BGH 15. Juni 2023
V ZB 5/22
WEG §§ 9 Abs. 2, 5 Abs. 4; BGB §§ 876, 877, 1098

Realteilung eines nach WEG aufgeteilten Grundstücks; Aufhebung des Sondereigentums; Aufhebung eines Sondernutzungsrechts; dingliches Vorkaufsrecht an Wohnungseigentum; keine Zustimmung des Vorkaufsberechtigten erforderlich

letzte Aktualisierung: 3.8.2023
BGH, Beschl. v. 15.6.2023 – V ZB 5/22

WEG §§ 9 Abs. 2, 5 Abs. 4; BGB §§ 876, 877, 1098
Realteilung eines nach WEG aufgeteilten Grundstücks; Aufhebung des Sondereigentums;
Aufhebung eines Sondernutzungsrechts; dingliches Vorkaufsrecht an Wohnungseigentum;
keine Zustimmung des Vorkaufsberechtigten erforderlich

1a. Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum wird durch die
reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls in seiner dinglichen Rechtsstellung
nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt.
Infolgedessen erfordert die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich
Vorkaufsberechtigten.
1b. Die Aufhebung des Sondereigentums vor Eintritt des Vorkaufsfalls bedarf nicht der Zustimmung
des dinglich Vorkaufsberechtigten.
2. Die Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer (hier: Aufhebung des Sondernutzungsrechts)
bedarf ebenfalls nicht der Zustimmung des Berechtigten eines dinglichen
Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum.

Gründe:

I.
Der im Eingang dieses Beschlusses genannte Grundbesitz besteht aus
einer Teil- und drei Wohnungseigentumseinheiten. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind
Miteigentümer des Teileigentums und jeweils Eigentümer einer der drei Eigentumswohnungen.
Mit dem Teileigentum (Blatt 14688) ist ein Sondernutzungs-
recht an einer näher bezeichneten Gartenfläche verbunden. In den Wohnungsgrundbüchern
(Blätter 14689 bis 14691) ist zugunsten des teilenden Eigentümers
jeweils ein Vorkaufsrecht eingetragen. Die Beteiligten zu 1 bis 3 veräußerten mit
notariellem Kaufvertrag vom 6. April 2021 an die Beteiligten zu 4 und 5 aus dem
Grundstück einen noch zu vermessenden Teil der Gartenfläche in einer Größe
von ca. 74 qm zu hälftigem Miteigentum. Dabei handelt es sich um einen Teil der
der Teileigentumseinheit zugeordneten Sondernutzungsfläche. Nach der
Vermessung der veräußerten Teilfläche wurde das ursprüngliche Flurstück zerlegt;
in den Bestandsverzeichnissen der Teil- und Wohnungseigentumsgrundbücher
sind seither unter der Nummer 1 jeweils zwei Flurstücke eingetragen, nämlich
das ursprüngliche und jetzt auf 568 qm verkleinerte Flurstück 3/12 mit dem
aufstehenden Gebäude sowie das neue Flurstück 3/31 mit einer Größe von
74 qm.

Die Beteiligten beantragen zum Vollzug der Veräußerung der Teilfläche
die Aufhebung des Sondereigentums an dem Flurstück 3/31. Das Grundbuchamt
hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - den Beteiligten
zu 1 bis 3 mit Zwischenverfügung aufgegeben, zur Aufhebung des Sondereigentums
die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten vorzulegen. Die hiergegen gerichtete
Beschwerde der Beteiligten zu 4 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde möchte sie weiterhin die Aufhebung der Zwischenverfügung
erreichen.

