OLG Köln 24. Oktober 2016
2 Wx 403/16
GNotKG §§ 3 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 14142, 44, 53, 55

Eintragungsgebühren bei Entlassung mehrerer Grundstücke aus der Mithaft

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 16.3.2017
OLG Köln, Beschl. v. 24.10.2016 - 2 Wx 403/16

GNotKG §§ 3 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 14142, 44, 53, 55
Eintragungsgebühren bei Entlassung mehrerer Grundstücke aus der Mithaft

Für die Eintragung der Entlassung mehrerer Grundstücke aus der Mithaft fällt die Gebühr Nr.
14142 des zu entlassenen Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG nicht von
dem Gesamtverkehrswert der Grundstücke, sondern entsprechend der Zahl der betroffenen
Grundstücke von deren jeweiligen einzelnen Verkehrswerten an.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Die Beteiligte zu 1) war Eigentümerin der im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von
F, Blatt x, Gemarkung F, Flur 40, unter den laufenden Nummern 1, 2, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12,
13, 15, 16 und 17 (Flurstücke 355, 356, 463, 63, 358, 33, 45, 348, 46, 498, 462, 496 und
497) eingetragenen Grundstücke. In Abteilung 3 dieses Grundbuchs war unter der
laufenden Nummer 3 eine Gesamtgrundschuld über einen Betrag von 70.765.000,00 €
nebst Zinsen und Nebenleistungen an diesen Grundstücken sowie die Gesamthaft mit den
in den Grundbüchern des Amtsgerichts Viersen von X, Blatt xx, des Amtsgerichts Essen
von B, Blatt xxx und xxxx, des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr von N, Blatt x1 und von
T, Blatt xx1, sowie des Amtsgerichts Suhl von T2, Blatt xxx1, eingetragen. Die Beteiligte zu
1) hat den im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, eingetragenen
Grundbesitz an die Q mbH zu einem Kaufpreis von 17.600.000,00 € verkauft. Der
Übergang des Eigentums ist am 02.05.2016 im Grundbuch eingetragen worden. Zugleich
ist die Entlassung der im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x,
eingetragenen Grundstücke aus der Mithaft der in Abt. III lfd. Nr. 3 eingetragenen
Gesamtgrundschuld eingetragen worden.
Das Grundbuchamt hat die Beteiligte zu 1) aufgefordert, zum Zwecke der
Gebührenerhebung die Verkehrswerte der einzelnen Grundstücke mitzuteilen. Dem ist die
Beteiligte zu 1) mit der Begründung entgegengetreten, es komme für die Berechnung der
Gebühr für die Eintragung der Entlassung aus der Mithaft nicht auf die Werte der
einzelnen Grundstücke, sondern auf deren Gesamtwert von 17.600.000,00 € an.
Daraufhin hat das Grundbuchamt durch Beschluss vom 30.06.2016 die Verkehrswerte der
einzelnen Grundstücke ausgehend von einem Preis von 2.234,64 €/qm - bei einem
Gesamtwert von 17.600.000,00 € und einer Gesamtfläche von 7.876 qm - nach der
jeweiligen Größe der Grundstücke wie folgt festgesetzt (Bl. 141 f. d. A.):
- lfd. Nr. 1: 513.966,00 €
- lfd. Nr. 2: 473.743,00 €
- lfd. Nr. 4: 4.348.603,00 €
- lfd. Nr. 5: 355.307,00 €
- lfd. Nr. 8: 1.414.526,00 €
- lfd. Nr. 9: 3.074.861,00 €
- lfd. Nr. 10: 1.327.374,00 €
- lfd. Nr. 11: 272.625,00 €
- lfd. Nr. 12: 6.703,00 €
- lfd. Nr. 13: 862.569,00 €
- lfd. Nr. 15: 4.118.436,00 €
