Umstellung des Stammkapitals einer GmbH auf Euro
6. Gesellschaftsrecht — Umstellung des Stammkapitals
einer GmbH auf Euro
(LG Bonn, Beschluß vom 25. 1.2000-11 T 12/99 — mitgeteilt
von Notar Dr. Karl-Oskar Schmittat, Siegburg)
GmbHG §§ 55 Abs. 4; 5 Abs. 1 u. 3; 57 h Abs. 1 S. 2; 86
EG-Euroverordnung 1 vom 17. 6. 1997 Art. 4; 5
Der sich bei der Umstellung des Stammkapitals einer
GmbH von DM auf Euro durch Umrechnung in den festgesetzten Kurs von Euro in DM 1 : 1,95583 ergebende
„krumme Betrag" ist auf den nächstliegenden Cent aufoder abzurunden.
Liegen die Voraussetzungen für eine Kapitalerhöhung gegen Einlage durch Aufstockung der Geschäftsanteile vor,
kann diese auch aus Anlaß der Glättung des Eurobetrages
in dem Umfang durchgeführt werden, den die Gesellschafter beschließen.
Da bei der (auch) zur Glättung des Eurobetrages dienenden Kapitalerhöhung ein krummer Aufstockungsbetrag
zwangsläufig ist, ist von den Voraussetzungen der §§ 55
Abs. 4, 5 Abs. 1 und 3 GmbHG abzusehen.
(Leitsätze nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
Die Bf. hat die Umstellung des Stammkapitals von 50.000,— DM auf
25.564,59 Euro sowie die gleichzeitige Kapitalerhöhung um
4.435,41 Euro auf 30.000,— Euro durch Aufstockung des bisherigen
einzigen Geschäftsanteils zur Eintragung in das Handelsregister
angemeldet.
Das AG hat mit Verfügung vom 27. 11. 1999 Bedenken erhoben. Es
hält die im Rahmen der Umstellung auf Euro vorgenommene Kapitalerhöhung für rechnerisch nicht korrekt. Da die Bf. zuerst umgestellt, d.h. den DM-Betrag durch den Umrechnungskurs 1,95583
dividiert habe, habe sie als Zwischenergebnis einen „krummen" Betrag, eine endlose Zahlenfolge nach dem Komma, erhalten und
müsse deshalb im nächsten Schritt, um eine Kapitalerhöhung
durchführen zu können, auf- oder abrunden. Es gebe keine Rundungsvorschriften für Zwischenergebnisse. Rechnerisch korrekte
Ergebnisse seien dagegen zu erzielen, wenn zunächst eine Kapitalerhöhung in DM erfolge, und zwar auf einen Betrag, der dem
nächstmöglichen glatten Euro-Betrag entspreche, und danach umgestellt werde. Zwar erfülle das so ermittelte „Zwischenergebnis"
(erhöhter Geschäftsanteil in DM) nicht die gesetzlichen Anforderungen des
die im nächsten Schritt erfolgende Umstellung auf einen durch zehn
teilbaren Euro-Betrag Genüge getan.
Das AG hat deshalb vorgeschlagen, zunächst das Stammkapital
um 10,5731 DM auf 50.010,5731 DM zu erhöhen, diesen Betrag danach auf 25.570 Euro umzustellen und die beabsichtigte größere
Kapitalerhöhung danach in Euro durchzuführen.
Hiergegen wendet sich die Bf. mit ihrer Eingabe
Aus den Gründen:
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
Die von der Bf. gewählte Methode der Umstellung des Stammkapitals auf Euro nebst Kapitalerhöhung ist zulässig und
entspricht den gesetzgeberischen Vorgaben. Sie führt zu
zutreffenden Ergebnissen und gewährleistet eine möglichst
unkomplizierte Umstellung, wie sie offensichtlich vom Gesetzgeber auch gewollt ist.
Gem. Art. 4 der Euroverordnung 1 vom 17. 6. 1997, Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 162/1 ist davon auszugehen, daß die Umrechnung zu dem festgesetzten Umrechnungskurs von Euro zu DM 1: 1,95583 „mit 6 signifikanten Stellen" zu erfolgen hat. Der Kurs wird bei der Umrechnung nicht
gerundet oder um eine oder mehrere Stellen gekürzt. Der Umrechnungskurs wird für Umrechnungen sowohl der Euroeinheit
in nationale Währungseinheiten als auch umgekehrt verwendet.
