit", 1999, S. 53 f; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 322
Rn. 51; Wieczorek/Schütze/Büscher, ZPO, 4. Aufl., § 322 Rn. 125). Die Entscheidung
beruhe nur auf dem Abweisungsgrund als solchem. Soweit in den Entscheidungsgründen
das Vorliegen anderer Merkmale bejaht werde, sei dies für die
Klageabweisung nicht tragend (Baumann aaO S. 344; Kappel aaO). Auch wenn
die Abweisung als derzeit unbegründet voraussetze, dass alle anderen Tatbestandsmerkmale,
bei deren Fehlen die Klage endgültig unbegründet sei, geprüft
und bejaht worden seien, fänden sich diese Erwägungen nur in den Urteilsgründen
und seien daher der Rechtskraft nicht fähig (Deckers aaO S. 989 f).
b) Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an.
aa) Nach
über den erhobenen (prozessualen) Anspruch entschieden ist. Sie beschränkt
sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, das heißt auf die Rechtsfolge,
die auf eine Klage oder Widerklage aufgrund eines bestimmten Sachverhalts
bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet (Senat,
Urteile vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81,
24. Juni 1993 - III ZR 43/92,
22. September 2016 - V ZR 4/16,
tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen
die getroffene Entscheidung aufbaut, werden von der Rechtskraft nicht erfasst
(Senat, Urteil vom 17. Februar 1983 aaO; BGH, Urteil vom 5. November 2009
- IX ZR 239/07,
aaO; jew. mwN). Der Inhalt des Urteils und damit der Umfang der Rechtskraft
sind der Entscheidung indes im Ganzen zu entnehmen. Auszugehen ist von der
Urteilsformel, die aber oft, so regelmäßig bei klageabweisenden Urteilen, nicht
erkennen lässt, worüber entschieden ist. Sofern die Urteilsformel allein nicht ausreicht,
um den Rechtskraftgehalt der Entscheidung zu erfassen, sind Tatbestand
und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend
heranzuziehen (Senat, Urteile vom 17. Februar 1983 aaO mwN und vom
24. Juni 1993 aaO; BGH, Urteil vom 1. Juli 1986 - VI ZR 120/85,
mwN). Wird eine Zahlungsklage wegen fehlender Fälligkeit als derzeit unbegründet
abgewiesen, erwächst in materielle Rechtskraft, dass bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung im Vorprozess der Kläger gegen den Beklagten keinen
zur Zahlung fälligen Anspruch hatte.
bb) Aus der Rechtsprechung des Senats folgt aber weiter, dass die
Rechtskraft eines Urteils, das eine auf
nur wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (
sich auch darauf erstreckt, dass im Übrigen die Voraussetzungen des
Amtshaftungsanspruchs erfüllt sind, wenn und soweit diese in den Entscheidungsgründen
bejaht wurden.
Eine auf
wenn das Gericht - wie hier im Vorprozess geschehen - die übrigen Tatbestandsmerkmale
des Amtshaftungsanspruchs geprüft und für gegeben erachtet
hat (Senat, Urteil vom 7. September 2017 - III ZR 618/16,
Rn. 23 mwN). Daraus folgt, dass die Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen,
bei deren Fehlen die Klage als endgültig unbegründet abzuweisen ist, vorrangig
zu treffen sind, bevor die Klage als nur derzeit unbegründet abgewiesen
wird (Senat aaO). Dem entspricht, dass ein Beklagter durch ein Urteil beschwert
ist, wenn er die endgültige Klageabweisung erstrebt, der Klageanspruch jedoch
nur als derzeit unbegründet abgewiesen wird. Er kann daher mit einem Rechtsmittel
einen weitergehenden, für ihn günstigeren Prozesserfolg - die endgültige
Klageabweisung - anstreben. Wenn seine Rügen bezüglich der sonstigen Haftungsvoraussetzungen
erheblich sind, sind die bislang insoweit fehlenden Feststellungen
nachzuholen (vgl. BGH, Urteil vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04,
Ist damit Voraussetzung und - wie hier im Vorprozess - tragender Grund
für eine auf das negative Tatbestandsmerkmal des
gestützte Klageabweisung als derzeit unbegründet, dass die übrigen Voraussetzungen
des Amtshaftungsanspruchs erfüllt sind, ist es im Umkehrschluss folgerichtig,
dass das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale Teil des in Rechtskraft
erwachsenden Entscheidungssatzes ist.
Diese für den Amtshaftungsanspruch nach
Grundsätze sind auf den Anspruch aus
durch
anderweitigen Ersatzmöglichkeit zu übertragen.
