Schenkung unter Auflage; unbeschränkbare Testierfreiheit; Verpflichtung zur unentgeltlichen Übertragung spätestens mit Ableben des Beschenkten; Verpflichtung zu Schenkungsversprechen unter der Bedingung, dass Begünstigter den Beschenkten überlebt
letzte Aktualisierung: 23.2.2024
BGH, Versäumnisurt. v. 28.11.2023 – X ZR 11/21
BGB §§ 2302, 2301 Abs. 1
Schenkung unter Auflage; unbeschränkbare Testierfreiheit; Verpflichtung zur
unentgeltlichen Übertragung spätestens mit Ableben des Beschenkten; Verpflichtung zu
Schenkungsversprechen unter der Bedingung, dass Begünstigter den
Beschenkten überlebt
a) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand spätestens mit
seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen, fällt nicht ohne weiteres unter den
Tatbestand des
b) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, zugunsten eines Dritten ein Schenkungsversprechen
abzugeben, das unter der Bedingung steht, dass der Dritte den Beschenkten überlebt, ist
nach
c) Wirksam ist eine Auflage, wenn die Parteien des Schenkungsvertrags bereits einen – wenn auch
bedingten – Anspruch des Dritten auf Übereignung des geschenkten Gegenstands begründen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Da die Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten
waren, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden
Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ
37, 79, 81 ff.; Urteil vom 20. Mai 2014 - X ZR 134/13,
II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung (
Den Kindern des Erblassers stehe der geltend gemachte Anspruch zu.
Das Grundstück sei dem Erblasser als Erstbeschenktem nur unter der Auflage
einer schuldrechtlichen Weitergabepflicht an seine Kinder als Zweitbeschenkte
überlassen worden.
Gegenstand einer Auflage zu einer Schenkung könne auch eine lebzeitige
Weitergabeverpflichtung schuldrechtlicher Art sein, die dahin gehe, dass der
Erstbeschenkte den Schenkungsgegenstand spätestens bis zu seinem Tod an
den Zweitbeschenkten weiterzugeben habe. Eine solche Auflage sei zulässig
und entfalte Wirkungen über den Tod des Erstbeschenkten hinaus, weil dieser
sie in der letzten juristischen Sekunde seines Lebens erfüllen könne und müsse.
Mangels Ähnlichkeit mit erbrechtlichen Bindungen oder dem abgeschafften Erbschaftsfideikommiss
gehe damit auch keine Umgehung der Formvorschriften des
Erbrechts einher.
Im Streitfall hätten der Erblasser und dessen Vater schon mit dem notariellen
Vertrag vom 12. Dezember 1995 eine solche rechtliche Gestaltung gewählt.
Die Vereinbarung sei auslegungsbedürftig, da sie keine ausdrückliche Aussage
zu der Frage einer unentgeltlichen Weitergabepflicht enthalte. Dem stehe nicht
entgegen, dass es sich um eine notariell beurkundete Vereinbarung handle. Aus
ihrem Wortlaut ergebe sich, dass der Schenker Wert darauf gelegt habe, dass
die streitgegenständliche Immobilie im Familienbesitz bleibe, wobei unter Familie
Verwandte in gerader Linie verstanden worden seien. Eine Regelungslücke bestehe
hinsichtlich der Frage, ob der Erblasser unabhängig von den vertraglich
geregelten Fallgruppen zur unentgeltlichen Weitergabe der Immobilie an seine
Kinder spätestens bei seinem Ableben habe verpflichtet sein sollen.
Den nachfolgenden Vereinbarungen komme Bedeutung für die Auslegung
der Vereinbarung vom 12. Dezember 1995 zu, da sie Rückschlüsse auf den tatsächlichen
Willen der Vertragschließenden erlaubten. In einem mit seiner Ehefrau
geschlossenen Erbvertrag vom 18. Oktober 2006 habe der Vater des Erblassers
seinen Willen zur von Anfang an beabsichtigen Schenkung unter Auflage
einer schuldrechtlichen Weitergabeverpflichtung klar dokumentiert. Auch die
erste Nachtragsvereinbarung vom 15. Mai 2003 spiegele den übereinstimmenden
Willen der an der Schenkung beteiligten Parteien wider, dass die leiblichen
Kinder des Erblassers den überlassenen Haus- und Grundbesitz spätestens
beim Ableben ihres Vaters von diesem übertragen bekommen sollten. Soweit die
Beklagten unter Berufung auf das Testament des Erblassers (BK3) von einer aufgezwungenen
Regelung sprächen, ändere dies nichts daran, dass der Erblasser
sich auf diese Regelung eingelassen und diese im Jahr 2008 bekräftigt habe.
