Grundstückskaufvertrag unter aufschiebender Bedingung; Durchführungsvertrag; Beurkundungsbedürftigkeit; einheitliches Rechtsgeschäft
letzte Aktualisierung: 15.4.2021
BGH, Urt. v. 29.1.2021 – V ZR 139/19
Grundstückskaufvertrag unter aufschiebender Bedingung; Durchführungsvertrag;
Beurkundungsbedürftigkeit; einheitliches Rechtsgeschäft
1a. Dass ein beurkundungsbedürftiges Grundstücksgeschäft unter der Bedingung des
Zustandekommens oder des Fortbestands eines anderen Rechtsgeschäfts vorgenommen wird,
rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, dass die Rechtsgeschäfte nach dem Willen der
Parteien eine Einheit bilden und daher beide beurkundungsbedürftig sind. Eine Geschäftseinheit
liegt nur vor, wenn Teile des anderen Rechtsgeschäfts Inhalt des Grundstücksgeschäfts sein sollen.
1b. Ein notarieller Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, ein Grundstück an eine Gemeinde
zu übereignen, ist daher nicht deshalb formunwirksam, weil er unter der (beurkundeten)
aufschiebenden Bedingung der Wirksamkeit eines nicht beurkundeten Durchführungsvertrages
i. S. v.
2. Die Verjährungsvorschrift des
Anwendung, wenn der Gläubiger die Besitzeinräumung neben der Verschaffung des Eigentums
beanspruchen kann, wie dies etwa bei einem Grundstückskaufvertrag der Fall ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in
aus dem Grundstücksvertrag gegen die Beklagte zu 1 und in der Folge
auch keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 zu. Verjährt seien die Ansprüche
allerdings nicht. Die zehnjährige Verjährungsfrist habe erst mit der Bekanntmachung
der Satzung am 9. Mai 2008 begonnen. Die in dem Vertrag für die Übereignungspflicht
vorausgesetzte aufschiebende Bedingung der „Rechtskraft“ des
vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei erst zu diesem Zeitpunkt eingetreten.
Nach allgemeinem Sprachgebrauch werde eine Entscheidung oder Regelung als
rechtskräftig bezeichnet, wenn sie gültig, endgültig, verbindlich und unanfechtbar
sei. Gemäß
seine Bekanntmachung rechtsverbindlich. Die am 7. Mai 2018 bei Gericht eingegangene
und auch demnächst zugestellte Klage habe deshalb zu einer Verjährungshemmung
geführt.
Ansprüche aus dem Grundstücksvertrag scheiterten aber daran, dass die
zweite aufschiebende Bedingung - die „Rechtskraft“ des Durchführungsvertrages
- nicht eingetreten sei. Dieser sei nämlich gemäß
eines Formmangels nichtig. Zwischen Grundstücks- und Durchführungsvertrag
bestehe eine rechtliche Einheit, die zur Beurkundungsbedürftigkeit auch des
Durchführungsvertrages führe, weil der Übertragungsvertrag im Wege der aufschiebenden
Bedingung von dessen Wirksamkeit abhängen solle. Eine gewollte
Abhängigkeit könne kaum deutlicher zum Ausdruck gebracht werden als durch
eine solche Bedingung. Eine Verknüpfung und Abhängigkeit des Grundstücksvertrags
von dem Durchführungsvertrag im Sinne einer rechtlichen Einheit beider
Verträge liege daher schon nach dem Wortlaut des Vertragstextes eindeutig vor.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht
gegebenen Begründung lassen sich die von der Klägerin geltend gemachten
Ansprüche nicht verneinen.
1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die in
dem Grundstücksübertragungsvertrag enthaltene Verpflichtung der Beklagten zu
1, die im Klageantrag zu 1 genannten Grundstücke an die Klägerin herauszugeben
und an diese zu übereignen, wäre nicht wirksam, wenn zwischen dem
Grundstücksvertrag und dem Durchführungsvertrag eine rechtliche Einheit bestünde.
Dann wäre auch der Durchführungsvertrag nach § 311b Abs. 1 Satz 1
BGB beurkundungsbedürftig und mangels Beurkundung gemäß § 125 Satz 1
BGB formnichtig. In der Folge fehlte es an der in dem Grundstücksvertrag vereinbarten
aufschiebenden Bedingung der „Rechtskraft“ des Durchführungsvertrages.