II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts setzt die beantragte Grundbucheintragung
als Inhaltsänderung neben den nach § 4 WEG im notariellen Kaufvertrag
bereits abgegebenen Erklärungen der Wohnungseigentümer die Bewilligung
(§ 19 GBO) des dinglich Vorkaufsberechtigten voraus, da dieser materiell-rechtlich
gemäß § 9 Abs. 2 WEG, §§ 876, 877 BGB zustimmen müsse. Der dinglich
Vorkaufsberechtigte werde in seiner Rechtsstellung berührt. Mit dem Vorkaufsrecht
belastet sei der mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil
der jeweiligen Wohnungseigentümer an dem gesamten Grundstück, der bei Ausübung
des Vorkaufsrechts von dem Berechtigten erworben werde. Ändere sich
der Bestand des Gesamtgrundstücks, sei somit auch das dem Sondereigentümer
zustehende Miteigentumsrecht betroffen. Mit der gemäß dem notariellen Kaufvertrag
bezweckten Abtrennung der Teilfläche und der beantragten Aufhebung
des Sondereigentums hieran würden sämtliche Miteigentümer der Wohnungsbzw.
Teileigentümergemeinschaft in ihrem Miteigentumsrecht beeinträchtigt, welches
sich nunmehr auf ein flächenmäßig kleineres Grundstück beziehe. Damit
sei eine Beeinträchtigung der Rechte des dinglich Vorkaufsberechtigten nicht
auszuschließen. Das Zustimmungserfordernis ergebe sich auch aufgrund der
zum Vollzug der Realteilung erforderlichen Aufhebung des Sondereigentums an
dem abgetrennten Grundstücksteil. Dadurch ändere sich der Inhalt des Belastungsgegenstandes.
Schließlich habe die reale Teilung des Grundstücks Auswirkungen auf das
dem Teileigentum zugeordnete Sondernutzungsrecht. Zwar seien die Eigentümer
der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Wohneinheiten ohnehin von der Nutzung
der Fläche ausgeschlossen. Sie könnten aber von dem Sondernutzungsberechtigten
die Einhaltung der vereinbarten Gebrauchsbestimmung (hier: Nutzung
als Gartenfläche) verlangen. Mit der Übertragung der Teilfläche auf einen
anderen Eigentümer sei ein Verlust dieser Einwirkungsmöglichkeit innerhalb der
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verbunden, was die Rechte des Vorkaufsberechtigten
beeinträchtigen könne.

III.
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78
Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die
Annahme des Beschwerdegerichts, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts
sei zu Recht ergangen, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Zu der beantragten
Aufhebung des Sondereigentums an dem veräußerten Grundstücksteil
bedarf es nicht der Bewilligung des dinglich Vorkaufsberechtigten nach
§ 19 GBO.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend erkennt das Beschwerdegericht, dass die
Eintragung der Aufhebung des Sondereigentums nach § 19 GBO nur erfolgt,
wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen ist. Betroffen im
Sinne des § 19 GBO ist jeder, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende
Eintragung nicht nur wirtschaftlich, sondern rechtlich beeinträchtigt
wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann (Senat, Beschluss
vom 13. September 2000 - V ZB 14/00, BGHZ 145, 133, 136 mwN). Ist nach
materiellem Recht für die Rechtsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten
notwendig, so ist grundbuchverfahrensrechtlich seine Eintragungsbewilligung
nach § 19 GBO erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984
- V ZB 32/82, BGHZ 91, 343, 347; Beschluss vom 19. September 2019
- V ZB 119/18, WM 2020, 1315 Rn. 13).

2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts bedarf die Aufhebung
des Sondereigentums an der veräußerten Grundstücksteilfläche neben der
im notariellen Kaufvertrag vom 6. April 2021 bereits erklärten Einigung der unmittelbar
betroffenen Wohnungseigentümer keiner Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten
gemäß § 9 Abs. 2 WEG, §§ 877, 876 Satz 1 BGB.

a) Zutreffend legt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung allerdings
zugrunde, dass die Wohnungseigentümer über Teile des gemeinschaftlichen
Grundstücks verfügen können; eine solche Verfügung betrifft die sachenrechtlichen
Grundlagen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und kann - wie
hier - nach § 747 Satz 2 BGB nur gemeinschaftlich erfolgen (vgl. Senat, Urteil
vom 12. April 2013 - V ZR 103/12, ZWE 2013, 330 Rn. 8 f.; OLG Frankfurt am
Main, NJW-RR 1990, 1042, 1043; Bärmann/Armbrüster, WEG, 15. Aufl., § 1
Rn. 65). Bei der Eintragung der Grundstücksteilung wird an dem abzuschreibenden
Teil die bisherige Verbindung der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum
(§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) aufgehoben und Bruchteilseigentum begründet (vgl.
Staudinger/Rapp, BGB [2018], § 1 WEG Rn. 25a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 2983; Herrmann, DNotZ 1991, 607, 608).