Zweck des zweiten Nachtrags vom 25. Juni 2008 habe hauptsächlich sein sollen,
das Anwesen im Familienbesitz zu erhalten und die Familie dabei um den Beklagten
zu 2 zu erweitern. In dieser Vereinbarung werde unstreitig und zweifelsohne
eine allgemeine Verpflichtung des Beschenkten zur Weitergabe der Immobilie
an seine drei Kinder vereinbart/dokumentiert, was im Rahmen der Vertragsfreiheit
ohne weiteres rechtlich möglich gewesen sei.
Dem Auslegungsergebnis stehe nicht die Vermutung der Richtigkeit und
Vollständigkeit einer über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen öffentlichen
Urkunde im Sinne von
den Beweis des Gegenteils erschüttert werden. Dies sei den Klägern gelungen,
die unter Vorlage der notariellen Urkunden aus den Jahren 2003, 2006 und 2008
nachgewiesen hätten, dass der Wille der Parteien hinsichtlich der Weitergabepflicht
des Erblassers nur unvollkommen dokumentiert sei.
Auch mit Blick auf die weiteren Grundstücksschenkungen des Großvaters
an seine anderen Kinder im Jahr 1995 ändere sich das Auslegungsergebnis
nicht. Aus den differenzierten Regelungen für die Weitergabe der jeweils verschenkten
Grundstücke könne nicht abgeleitet werden, dass die Regelung in der
Vereinbarung vom 12. Dezember 1995 zum hier in Streit stehenden Grundstück
abschließend habe sein sollen.
Der Wirksamkeit der vereinbarten Schenkungsauflage stehe nicht entgegen,
dass die Großmutter an den Vereinbarungen in den Jahren 2003 und 2008
nicht als Beteiligte mitgewirkt habe.
Da die Auflage noch zu Lebzeiten von dem Erblasser zu erfüllen gewesen
wäre, liege eine vom Erblasser herrührende Schuld (
die Kläger als Begünstigte unmittelbar an sich von den Beklagten als (Mit)
Erben des Erblassers verlangen könnten (
Die Auflage der Weitergabepflicht sei auch nicht wegen fehlender Zustimmung
der Beklagten zu 1 zu der Vereinbarung aus dem Jahr 2008 unwirksam.
Die Schenkung des Grundstücks an den Erblasser habe von Anfang an unter der
Auflage der Pflicht zur Weitergabe an seine Kinder gestanden, so dass in sein
Vermögen nie ein insoweit unbelastetes Grundstück gelangt sei, auf das die Beklagte
zu 1 bei unterstellter Unwirksamkeit des Ehevertrags und Anwendbarkeit
des
auf eine Zustimmungsbedürftigkeit der Vereinbarung von 2008
an. Selbst dann, wenn man die wirksame Begründung der Auflage zur Verpflichtung
des Erblassers zur Weitergabe des Grundstücks spätestens mit seinem Tod
erst aus der im Jahr 2008 getroffenen Vereinbarung ableiten wolle, würde dies
der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, da
den gegebenen Umständen des Einzelfalls gebühre dem Schutz des Rechtsverkehrs
Vorrang vor dem Familienschutz, da jedenfalls zu Lebzeiten des Erblassers
von niemandem bezweifelt worden sei, dass er in Gütertrennung lebe.
III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen,
dass eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand
spätestens mit seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen,
wirksam vereinbart werden kann.
a) Die Frage, ob eine Auflage dieses Inhalts zulässig ist, wird in der
Literatur unterschiedlich beantwortet.
aa) Ein Teil der Literatur hält schuldrechtliche Klauseln dieser Art für
wirksam (Feick,
§ 525 Rn. 19; Staudinger/Raff, Neubearbeitung 2022, § 2302 Rn. 15; Burandt/
Rojahn/Najdecki, Erbrecht, 4. Auflage 2022,
Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Werkstand 65. EL Februar 2023, § 29
Rn. 67; Jülicher
Groll/Steiner, Handbuch Erbrechtsberatung, 5. Auflage 2019, Rn. 26.302).