Das Ergebnis dieser Umrechnung ist nach den Rundungsregeln der Euroverordnung 1 (Art. 5) zu runden, d.h., bei Umrechnung von Euro auf DM ist auf den nächstliegenden Pfennig, bei
Umrechnung von DM auf Euro auf den nächstliegenden Cent
auf- oder abzurunden.
„Die Einführung des Euro erfordert das Runden von Geldbeträgen", heißt es im Vorwort der EG-Euroverordnung I. Dem
entspricht auch die vom AG eingeholte Auskunft des Bundesministers der Finanzen, wonach das aus der Umrechnung
gewonnene Ergebnis „kaufmännisch auf volle Cent auf- oder
abgerundet" wird.
Diesen Vorgaben entspricht die Umstellung der Bf., indem sie
das Stammkapital von 50.000,— DM unter Zugrundelegung des
festgelegten Umrechnungskurses auf (abgerundet) 25.564,59
Euro umgerechnet hat.
Die gegen diese Berechnungsmethode geäußerten Bedenken
des Amtsrichters vermag die Kammer nicht zu teilen.
Daß sich bei der für die Umstellung des DM-Betrages auf Euro
erforderlichen Division durch 1,95583 ein „krummer Betrag" mit
einer endlosen Zahlenfolge nach dem Komma ergibt, hat der
Gesetzgeber, der in Art. 4 Abs. 3 Euroverordnung 1 ausdrücklich bestimmt hat, daß der Umrechnungskurs für beide Umrechnungsarten — d.h. von Euro in die nationale Währungseinheit
und von der nationalen Währungseinheit in Euro — zu verwenden ist, in Kauf genommen. Die Verordnung enthält keinen Hinweis dahin, daß eine Division nur vorgenommen werden dürfe,
wenn als Ergebnis ein „glatter Betrag" erreicht werde.
Da das Ergebnis der Umrechnung „auf den nächstliegenden
Cent", d.h. auf zwei Stellen hinter dem Komma, auf- oder abzurunden ist, wirkt sich der Endlosbruch nicht aus.
Die Kammer vermag das Ergebnis der Umrechnung des
Stammkapitalbetrages von DM in Euro auch nicht lediglich als
ein „Zwischenergebnis" zu werten, für das es nach Meinung
des AG keine Rundungsvorschrift gebe. Der mit Hilfe des festgelegten Umrechnungskurses in Euro errechnete Stammkapitalbetrag ist vielmehr das durch die Umrechnung gewonnene
Endergebnis. Dieses Ergebnis entspricht, wie dargelegt, den
Vorgaben des Gesetzgebers und ist korrekt ermittelt.
Demgegenüber ist die vom AG vorgeschlagene und allein für
zutreffend gehaltene Methode — zunächst eine Kapitalerhöhung
in DM, hier 10,5731 DM, vorzunehmen, um für die danach erforderliche Division zur Umstellung auf Euro einen „glatten" Eurobetrag zu erhalten — nicht nur komplizierter und rechenaufwendiger, sie entspricht auch nicht der Euroverordnung 1, die
die Umrechnung in beide Richtungen zuläßt, und sie führt zu
einem Ergebnis, das auch nach Ansicht des AG dem geltenden
Recht (§ 57 h Abs. 1. S. 2 GmbHG) nicht entspricht. Danach
hat bei einer Kapitalerhöhung durch Aufstockung des Geschäftsanteils der neue Geschäftsanteil einen „durch 10 teilbaren Betrag" zu ergeben.
Auch die von der Bf. angemeldete Kapitalerhöhung durch Aufstockung des Nennwertes des bisherigen Geschäftsanteils von
50.000,— DM = 25.564,59 Euro um 4.435,41 Euro, im Wege
einer Bareinlage auf 30.000,— Euro ist gesetzesgemäß.
Die Kammer hält es nicht für erforderlich, zunächst eine geringfügige Erhöhung zur Glättung des Eurobetrages, d.h. auf den
nächstmöglichen glatten Eurobetrag, hier 25.570,— Euro, vorzunehmen, um danach die beabsichtigte Kapitalerhöhung auf
30.000,— Euro durchzuführen.