2. Auch hinsichtlich des auf Befreiung von Forderungen der Bank und von
den Kosten des Vorprozesses gerichteten weitergehenden Anspruchs, der nicht
Gegenstand des Vorprozesses war und daher nicht von der Rechtskraftwirkung
des Urteils vom 10. März 2016 erfasst ist, kann ein Anspruch aus § 19 Abs. 1
Satz 1 BNotO wegen Verletzung der Hinwirkungspflicht aus § 17 Abs. 2a Satz 2
Nr. 2 BeurkG a.F. nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung
verneint werden.
a) Das Berufungsgericht hat unzutreffend angenommen, die Erblasserin
habe ihre Behauptung, sie habe vor dem Beurkundungstermin keinen Vertragstext
ausgehändigt bekommen, nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hat sie sich
für dieses zunächst beweisantrittslos im Schriftsatz vom 2. Juni 2017 erfolgte
Vorbringen mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 auf das Zeugnis von F. F. und
M. L. berufen. Das Berufungsgericht hätte, da es für seine Entscheidung
auf dieses Klägervorbringen ankam, die angebotenen Beweise erheben müssen.
b) Der Rechtsfehler ist entscheidungserheblich. Auf der Grundlage des
unter Beweis gestellten Klägervorbringens hat der Notar gegen die Hinwirkungspflicht
aus
aa) Nach
darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit
erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen;
bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB unterliegen, geschieht dies in der Regel dadurch,
dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen
zuvor zur Verfügung gestellt wird. Diese Hinwirkungspflicht ist keine bloße Hinweis-
oder Belehrungspflicht, sondern geht darüber hinaus. Sie gebietet dem gemäß
Beteiligte verpflichteten und für die Verfahrensgestaltung persönlich verantwortlichen
Notar, sich wirkungsvoll für eine Einhaltung des im Interesse des Übereilungsschutzes
vom Gesetz vorgesehenen Verfahrens einzusetzen (BGH, Beschluss
vom 28. August 2019 - NotSt (Brfg) 1/18,
insoweit in
2018 - III ZR 506/16,
Zwar war der Notar nach der hier anwendbaren Fassung der Vorschrift
nicht verpflichtet, dem Verbraucher den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts
selbst zu übersenden. Es reichte aus, wenn der Verkäufer oder Vermittler dem
Verbraucher den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts rechtzeitig zur Verfügung
gestellt hatte (BGH aaO Rn. 64 mwN). Aber jedenfalls bei Gestaltungen,
bei denen Missverständnisse oder Fehler des Verbrauchers in Bezug auf die
übergebenen Unterlagen oder auch ein Missbrauch des Beurkundungsverfahrens
nahelagen, erfüllte der Notar die ihm obliegende Hinwirkungspflicht nicht,
wenn er sich lediglich auf von ihm vorformulierte formelhafte Bestätigungen des
Verbrauchers zur Einhaltung der Regelfrist verließ, ohne sich selbst wirkungsvoll
davon zu überzeugen, dass der Verbraucher die erforderlichen Unterlagen erhalten
hatte (BGH aaO Rn. 65 mwN). Daher genügte es nicht, wenn der Notar den
Verbraucher bei der Beurkundung befragte, ob er rechtzeitig einen Entwurf erhalten
habe, und die Antwort in der Urkunde vermerkte (BGH aaO Rn. 66). Denn
andernfalls wäre der Grundsatz unterlaufen worden, dass die Einhaltung der
Zweiwochenfrist nicht zur Disposition der Beteiligten steht (Senat, Urteile vom
7. Februar 2013 - III ZR 121/12,
2015 - III ZR 292/14,
ob der Verbraucher tatsächlich unter Wahrung der Zweiwochenfrist einen
Vertragstext erhalten hatte, der mit dem zu beurkundenden Vertragsentwurf im
Wesentlichen übereinstimmte (BGH, Beschluss vom 28. August 2019 aaO; Armbrüster
in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG und DONot, 6. Aufl. 2013, § 17
BeurkG Rn. 219; Grziwotz in Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 3. Aufl., § 17 Rn. 82;
Staudinger/Hertel, BGB, Neubearbeitung 2012, Vorbem. zu §§ 127a, 128
(BeurkG), Rn. 527; Bohrer,
bb) Nach diesen Maßstäben hat der Notar der Hinwirkungspflicht aus § 17
Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. nicht genügt. Er hätte sich mit dem Passus in
der Angebotsurkunde, die Erblasserin habe einen ähnlichen Entwurf 14 Tage vor
der Beurkundung erhalten, nicht begnügen dürfen, ohne die Richtigkeit dieser
Erklärung zu überprüfen. Hierfür hätte er zunächst hinterfragen müssen, ob die
Erblasserin überhaupt 14 Tage vor der Beurkundung einen Text des Kaufvertragsangebots
erhalten hatte. Das hätte indes für sich noch nicht ausgereicht.
Denn die unpräzise und damit erkennbar zur Verschleierung einer Verletzung der
Wartefrist geeignete Formulierung, die Erblasserin habe einen "ähnlichen" Ent-
wurf erhalten, hätte dem Notar Anlass geben müssen, zu überprüfen, ob der ähnliche
Entwurf den rechtlichen Anforderungen an den Text des beabsichtigten
Rechtsgeschäfts im Sinne von
Dafür genügte eine einfache Erklärung der Erblasserin nicht. Gerade im Strukturvertrieb
von Eigentumswohnungen, bei dem der Notar nicht unbesehen von
der uneingeschränkten Seriosität des Vertriebs ausgehen kann, ist in Rechnung
zu stellen, dass Verbraucher möglicherweise zu falschen Angaben gegenüber
dem Notar bewegt werden, um einen vermeintlich in ihrem Interesse liegenden
Vertragsschluss zu erreichen (vgl. Rieger,
ist der juristische Laie in der Regel nicht in der Lage zu beurteilen, ob zwei Vertragswerke
"ähnlich" im erforderlichen Sinne sind, dass sie im Wesentlichen inhaltlich
übereinstimmen. Der Notar hätte sich daher auf andere Weise von der
weitgehenden Übereinstimmung des (angeblich) vorab zur Verfügung gestellten
Entwurfs mit dem beurkundeten Angebot überzeugen müssen (vgl. BGH, Beschluss
vom 28. August 2019 aaO Rn. 66). Dass die Erblasserin - die Richtigkeit
ihres Vorbringens unterstellt - tatsächlich überhaupt keinen Entwurf vorab erhalten
hatte, hätte der Notar auf diese Weise festgestellt, so dass, wie auch das
Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Beurkundung abzubrechen gewesen
wäre.