Da nur gerichtliche Entscheidungen, nicht aber Verträge in Rechtskraft
erwachsen können, kann mit Rechtskraft bei der gebotenen interessengerechten
Auslegung nur die Wirksamkeit des Durchführungsvertrages gemeint sein. Im
Übrigen wäre bei einer rechtlichen Einheit beider Verträge nicht nur die Bedingung
nicht eingetreten, sondern der Grundstücksvertrag selbst, aus dem die Klägerin
ihre Ansprüche herleitet, wäre gemäß
der Klageantrag zu 1 auch deshalb abzuweisen.
2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen aber seine Annahme
nicht, der - nicht beurkundete und als solcher nicht beurkundungsbedürftige (vgl.
eine rechtliche Einheit, so dass nach
hätte beurkundet werden müssen.
a) Nach
eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu
erwerben, der notariellen Beurkundung. Dem Formzwang unterliegt der „Vertrag“,
d.h. alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Parteien das
schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (st. Rspr., vgl. etwa Senat,
Urteil vom 13. November 1953 - V ZR 173/52, LM Nr. 3 zu
vom 20. Dezember 1974 - V ZR 132/73,
1977 - V ZR 90/75,
72/74,
222; Urteil vom 14. September 2018 - V ZR 213/17,
auch schon
was nach dem Willen der Parteien Inhalt des schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäfts
werden soll. Somit bedürfen bei (einheitlichen) Rechtsgeschäften,
die sich aus beurkundungsbedürftigen und für sich genommen nicht beurkundungsbedürftigen
Teilen zusammensetzen, auch letztere der Beurkundung.
b) Ob ein einheitliches und damit insgesamt nach § 311b Abs. 1 Satz 1
BGB beurkundungsbedürftiges Rechtsgeschäft vorliegt, richtet sich nach dem
Willen der Vertragsparteien, namentlich nach der von ihnen gewollten Verknüpfung
des Grundstücksgeschäfts mit dem für sich genommen nicht beurkundungsbedürftigen
Rechtsgeschäft, und unterliegt tatrichterlicher Würdigung unter Berücksichtigung
aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. Senat, Urteil vom
10. Oktober 1986 - V ZR 247/85,
- V ZR 22/89,
- IX ZR 76/99,
c) Werden wie
hier - zwei Verträge äußerlich getrennt voneinander abgeschlossen,
begründet dies eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie nach
dem Parteiwillen auch unabhängig voneinander gewollt sind und dies durch die
Trennung zum Ausdruck gebracht werden sollte (vgl.
Urteil vom 10. Oktober 1986 - V ZR 247/85,
7. Februar 1986 - V ZR 176/84,
in
1990, 340, 341). Diese Vermutung kann zwar entkräftet werden. Hierzu bedarf
es aber genügender Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Verträge ungeachtet
der äußerlichen Trennung nach dem Willen der Parteien eine rechtliche
Einheit bilden sollten (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 1993 - V ZR 144/91, NJW-RR
1993, 1421, 1422; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 IX
ZR 76/99,
d) Dass ein beurkundungsbedürftiges Grundstücksgeschäft unter der Bedingung
des Zustandekommens oder des Fortbestands eines anderen Rechtsgeschäfts
vorgenommen wird, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme,
dass die Rechtsgeschäfte nach dem Willen der Parteien eine Einheit bilden und
daher beide beurkundungsbedürftig sind. Eine Geschäftseinheit liegt nur vor,
wenn Teile des anderen Rechtsgeschäfts Inhalt des Grundstücksgeschäfts sein
sollen.
