Bei betrieblicher Altersversorgung aus verschiedenen Bausteinen ist im Versorgungsausgleich jeder Baustein gesondert auszugleichen
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Dokumentnummer: 12zb79_11
letzte Aktualisierung: 10.2.2012
BGH, 30.11.2011 - XII ZB 79/11
Bei betrieblicher Altersversorgung aus verschiedenen Bausteinen ist im Versorgungsausgleich jeder Baustein gesondert auszugleichen
a) Setzt sich eine betriebliche Altersversorgung aus verschiedenen Bausteinen mit unterschiedlichen wertbildenden Faktoren zusammen (hier: Volkswagen AG), ist jeder Baustein im Versorgungsausgleich wie ein einzelnes Anrecht gesondert zu behandeln und auszugleichen.
b) Die Regelung des
ersparen, wenn der geringe Ausgleichswert des Anrechts diesen Aufwand nicht lohnt. Kann die
mit der Regelung des
einem den Ausschluss des Ausgleichs rechtfertigenden Maße erreicht werden, gebührt dem
Halbteilungsgrundsatz der Vorrang.
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 79/11
vom
30. November 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
a) Setzt sich eine betriebliche Altersversorgung aus verschiedenen Bausteinen mit unterschiedlichen wertbildenden Faktoren zusammen (hier: Volkswagen AG), ist jeder Baustein im Versorgungsausgleich wie ein einzelnes
Anrecht gesondert zu behandeln und auszugleichen.
b) Die Regelung des
hohen Verwaltungsaufwand des Versorgungsträgers durch die Teilung und
Aufnahme eines neuen Anwärters ersparen, wenn der geringe Ausgleichswert des Anrechts diesen Aufwand nicht lohnt. Kann die mit der Regelung
des
einem den Ausschluss des Ausgleichs rechtfertigenden Maße erreicht werden, gebührt dem Halbteilungsgrundsatz der Vorrang.
BGH, Beschluss vom 30. November 2011 - XII ZB 79/11 - OLG Frankfurt/M. in Kassel
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. November 2011 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die
Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
14. Februar 2011 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Verfahrenswert: 1.000 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.
Das Familiengericht hat die Ehe der Beteiligten durch Beschluss vom
26. Juli 2010 - insoweit rechtskräftig - geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit (1. Juni 1999 bis 31. Oktober 2009;
Rentenversicherung, die Ehefrau darüber hinaus Anrechte aus einer privaten
Altersversorgung bei einer Lebensversicherung, der Ehemann Anrechte aus
einer betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 1 (Volkswagen AG).
Letztere unterteilt sich nach der Versorgungsordnung der Volkswagen AG in
eine "Betriebliche Grundversorgung", eine "Beteiligungsrente I" und eine "Beteiligungsrente II".
Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des
Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung 9,8911 Entgeltpunkte auf
das Konto der Ehefrau und zu Lasten des Anrechts der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung 5,0812 Entgeltpunkte auf das Konto des Ehemanns
übertragen hat. Weiter hat es im Wege der externen Teilung bezogen auf den
31. Oktober 2009 zu Lasten der Anwartschaften des Ehemanns bei der Volkswagen AG Anrechte aus der "Betrieblichen Grundversorgung" in Höhe von
12.895,80 €, aus der "Beteiligungsrente I" in Höhe von 2.472,53 € und aus der
"Beteiligungsrente II" in Höhe von 3.266,29 € zu Gunsten der Ehefrau auf einem für sie bei der Versorgungsausgleichskasse zu errichtenden Versicherungskonto begründet. Von einem weiteren Ausgleich des durch die Ehefrau mit
einem Kapitalwert von 338,75 € erworbenen Anrechts aus einer Lebensversicherung hat das Familiengericht nach
Gegen die Einbeziehung der Beteiligungsrente I in den Versorgungsausgleich hat die Volkswagen AG Beschwerde eingelegt, da es sich hierbei um ein
nicht auszugleichendes Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert handle
(
Volkswagen AG.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat seine in
Zwar sei der Ausgleichswert der Beteiligungsrente I geringwertig iSd § 18
Abs. 2, 3 VersAusglG. Die Vorschrift eröffne jedoch ein Ermessen, nach einer
Gesamtbetrachtung aller in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften den
Schluss zu ziehen, den Versorgungsausgleich trotz Geringfügigkeit des einzelnen Anrechts durchzuführen.
Mit der Ausschlussregelung des
Volkswagen AG die unterschiedlichen selbständigen Versorgungsbausteine
aufführe, es aber nur zu einer einheitlichen Auszahlung komme. Eine Begründung von Kleinstanrechten, die der Gesetzgeber habe verhindern wollen, werde
dadurch vermieden, dass letztlich die der Ehefrau zuwachsende Betriebsrente
einheitlich aus einer Hand gewährt werde.
In der Regel sei davon auszugehen, dass allein der bei dem Versorgungsträger entstehende Aufwand einer externen Teilung des geringfügigen
Anrechts den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 18 Abs. 2
VersAusglG nicht rechtfertigen könne.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis
stand. Das Familiengericht hat sämtliche Anrechte des Ehemanns aus der betrieblichen Altersversorgung zutreffend nach
Beteiligungsrente I in den Versorgungsausgleich ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die
Beteiligungsrente I ein einzelnes, gesondert zu beurteilendes Anrecht darstellt.