cc) Die somit auf der Grundlage des Vortrags der Erblasserin anzunehmende
Amtspflichtverletzung ist für ihren Schaden kausal geworden. Nach der
Rechtsprechung des Senats bewirkt bereits die Beurkundung einer Vertragserklärung
unter Missachtung der Wartefrist den in dem für den beteiligten Verbraucher
(Käufer) nachteiligen Vertrag liegenden Schaden (Senat, Urteile vom
25. Juni 2015 aaO Rn. 21; vom 28. Mai 2020 - III ZR 58/19,
Rn. 33, insoweit in
- III ZR 164/19,
zu legenden Vorbringen der Erblasserin scheitert der Anspruch auch nicht an
dem vom Beklagten erhobenen Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens. Der
Beklagte hat behauptet, die Erblasserin hätte die Wohnungen, um in den Genuss
der Ablösung ihrer Altverbindlichkeiten zu kommen, auch bei Einhaltung der Wartefrist
in jedem Fall gekauft. Die Erblasserin hat darauf erwidert, sie hätte den
Vertrag bei Einhaltung der Wartefrist nicht geschlossen; die Ablösung der Altverbindlichkeiten
sei erst nach Beurkundung ihres Angebots thematisiert worden.
Maßnahmen zur Rückgängigmachung des Vertrags habe sie nicht ergriffen, weil
sie davon ausgegangen sei, vertraglich gebunden zu sein. Damit hat sie der ihr
obliegenden sekundären Darlegungslast (vgl. Senat, Urteile vom 28. Mai 2020
aaO und vom 22. April 2021 aaO) genügt.
3. Ein Anspruch aus
Amtspflichten aus
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. Seine Annahme,
die Erblasserin habe die Kenntnis des Notars von der Sittenwidrigkeit
des Geschäfts nahelegenden Kaufpreissteigerungen und seine umfassende Einbindung
in das gesamte Immobiliengeschäft nicht bewiesen, ist rechtsfehlerhaft.
Denn dieses Vorbringen ist bislang nicht beweisbedürftig, weil der Beklagte es
nicht ausreichend bestritten hat.
a) Dem Beklagten obliegt es, im Rahmen sekundärer Darlegungslast - jedenfalls,
soweit ihm dies möglich ist - zur Kenntnis des Notars und zu dessen
Einbindung in das Immobiliengeschäft vorzutragen.
aa) Die Darlegungs- und Beweislast für diese Umstände trägt im Ausgangspunkt
zwar die Erblasserin, weil sie aus ihnen die ihren Anspruch begründende
Amtspflichtverletzung herleitet. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gebietet jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben eine
sekundäre Darlegungslast des Gegners, wenn die darlegungs- und beweisbelastete
Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und
keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner
angesichts des unterschiedlichen Informationsstands beider Parteien
zumutbar nähere Angaben machen kann (z.B. Senat, Urteile vom 19. Mai
2016 - III ZR 274/15,
aaO Rn. 33). Eine sekundäre Darlegungslast des Notars nach diesen Grundsätzen
ist für die in seiner Sphäre liegenden Umstände anzunehmen, die für seine
Kenntnis von einer die Sittenwidrigkeit des Geschäfts nahelegenden Kaufpreissteigerung
relevant sind (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2019 - III ZR 112/18,
bb) Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge gemäß
der Erbe die Ansprüche einschließlich der Regelung zur Darlegungs- und Beweislast,
die sich daraus für den Erblasser ergeben hätte, wenn der Anspruch
noch unmittelbar ihm gegenüber erhoben worden wäre (BGH, Beschlüsse vom
16. Juni 1993 - IV ZR 246/92, juris Rn. 2 und vom 28. Februar 2019 - IV ZR
153/18,
- 16 U 106/16, juris Rn. 23; Staudinger/Kunz (2017), BGB, § 1922 Rn. 655;
MüKoBGB/Küpper, 8. Aufl., § 1967 Rn. 9).
