Anforderungen an den Inhalt einer Zwischenverfügung; Vollmacht für namentlich nicht benannte Notarangestellte
letzte Aktualisierung: 25.3.2024
OLG Hamm, Beschl. v. 16.5.2023 – 15 W 108/23
Anforderungen an den Inhalt einer Zwischenverfügung; Vollmacht für namentlich nicht
benannte Notarangestellte
1. Eine Zwischenverfügung muss das Mittel zur Beseitigung des vom Grundbuchamt angenommenen
Eintragungshindernisses präzise und unmissverständlich bezeichnen. Fehlt es daran, ist die
Zwischenverfügung aufzuheben.
2. Verwendbarkeit einer Vollmacht, die namentlich nicht benannten Angestellten des beurkundenden
Notars erteilt worden ist, im Grundbuchverfahren.
Gründe
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung, soweit es um Nr. 1) dieser Entscheidung geht. Nicht Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens sind Nr. 2) und Nr. 3) der Entscheidung, weil das Grundbuchamt
der Beschwerde insoweit abgeholfen hat (Bl. 33 der Grundakten).
Die Beschwerde ist zulässig. Sie richtet sich gegen eine nach
Abs. 1 GBO anfechtbare Zwischenverfügung (
deshalb als statthaft. Nach dem maßgeblichen objektiven Erklärungsinhalt hat das
Grundbuchamt nicht lediglich eine Meinung geäußert oder einen Hinweis erteilt. Vielmehr
ergibt sich aus der Gesamtschau der Entscheidung, dass das Grundbuchamt
angenommen hat, dass es ein Mittel zur Hindernisbehebung auch zu Nr. 1) gebe, das dem
Eintragungsantrag noch zum Erfolg verhelfen könne (vgl. dazu Bauer/Schaub/Budde,
GBO, 4. Auflage, § 71 Rn. 12, 13).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die ergangene Zwischenverfügung kann schon
deshalb keinen Bestand haben, weil sie jedenfalls das Mittel zur Beseitigung des
angenommenen Hindernisses nicht bezeichnet (vgl. dazu nur OLG München FamRZ
2017, 1220). In der Zwischenverfügung ist lediglich ausgeführt, dass die Bewilligung des
Notarangestellten O. nicht ausreiche, da keine wirksame Vollmachtserteilung vorliege; eine
Vollmacht für die jeweiligen Angestellten des Notars ohne namentliche Benennung der
Angestellten sei unwirksam. Es erfolgen indes keine Ausführungen dazu, mit welchem
Mittel das vom Grundbuchamt angenommene Hindernis beseitigt werden kann.
Wesentliches Erfordernis einer Zwischenverfügung ist aber u.a. die Benennung des Mittels
zur Beseitigung des Hindernisses.
Für das weitere Verfahren weist der Senat – notwendigerweise ohne Bindungswirkung –
auf Folgendes hin:
Ob eine Vollmacht, die den namentlich nicht benannten jeweiligen Angestellten des
beurkundenden Notars erteilt worden ist, für den formgerechten Vertretungsnachweis im
Grundbuchverfahren genügt, falls der Notar die handelnde Person als Angestellten
bezeichnet hat, ist umstritten (verneinend OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.10.2007, 20
W 150/07; bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 16.08.2011, 17 W 694/11, NotBZ 2012,
135; Thüringer OLG, Beschluss vom 09.09.2021, 3 W 296/21,
Brandenburg, Beschluss vom 08.01.203, 5 Wx 41/12,
Bauer/Schaub, a.a.O., AT G 170; Demharter, GBO, 33. Auflage, § 15 Rn. 3.4).
Vertreter der bejahenden Auffassung entnehmen einer solchen Vollmacht mit der
erforderlichen Eindeutigkeit, dass diejenigen Angestellten bevollmächtigt sind, die zum
Zeitpunkt der Vornahme des Vertretergeschäfts Notarangestellte sind. Die Abgabe von
Erklärungen durch Notarangestellte als Vertreter (sog. Angestelltenvollmacht) beruhe
regelmäßig auf einer Bevollmächtigung durch Kundgabe gemäß § 171 Abs. 1, 1. Fall BGB.
Die für eine wirksame Bevollmächtigung nach § 171 BGB unerlässliche Bezeichnung der
Person erfolge zwar im Regelfall durch namentliche Benennung, setze dies aber nicht
ausnahmslos und zwingend voraus (OLG Brandenburg a.a.O., OLG Dresden a.a.O.,
Thüringer OLG a.a.O.). Die dem Notar nach
obliegende Identifizierungsfunktion habe gerade den Zweck, für den Rechtsverkehr
verbindlich zu klären, welche rechtliche Erklärung von welcher Person abgegeben worden
sei. Zu einer solchen Identifizierung zähle auch die Angestellteneigenschaft des Vertreters.
Gegen diese Auffassung spricht nach Auffassung des Senats aber, dass sich die
eindeutige Identifizierung der Person des Vertreters allein aus dem Inhalt der
Vollmachtsmitteilung entnehmen lassen muss, und zwar ohne Hinzutritt sonstiger
Umstände. Letzteres ist aber nicht der Fall, jedenfalls nicht für das Grundbuchamt oder
einen Vertragspartner (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.).
Im Übrigen ist sehr zweifelhaft, ob allein die Angabe des Notars in einer notariellen
Urkunde oder in einem Beglaubigungsvermerk, dass eine bestimmte Person zum
Zeitpunkt der Vornahme des Vertretergeschäfts zugleich sein Angestellter ist, auch die
tatsächliche Richtigkeit dieser Angabe in der Form des
kann. Aus
Unterschriftsbeglaubigung entsprechend gilt, lässt sich dies nach Auffassung des Senats
nicht herleiten. Nach
worden, sich Gewissheit über die Person des Beteiligten zu verschaffen und diese in
zweifelsfreier Weise so genau zu bezeichnen, dass die Beweiskraft der Niederschrift zu
dieser Frage gesichert ist (vgl. Bord, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BeurkG,
§ 10 Rn. 1). Dazu gehört aber nicht die Angestellteneigenschaft. Bei der
Angestellteneigenschaft geht es vielmehr um ein Zeugnis, das weder Gegenstand einer
notariellen Eigenurkunde sein kann noch Gegenstand einer Wahrnehmungsurkunde im
Sinne des § 418 ZPO. Gegenstand einer Wahrnehmungsurkunde (§ 418 ZPO) können
nicht rechtliche Beurteilungen oder rechtliche Schlussfolgerungen des Notars in einer
öffentlichen Urkunde sein (vgl. nur BeckOK/Sander, BNotO, § 20 Rn. 15; Musielak/Voit/
Huber, ZPO, 20. Auflage, § 418 Rn. 3). Der Umstand, ob eine bestimmte Person
Angestellter des Notars ist, erfordert jedenfalls auch eine rechtliche Schlussfolgerung,
nämlich, dass ein Angestelltenvertrag mit dieser Person vorliegt.
Wegen des Erfolgs der Beschwerde ist eine Entscheidung über die Kosten, den
Geschäftswert und die Zulassung der Rechtsbeschwerde entbehrlich.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:16.05.2023
Aktenzeichen:15 W 108/23
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 171; GBO § 18