aa) Der Bundesgerichtshof hat allerdings wiederholt formuliert, dass an
sich selbständige Vereinbarungen jedenfalls dann ein einheitliches Rechtsge-
schäft darstellen, wenn sie nach den Vorstellungen der Beteiligten in einem solchen
rechtlichen Zusammenhang stehen, dass sie nicht jeweils für sich allein
gelten, sondern miteinander „stehen und fallen“ sollen (vgl. etwa Senat, Urteil
vom 31. Mai 1974 - V ZR 111/72,
1982 - V ZR 136/81,
2005, 991; BGH, Urteil vom 24. September 1987 VII
ZR 306/86, BGHZ 101,
393, 396; Urteil vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91,
vom 22. Juli 2010 VII ZR 246/08,
Abhängigkeit ist hierfür nicht erforderlich; vielmehr reicht es aus, wenn das
Grundstücksgeschäft aus Sicht der Vertragspartner untrennbar von dem anderen
Geschäft abhängt (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR 251/98, NJW
2000, 951 f.; BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 321/00,
2560).
bb) Daraus darf aber nicht geschlossen werden, wie es das Berufungsgericht
getan hat, dass eine solche Abhängigkeit schon dann besteht, wenn die
Vertragspartner das Grundstücksgeschäft unter die aufschiebende Bedingung
der Wirksamkeit eines anderen Vertrages - hier des Durchführungsvertrages -
stellen.
(1) Für die Frage, ob zwei Vereinbarungen nach dem Willen der Vertragsparteien
eine rechtliche Einheit bilden, kommt es nicht auf die rechtstechnische
Art der Verknüpfung an, also darauf, ob das Grundstücksgeschäft von dem Zustandekommen
oder Fortbestand des anderen Geschäfts durch eine aufschiebende
oder auflösende Bedingung abhängig gemacht wird, ob ein Rücktrittsrecht
vereinbart oder ob das andere Geschäft als „Geschäftsgrundlage“ des Grundstücksgeschäfts
aufgeführt wird (zutreffend Staudinger/Schumacher, BGB
[2018], § 311b Rn. 176; MüKoBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl., § 311b Rn. 60; Erman/
Grziwotz, BGB, 16. Aufl.,
Aufl., § 311b Rn. 132, 134; BeckOGK/Schreindorfer, BGB [1.12.2020], § 311b
Rn. 187; jurisPK-BGB/Ludwig, 9. Aufl., § 311b Rn. 235 f.; Weber, RNotZ 2016,
377, 379; aA Korte
Grundstücksgeschäften, 1990, Kap. 3 Rn. 17 ff.). So wie einerseits die Vereinbarung
eines Rücktrittsrechts die Annahme der rechtlichen Einheit zweier Vereinbarungen
nicht von vornherein ausschließt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Juli
2010 - VII ZR 246/08,
ZR 230/07,
101, 393, 398), ist andererseits nicht stets von einer rechtlichen Einheit auszugehen,
wenn der Abschluss oder Fortbestand der einen Vereinbarung zur Bedingung
der anderen gemacht oder für den Fall des Nichtzustandekommens oder
der Beendigung einer Vereinbarung das Recht zum Rücktritt von der anderen
vorgesehen wird.
(2) Maßgeblich ist vielmehr, ob Teile des für sich genommenen nicht beurkundungsbedürftigen
Vertrages Inhalt des Grundstücksgeschäfts werden sollen.
Beurkundungsbedürftig ist nach
Inhalt der getroffenen Vereinbarungen des Grundstücksgeschäfts. Nicht
beurkundungsbedürftig sind dagegen Erklärungen, die keinen Regelungscharakter
haben, wie etwa vor Vertragsschluss mitgeteilte Informationen oder die Motive
der Parteien für den Vertragsschluss (vgl. MüKoBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl., § 311b
Rn. 54; Soergel/J. Mayer, BGB, 13. Aufl., § 311b Rn. 94; Staudinger/Schumacher,
BGB [2018], § 311b Rn. 155; BeckOGK/Schreindorfer, BGB [1.6.2020],
§ 311b Rn. 151). Dies folgt daraus, dass sich der Vertrag nur aus den Willenserklärungen
der Vertragsparteien zusammensetzt, die Regelungscharakter haben.
Nur hierauf beziehen sich die Schutzzwecke des Formgebots und die Belehrungspflichten
des Notars (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 2006 V
ZR 148/05,
die Parteien mit der von ihnen gewählten Verknüpfung verbinden. Soll das Zustandekommen
des Grundstücksgeschäfts davon abhängig sein, dass ein anderes,
für sich genommen nicht beurkundungsbedürftiges Geschäft lediglich zustande
kommt bzw. fortbesteht, so ist es im Hinblick auf den Schutzzweck des
Beurkundungserfordernisses ausreichend, dass diese Verknüpfung, hier also die
Bedingung, beurkundet wird (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR
251/98,
1404, 1405; BGH, Urteil vom 16. März 1988 VIII
ZR 12/87,
Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 76/99,
der Inhalt der von den Parteien getroffenen Regelung besteht nur in dieser Verknüpfung.