cc) Die Darlegungslast des Erben gilt auch für den Nachlassverwalter. Dieser
ist zwar nicht gesetzlicher Vertreter des Erben, sondern amtlich bestelltes
Organ zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse mit eigener Parteistellung
(
darlegungs- und beweisrechtliche Position stimmt jedoch mit derjenigen des Er-
ben überein. Das folgt aus dem Zweck der Nachlassverwaltung. Letztere ermöglicht
es dem Erben, seine Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den
Nachlass zu beschränken (MüKoBGB/Küpper aaO § 1975 Rn. 2), und schützt
ihn davor, sich auf einen Nachlassrechtsstreit einlassen und die Kosten hierfür
aufbringen zu müssen (Lohmann in BeckOK BGB, § 1984 Rn. 6 [Stand: 1. Februar
2022]). Zugleich dient sie, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 1975
BGB ergibt, den Interessen der Nachlassgläubiger, auf deren Befriedigung sie
gerichtet ist (MüKoBGB/Küpper aaO; Staudinger/Dobler, BGB, Neubearbeitung
2020, § 1975 Rn. 18). Ihren Zweck erreicht die Nachlassverwaltung durch die
Absonderung des Nachlasses vom Eigenvermögen des Erben und die Übertragung
der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass auf den
Nachlassverwalter (
hat dies nicht zur Folge. Im Gegenteil wäre die Durchsetzung von Nachlassverbindlichkeiten
für die Nachlassgläubiger in einer mit dem Zweck der Nachlassverwaltung
nicht zu vereinbarenden Weise erschwert, wenn dem Nachlassverwalter
nicht dieselbe Darlegungslast obläge wie dem Erben. Auch wäre es nicht
durch die Zwecke der Nachlassverwaltung gerechtfertigt, wenn der Erbe sein Antragsrecht
(
Darlegungslast zu umgehen und damit die Durchsetzung von Nachlassverbindlichkeiten
gezielt zu erschweren.
b) aa) Vorliegend kann dahinstehen, ob den Erben - und damit den Beklagten
als Nachlassverwalter - eine sekundäre Darlegungslast in demselben
Umfang trifft, in dem sie dem Erblasser oblegen hätte (so für den Erben BGH,
Beschluss vom 28. Februar 2019 aaO). Denn den Beklagten trifft - worauf die
Revision zu Recht hinweist - jedenfalls die prozessuale Pflicht, sich hinsichtlich
der von der Erblasserin behaupteten Umstände betreffend die Kenntnis des Notars
von die Sittenwidrigkeit des Geschäfts nahelegenden Kaufpreissteigerungen
und betreffend die umfassende Einbindung des Notars in das gesamte Immobiliengeschäft
- soweit möglich - kundig zu machen (vgl. OLG Köln aaO) und zu dem
Ergebnis seiner Nachforschungen vorzutragen. Gegenstand dieser Nachforschungen
sind vor allem die ihm zugänglichen Unterlagen des Erblassers (zur
Aufgabe des Nachlassverwalters, die Unterlagen des Erblassers zu sichten und
durchzuarbeiten vgl. Lohmann in BeckOK BGB, § 1985 Rn. 5 [Stand: 1. Februar
2022]). Ein pauschales Bestreiten ist dem Beklagten vor diesem Hintergrund verwehrt
und prozessual unbeachtlich.
bb) Dieser Darlegungslast hat der Beklagte nicht genügt. Er hat geltend
gemacht, der Preis, zu dem die Erblasserin die Wohnungen gekauft habe, sei
nicht sittenwidrig überhöht und vom Notar nicht zu hinterfragen gewesen (Schriftsatz
vom 20. Juli 2017, S. 2). Den Vortrag der Erblasserin zu dessen Kenntnis
hat er als unsubstantiiert gerügt und vorsorglich bestritten (Schriftsatz vom
27. Juni 2018, S. 2). Er hat jedoch nicht - wie erforderlich - dargelegt, welche
Nachforschungen er in Bezug auf die Einbindung des Notars in das Immobiliengeschäft
und dessen Kenntnis von den Kaufpreissteigerungen unternommen hat
und welche Erkenntnisse sich hieraus ergeben haben. So hat er insbesondere
nicht hinreichend vorgetragen, in welche - ihm zur Verfügung stehenden oder für
ihn einsehbaren - Unterlagen des Notars er Einsicht genommen hat und was sich
hieraus hinsichtlich der Kenntnis des Notars von den Kaufpreissteigerungen
schon zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages zwischen der Erblasserin
und der Verkäuferin ergibt. Soweit die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang
auf den erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten in seinen Schriftsätzen
vom 29. Mai 2017 (S. 5) und 20. Juli 2017 (S. 2) verweist, wonach er über
keine Abrechnungsunterlagen des verstorbenen Notars aus dem Jahr 2006 und
keine Unterlagen verfüge, um den Vortrag der Erblasserin über die mehrfache
Veräußerung von Häusern oder Wohnungen nachvollziehen zu können, genügt
dies der vorgenannten Darlegungspflicht des Beklagten nicht. Insbesondere
ergibt sich daraus nicht, welche Nachforschungen der Beklagte angestellt hat,
um sich hinsichtlich der von der Erblasserin behaupteten Umstände betreffend
die Kenntnis des Notars von die Sittenwidrigkeit des Geschäfts nahelegenden
Kaufpreissteigerungen und betreffend die umfassende Einbindung des Notars in
das gesamte Immobiliengeschäft kundig zu machen, welche konkret bezeichneten
Unterlagen des Erblassers ihm zur Verfügung stehen und welche Anstrengungen
er unternommen hat, um Einsicht in ihm nicht zur Verfügung stehende
Unterlagen zu erhalten.