b) Im Grundsatz zutreffend ist darüber hinaus, dass die Aufhebung des
Sondereigentums wegen der darin liegenden Inhaltsänderung des Miteigentums
nach Maßgabe der § 9 Abs. 2 WEG, §§ 877, 876 Satz 1 BGB einer Zustimmung
der dinglich Berechtigten bedarf, deren dingliche Rechte - wie hier - weder an
dem gesamten Grundstück noch als Gesamtrechte an sämtlichen Wohnungseigentumsrechten
eingetragen sind (vgl. OLG Brandenburg, NotBZ 2019, 43; OLG
Frankfurt am Main, NJW-RR 1990, 1042, 1043; hierzu Riecke/Schmid/Schneider,
WEG, 5. Aufl., § 9 Rn. 17; Vandenhouten in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/
Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 9 Rn. 9).

aa) Allerdings schützen die Bestimmungen der §§ 876, 877 BGB in ihrem
unmittelbaren Anwendungsbereich den Inhaber eines Rechts an einem Grundstück
(Zweigrecht), welches ein anderes an diesem Grundstück bestehendes
Recht (Hauptrecht) belastet, indem sie die rechtsgeschäftliche Aufhebung und
Änderung des Hauptrechts von seiner Zustimmung abhängig machen. Ein Recht
darf nach diesem Grundgedanken nicht ohne Zustimmung seines Inhabers geändert
werden, wobei eine solche Änderung schon darin liegt, dass der Gegenstand,
auf den sich das Recht bezieht, verändert wird (vgl. Senat, Beschluss vom
9. Februar 2012 - V ZB 95/11, NJW 2012, 1226 Rn. 6). Zwar finden die §§ 876,
877 BGB auf die - reale oder ideelle - Teilung des Eigentums keine Anwendung,
da ein Recht an einem Grundstück nur ein beschränktes dingliches Recht sein
kann, nicht dagegen das Eigentum selbst (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar
2012 - V ZB 95/11, aaO Rn. 7; Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82,
BGHZ 91, 343, 346). Ist das Wohnungseigentum - wie hier - selbstständig mit
dem Recht eines Dritten belastet, werden nach § 9 Abs. 2 WEG die allgemeinen
Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung
des Dritten erforderlich ist, durch eine Schließung der Wohnungsgrundbücher
nach § 9 Abs. 1 WEG aber nicht berührt. Die Norm stellt klar, dass ein bestehendes
Zustimmungserfordernis erhalten bleibt (vgl. Bärmann/Armbrüster, WEG,
15. Aufl., § 9 Rn. 22). Aus der Verweisung in § 9 Abs. 2 WEG auf die allgemeinen
Vorschriften ergibt sich, dass auf eine Inhaltsänderung des selbstständig mit dem
Recht eines Dritten belasteten Wohnungseigentums die §§ 876, 877 BGB anwendbar
sind (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, aaO).

bb) Richtig ist, dass das Beschwerdegericht eine Inhaltsänderung des
Eigentums annimmt.

(1) An der abzuschreibenden Teilfläche wird die bisher bestehende Verbindung
der Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum (§ 1 Abs. 2 und 3
WEG) aufgehoben und insoweit das Wohnungsgrundbuch geschlossen. Ohne
Rücksicht darauf, ob mit der Teilung gleichzeitig eine Übertragung stattfindet
oder nicht, entsteht an der abgetrennten Teilfläche gewöhnliches Eigentum bzw.
Miteigentum; die Beschränkungen, die sich aus der bisherigen Wohnungseigentümergemeinschaft
ergaben, entfallen ersatzlos, und ein einem Wohnungseigentümer
zustehendes Sondernutzungsrecht erlischt kraft Gesetzes (vgl. Staudinger/
Rapp, BGB [2018], § 9 WEG Rn. 11 f.; BeckOGK/M. Müller, WEG [1.3.2023],
§ 1 Rn. 419 f.).