Haben sie hingegen den Willen, die Verträge inhaltlich miteinander zu
verknüpfen, sollen also Regelungen des Grundstücksgeschäfts nur gemeinsam
mit Regelungen des anderen Vertrages gelten, so liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft
vor, das insgesamt beurkundungsbedürftig ist (zutreffend Staudinger/
Schumacher, BGB [2018], § 311b Rn. 176; vgl. auch Keim,
104; ähnlich Weber,
e) Ein notarieller Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, ein Grundstück
an eine Gemeinde zu übereignen, ist daher nicht deshalb formunwirksam,
weil er unter der (beurkundeten) aufschiebenden Bedingung der Wirksamkeit eines
nicht beurkundeten Durchführungsvertrages i.S.v.
f) Da hier die aufschiebende Bedingung, unter der der Grundstücksvertrag
stand, beurkundet worden ist, hängt die unter
dem Gesichtspunkt eines einheit-
lichen Rechtsgeschäfts zu prüfende - Formbedürftigkeit des Durchführungsvertrages
davon ab, ob die hierfür erforderliche inhaltliche Verknüpfung zwischen
beiden Verträgen vorliegt, ob also die Übertragung der Grundstücksflächen nach
dem Willen der Vertragspartner über
die mittels der Bedingung verbundene Verknüpfung
hinaus - von dem Inhalt der Regelungen des Durchführungsvertrages
abhängig war. Dies hat das Berufungsgericht - von seinem Ausgangspunkt folgerichtig
- nicht geprüft.
3. Die Abweisung des (allein) gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klageantrags
zu 1 stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (
a) Der Durchführungsvertrag ist auf der Grundlage der bisher getroffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bereits für sich genommen formnichtig
mit der Folge, dass die in dem Grundstücksvertrag für die Ansprüche auf Übereignung
und Übergabe vorausgesetzte Wirksamkeit („Rechtskraft“) des Durchführungsvertrages
fehlen würde.
aa) Ein Durchführungsvertrag i.S.d.
rechtlicher Vertrag und Unterfall des städtebaulichen Vertrages zwischen
der Gemeinde und dem Vorhabenträger grundsätzlich nur dem Erfordernis der
Schriftform (
38 f.; BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - III ZR 396/04,
BauGBMaßnG a.F.). Die Formvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches - mithin
auch
bb) Hier wäre der Durchführungsvertrag formbedürftig, wenn er eine Verpflichtung
der Beklagten zu 1 enthielte, Grundstücke auf die Klägerin zu übertragen.
Aus § 1 Nr. 2 des Durchführungsvertrages ergibt sich eine solche Verpflichtung
nicht. Ausweislich des als Anlage K 3 zur Akte gereichten Durchführungsvertrages,
der von dem Berufungsgericht im Zurückweisungsbeschluss in Bezug
genommen worden ist, hat der Investor „alle öffentlichen Grundstücksflächen innerhalb
des Plangebietes auf die Gemeinde übertragen“. Eine beurkundungspflichtige
Verpflichtung ist mit dieser auf die Vergangenheit bezogenen Erklärung
nicht verbunden.