4. Die Klageabweisung kann schließlich, soweit sie nicht bereits aus den vorstehend
unter Nummer 1 dargelegten Gründen in Höhe eines Betrages von
21.407,17 t mit der Begründung Bestand haben,
die Erblasserin habe ihren Schaden nicht nachvollziehbar dargelegt.
a) Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlun 19
Abs. 1 Satz 1 BNotO wegen Verletzung der Hinwirkungspflicht nach § 17 Abs. 2a
Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. ergibt sich dies bereits aus dem Urteil vom 10. März
2016. Letzteres enthält die Feststellung, dass der "geltend gemachte Schadensersatzanspruch"
besteht. Geltend gemacht hatte die Erblasserin den die behaupteten
Zahlungen auf das Darlehen betreffenden Anspruch in Höhe von
21.401,17
Schaden zumindest in dieser Höhe entstanden ist. Soweit darin ausgeführt wird,
der Erblasserin stehe gegen den Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch aus
über die Anspruchshöhe zu verstehen. Es handelt sich vielmehr, wie auch
die Gliederung der Urteilsgründe erkennen lässt, allein um eine Abgrenzung zu
der noch nicht feststellbaren fehlenden anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach
geltend gemachte Anspruch der Erblasserin von 21.407,17 nicht nur dem
Grunde nach, sondern auch der Höhe nach besteht.
b) Auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrags
der Erblasserin ist dieser ein weiterer Schaden durch Belastung mit Verbindlichkeiten
gegenüber der Bank entstanden, von denen sie, sofern ein Schadensersatzanspruch
dem Grunde nach besteht, Befreiung verlangen kann. Der
Befreiungsanspruch ist um der Erblasserin erwachsene Vorteile zu mindern.
Diese führen jedoch nicht zu einem gänzlichen Wegfall des Schadens.
aa) Die Erblasserin hat unter Bezugnahme auf das im Vorprozess ergangene
Berufungsurteil vom 10. März 2016 vorgetragen, dass sie einer Rückzahlungsforderung
der Bank in Höhe v gesetzt sei
und diese noch nicht zurückgeführt habe (Schriftsätze vom 15. Dezember 2016,
S. 5, und vom 5. Februar 2020, S. 9). Damit hat sie hinsichtlich dieses Betrages
- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung -
ihrer Substantiierungspflicht genügt.
Die vorgenannte Summe, zu deren Zahlung die Erblasserin im Vorprozess
auf die Widerklage der Bank durch das Kammergericht verurteilt worden ist,
ergibt sich aus den 117.190, lasserin im Vorprozess
durch das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Januar
2012 verurteilt worden war, abzüglich einer zwischenzeitlich (nach dem Verkauf
lungsanspruch (Urteil des Kammergerichts vom 10. März 2016, S. 25). Der Beprozesses
in ihrem Schreiben vom 9. Februar 2010 (Bd. I Bl. 98 der Akten des
Vorprozesses; in Bezug genommen im erstinstanzlichen Urteil des Vorprozesses
[S. 6]) genannten Rü
zess mit Schriftsatz vom 15. September 2011 (S. 26 f) im Einzelnen erläutert hat
(Bd. I Bl. 86 f der Akten des Vorprozesses: Restschuld per 9. Februar 2010 zzgl.
Zahlungsrückstand per 9. Februar 2010, Zinsen vom 1. bis zum 9. Februar 2010
und Vorfälligkeitsentschädigung) und hinsichtlich dessen das Landgericht Berlin
im Vorprozess lediglich einen Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung von
12.763,66 det erachtet hat (S. 20 des Urteils vom 11. Januar
2012). Angesichts dieser auch dem - am Vorprozess beteiligten - Beklagten bekannten
Angaben und Berechnungsgrundlagen war von der Erblasserin weiterer
bb) Von der vorgenannten Summe sind die Vorteile in Abzug zu bringen,
die der Erblasserin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnungen zugeflossen
sind.
(1) Ob eine spätere Minderung oder Beseitigung des eingetretenen Vermögensschadens
den Schadensersatzanspruch beeinflusst, ist nach den
Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu beurteilen. Danach sind Wegfall oder
Minderung des Schadens nur insoweit zu berücksichtigen, als sie in einem adäquat-
ursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis stehen. Außerdem
muss die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen
und darf weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig
entlasten (st. Rspr.; z.B. Senat, Urteile vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08,
215 Rn. 17; BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06,
und vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19,
und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit
verbunden sein (BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 aaO und vom
4. April 2014 - V ZR 275/12,
350 nicht abgedruckt).
Die Darlegungs- und Beweislast für anspruchsmindernd zu berücksichtigende
Vorteile des Geschädigten trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger.
Den Geschädigten trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, soweit der
Schädiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und
dem Geschädigten nähere Angaben zumutbar sind (BGH, Urteile vom 31. Mai
2010 - II ZR 30/09,
Rn. 22). Bei einer Schadensminderung durch Mieteinnahmen genügt der Schädiger
seiner Darlegungslast durch die Behauptung, dass Mieteinkünfte erwirtschaftet
worden seien, sofern ihm nicht bekannt ist und er auch nicht zuverlässig
ermitteln kann, in welcher Höhe der Geschädigte Mieteinnahmen erzielt hat und
inwieweit diese wiederum durch Betriebs- und Unterhaltskosten geschmälert
sind. Demgegenüber obliegt es dem Geschädigten, Angaben zu den zur Berechnung
des Vorteils erforderlichen Umständen zu machen, um einerseits den Vortrag
zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu vervollständigen
und wieder schlüssig zu machen und andererseits dem Schädiger die Möglichkeit
zu geben, zu den konkretisierten Angaben Stellung zu nehmen und diese
entweder zu akzeptieren oder sie zu widerlegen (BGH, Urteil vom 3. Mai 2002
- V ZR 115/01,
(2) Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend im Rahmen der Vorteilsausgleichung
sowohl der zur Ablösung von Altverbindlichkeiten gezahlte Betrag von
25.902,42
dert um etwaige Betriebs- und Unterhaltskosten, zu berücksichtigen.
in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnungen und korrespondiert
mit dem durch das Darlehen finanzierten Kaufpreis, weil sie eine zusätzlich
zur Übertragung des Wohnungseigentums erbrachte Leistung der Verkäuferin
an die Erblasserin ist.