Diese Auffassung wird insbesondere auf die Erwägung gestützt, es handle
sich um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, durch das weder die Testierfreiheit
des Beschenkten noch die Rechte von dessen Erben beeinträchtigt würden. Die
Verpflichtung zur Weitergabe des geschenkten Gegenstands bestehe schon zu
Lebzeiten des Beschenkten. Der Nachlass sei gegebenenfalls von vornherein mit
dieser Verbindlichkeit belastet.
bb) Nach der Gegenauffassung sind solche Klauseln unwirksam
(MüKoBGB/Koch, 9. Auflage 2023, § 525 Rn. 3 mit Fn. 13; Jochum in Wilms/
Jochum, Erbschaftssteuergesetz, 2021, § 29 Rn. 38; Staudinger/Cremer, BGB,
13. Auflage 1995, § 525 Rn. 11; Staudinger/Wimmer-Leonhardt, 2005, § 525
Rn. 14).
Die Unwirksamkeit wird aus der Regelung in
ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todes
wegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben,
nichtig ist. Klauseln der in Rede stehenden Art seien als Beschränkung der Testierfreiheit,
als Anordnung eines Nachvermächtnisses oder zumindest als
unzulässiges Umgehungsgeschäft anzusehen.
b) Rechtsprechung zu der Frage ist - abgesehen vom angefochtenen
Urteil - nicht veröffentlicht.
Eine in diesem Zusammenhang häufig zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts
Stuttgart betraf eine (behauptete) Vereinbarung, nach der der geschenkte
Gegenstand nach dem Tod des Beschenkten von Generation zu Generation
jeweils an eine bestimmte Person zu übereignen war. Diese Abrede
wurde als gemäß
20. Juli 1949, U 332/48, HEZ III, 1, 4 f.).
Eine Verpflichtung, den geschenkten Gegenstand schon zu Lebzeiten und
spätestens mit dem Ableben des Schenkers weiterzugeben, enthielt die damals
zu beurteilende Vereinbarung nicht.
c) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten
Gegenstand spätestens mit seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu
übertragen, fällt nicht ohne weiteres unter den Tatbestand des
Das Verbot des
Hinblick auf Verfügungen von Todes wegen, nicht aber in Bezug auf Rechtsgeschäfte
unter Lebenden.
Dass sich eine solche Verpflichtung gegen die Erben des Beschenkten
richtet, wenn der Erblasser sie vor seinem Tod nicht erfüllt, führt für sich gesehen
nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Diese Rechtsfolge ist die Konsequenz
dessen, dass der Erbe gemäß § 1922 und
Rechte, sondern auch bezüglich der Pflichten in die Stellung des Erblassers einrückt.
Zu den danach übergehenden Pflichten gehören auch Verbindlichkeiten,
die der Erblasser zu Lebzeiten begründet und nicht erfüllt hat.
d) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, zugunsten eines
Dritten ein Schenkungsversprechen abzugeben, das unter der Bedingung steht,
dass der Dritte den Beschenkten überlebt, ist demgegenüber nach
nichtig.
aa) Nach
das unter der Bedingung erteilt wird, dass der Beschenkte den Schenker überlebt,
die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung. Zu diesen
Vorschriften gehört
Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, gegenüber einem Dritten
ein Schenkungsversprechen mit einer solchen Bedingung abzugeben, ist danach
nichtig, weil sie dem Beschenkten die Pflicht auferlegt, ein Rechtsgeschäft vorzunehmen,
das gemäß
behandeln ist.
bb) Dies gilt auch für Klauseln, die nur zu einer einmaligen Weitergabe
des geschenkten Gegenstands verpflichten.
Die Regelung in
ein Ergebnis erzielt wird, wie es früher mit einem Fideikommiss (dazu Däubler,
§ 525 Rn. 19; Burandt/Rojahn/Najdecki, Erbrecht, 4. Auflage 2022,
Rn. 13), d. h. eine dauerhafte Regelung der Rechtsnachfolge über mehrere Generationen
hinweg abweichend von den erbrechtlichen Regeln.
fällt vielmehr jede Verpflichtung in Bezug auf die Errichtung oder Aufhebung
einer Verfügung von Todes wegen. Darunter fallen kraft der Verweisung in
auf den Todesfall.
cc) Die Anwendung von
weil der Beschenkte den geschenkten Gegenstand in solchen Fällen von vornherein
nur unter einer Auflage erhält.