An die entgegenstehende Feststellung des Vertragswortlauts durch das
Berufungsgericht in dem Zurückweisungsbeschluss, wonach die Beklagte zu 1
nach § 1 Nr. 2 des Durchführungsvertrages die Grundstücksflächen auf die Klägerin
„zu übertragen“ habe, ist der Senat nicht gebunden, auch wenn kein Berichtigungsantrag
gemäß
der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung
vertretenen Auffassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
auf Endentscheidungen (entsprechend) anwendbar, die als
möglicher Gegenstand einer Rechtsbeschwerde oder wie
hier - einer Nichtzulassungsbeschwerde
einer Sachverhaltsdarstellung nebst rechtlicher Begründung
bedürfen und in einem Beschlussverfahren ergehen (BGH, Beschluss vom
15. April 2010 - IX ZB 175/09,
20. März 2014 V ZR 130/13, juris mwN). Aus dem Urteil des I. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs vom 8. November 2007 (
ergibt sich nichts anderes, da es hierin (nur) um die fehlende Tatbestandswirkung
(
geht. Beweiskraft kommt den tatbestandlichen Feststellungen in einem Berufungsurteil
oder einem Zurückweisungsbeschluss gemäß
aber nicht zu, wenn und soweit sie Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweisen,
die sich aus der Entscheidung selbst ergeben, wenn sie in Widerspruch
zu einem konkret in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen bzw. hier
zu einer konkret in Bezug genommenen Anlage stehen (vgl. BGH, Urteil vom
12. Mai 2015 - VI ZR 102/14,
b) Den von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten
Ansprüchen steht auch nicht die von der Beklagten zu 1 erhobene Einrede der
Verjährung (
zutreffend aus. Insoweit ist zwischen dem Anspruch auf Übereignung und
dem Anspruch auf Besitzverschaffung zu unterscheiden.
aa) Soweit es um den Anspruch auf Übereignung der näher bezeichneten
Grundstücke geht, richtet sich die Verjährung nach
Jahre beginnend mit der Entstehung des Übereignungsanspruchs. Entgegen der
Auffassung der Revision ist der Verjährungsbeginn nicht schon mit dem Ratsbeschluss
am 11. Dezember 2007 eingetreten, sondern - frühestens - mit der Bekanntmachung
des Bebauungsplans am 9. Mai 2008, durch die er gemäß § 10
Abs. 3 Satz 4 BauGB in Kraft getreten und damit „rechtskräftig“ geworden ist.
Deshalb hat die am 7. Mai 2008 bei Gericht eingegangene und demnächst zugestellte
(
wovon auch das Berufungsgericht ausgeht. Soweit die Revisionserwiderung rügt,
das Berufungsgericht habe nur unvollständig den Auslegungsstoff für das von
den Parteien Gewollte berücksichtigt, weil es sich nicht mit dem Schreiben der
Klägerin vom 9. Oktober 2007 befasst habe, in dem deren Bürgermeister ausführt,
der Durchführungsvertrag werde „mit dem Inkrafttreten der Satzung“ wirksam,
wofür „noch der formale Satzungsbeschluss durch den Gemeinderat (beabsichtigt
in der nächsten Sitzung am 11. Dezember 2007) erforderlich“ sei, bleibt
das ohne Erfolg. Ohne dass es weiterer Feststellungen bedürfte, kann bei verständiger
Würdigung des Schreibens ausgeschlossen werden, dass die Klägerin
entgegen
Bekanntmachung als verbindlich und damit als „rechtskräftig“ im Sinne des
Grundstücksvertrages ansehen wollte. Vielmehr sollten erkennbar nur die nächsten
Verfahrensschritte der Klägerin aufgezeigt werden.
bb) Auch der mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Anspruch auf
Herausgabe der Grundstücke ist nicht verjährt. Die Verjährungsvorschrift des
wenn der Gläubiger die Besitzeinräumung neben der Verschaffung des Eigentums
beanspruchen kann, wie dies etwa bei einem Grundstückskaufvertrag und
auch hier der Fall ist.
(1) Nach dem Wortlaut des
von zehn Jahren allerdings soweit
hier von Interesse - nur für „Ansprüche
auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“. Ob die Vorschrift
auf Ansprüche auf Verschaffung des Besitzes an Grundstücken, die nicht isoliert,
sondern wie hier neben einem Übereignungsanspruch geltend gemacht werden,
(entsprechende) Anwendung findet, wird unterschiedlich beurteilt (verneinend
Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 196 Rn. 6; Staudinger/Peters/Jacoby,
BGB [Neubearbeitung 2019], § 196 Rn. 7; bejahend MüKoBGB/Grothe,
8. Aufl., § 196 Rn. 6; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 196 Rn. 9;
NK-BGB/Budzikiewicz, 4. Aufl., § 196 Rn. 21; Prütting/Deppenkemper, BGB,
15. Aufl., § 196 Rn. 5; BeckOK BGB/Henrich [1.11.2020], § 196 Rn. 9).
(2) Richtig ist die analoge Anwendung des
würde der Anspruch auf Übergabe des Grundstücks in der Regelfrist
von drei Jahren (
dass der Eigentumsverschaffungsanspruch gemäß
ist, der begleitende Besitzverschaffungsanspruch hingegen schon. Die
Nichtanwendung von
erst die Verschaffung des Eigentums einzuklagen, um sich nach Vollstreckung
dieses Anspruchs aus dem Eigentum den Besitz an der Sache zu verschaffen.