Der Vortrag der Erblasserin, zum Ausgleich der Altverbindlichkeiten sei es
- ohne konkrete Absprache - erst nach der Beurkundung des Kaufvertragsangebots
gekommen (Schriftsatz vom 31. März 2017, S. 3), ist insofern nicht entscheidungserheblich.
Denn auch in diesem Fall wäre die Ablösungszahlung ein wirtschaftlich
aus dem Kaufpreis und damit aus dem Darlehen zugewandter Vorteil,
den die Erblasserin nicht zurückzuerstatten hatte, sondern der ihr dauerhaft verblieb
und ihre Gesamtverbindlichkeiten verringerte. Dass die Verkäuferin diese
Leistung nur erbracht haben wird, um die Durchführung eines lukrativen Geschäfts
sicherzustellen, ändert an der vorstehenden Wertung nichts. Vielmehr
spricht gerade diese von der Erblasserin vorgetragene Motivation gegen die Annahme,
ihr solle der Vorteil auch dann verbleiben, wenn sie im Wege des Schadensersatzes
Befreiung von den mit dem Geschäft verbundenen Belastungen
beanspruche könne.
(b) Ebenfalls in Abzug zu bringen sind Mieteinnahmen, soweit sie nicht
durch Betriebs- und Unterhaltskosten gemindert sind. Der Beklagte hat insofern
seiner Darlegungslast zunächst genügt, indem er geltend gemacht hat, die Erblasserin
habe Mieteinnahmen erzielt (Schriftsatz vom 28. Februar 2017, S. 2).
Die sekundär darlegungsbelastete Erblasserin hat zu deren Höhe vorgetragen,
die Mietüberschüsse - Mieteinnahmen abzüglich Wohngeld - hätten sich
ch Juli 2009 auf insge-
2020, S. 10 f). Letztere Behauptung widerspricht zwar für den Zeitraum ab August
2009 der unstreitigen Tatsache, dass die Erblasserin das Darlehen ab diesem
Zeitpunkt nicht mehr bediente. Zudem können - wie das Berufungsgericht zutreffend
erkannt hat - die bis Juli 2009 gezahlten Darlehensraten neben ihrer Geltendmachung
als Schadensersatz nicht ein weiteres Mal in Gestalt eines Abzuges
von den seitens der Erblasserin erzielten Mieteinnahmen in Ansatz gebracht
werden. Unabhängig davon ermöglichen die Angaben der Erblasserin jedoch
eine Schätzung nach
Betrag hinzuaddiert werden kann, der sich für die Zeit bis zum Verkauf der Wohnungen
im Juni 2014 auf der Grundlage durchschnittlicher Mietüberschüsse von
3.522
Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, das Vorbringen
der Erblasserin genüge nicht, um zu prüfen, ob ihr nach Abzug der Vorteile
ein Schaden verblieben sei, nicht gerechtfertigt. Dies gilt jedenfalls deshalb,
weil auch der Beklagte lediglich pauschal Mieteinnahmen der Erblasserin behauptet
hat. Soweit er im Anschluss an den klägerischen Schriftsatz vom 5. Februar
2020 die dort getätigten Angaben der Erblasserin mit Schriftsatz vom
14. Februar 2020 mit Nichtwissen bestritten hat, hat dies keine weitergehende
sekundäre Darlegungslast der Erblasserin ausgelöst. Denn eine zulässige Erklärung
mit Nichtwissen nach
jeweiligen Tatsachen nicht darlegungs- und beweisbelastet ist (Senat, Urteil vom
2. Juli 2009 - III ZR 333/08,
4. April 2014 aaO Rn. 12). Dies ist vorliegend hinsichtlich der im Rahmen des
Vorteilsausgleichs zu berücksichtigenden Mietüberschüsse der Erblasserin in
Bezug auf den Beklagten nicht der Fall. Vielmehr trifft ihn insoweit - wie ausgeführt
(vorstehend zu (1)) - die Darlegungs- und Beweislast.
c) Die Belastung mit Kosten des Vorprozesses ist ein durch die Amtspflichtverletzung
adäquat-kausal verursachter und damit ersatzfähiger Schaden,
soweit die Inanspruchnahme nach
Personen rechtlich wie wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bot.
aa) Zwar fehlt es dem auf Befreiung von den Kosten des Vorprozesses
gerichteten Klageantrag an der für einen Leistungsantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO erforderlichen Bestimmtheit, weil die Kosten nicht beziffert sind und ein dem
Antrag entsprechendes Urteil damit nicht vollstreckungsfähig wäre. Ein auf Befreiung
von einer Geldschuld gerichteter Klageantrag setzt die bestimmte Angabe
von Grund und Höhe der Schuld voraus, von der befreit zu werden der Kläger
begehrt (BGH, Urteile vom 18. März 1980 - VI ZR 105/78,
in
vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99,
Befreiungsantrag kann aber in einen zulässigen Feststellungsantrag umgedeutet
werden (BGH, Urteil vom 18. März 1980 aaO;
Becker-Eberhard, 6. Aufl., § 253 Rn. 149).