Die betriebliche Altersversorgung des Ehemanns bei der Volkswagen AG
beruht auf einer Direktzusage und setzt sich aus den drei genannten Bausteinen zusammen. Die Betriebliche Grundversorgung wird allein vom Arbeitgeber
zusätzlich zum Arbeitsentgelt finanziert. Die Beteiligungsrente I erwirbt der Arbeitnehmer durch vermögenswirksame Leistungen des Arbeitsgebers; die Beiträge für die Beteiligungsrente II erbringt der Arbeitnehmer durch Entgeltumwandlung auf freiwilliger Basis. Zwar wird im Leistungsfall die aus den einzelnen Bausteinen ermittelte Gesamtrente in einer Summe ausgezahlt. Aus den
Unterschieden bei den Finanzierungsverfahren und anderer wertbildender Faktoren der einzelnen Bausteine folgt indessen, dass jeder Baustein wie ein einzelnes Anrecht im Versorgungsausgleich gesondert zu behandeln ist.
b) Das Oberlandesgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass der
auszugleichende Kapitalwert der Beteiligungsrente I einen geringen Ausgleichswert iSd
Nach
mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen. Gering ist ein Ausgleichswert gemäß
einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in
allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen
Bezugsgröße nach
Die für das Versorgungssystem der Volkswagen AG maßgebliche Bezugsgröße iSd
Volkswagen AG, deren Auskunft inhaltlich von keiner Seite angegriffen ist, hat
für die Beteiligungsrente I einen Ausgleichs-Kapitalwert von 2.472,53 € vorgeschlagen. Dieser Wert liegt unter der bei Ehezeitende im Jahr 2009 geltenden
Bagatellgrenze von 3.024 € (120 % der monatlichen Bezugsgröße von 2.520 €).
c) Mit seiner Entscheidung, den geringen Ausgleichswert aus der Beteiligungsrente I auszugleichen, hat das Oberlandesgericht das ihm durch § 18
Abs. 2 VersAusglG eingeräumte tatrichterliche Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.
aa) Durch
mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgeglichen werden sollen. Das bedeutet, dass geringwertige Anrechte nur dann auszugleichen sind, wenn nach
gerichtlichem Ermessen besondere Gründe hierfür sprechen. Welche konkreten
Erwägungen in die Ermessensausübung einzustellen sind, lässt das Gesetz
offen.
Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 16/10144
S. 38, 60) will die in
solche Fallkonstellationen geben, bei denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft
ist. Die Regelung will insbesondere vermeiden, dass dem zuständigen Versorgungsträger durch die Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters - wie es
dem gesetzlichen Leitbild der internen Teilung entspricht - ein gemessen am
geringen Ausgleichswert unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand entsteht. Nach dem Gesetzeszweck sind daher - ähnlich wie bei der Ermessensprüfung nach dem früheren
(vgl.
zu
§3c
VAHRG:
Senatsbeschlüsse
vom
23. Mai
Bei dieser Abwägung darf der Halbteilungsgrundsatz als Maßstab des
Versorgungsausgleichsrechts (
bleiben; dieser ist bei der Auslegung einzelner Vorschriften und Ermessensentscheidungen des Versorgungsausgleichs stets zu berücksichtigen (BT-Drucks.
16/10144 S. 45). Kann die mit der Regelung des
bb) Gemessen daran hat das Oberlandesgericht sein Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren
unterliegt die Ermessensausübung einer eingeschränkten rechtlichen Kontrolle.
Sie kann nur darauf überprüft werden, ob das Oberlandesgericht sein Ermessen ausgeübt oder die Notwendigkeit dazu verkannt hat und ob es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder davon einen unsachgemäßen, den Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht
hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 72 Rn. 8 mwN).
Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht seine Ermessenserwägungen letztlich tragend darauf gestützt, dass ein wesentlicher Teil des vom
Gesetzgeber im Blick gehabten Verwaltungsaufwandes von vornherein nicht
anfällt, wenn der Versorgungsträger - wie hier - die externe Teilung wählt. Darauf fußend hat das Oberlandesgericht weiter erwogen, dass die Belastung des
Versorgungsträgers mit den Kosten einer externen Teilung für sich genommen
regelmäßig nicht den Ausschluss eines Ausgleichs wegen Geringwertigkeit
nach
vorbeugt, ist rechtlich nichts zu erinnern.
Auch wird durch die angeordnete Teilung kein unwirtschaftliches Kleinstanrecht begründet, da sich der Ausgleichsbetrag aus der Beteiligungsrente I
zusammen mit anderen Ausgleichsbeträgen auf dem bei der Versorgungsausgleichskasse zu errichtenden Versicherungskonto vereinigt.
Hahne
Weber-Monecke
Schilling
Klinkhammer
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:29.11.2011
Aktenzeichen:XII ZB 79/11
Rechtsgebiete:Versorgungsausgleich
Erschienen in:NJW-RR 2012, 193-194
Normen in Titel:VersAusglG §§ 1, 14 Abs. 2 Nr. 2, 17, 18 Abs. 2, 3