(2) Eine Inhaltsänderung tritt bei dem Stammgrundstück (Flurstück 3/12)
zudem durch dessen Verkleinerung ein. Zwar bleibt die bisherige Verbindung des
Sondereigentums mit dem entsprechenden Miteigentumsanteil (§ 1 Abs. 2 und 3
WEG) unverändert bestehen. Eine Änderung des Inhalts eines Rechts liegt aber
schon darin, dass der Gegenstand, auf den sich das Recht bezieht, verändert
wird (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 95/11, NJW 2012, 1226
Rn. 6).

c) Gleichwohl ist die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten nicht
erforderlich. Denn aus dem Schutzzweck der §§ 876, 877 BGB, wie er auch in
§ 876 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt, ist zu folgern, dass die Zustimmung des
Dritten unnötig ist, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht
berührt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, BGHZ 91,
343, 346; Beschluss vom 9. Juni 2016 - V ZB 61/15, DNotZ 2017, 68 Rn. 25;
Urteil vom 20. März 2020 - V ZR 317/18, ZWE 2020, 328 Rn. 43). So liegt es hier.
Weder die reale Teilung des Grundstücks noch die Aufhebung des Sondereigentums
nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 WEG, §§ 877, 876 Satz 1 BGB bedarf einer
Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

aa) Der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum
wird durch die reale Teilung des Grundstücks vor Eintritt des Vorkaufsfalls
in seiner dinglichen Rechtsstellung nicht berührt, da sich das Vorkaufsrecht
an dem abgeschriebenen, neuen Grundstück fortsetzt. Infolgedessen erfordert
die Realteilung für sich genommen nicht die Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten.

(1) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass sich dingliche Belastungen
des aufgeteilten Grundstücks als Ganzes und einheitliche Belastungen
aller Wohnungseigentumsrechte bei Beendigung des Sondereigentums inhaltsgleich
an dem ungeteilten Grundstück fortsetzen, so dass die dinglich Berechtigten
durch die Beendigung des Sondereigentums rechtlich nicht betroffen sind und
kein Zustimmungserfordernis besteht (vgl. OLG Brandenburg, NotBZ 2019, 43;
Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9 Rn. 12; Staudinger/Rapp, BGB [2018], § 1 WEG
Rn. 13).

(2) Zwar sind hier die einzelnen Wohnungseigentumsrechte mit dinglichen
Vorkaufsrechten belastet. Gleichwohl setzen sich die Belastungen an dem abgeschriebenen
Flurstück 3/31 fort. Durch die Grundbucheintragung wird in Bezug
auf die abzuschreibende Teilfläche die bestehende Verbindung der Miteigentumsanteile
mit dem Sondereigentum und die Erstreckung der bestehenden Belastungen
auf das Sondereigentum (§ 6 Abs. 2 WEG) aufgehoben, weil die mit
Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile eine inhaltlich andere Struktur
haben als gewöhnliche Miteigentumsanteile (vgl. Staudinger/Rapp, BGB
[2018], § 1 WEG Rn. 25a; § 3 WEG Rn. 31). Das (jeweilige) Sondereigentum
besteht dagegen unverändert an dem Stammgrundstück fort. Die reale Teilung
des Grundstücks unterscheidet sich damit nicht wesentlich von derjenigen eines
nicht in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks. Rechte, mit denen das geteilte
Grundstück belastet war, bestehen auch in diesem Fall im Grundsatz als
Gesamtrecht an den einzelnen Teilen fort, die durch die Teilung zu selbstständigen
Grundstücken geworden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012
V ZB 95/11, NJW 2012, 1226 Rn. 7; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 7 Rn. 13).
Darin liegt keine rechtliche Beeinträchtigung des Vorkaufsberechtigten.