Nach h.M. in Lit. und Rspr. ist eine Kapitalerhöhung gegen Einlage durch Aufstockung der Geschäftsanteile zulässig, wenn
diese voll eingezahlt sind und eine Nachschußpflicht nicht besteht oder der Inhaber des Geschäftsanteils Gründungsgesellschafter ist. In diesen Fällen kann ein Übergang des Geschäftsanteils auf den Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen säumigen Gesellschafters gem. § 22 Abs.4 GmbHG nicht erfolgen,
besteht mithin für einen Fortbestand des alten Geschäftsanteils
kein Bedürfnis.
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Die Inhaberin des Geschäftsanteils ist zugleich Gründungsgesellschafterin. Diese hat zudem schon bei der Gründung am 14.
3. 1995 versichert, daß das Stammkapital voll eingezahlt sei.
Ist mithin davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für
eine Kapitalerhöhung gegen Einlage durch Aufstockung gegeben sind, kann diese auch aus Anlaß der Glättung des Eurobetrages durchgeführt werden, und zwar nicht nur bis zum nächsten glatten Eurobetrag, sondern in dem Umfang, den die Gesellschafter beschließen. Die Höhe der Aufstockung ist
grundsätzlich in das Belieben der Gesellschafter gestellt. Es ist
kein Grund ersichtlich, daß sie insoweit in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sein sollen, wenn die Kapitalerhöhung,
die oben angegebenen Voraussetzungen als gegeben unterstellt, auch zur Glättung des Eurobetrages erfolgt.
Auch das dient der Erleichterung des Vorganges „Euroumstellung nebst Kapitalerhöhung". Gläubigerschutzgesichtspunkte
stehen nicht entgegen. Die vom AG befürwortete Zweistufigkeit
— Erhöhung zur Glattstellung auf den nächstmöglichen Betrag
und danach weitere Erhöhung in dem beschlossenen Umfang —
kompliziert dagegen den Ablauf, ohne daß hierfür beachtenswerte Gründe erkennbar sind.
Schließlich steht der angemeldeten Kapitalerhöhung auch nicht
entgegen, daß es sich bei dem Erhöhungsbetrag von 4.435,41
Euro um einen „krummen Betrag" handelt. Da die Kapitalerhöhung auch der Euroglättung dient, ist ein krummer Aufstockungsbetrag zwangsläufig. Dem steht § 55 Abs. 4 i.V.m.
Eurobetrages zugelassen — die Kammer hat insoweit keine Bedenken —, ist entscheidend, daß dieses Ziel erreicht wird und
daß sich Geschäftsanteile in glatten, durch 10 teilbaren Eurobeträgen ergeben, die mindestens 50 Euro betragen müssen.
Dieses Ergebnis ist nur bei einer Aufstockung mit einem „krummen Betrag" erreichbar.
Die Kammer hält es deshalb auch insoweit zur Erleichterung
der Umstellung auf Euro für gerechtfertigt, im Rahmen einer
hiermit verbundenen Kapitalerhöhung von den Voraussetzungen der §§ 55 Abs. 4, 5 Abs. 1 und 3 GmbH abzusehen.
7. Steuerrecht/Erbschaftssteuerrecht — Anwendbarkeit
von
Änderungsbefugnis des überlebenden Ehegatten
(BFH, Urteil vom 16. 6. 1999— II R 57/96)
ErbStG (in der bis 31. 12 1995 geltenden Fassung) §§ 3
Abs. 1 Nr. 1; 6 Abs. 2; 15 Abs. 1 und Abs. 3
BGB §§ 2255 S. 1; 2269
Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament,
durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen (Berliner Testament), dem überlebenden Ehegatten das Recht
eingeräumt, die Schlußerbenfolge sowie die Verteilung des
Nachlasses zu ändern, so bleibt
wegen die Erbquote des Schlußerben nicht verändert hat.
Macht der überlebende Ehegatte von seinem Recht auf Änderung dadurch Gebrauch, daß er abweichend vom gemeinschaftlichen Testament einem Schlußerben, dessen
Erbquote als solche unverändert bestehen bleibt, ein Vorausvermächtnis aussetzt, kann für diesen Vermächtniserwerb
Zum Sachverhalt:
Die KI. wurde zu 1/8 Miterbin der 1993 verstorbenen Erblasserin,
der Ehefrau des vorverstorbenen Onkels der KI. Die Erblasserin
hatte mit ihrem Ehemann 1972 gem. § 2269 des Bürgerlichen GeHeft Nr. 4 • MittRhNotK • April 2000
setzbuches (BGB) ein handschriftliches sog. Berliner Testament mit
folgendem Wortlaut aufgesetzt:
„Gemeinsames Testament.
Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein und sind uns darüber einig,
daß unser gesamtes Vermögen nach dem Tode des Letztlebenden
ausschließlich der Familie des Ehemannes zufallen soll.
Als Richtlinie für die Verteilung des Vermögens soll das anliegende
als ,Testament' bezeichnete Schriftstück vom 18. 12. 1969 gelten,
wobei Streichungen und Änderungen dem Letztlebenden vorbehalten bleiben."
In dieser in Bezug genommenen Aufstellung waren u.a. die KI. und
ihre Schwester als Erben zu je 1/8 des Letztversterbenden bestimmt.
Die Erblasserin machte nach dem Tode ihres Ehemannes von
ihrem Umgestaltungsrecht Gebrauch. In ihrer letztwilligen Verfügung vom 5. 9. 1989 ergänzte die Erblasserin ihre „bisher errichteten Testamente" u.a. insoweit, als sie der KI. und ihrer Schwester
„im Wege des Vorausvermächtnisses" je eine Eigentumswohnung
„zusätzlich zu den den Begünstigten zustehenden Erbteilen", die
unverändert blieben, vermachte.
Der Bekl. (das Finanzamt) setzte zunächst mit vorläufigem Bescheid vom B. 6. 1994 gegen die KI. Erbschaftsteuern fest. Dabei
legte es der Steuerfestsetzung die im Verhältnis zur Erblasserin
maßgebende Steuerklasse IV gem. § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in der bis zum 31. 12. 1995 geltenden Fassung
zugrunde. Die Anwendung der im Verhältnis zum vorverstorbenen
Ehemann der Erblasserin maßgebenden Steuerklasse 111 gem. § 15
Abs. 3 ErbStG lehnte das FA ab, da die Erblasserin das ursprüngliche gemeinsame Testament hinsichtlich des der KI. zustehenden
Anteils verändert habe.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte
Erfolg.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz die
Klage abzuweisen.
Aus den Gründen:
Die Klage ist insoweit begründet, als der Erwerb des Erbteils
von 1/8 nicht nach Maßgabe der Steuerklasse IV, sondern gem.
(Berliner Testament), dem überlebenden Ehegatten das Recht
eingeräumt, die Schlußerbenfolge sowie die Verteilung des
Nachlasses zu ändern, so bleibt
des Schlußerben insoweit anwendbar, als der überlebende
Ehegatte durch eine spätere Verfügung von Todes wegen die
Erbquote des Schlußerben nicht verändert hat. Macht jedoch
der überlebende Ehegatte von seinem Recht auf Änderung dadurch Gebrauch, daß er abweichend vom gemeinschaftlichen
Testament einem Schlußerben, dessen Erbquote als solche unverändert bestehen bleibt, ein Vorausvermächtnis aussetzt,
kann für diesen Vermächtniserwerb
angewandt werden.
a) Im Streitfall hatten die Erblasserin und ihr vorverstorbener
Ehemann in ihrem gemeinschaftlichen Testament bestimmt,
daß der Nachlaß nach dem Tode des Überlebenden an Dritte
fallen soll (sog. Berliner Testament). Bürgerlich-rechtlich ist bei
einer derartigen Gestaltung im Zweifel anzunehmen, daß die
Dritten für den gesamten Nachlaß als Erben des zuletzt Versterbenden eingesetzt sind (
die mit dem zuletzt versterbenden Ehegatten näher verwandten
Erben und Vermächtnisnehmer als dessen Erben anzusehen,
soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments gebunden und soweit Vermögen
des zuerst verstorbenen Ehegatten beim Tode des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist. Diese Vorschrift beruht auf
der Überlegung, daß es unbillig ist, allein auf das Verwandtschaftsverhältnis zu dem zuletzt versterbenden Ehegatten abzustellen, soweit das dem Schlußerben anfallende Vermögen
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Bonn
Erscheinungsdatum:24.01.2000
Aktenzeichen:11 T 12/99
Erschienen in:
MittRhNotK 2000, 124-125
NJW 2000, 3221-3222
GmbHG §§ 55, 5, 57h, 86; EG-Euroverordnung I vom 17.06.1997 Art. 4, 5