Das entspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, der zur Vermeidung
von Wertungswidersprüchen auch den Anspruch auf die Gegenleistung in die
lange Verjährung des
BGB, 16. Aufl., § 196 Rn. 9). Sähe man dies anders, müsste erwogen werden,
dem Schuldner die Erhebung der Verjährungseinrede hinsichtlich des Übergabeanspruchs
als treuwidrig (
die entsprechende Anwendung von
4. Aufl., § 196 Rn. 21; MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl., § 196 Rn. 6).
4. Erfolg hat die Revision auch insoweit, als das Berufungsgericht die Berufung
der Klägerin gegen die Abweisung des gegen die Beklagten zu 1 und 2
gerichteten Klageantrags zu 2 zurückgewiesen hat.
a) Entgegen der Auffassung der Revision liegt der absolute Revisionsgrund
des
der angegriffenen Entscheidung darauf, dass die Klage gegen die Beklagte zu 2
nicht begründet sein könne, weil es bereits an einem Anspruch gegen die Beklagte
zu 1 fehle. Bezogen auf die Beklagte zu 1 sollten die Gründe für die Abweisung
des Klageantrags zu 1 erkennbar entsprechend gelten. Damit ist der
Zurückweisungsbeschluss auch insoweit mit Gründen versehen.
b) Soweit es die Beklagte zu 1 betrifft, wirkt sich der oben dargelegte
Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Prüfung des Klageantrags zu 1 auch
auf den Klageantrag zu 2 aus. Ist der Grundstücksvertrag wirksam und sind die
beiden in dem Vertrag vereinbarten aufschiebenden Bedingungen eingetreten,
steht der Klägerin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts
auch ein Anspruch auf Übereignung bzw. Herausgabe der in dem
Klageantrag zu 2 aufgeführten Grundstücksfläche zu. Einem solchen Anspruch
steht nicht entgegen, dass das Grundstück, auf dem sich die Teilfläche befindet,
zwischenzeitlich auf die Beklagte zu 2 übertragen wurde. Dass der Beklagten zu
1 die Erfüllung der in dem Grundstücksvertrag auferlegten Pflichten gemäß § 275
Abs. 1 und 2 BGB unmöglich ist, ist nicht dargetan.
c) Es ist zudem nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin
(auch) gegen die Beklagte zu 2 den mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachten
Anspruch auf Übereignung und Herausgabe der näher bezeichneten Grundstücksfläche
hat, obwohl diese nicht ihre Vertragspartnerin ist. Ein solcher Anspruch
folgt allerdings nicht aus dem Anfechtungsgesetz, auf das die Klägerin
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Inanspruchnahme der Beklagten
zu 2 in den Tatsacheninstanzen gestützt hat. Abgesehen davon, dass
der Gläubiger gemäß
Übereignung von vermeintlich anfechtbar erworbenen Gegenständen verlangen
kann, fehlt es bereits, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend
macht, an einem Vollstreckungstitel i.S.d.
als geeignete Titel in Betracht (vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Oktober
1990 IX ZR 211/89,
deliktische Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2.
III.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist
nicht zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist
daher zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Die Frage, ob eine inhaltliche Abhängigkeit des Grundstücksübertragungsvertrages
von dem Durchführungsvertrag gegeben und deshalb die Annahme
einer rechtlichen Einheit im Sinne des Formgebots gerechtfertigt ist, bedarf
einer erneuten Würdigung des Berufungsgerichts. Zur Annahme einer rechtlichen
Einheit genügt es nicht, dass ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang
zwischen den Geschäften besteht oder der Durchführungsvertrag
Beweggrund für den Abschluss des Grundstücksüberlassungsvertrages gewesen
sein mag. Vielmehr wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung evtl.
ergänzenden Vortrags der Parteien zu prüfen haben, ob der Durchführungsvertrag
Regelungen enthält, die zugleich das Grundstücksgeschäft näher ausgestalten
und daher nach dem Willen der Vertragspartner auch zu dessen Inhalt zählen.