(3) Der Entstehung von Einzelvorkaufsrechten steht nicht § 1095 BGB entgegen.
Danach kann ein Bruchteil eines Grundstücks mit einem Vorkaufsrecht
nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. § 1095
BGB legt lediglich die Voraussetzungen fest, die zum Zeitpunkt der Bestellung
des Vorkaufsrechts bestehen müssen. Die Vorschrift hindert spätere Veränderungen
der Verhältnisse nicht (vgl. Staudinger/Schermaier, BGB [2017], § 1095
Rn. 5). Ein Vorkaufsrecht, das zulässigerweise am Anteil eines Miteigentümers
bestellt worden war, bleibt auch bei Vereinigung der Bruchteile in einer Hand oder
bei Neuverteilung der Bruchteile bestehen; es erfasst jetzt einen fiktiven Teil, der
dem ursprünglich belasteten Miteigentumsteil entspricht (vgl. MüKoBGB/Westermann,
8. Aufl., § 1095 Rn. 2; ähnlich auch BayObLG, MittBayNot 1996, 108,
109). Dies ist durch einen klarstellenden Vermerk im Grundbuch kenntlich zu machen,
wenn ansonsten Umfang und Inhalt des eingetragenen Rechts nicht in einer
Weise verlautbart wird, die Zweifel ausschließt (vgl. dazu Senat, Beschluss
vom 6. November 2014 - V ZB 131/13, ZfIR 2015, 204 Rn. 29 mwN). Im Ergebnis
wird also, anders als das Beschwerdegericht meint (so auch Böttcher, BWNotZ
1996, 80, 90), nicht der Belastungsgegenstand verringert; die bisherige Belastung
an dem ungeteilten Grundstück besteht vielmehr in der Summe durch die
Einzelbelastungen an den geteilten Grundstücken fort. Ob dies auch dann gilt,
wenn - anders als hier - die Ausübung des für das ganze Grundstück bestellten
Vorkaufsrechts auf einen Teil des Grundstücks beschränkt ist, oder ob in diesem
Fall der nicht betroffene Teil entsprechend § 1026 BGB von der Belastung frei
wird (vgl. zum Streitstand Staudinger/Schermaier, BGB [2017], § 1095 Rn. 3),
bedarf hier keiner Entscheidung.

bb) Auch die Aufhebung des Sondereigentums vor Eintritt des Vorkaufsfalls
bedarf nicht der Zustimmung des dinglich Vorkaufsberechtigten. Die Umwandlung
des mit dem Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums an
dem abgeschriebenen Grundstücksteil in Bruchteilseigentum begründet keine
Zustimmungspflicht.

(1) Das dingliche Vorkaufsrecht räumt dem Berechtigten die Befugnis ein,
eine bestimmte Sache zu jenen Bedingungen zu erwerben, die ihr Eigentümer in
einem Kaufvertrag mit einem Dritten vereinbart hat. Der dinglich Vorkaufsberechtigte
hat nur ein Recht auf den Erwerb des belasteten Grundstücks in dem Zustand
und zu den Bedingungen, die sich aus dem späteren Verkauf ergeben.
Wegen tatsächlicher Einwirkungen auf die Sache stehen dem Vorkaufsberechtigten
keine Ansprüche zu, weil das Vorkaufsrecht nur die Erwerbsmöglichkeit
schützt; sogar ein Gebäudeabriss wäre - jedenfalls vor Eintritt des Vorkaufsfalls -
nicht zustimmungspflichtig (vgl. Staudinger/Schermeier, BGB [2017], Einleitung
zu §§ 1094 ff. Rn. 12 f.). Der Vorkaufsberechtigte erwirbt zunächst nur eine zukünftige
Erwerbschance. Ob der Vorkaufsfall überhaupt eintritt und der Vorkaufsberechtigte
dann sein Vorkaufsrecht ausübt, bleibt bei der Entstehung des
Rechts noch ungewiss.