Wenn eine Schenkung unter einer Auflage der in Rede stehenden Art vereinbart
wird, steht dem vom Beschenkten erlangten Vermögensvorteil zwar von
Beginn an die Verpflichtung gegenüber, dem begünstigten Dritten ein Schenkungsversprechen
von Todes wegen zu erteilen. Auch dies ist aber eine Konstellation,
die
Ohne eine solche Auflage stünde es dem Beschenkten frei, über den geschenkten
Gegenstand nach seinem Belieben unter Lebenden oder von Todes
wegen zu verfügen.
genannten Möglichkeit zu verhindern.
e) Wirksam ist eine Auflage hingegen, wenn die Parteien des Schenkungsvertrags
bereits einen - wenn auch bedingten - Anspruch des Dritten auf
Übereignung des geschenkten Gegenstands begründen.
Unter den Tatbestand von
Verfügung von Todes wegen zu errichten, nicht zu errichten, aufzuheben oder
nicht aufzuheben, nicht aber die Vornahme solcher Rechtshandlungen.
Die Freiheit, von Todes wegen über Vermögen zu verfügen, kann zwar
auch durch den Abschluss eines Erbvertrags, durch ein gemeinschaftliches Testament
oder durch ein formgerecht abgegebenes Schenkungsversprechen im
Sinne von
das Gesetz aber ausdrücklich zu.
den Schuldner verpflichten, solche Beschränkungen einzugehen.
2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass
der Erblasser und dessen Vater die im Vertrag vom 25. Juni 2008 formulierte
Verpflichtung des Erblassers wirksam vereinbaren konnten.
a) Die darin vorgesehene Pflicht zur Übereignung des Grundstücks an
die Kinder des Erblassers steht allerdings unter der Bedingung, dass die Begünstigten
den Erblasser überleben.
aa) Die Verpflichtung des Erblassers zur Übereignung des Anwesens
an seine Kinder ist rechtlich einer Verpflichtung gleichzustellen, die erst nach dem
Tode zu erfüllen ist.
Aus der Abrede, dass der Erblasser das Anwesen spätestens bei seinem
Ableben an seine Kinder zu übereignen hat, ergibt sich zwar, dass die Verpflichtung
schon zu Lebzeiten bestanden hat. Wie auch das Berufungsgericht nicht
verkannt hat, war diese Verpflichtung aber erst mit dem Tode des Erblassers
durchsetzbar, weil dieser sie erst in der letzten Sekunde seines Lebens erfüllen
musste.
Im praktischen Ergebnis musste der Erblasser danach nicht befürchten,
dass ihn seine Kinder oder sonstige Begünstigte auf Erfüllung der Verpflichtung
in Anspruch nehmen können. Durchsetzbar war die Verpflichtung theoretisch
zwar schon unmittelbar vor, praktisch aber erst nach seinem Tode. Eine solche
Verpflichtung kann nicht anders behandelt werden als eine Verpflichtung, die erst
mit dem Tode entsteht.
bb) Die im Streitfall eingegangene Verpflichtung steht unter der Bedingung,
dass die Begünstigten den Erblasser überleben.
Eine Bedingung dieses Inhalts liegt vor, wenn ein Vorversterben des Begünstigten
zur Folge haben soll, dass der Anspruch aus dem Schenkungsversprechen
nicht auf seine Erben übergeht, sondern einer anderen Person zusteht
oder erlischt.
Im Streitfall enthält Nr. II 2 a der Vereinbarung vom 25. Juni 2008 die Abrede,
dass das Erwerbsrecht eines Kindes erlischt, wenn es vor dem Eigentumserwerb
stirbt. In diesem Fall sind seine leiblichen Abkömmlinge erwerbsberechtigt.
