Verpflichtung zum Vorzeigen der Niederlegungserklärung
letzte Aktualisierung: 17.11.2022
KG, Beschl. v. 30.6.2022 – 22 W 36/22
Verpflichtung zum Vorzeigen der Niederlegungserklärung
Zum Nachweis der Beendigung der Vertretungsbefugnis durch Amtsniederlegung eines
Geschäftsführers hat der anmeldende Geschäftsführer Unterlagen vorzulegen, aus denen sich der
Zugang der Niederlegungserklärung bei dem Bestellungsorgan ergibt. Als Unterlage kommt auch das
rein elektronisch erstellte Protokoll einer Gesellschafterversammlung in Betracht.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1), eine UG (haftungsbeschränkt), ist seit dem 7. Juli 2020 in das
Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einer
notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 1. März 2022 meldete der Beteiligte zu
2), der als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) eingetragen ist,
sein Ausscheiden als Geschäftsführer zum Register an. Der Anmeldung war das undatierte
Protokoll einer Gesellschafterversammlung als elektronisches Dokument beigefügt, das die
Erklärung des Beteiligten zu 2) über seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den
Zeitpunkt der Eintragung enthält. Darüber hinaus haben die Gesellschafter der Abtretung
der Geschäftsanteile des Beteiligten zu 2) an die Gesellschaft im Beschlusswege zugestimmt.
Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer Organvertreter enthalten den Vermerk
„DocuSigned“.
Auf diese Anmeldung hin hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 15. März 2022 mitgeteilt,
dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne. Der Gesellschafterbeschluss nebst
weiterer Erklärungen sei mit Hilfe des Programms „DocuSign“ elektronisch unterzeichnet.
Diese Signatur könne durch das Registergericht nicht überprüft werden, so dass nicht von
wirksamen Unterschriften ausgegangen werden könne. Die Unterschrift werde in
Abwesenheit des Unterzeichners durch den Dienstleister vorgenommen. Vorzulegen seien
deshalb ein von dem Beteiligten zu 2) und einem weiteren Gesellschafter unterzeichneter
Gesellschafterbeschluss nebst weiterer Erklärungen. Soweit eine rechtsmittelfähige
Zwischenverfügung gewünscht werde, werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Diese
forderte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 8. April 2022 ein. Gegen diese
dem Schreiben vom 15. März 2022 entsprechende Verfügung vom 14. April 2022, die am
19. April 2022 zugestellt worden ist und anders als das Schreiben vom 15. März 2022 mit
einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit
Schreiben vom 19. Mai 2022 Beschwerde eingelegt. Diesem Rechtsmittel hat das
Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 23. Mai
2022 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die als im Namen der Gesellschaft eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 382
Abs. 4 Satz 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist fristgerecht innerhalb
der Monatsfrist nach
Abs. 1 FamFG wird erreicht. Die Beteiligte zu 1) ist in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil
es um eine sie betreffende Eintragung geht, so dass die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 1
und 2 FamFG gegeben sind. Die Beschwerdeeinlegung erfolgte formgerecht.
2. Die Beschwerde hat auch Erfolg. Die in der Zwischenverfügung aufgeführten
Eintragungshindernisse bestehen nicht. Sie ist aus diesem Grund aufzuheben. Das
Amtsgericht hat neu über den Eintragungsantrag zu entscheiden.
a) Die formellen Voraussetzungen für den Vollzug der beantragten Entscheidung liegen
vor. Der Beteiligte zu 2) ist anmeldebefugt, weil sein Amt erst mit der Eintragung endet.
Die entsprechende Bedingung bezieht sich nicht auf die Anmeldung als
Verfahrenshandlung, die bedingungsfeindlich ist.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen die notwendigen Unterlagen zum Vollzug
des angemeldeten Ausscheidens des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer vor.
Nach
der Geschäftsführung die Urkunden über die Bestellung oder Beendigung in Urschrift oder
beglaubigter Abschrift beizufügen. Wegen der Form der einzureichenden Unterlagen gilt
seit der Einführung des elektronischen Handelsregisters nach
Regelung des
einzureichen. Soweit eine Urschrift einzureichen ist, reicht danach die Einreichung einer
elektronischen Aufzeichnung. Im Falle einer Amtsniederlegung ist aus diesem Grund die
Amtsniederlegung und ihr Zugang bei mindestens einem der Gesellschafter durch eine
elektronische Aufzeichnung nachzuweisen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. September 2001
– II ZR 378/99 –,
Derartige Unterlagen liegen aber vor. Aus dem eingereichten Protokoll ergibt sich, dass der
Beteiligte zu 2) den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung seines
Geschäftsführeramtes aufschiebend bedingt erklärt hat. Damit ist nicht nur die Abgabe der
entsprechenden Erklärung belegt, sondern auch ihr Zugang beim Bestellungsorgan. Dass
die Wiedergabe dieses Vorgangs unzutreffend ist, die dortigen Angaben also falsch sind,
macht auch das Amtsgericht nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür, die Ermittlungen des
Registergerichts rechtfertigen könnten, sind auch nicht ersichtlich. Dieses Protokoll ist in
ausreichender Form eingereicht worden, auch wenn der Signierablauf nahelegt, dass es
originär elektronisch erstellt ist. Denn auch ein solches Dokument genügt den
Anforderungen nach
Handelsregisterrecht, 2010,
elektronisches Dokument sei immer aus einem Papierdokument zu erstellen, dies ergebe
sich aus dem Begriff der Aufzeichnung (so wohl Münchener Kommentar HGB/Krafka,
5. Aufl., § 12 Rn. 59), teilt der Senat diese Auffassung nicht, weil der Begriff der
Aufzeichnung auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen kann.
Ausreichend ist die Erstellung eines Dokuments, das dauerhaft wiedergegeben werden
kann. Dies entspricht auch dem
Gesellschafter in Textform gefasst werden können. Reicht danach eine elektronische
Aufzeichnung, ist es auch nicht erforderlich, dass diese durch den Notar erstellt wird (vgl.
dazu
b) Auch materiell-rechtlich ist damit von einer wirksamen Niederlegung des
Geschäftsführeramtes durch den Beteiligten zu 2) auszugehen. Denn die
Niederlegungserklärung kann, wie mit der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wird,
formfrei abgegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 58/92 –,
Altmeppen,
GmbHG, 10. Aufl., § 38 Rn. 77; Noack/Servatius/Haas/Beurkens, GmbHG, 23. Aufl.,
§ 38 Rn. 76). Soweit das Amtsgericht bemängelt, eine Fernbeglaubigung nach dem
Verfahren docuSign sei nicht rechtswirksam, kommt es hierauf daher nicht an. Dies gilt erst
Recht für die Unterschriften der beiden weiteren Gesellschafter, die im Zusammenhang mit
der Niederlegung überhaupt keine Willenserklärungen abgeben müssen. Dass die
Niederlegung aufschiebend bedingt erfolgt ist, schadet nicht. Eine solche Bedingung ist
wirksam (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, juris Rn. 8; OLG
Zweibrücken, Beschluss vom
30. Juni 1998 – 3 W 130/98 –, juris Rn. 4).
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an, die
Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet aus. Die Rechtsbeschwerde
kann nicht zugelassen werden, weil es an einem Beschwerten fehlt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:30.06.2022
Aktenzeichen:22 W 36/22
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG § 39 Abs. 2; HGB § 12 Abs. 2