- lfd. Nr. 16: 793.296,00 €
- lfd. Nr. 17: 37.988,00 €
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 26.07.2016
Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die 0,3-fache Gebühr nach Nr. 14142 KV GNotKG
für die Eintragung der Mithaftentlassung sei nach dem addierten Verkehrswert aller
entlassenen Grundstücke zu berechnen. Hierfür spreche der Rechtsgedanke der
einmaligen Gebührenerhebung, der in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 KV
GNotKG sowie in den Anmerkungen zu Nr. 14122 KV GNotKG und Nr. 14141 GNotKG
zum Ausdruck komme.
In ihrer Stellungnahme vom 04.08.2016 hat die Beteiligte zu 2) die Auffassung vertreten,
dass die beabsichtigte Verfahrensweise des Grundbuchamtes zwar zutreffend sei, sich die
Beteiligte zu 1) aber gar nicht gegen den Geschäftswert wende, sondern gegen die
beabsichtigte Gebührenerhebung.
Daraufhin haben sich das Grundbuchamt und die Beteiligte zu 1) darauf verständigt, dass
die Kostenrechnung erfolgen und die Beteiligte zu 1) dagegen Beschwerde einlegen soll.
Mit Rechnung vom 11.08.2016 sind der Beteiligten zu 1) für die einzelnen Grundstücke
folgende Kostenansätze in Rechnung gestellt worden (Bl. 174 f. d. A.):
- lfd. Nr. 1: 304,50 €
- lfd. Nr. 2: 280,50 €
- lfd. Nr. 4: 2.128,50 €
- lfd. Nr. 5: 220,50 €
- lfd. Nr. 8: 736,50 €
- lfd. Nr. 9: 1.528,50 €
- lfd. Nr. 10: 688,50 €
- lfd. Nr. 11: 175,50 €
- lfd. Nr. 12: 17,10 €
- lfd. Nr. 13: 472,50 €
- lfd. Nr. 15: 2.032,50 €
- lfd. Nr. 16: 424,50 €
- lfd. Nr. 17: 43,50 €
Insgesamt: 9.053,10 €
Gegen diese Kostenrechnung vom 11.08.2016 hat sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer am
22.08.2016 beim Amtsgericht Euskirchen eingegangenen „Beschwerde“ vom 17.08.2016
gewandt (Bl. 179 ff. d. A.) und erneut vorgetragen, dass die 0,3-Gebühr nach Nr. 14142
KV GNotKG für die Eintragung der Mithaftentlassung nach dem addierten Verkehrswert
aller entlassenen Grundstücke zu berechnen sei.
Die Kostenbeamtin hat dem Rechtsbehelf der Beteiligten zu 1) durch Verfügung vom
30.08.2016 nicht abgeholfen (Bl. 193 d. A.). Der Rechtspfleger des Amtsgerichts
Euskirchen hat die „Beschwerde“ der Beteiligten zu 1) als Erinnerung gewertet und durch
am 19.09.2016 erlassenen Beschluss vom 16.09.2016 zurückgewiesen (Bl. 194 ff. d. A.).
Zur Begründung hat er ausgeführt, im Falle der Mithaftentlassung mehrerer Grundstücke
bei demselben Grundbuchamt seien mehrere Gebühren in Ansatz zu bringen, weil es
weder in § 55 GNotKG noch in der Vorbemerkung 1.4 Absatz 3 eine Regelung zur
Behandlung mehrerer Grundstücke gebe. Die Vorbemerkung 1.4 sei nicht anwendbar, weil
eine Mithaftentlassung weder Eintragung noch Löschung noch Veränderung sei.
Gegen diesen der Beteiligten zu 1) am 21.09.2016 zugestellten Beschluss richtet sich ihre
am 26.09.2016 beim Amtsgericht Euskirchen eingegangene Beschwerde vom 23.09.2016,
auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 199 ff. d. A.). Durch Beschluss vom
28.09.2016 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Euskirchen der Beschwerde der
Beteiligten zu 1) vom 23.09.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht
Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 224 d. A.).