2. Auf die Einheit der beiden Verträge käme es nicht an, wenn der Durchführungsvertrag
als solcher aus den von den Beklagten mit der Gegenrüge erhobenen
Gesichtspunkten formnichtig wäre. Sie machen geltend, die Formbedürftigkeit
folge aus § 14 Nr. 3 des Durchführungsvertrages, wonach die Gemeinde
berechtigt ist, Baugrundstücke namens und im Auftrag des Investors zum Richtpreis
an dritte Bauwillige zu veräußern, sofern die Beklagte zu 1 die innerhalb
des Plangebiets gelegenen Baugrundstücke nicht innerhalb von fünf Kalenderjahren
nach dem Tag der Abnahme der Erschließungsanlagen an dritte Bauwillige
zur zeitnahen Bebauung veräußert hat. Diesem Einwand wird das Berufungsgericht
in dem neuen Berufungsverfahren ggf. nachzugehen haben.
a) Hierbei sind die Grundsätze zu beachten, die der Bundesgerichtshof für
die Erteilung einer Vollmacht zur Grundstücksveräußerung aufgestellt hat. Zwar
bedarf die Erteilung einer Vollmacht grundsätzlich nicht der Form, welche für das
Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht (§ 167 Abs. 2
BGB). Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt die Vollmacht zur Veräußerung
eines Grundstücks aber dann dem Formzwang des
ihre Erteilung sich nur als das äußere Gewand darstellt, in das die Verpflichtung
zur Eigentumsübertragung eingekleidet worden ist. Formbedürftig ist eine Vollmacht
zur Grundstücksveräußerung ferner, wenn sie unwiderruflich ist (vgl. zum
Ganzen Senat, Urteil vom 18. September 1970 - V ZR 183/67,
Urteil vom 22. April 1966 - V ZR 164/63,
1965 - V ZR 156/64,
b) Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich insoweit um eine
beurkundungsbedürftige Verpflichtung der Beklagten zu 1 im Sinne des § 311b
Abs. 1 Satz 1 BGB handelte, führte der Formverstoß aufgrund der in § 17 Nr. 5
enthaltenen salvatorischen Klausel nicht ohne Weiteres zur Gesamtnichtigkeit
des Durchführungsvertrages. Die Erhaltungsklausel, mit welcher die dispositive
Regelung des
zwar nicht aus, führt aber zu einer Umkehrung der Vermutung des § 139
BGB. Die Nichtigkeit des gesamten Vertrages tritt nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung
des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall
durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen
wird. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede,
sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch
die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl.
BGH, Urteil vom 15. März 2010 - II ZR 84/09,
diesem in den Vorinstanzen nicht erörterten Punkt hat das Berufungsgericht bisher
keine Feststellungen getroffen.
3. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 wird das Berufungsgericht ggf. dem
Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, dass ein Teilbereich der von diesem
Antrag erfassten Fläche nicht Gegenstand des Grundstücksvertrages sei. Unabhängig
davon gibt die Zurückverweisung der Klägerin Gelegenheit, die Fassung
ihres Klageantrags zu 2 anzupassen. Die Veräußerung einzelner Grundstücke
an die Beklagte zu 2 führt zwar grundsätzlich nicht zur Unmöglichkeit, die Grundstücke
an die Klägerin zu übereignen. Zur Bewilligung der Eintragung der Klägerin
in das Grundbuch, die die Klägerin ebenfalls verlangt, ist die Beklagte zu 1 als
Nichteigentümerin aber nicht berechtigt (vgl. zur Antragstellung bei einem Eigentumswechsel
auch Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 V
ZR 273/16,
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:29.01.2021
Aktenzeichen:V ZR 139/19
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Allgemeines Schuldrecht
Öffentliches Baurecht
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 311b Abs. 1 S. 1; BauGB § 12 Abs. 1