(2) Daran gemessen muss der dinglich gesicherte Vorkaufsberechtigte
Änderungen des Inhalts des Sondereigentums hinnehmen; seiner Zustimmung
bedarf es nicht (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 16 zu § 5 Abs. 4 WEG aF; OLG München,
NZM 2014, 479; Staudinger/C. Heinze, BGB [2018], § 877 Rn. 60;
Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445, 449; anders unter Hinweis auf die Möglichkeit
der Umgehung des Vorkaufsrechts NK-BGB/Heinemann, 5. Aufl., § 5 WEG
Rn. 30). Erst mit dem Eintritt des Vorkaufsfalls konkretisiert sich die Rechtsstel-
lung des dinglich Vorkaufsberechtigten und ändert sich dessen Schutzbedürftigkeit.
Dem entspricht es, dass die Sicherung des Auflassungsanspruchs nach
§ 1098 Abs. 2, § 883 Abs. 2 BGB gegenüber belastenden Verfügungen über das
Grundstück frühestens in dem Zeitpunkt einsetzt, in dem das Vorkaufsrecht ausgeübt
werden kann (Vorkaufsfall). Lediglich in dem hier nicht vorliegenden Fall
der Übertragung des Eigentums durch den vorkaufspflichtigen Eigentümer aufgrund
eines Vorkaufsfalls schon vor Vertragsschluss beginnt der Schutz nach
dem Sinn und Zweck der dinglichen Belastung nach § 1098 Abs. 2 BGB bereits
mit der Begründung des Vorkaufsrechts (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 1973
- V ZR 2/71, BGHZ 60, 275, 294). Eine Erstreckung des Vormerkungsschutzes
auf die Zeitspanne, in der das Vorkaufsrecht noch nicht ausübbar gewesen ist,
würde zu einer nicht gerechtfertigten Sperre des Grundbuchs aller mit einem Vorkaufsrecht
belasteten Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte führen (vgl.
Senat, Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 2/71, aaO). Daher bedarf es bis zum
Eintritt des Vorkaufsfalls einer Zustimmung dinglich gesicherter Vorkaufsberechtigter
zur Änderung des Inhalts des Sondereigentums weder dann, wenn sich die
Aufhebung des Sondereigentums - wie hier - auf den unbebauten Teil des Grundstücks
bezieht, noch dann, wenn das Sondereigentum insgesamt aufgehoben
wird und eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht.

3. Die Änderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer - hier die
Aufhebung des Sondernutzungsrechts - bedarf schließlich ebenfalls nicht der Zustimmung
des Berechtigten eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum.
Zwar erkennt das Beschwerdegericht zutreffend, dass der Gegenstand
des Sondernutzungsrechts den Gemeinschaftsbindungen unterliegt,
so dass sich die Nutzung im Rahmen des eingeräumten Sondernutzungsrechts
halten muss (vgl. Staudinger/Kreuzer, WEG [2018], § 13 WEG Rn. 35). Mit der
Aufhebung des Sondernutzungsrechts entfällt diese Einwirkungsmöglichkeit der
Wohnungseigentümer bezogen auf den abgeschriebenen Grundstücksteil.
Gleichwohl kann der Berechtigte eines dinglichen Vorkaufsrechts an einem Wohnungseigentum
durch eine Vereinbarung rechtlich nicht nachteilig betroffen sein.
Während die Aufhebung des Sondernutzungsrechts gemäß § 5 Abs. 4 WEG der
Zustimmungspflicht etwaiger Grundpfandgläubiger unterliegt, wird der dinglich
Vorkaufsberechtigte in dieser Norm bewusst nicht erfasst (BT-Drucks. 16/887
S. 16). Da sich das dingliche Vorkaufsrecht nur auf das Wohnungs- oder Teileigentum
in dem Zustand bezieht, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Kaufvertrages, der den Vorkaufsfall auslöst, befindet (vgl. oben Rn. 20;
BT-Drucks. 16/887 S. 16; Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445, 449; a.A.
Jennißen/Grziwotz, WEG, 7. Aufl., § 5 Rn. 46), gibt es keine Rechtfertigung dafür,
dass der Vorkaufsberechtigte einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer
zustimmen muss. Er ist weder Wohnungseigentümer noch kommt seine rechtliche
Stellung derjenigen eines Wohnungseigentümers gleich. Daher muss er Vereinbarungen,
die das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer betreffen, jedenfalls
bis zum Eintritt des Vorkaufsfalls hinnehmen.

IV.
Da das Beschwerdegericht hiernach die Beschwerde der Beteiligten zu 4
gegen die Zwischenverfügung zu Unrecht zurückgewiesen hat, sind seine Entscheidung
und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufzuheben (§ 78
Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Das Grundbuchamt darf den Vollzug der
beantragten Grundbucheintragung nicht aus den in Ziffer 2 der Zwischenverfügung
genannten Gründen verweigern. Eine Entscheidung in der Sache ist dem
Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, da der Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens
nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist
(Senat, Beschluss vom 11. März 2021 - V ZB 127/19, WM 2021, 1964 Rn. 17).

V.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts
beruht auf § 61 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

15.06.2023

Aktenzeichen:

V ZB 5/22

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Dingliches Vorkaufsrecht
Vormerkung
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 9 Abs. 2, 5 Abs. 4; BGB §§ 876, 877, 1098