II.
1.
Der Einzelrichter des Senats, der gem. § 81 Abs. 6 S. 1 GNotKG für die Entscheidung
über die Beschwerde, die sich gegen die Entscheidung über die Erinnerung der Beteiligten
zu 1) gegen den Kostenansatz richtet (81 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 GNotKG), grundsätzlich
zuständig ist, weil die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger erlassen
wurde, überträgt das Verfahren dem Senat zur Entscheidung in seiner im
Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, weil die Sache grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 81 Abs. 6 S. 2 GNotKG).
2.
Die gem. § 81 Abs. 2 S. 1 GNotKG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in
der Sache keinen Erfolg. Die 0,3-fache Gebühr Nr. 14142 des Kostenverzeichnisses der
Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG war hier entsprechend der Zahl der betroffenen
Grundstücke in 13 Fällen ausgehend vom jeweiligen Wert der einzelnen Grundstücke
gem. §§ 44 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 1 GNotKG in Ansatz zu bringen, und nicht nach dem
deutlich höheren Nennbetrag des Grundpfandrechts von 70.765.000,00 €. Es sind 13
Grundstücke aus der Mithaft entlassen worden. Der jeweilige Wert der Grundstücke ergibt
sich aus dem Geschäftswertbeschluss des Grundbuchamtes vom 30.06.2016.
Nach § 55 Abs. 2 GNotKG werden die Gebühren für jede Eintragung in das Grundbuch
(oder Löschung, Veränderung oder Entlassung aus der Mithaft) gesondert erhoben, soweit
nicht ein anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 55 Abs. 2
GNotKG ist hier nicht ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der Vorbemerkung
1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3
Abs. 2 GNotKG. Danach werden die Gebühren nur einmal erhoben, wenn derselbe
Eigentümer oder dasselbe Recht bei mehreren Grundstücken eingetragen wird, über die
das Grundbuch bei demselben Amtsgericht geführt wird, wenn die Anträge am selben Tag
bei Gericht eingegangen sind, wobei als Eintragung desselben Rechts auch die
Eintragung eines nicht gesamtrechtsfähigen Rechts bei mehreren Grundstücken gilt. Die
Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des
Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG betrifft indes nur Eintragungen
des Eigentümers oder desselben Rechts ins Grundbuch (Senat, Beschluss vom
27.11.2014 – 2 Wx 309/14, FGPrax 2015, 93). Zwar hat der Gesetzgeber nach
Veröffentlichung der Senatsentscheidung die Anwendung der für Eintragungen geltenden
Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des
Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG durch Einfügung von S. 3 auf
Löschungen und Veränderungen mit Wirkung vom 04.07.2015 erweitert. Diese
Erweiterung umfasst indes nicht die Entlassung aus der Mithaft. Dafür, dass eine
Entlassung aus der Mithaft nicht von dieser Regelung erfasst wird, spricht zunächst der
eindeutige Wortlaut des Absatzes 3 der Vorbemerkung 1.4. Es werden Eintragungen von
Belastungen erfasst (Nr. 14120 bis Nr. 14125 des KV GNotKG), Löschungen von
Belastungen (Nrn. 14140, 14141, 14143 KV GNotKG) und Veränderungen (Nr. 14130 und
Nr. 14131 KV GNotKG), nicht aber die Eintragung der Entlastung aus der Mithaft gem. Nr.
14142 des KV GNotKG. Der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 des Hauptabschnittes 4 des
Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG kann entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin auch kein allgemeiner Rechtsgedanke entnommen werden.
Schon bei Inkrafttreten des GNotKG am 01.08.2013 war davon auszugehen, dass die
Regelung der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 KV keinen allgemeinen Rechtsgedanken enthielt,
sondern gemäß dem Wortlaut nur auf Eintragungen anzuwenden war, nicht aber auf
Löschungen von Rechten, Veränderungen oder Entlassungen aus der Mithaft (Senat,
Beschluss vom 27.11.2014 – 2 Wx 309/14, FGPrax 2015, 93). Dies muss erst Recht seit
der Einfügung von Satz 3 mit Wirkung ab dem 04.07.2015 gelten. Denn der Gesetzgeber
hat die Regelung der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 KV gerade nicht auf alle denkbaren
Eintragungen ins Grundbuch (einschließlich Löschungen, Veränderungen, Entlassungen
aus der Mithaft etc.) erstreckt, sondern wiederum nur bestimmte (weitere) Fälle geregelt,
und zwar Löschungen und Veränderungen. Dies führt im Umkehrschluss zu der Annahme,
dass andere nicht geregelte Fälle wie die Entlassung aus der Mithaft gerade nicht erfasst
werden sollen. Der Auffassung, dass der Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 des
Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG ein
allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen sei (so Korintenberg/Hey´l, GNotKG, 19. Aufl.
2015, Nr. 14140-14143 KV Rn. 23), schließt sich der Senat daher nicht an.
Im vorliegenden Fall fällt die Gebühr Nr. 14142 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu
§ 3 Abs. 2 GNotKG dreizehnmal an. Es sind 13 Grundstücke aus der Mithaft entlassen
worden. Unter einem Grundstück im Rechtssinne ist ein räumlich abgegrenzter Teil der
Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt allein oder auf
einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis
der Grundstücke gebucht ist (Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 2 Rn. 15 m.w.N.). Danach
sind die im Bestandsverzeichnis unter Ziffern 1, 2, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 16 und 17
des Grundbuchs des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, aufgeführten Flurstücke
jeweils als Grundstücke im Rechtssinne anzusehen.

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 8 GNotKG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

24.10.2016

Aktenzeichen:

2 Wx 403/16

Rechtsgebiete:

Kostenrecht

Normen in Titel:

GNotKG §§ 3 Abs. 2 Anl. 1 Nr. 14142, 44, 53, 55