bb) Ergreift der durch eine notarielle Amtspflichtverletzung Geschädigte
Maßnahmen der Rechtsverfolgung gegen Personen, deren Haftung gegenüber
derjenigen des Notars nach
die dadurch verursachten Kosten auf seinem eigenen Entschluss. Damit diese
Kosten als adäquat-kausal auf der Amtspflichtverletzung beruhender Schaden
ersatzfähig sind, ist, ebenso wie in anderen Fällen psychisch vermittelter Kausalität
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - IX ZR 149/15,
Rn. 11 mwN), erforderlich, dass für die Zweithandlung des Geschädigten ein
rechtfertigender Anlass bestand oder dass diese durch das haftungsbegründende
Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche Reaktion
auf dieses Ereignis darstellt (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2003 - III ZR 62/03,
1262, 1263 mwN). Entscheidend ist, ob die Klage eine Maßnahme ist, die der
Geschädigte vernünftigerweise ergreifen kann, um von einem möglicherweise
vorrangig Ersatzpflichtigen Ersatz zu erlangen (Senat, Urteil vom 27. Oktober
1955 - III ZR 82/54,
Urteil vom 18. April 2002 - IX ZR 72/99,
Kosten eines Rechtsstreits in erster Instanz anzunehmen, wenn und soweit die
Klage rechtlich wie wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bot (Senat aaO
S. 372 f; Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 19 Rn. 122,
186; Schramm in BeckOK BNotO, § 19 Rn. 99 [Stand: 31. Juli 2021]) und sich
nicht als Maßnahme darstellt, die dem Geschädigten nicht zumutbar ist und die
ein vernünftiger Geschädigter auch nicht ergreifen würde, etwa wenn die Möglichkeit,
anderweitig Ersatz zu erlangen, nur auf weitläufigen, unsicheren und im
Ergebnis zweifelhaften Wegen zu verwirklichen ist (vgl. Senat, Urteile vom
11. November 2004 - III ZR 101/03,
2008 - III ZR 189/07,
- IX ZR 299/95,
das der Geschädigte gegen ein ihm ungünstiges erstinstanzliches Urteil einlegt,
sind hingegen regelmäßig nicht ersatzfähig, soweit es zur Interessenwahrung
des Geschädigten genügt, mittels einer Streitverkündung gegenüber dem Notar
Bindungswirkung für den nachfolgenden Amtshaftungsprozess herzustellen und
dem Notar damit selbst die Möglichkeit zu geben, Rechtsmittel einzulegen, sofern
er dies für aussichtsreich erachtet (Schramm aaO).
cc) Ersatzfähig sind danach die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens
des Vorprozesses, soweit die Rechtsverfolgung rechtlich wie wirtschaftlich begründete
Aussicht auf Erfolg bot. Hierzu wird das Berufungsgericht die erforderlichen
Feststellungen zu treffen haben. Die der Erblasserin zugeflossenen Vorteile
- Mieteinnahmen und Ablösung der Altverbindlichkeiten - mindern den Befreiungsanspruch
bezüglich der Kosten des Vorprozesses nicht, weil sie mit diesen
nicht in dem für eine Vorteilsausgleichung erforderlichen sachlichen Zusammenhang
stehen (vgl. zu letzterem BGH, Urteile vom 6. Juni 1997 - V ZR 115/96,
III.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (
nat in der Sache selbst entscheiden (
Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückweisen. Im Übrigen ist die
Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Im Hinblick auf einen Anspruch aus
der Amtspflicht aus
rufungsgericht, soweit Forderungen betroffen sind, die im Vorprozess nicht streitgegenständlich
waren und daher nicht von der Rechtskraftwirkung des Urteils
vom 10. März 2016 erfasst werden, gegebenenfalls Feststellungen zu dem vom
Beklagten erhobenen Einwand zu treffen haben, die Erblasserin hätte den Vertrag
über den Kauf der Wohnungseigentumsrechte in jedem Fall abgeschlossen,
selbst wenn der Notar die Beurkundung mit Rücksicht auf die Wartefrist abgelehnt
hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das auf den Vertragsschluss folgende
Verhalten der Erblasserin sowohl Indiz für den unbedingten Entschluss
zum Erwerb der Wohnungen als auch nur Ausdruck nolens volens geübter Vertragstreue
sein kann (Senat, Urteil vom 22. April 2021 - III ZR 164/19, WM 2021,
1561 Rn. 12).
2. Sollte der Beklagte im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten
Anspruch wegen Verletzung notarieller Amtspflichten aus
Sittenwidrigkeit des Geschäfts nahelegenden Kaufpreissteigerungen und zu dessen
umfassender Einbindung in das gesamte Immobiliengeschäft nach den vorstehend
(zu II 3 b) dargelegten Maßstäben hinreichend bestreiten, wird zu dem
Vorbringen der Erblasserin Beweis zu erheben sein. Denn entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts hat die Erblasserin ihren Vortrag hinreichend unter
Beweis gestellt. Insbesondere hat sie, worauf die Revision zu Recht hinweist,
zum Beweis ihrer Behauptung, der Notar sei vor dem 6. Februar 2006 damit beauftragt
worden, sämtliche Beurkundungen im Zusammenhang mit Erwerb und
Vertrieb der Wohnungen aus dem Komplex K. straße /S. Straße
vorzunehmen, unter konkreter Bezugnahme auf das zu beweisende Vorbringen
den Zeugen T. benannt (Schriftsatz vom 4. Juli 2017, S. 1, iVm
Schriftsatz vom 2. Juni 2017, S. 2 ff).