Nach dieser Regelung geht ein Übertragungsanspruch nicht auf den Erben
des unmittelbar Begünstigten über. An die Stelle eines verstorbenen Kindes
treten zwar gegebenenfalls seine leiblichen Abkömmlinge. Dies gilt aber unabhängig
davon, ob sie Erben geworden sind. Zudem ist für sie kein abgeleitetes,
sondern ein unmittelbares Erwerbsrecht vorgesehen. Anderen Personen, die
einen verstorbenen Begünstigten beerben, steht demgegenüber kein Erwerbsrecht
zu.
b) Die im Streitfall zu beurteilende Vereinbarung fällt dennoch nicht
unter den Tatbestand des
eines Schenkungsversprechens verpflichtet, sondern zur Übereignung des
Grundstücks an die Begünstigten.
aa) Nr. II 1 der Vereinbarungen vom 15. Mai 2003 und 25. Juni 2008
sieht eine Pflicht des Erblassers zur Übereignung des Grundstücks an die Begünstigten
vor. Diese werden ausdrücklich als unmittelbar forderungsberechtigt
bezeichnet, sind also befugt, den Übereignungsanspruch geltend zu machen.
Durch diese Abrede hat der Erblasser gegenüber den Begünstigten dieselben
Verpflichtungen übernommen, wie sie sich aus einem diesen gegenüber
abgegebenen Schenkungsversprechen ergeben. Die Übernahme dieser Verpflichtung
durch Annahme der unter Auflage erfolgten Schenkung ist damit der
Erteilung eines Schenkungsversprechens gleichzustellen. Eine solche Abrede
fällt aus den oben genannten Gründen nicht in den Anwendungsbereich von
bb) Der Umstand, dass die Begünstigten vor einer Übereignung der
Grundstücke gemäß Nr. II 2 b der Vereinbarungen eine Pflicht zur Weitergabe
des Grundstücks an ihre leiblichen Abkömmlinge im Fall ihres Versterbens übernehmen
und gemäß Nr. II 2 c auf ihren Pflichtteil bzw. ihre Erbrechte am Nachlass
des Erblassers verzichten müssen, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Diese Abreden enthalten Auflagen zu dem vom Erblasser abgegebenen
Schenkungsversprechen. Die Abgabe eines Schenkungsversprechens fällt aus
den oben dargelegten Gründen auch dann nicht unter den Tatbestand des
c) Die Abrede ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die vom Erblasser
übernommene Verpflichtung unter der Bedingung steht, dass der Begünstigte
den Erblasser überlebt.
Dieser Umstand hat aus den oben aufgezeigten Gründen zwar zur Folge,
dass die Übernahme der Pflicht zur Übereignung an die Kinder gemäß § 2301
Abs. 1 BGB den Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen unterliegt. Ein
Anspruch auf Übereignung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks kann
gemäß
werden. Die hierfür gemäß § 2276 Abs. 1 BGB erforderliche Form ist im Streitfall
eingehalten.
3. Mit rechtsfehlerhaften Erwägungen ist das Berufungsgericht demgegenüber
zu dem Ergebnis gelangt, eine Pflicht zur Weiterübertragung mit dem
oben genannten Inhalt sei bereits im Vertrag vom 12. Dezember 1995 vereinbart
worden.
a) Die Auslegung eines Individualvertrags ist grundsätzlich Sache des
Tatrichters.
Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob der Tatrichter gegen
gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze
verstoßen hat oder ob seine Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht,
etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften
außer Acht gelassen worden ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Oktober
2002 - X ZR 80/01, BGHReport 2003, 150, juris Rn. 11; Urteil vom 14. März 2023
- II ZR 152/21,
Zu den hierfür maßgeblichen Regeln gehört die Vermutung der Vollständigkeit
und Richtigkeit einer über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen notariellen
Urkunde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird vermutet,
dass das, was im beurkundeten Text steht, der Vereinbarung entspricht
und nur das vereinbart wurde. Eine Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde
liegende Umstände beruft, sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden
übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der
Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers,
trifft die Beweislast für deren Vorliegen. Dabei reicht es nicht, dass die Beweiswirkung
erschüttert ist (BGH, Urteil vom 10. Juni 2016 - V ZR 295/14, NJW 2017,
175 Rn. 6).
b) Bei Anlegung dieses Maßstabs lässt sich eine Vereinbarung, wie
sie in Nr. II des Vertrags vom 25. Juni 2008 enthalten ist, mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung dem ursprünglichen Vertrag vom 12. Dezember
1995 nicht entnehmen.
Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung zur Vermutung der Vollständigkeit
und Richtigkeit einer notariellen Urkunde zwar zutreffend zitiert und
wiedergegeben. Seine Würdigung, diese Vermutung sei im Streitfall widerlegt,
beruht aber auf Annahmen, die in den von ihm herangezogenen Vereinbarungen
keine Grundlage finden.
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aus dem
Umstand, dass die Parteien in dem Vertrag vom 12. Dezember 1995 eine Pflicht
zur Übereignung des Grundstücks an die Kinder des Erblassers nur für bestimmte
Konstellationen vorgesehen haben, nicht auf eine Ergänzungsbedürftigkeit
des Vertrags geschlossen werden.
Die Vereinbarung vom 12. Dezember 1995 sieht in Nr. II 6 eine Pflicht des
Erblassers zur Übereignung des Grundstücks an seine leiblichen Kinder für den
Fall vor, dass nach dem Tod des Schenkers das Konkursverfahren über das Vermögen
des Erblassers eröffnet oder dass eine Eröffnung mangels Masse abgelehnt
wird, und für den Fall, dass Gläubiger in das Vertragsobjekt vollstrecken.
Diese Regelung ist in sich schlüssig und lässt keine Lücke erkennen, die der
Ausfüllung durch ergänzende Auslegung oder in sonstiger Weise bedarf.
Die getroffene Regelung verdeutlicht zwar, dass dem Schenker daran gelegen
war, dass das Grundstück in den Händen seiner leiblichen Abkömmlinge
bleibt, wie dies in Nr. II 5 der Vereinbarung ("Der Übergeber legt Wert darauf,
daß das Vertragsobjekt im Familienbesitz bleibt") ausdrücklich zum Ausdruck
kommt. Für die im Vertrag nicht geregelten Fälle, in denen ein Vollstreckungszugriff
nicht zu besorgen ist, konnte dieses Ziel jedoch schon durch Verfügungen
von Todes wegen erreicht werden. In den im Vertrag geregelten Konstellationen
bestand demgegenüber die Gefahr, dass die Gläubiger des Erblassers auf das
Grundstück zugreifen, wenn es zum Nachlass gehört.
bb) Vor diesem Hintergrund kann dem Umstand, dass die Vertragsparteien
in den Verträgen vom 15. Mai 2003 und 25. Juni 2008 eine weitergehende
Pflicht zur Übereignung des Grundstücks an die Kinder des Erblassers vereinbart
haben, nicht entnommen werden, dass dies bereits am 12. Dezember 1995 dem
Willen der Vertragsparteien entsprach.
(1) Wie die Revision zu Recht rügt, ist in den Vorbemerkungen des
Nachtrags vom 15. Mai 2003 nicht vermerkt, dass die Kläger das Grundstück
spätestens beim Ableben des Erblassers erhalten sollen.
In Nr. I 2 dieses Nachtrags wird lediglich die Regelung in Nr. II 6 des ursprünglichen
Vertrags referiert. Die Regelung in Nr. II, in der eine Pflicht zur Übereignung
an die beiden Kläger vorgesehen ist, trägt die Überschrift "Weitergehende
Vereinbarungen".
Dies spricht nicht dafür, dass die Vertragsparteien in dem Nachtrag lediglich
eine nach ihren Vorstellungen bereits vereinbarte Regelung beurkunden lassen
wollten, sondern dafür, dass sie die ursprüngliche Regelung ergänzen wollten,
um dem Bestreben des Schenkers nach einem Verbleib des Grundstücks in
der Familie in noch stärkerem Maße Rechnung zu tragen.
(2) Die zweite Nachtragsvereinbarung vom 25. Juni 2008 enthält keine
Ausführungen, die eine abweichende Beurteilung stützen könnten.
In den Vorbemerkungen dieses Nachtrags wird der Inhalt der beiden
vorangegangenen Vereinbarungen referiert. Hierbei wird ausgeführt, im Nachtrag
vom 15. Mai 2003 hätten die Vertragsparteien weiterführende Regelungen
nach den Vorstellungen des Übergebenden vereinbart, besonders über die
Sicherung des Anwesens im Familienbesitz.