Das Berufungsgericht wird sich bei seiner Sachverhaltswürdigung auch
mit den Rügen der Revision betreffend die Frage auseinanderzusetzen haben,
ob dem Notar aufgrund der Beurkundung zahlreicher Verträge und Erklärungen
zu dem Objekt K. straße /S. Straße in dem Zeitraum zwischen
dem Ankaufsvertrag vom 6. Februar 2006 und dem Kaufangebot der Klägerin
vom 27. Februar 2006 die enormen Kaufpreissteigerungen hätten auffallen
müssen. Der Senat hat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung,
auf diese Rügen einzugehen.
3. Sollte dem Kläger - nach hinreichendem Bestreiten durch den Beklagten
(s.o.) - der Beweis nicht gelingen, dass der Notar zum Zeitpunkt der Beurkundung
des Kaufangebots der Erblasserin am 27. Februar 2006 Kenntnis von die Sittenwidrigkeit
des Geschäfts nahelegenden Kaufpreissteigerungen hatte, wird sich
das Berufungsgericht mit der Zulässigkeit und Begründetheit der von der Revision
geltend gemachten Klageerweiterung im Berufungsverfahren im Hinblick auf
spätere Pflichtverletzungen des Notars bei der Beurkundung der Annahme des
Angebotes, der Auflassung und der Grundschuldbestellung zu befassen haben.
Die Revision führt insoweit zutreffend an, dass der im Berufungsurteil (S. 16
Abs. 2) erwähnte Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung
vom 24. September 2019 auf eine bisher fehlende Klageerweiterung nicht protokolliert
worden ist. Sie verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die vorliegend
anwendbare Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der zugunsten
des Hinweisadressaten zu unterstellen ist, dass ein Hinweis nicht erteilt
wurde, wenn sich das einen solchen Hinweis dokumentierende Berufungsurteil
- wie hier - nicht dazu verhält, ob die Protokollierung versehentlich unterlassen
wurde (BGH, Urteil vom 22. September 2005 - VII ZR 34/04,
172 f; Beschluss vom 3. Juli 2014 - IX ZR 285/13,
4. Soweit der Kläger Befreiung von Forderungen der Bank und von den Kosten
des Vorprozesses begehrt, wird das Berufungsgericht, sofern der Anspruch
dem Grunde nach besteht, Feststellungen zur Schadenshöhe zu treffen haben.
a) Zur Behauptung der Erblasserin, sie sei Forderungen der Bank in Höhe
von 67.190,38
wissen erklärt (
an die Bank verurteilt worden ist, ändert daran nichts, weil die Rechtskraft des im
Vorprozess ergangenen Urteils insofern nicht gegenüber dem Beklagten wirkt.
Dass ein Anspruch der Bank gegen den Kläger auf Darlehensrückzahlung in
esteht, ist entgegen der Auffassung des Klägers auch
nicht wegen der Tatbestandswirkung des erstinstanzlichen Urteils als unstreitig
anzusehen. Dem Tatbestand kommt keine Beweiskraft zu, wenn und soweit er
Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweist und sich dies aus dem Urteil
selbst ergibt (st. Rspr.; z.B. BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14, WM
2015, 1562 Rn. 48 mwN). Der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist im Hinblick
auf den Anspruch der Bank widersprüchlich, weil er die Tatsache, dass sich
der Restsaldo des Darlehens a
Sachverhalt als auch im streitigen Klägervorbringen enthält.
b) Im Hinblick auf die in Abzug zu bringenden Vorteile bedarf es tatsächlicher
Feststellungen zu den Mieteinnahmen sowie zur Frage, ob von den Mietüberschüssen,
wie die Erblasserin mit Schriftsatz vom 28. April 2017 geltend gemacht
hat, weitere Kosten für Betrieb und Unterhalt der Eigentumswohnungen in
Abzug zu bringen sind. Dabei ist der Beklagte gehalten, sich im Rahmen seiner
Darlegungslast darüber zu erklären, ob er die von der Erblasserin insoweit vor-
getragenen Werte zu den Mieteinnahmen akzeptiert (zur Unzulässigkeit des Bestreitens
mit Nichtwissen vgl. vorstehend zu II 4 b bb (2) (b)). Davon hängt es ab,
ob der Kläger, um seiner sekundären Darlegungslast zu genügen, weitere Angaben
zu Miete und Wohngeld für jeden einzelnen Monat zu tätigen hat.
5. Bei der neuen Verhandlung hat das Berufungsgericht auch Gelegenheit,
sich gegebenenfalls mit dem vom Beklagten erhobenen Mitverschuldenseinwand
zu befassen, auf den im Revisionsverfahren einzugehen keine Veranlassung besteht.
Gleiches gilt für die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:09.06.2022
Aktenzeichen:III ZR 24/21
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Erbenhaftung
Allgemeines Schuldrecht
Gesetzliche Erbfolge
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BNotO § 19