Auch hieraus geht hervor, dass die Vertragsparteien den ersten Nachtrag
nicht als Klarstellung der ursprünglichen Vereinbarung angesehen haben, sondern
als inhaltliche Ergänzung, mit der der Pflichtenkreis des Erblassers erweitert
worden ist.
(3) Das Berufungsgericht hat sich darüber hinaus nicht mit dem Umstand
befasst, dass der in den beiden Nachträgen benannte Kreis der Berechtigten
nicht übereinstimmt.
Hätte es dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien entsprochen,
dass der Erblasser das Grundstück an alle leiblichen Kinder des Erblassers zu
übereignen hat, so hätten sie konsequenterweise schon im ersten Nachtrag klarstellen
müssen, dass auch der Beklagte zu 2 zum Kreis der Begünstigten gehört.
Im Vertrag vom 15. Mai 2003 ist ein Übereignungsanspruch des Beklagten zu 2
indes nur für den Fall vorgesehen, dass einer der Kläger stirbt und keine leiblichen
Abkömmlinge hinterlässt. Erst im Vertrag vom 25. Juni 2008 ist der Beklagte
als gleichberechtigter Begünstigter vorgesehen.
Angesichts dieser Diskrepanz bedürfte es zusätzlicher Anhaltspunkte, um
annehmen zu können, dass die Regelung vom 25. Juni 2008 den ursprünglichen
Willen der Vertragsparteien am 12. Dezember 1995 widerspiegelt. Solche Umstände
hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
(4) Vor diesem Hintergrund kann aus dem von den Eltern des Erblassers
geschlossenen Erbvertrag vom 18. Oktober 2006 (K12) nicht auf einen abweichenden
Willen der Vertragsparteien am 12. Dezember 1995 geschlossen
werden.
Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend gesehen hat,
lässt diese Vereinbarung ohnehin allenfalls einen Rückschluss auf den Willen
des Schenkers zu.
Unabhängig davon wird auch in diesem Vertrag ausgeführt, in der Nachtragsvereinbarung
vom 15. Mai 2003 seien weiterführende Vereinbarungen getroffen
worden, wodurch letztlich die erstehelichen Kinder das Anwesen spätestens
beim Tod ihres Vaters als Miteigentümer zu je ein Halb bekommen sollten.
4. Das angefochtene Urteil wird nicht durch die vom Berufungsgericht
angestellten Erwägungen zur Wirksamkeit der Nachtragsvereinbarung vom
25. Juni 2008 getragen.
Das Berufungsgericht hat seine Ausführungen zu der Frage, ob die im
Vertrag vom 25. Juni 2008 übernommene Verpflichtung mangels Zustimmung
der Ehefrau des Erblassers gemäß
obiter dictum bezeichnet. Schon angesichts dessen kann nicht mit der erforderlichen
Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Überlegungen des Berufungsgerichts
zu der Frage, ob der Schenker gegebenenfalls Kenntnis davon
hatte, dass das geschenkte Grundstück nahezu das gesamte Vermögen des Erblassers
ausmacht, auf einer umfassenden und abschließenden tatrichterlichen
Würdigung beruhen.
IV. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich
nicht abschließend beurteilen, ob der Vertrag vom 25. Juni 2008 wirksam zustande
gekommen ist.
Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht die
insoweit maßgeblichen Umstände aufzuklären haben. Dazu gehört auf der
Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands die Frage, ob der Erblasser mit
seiner Ehefrau Gütertrennung vereinbart hat und ob diese Vereinbarung wirksam
ist. Für den Fall, dass eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt, ist ferner zu
klären, ob das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen des Erblassers ausgemacht
hat und der Schenker davon Kenntnis hatte. Sollte dies zu bejahen sein,
ist ergänzend von Bedeutung, ob diese Voraussetzungen schon am 15. Mai 2003
vorlagen, als sich der Erblasser zur Übereignung an die beiden Kläger verpflichtet
hat.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu.
Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils
bei dem Bundesgerichtshof, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift
einzulegen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:28.11.2023
Aktenzeichen:X ZR 11/21
Rechtsgebiete:
Erbvertrag
Erbenhaftung
Allgemeines Schuldrecht
Eheliches Güterrecht
Vermächtnis, Auflage
Gesetzliche Erbfolge
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag
BGB §§ 2302, 2301 Abs. 1