BGH 16. Dezember 2022
V ZR 263/21
WEG § 18 Abs. 1

Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer

letzte Aktualisierung: 2.3.2023
BGH, Urt. v. 16.12.2022 – V ZR 263/21

WEG § 18 Abs. 1
Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer

Nach dem seit dem 01.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht trifft die Pflicht zur
Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nicht mehr den Verwalter, sondern die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 – V ZR
125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 15).

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht meint, die Zivilkammer 85 sei entgegen der Auffassung
des Klägers jedenfalls nach Rn. 89 des Geschäftsverteilungsplans des
Landgerichts Berlin für das Jahr 2021 zuständig geworden, weil eine Bearbeitung
der Sache im Sinne dieser Regelung vorliege. In der Sache habe der Kläger keinen
Anspruch auf die Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG, weil
die Beklagten nicht passivlegitimiert seien. Die Klage hätte nach dem 1. Dezember
2020 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet werden
müssen. Zwar werde für die vor dem 1. Dezember 2020 anhängig gewordenen
Beschlussersetzungsklagen die Auffassung vertreten, dass diese weiterhin gegen
die übrigen Wohnungseigentümer zu richten seien. Voraussetzung dafür sei
jedoch, dass die Wohnungseigentümer jedenfalls bis dahin passivlegitimiert gewesen
seien. Daran fehle es hier. Richtiger Klagegegner wäre von Anfang an der
Verwalter gewesen, da diesen nach damaligem Recht die Pflicht zur Durchführung
der Beschlüsse der Wohnungseigentümer getroffen habe. Der ehemalige
Verwalter habe den Beschluss vom 31. Januar 2017 fehlerhaft umgesetzt, weil
die neu eingebaute Tür eine Schwelle habe und von außen nicht abschließbar
sei. Dadurch sei der optische Eindruck verändert worden.

Richtig sei, dass nach dem ab dem 1. Dezember 2020 geltenden Recht
die Haftung des Verwalters entfallen und ein Anspruch auf Instandsetzung gegen
die GdWE nicht mehr ausgeschlossen sei. Insoweit seien die Beklagten jedoch
nicht passivlegitimiert, und eine Heilung der fehlenden Passivlegitimation komme
nicht in Betracht. Das setze voraus, dass die vor dem 1. Dezember 2020 gegen
die übrigen Wohnungseigentümer erhobene Beschlussersetzungsklage zulässig
und begründet gewesen wäre. Daran fehle es, weil nur der Verwalter für die mangelhafte
Beschlussumsetzung gehaftet habe. Selbst wenn der Beschluss vom
31. Januar 2017 nicht fehlerhaft umgesetzt worden wäre, habe der Kläger keinen
Anspruch auf erneute Beschlussfassung.

II.
Die Revision hat teilweise Erfolg. Im Ergebnis zutreffend ist zwar die Abweisung
des Hauptantrags. Die Abweisung des Hilfsantrags hält aber einer rechtlichen
Überprüfung nicht stand.

1. Die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten
Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge des Klägers
greift nicht durch.

a) Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen
Richter entzogen werden. Welcher Richter oder Spruchkörper des sachlich, örtlich
und funktionell zuständigen Gerichts der gesetzliche Richter im Sinne der
Verfassung ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell-abstrakt,
aber zugleich hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen und
damit verbunden sachfremde Einflüsse auf die Rechtsprechung ausgeschlossen
sind (vgl. BVerfG, NJW 1997, 1497, 1498; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008
- IX ZR 183/06, WM 2009, 117 Rn. 3). Genügt die Geschäftsverteilung diesen
Anforderungen nicht, ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet,
nicht ordnungsgemäß besetzt (BVerfG, NJW 2005, 2689, 2690). Die Rechtund
Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung
und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das erkennende Gericht
(vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. Mai 1994 - VGS 1/93, BGHZ 126, 63,
70 f.) - auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BVerfG, NJW 2005, 2689, 2690;
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, NJW 2009, 1351 Rn. 3; Urteil
vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07, NJW-RR 2009, 1264 Rn. 9).

b) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass über die Berufung
- anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht die Zivilkammer 53,
sondern die Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin entschieden hat.

aa) Die Zuständigkeit des Spruchkörpers des Berufungsgerichts bestimmt
sich, weil der Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückverwiesen hat, nach der Geschäftsverteilung des
Berufungsgerichts (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09,
BGHZ 188, 43 Rn. 5). Maßgeblich ist der Geschäftsverteilungsplan, der im Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung galt (vgl. BGH, Urteil vom
12. März 2015 - VII ZR 173/13, NJW 2015, 1685 Rn. 27 mwN). Das ist hier der
Geschäftsverteilungsplan der Landgerichts Berlin für das Jahr 2021 (nachfolgend
GVPL 2021).

bb) Nach Rn. 82 GVPL 2021, auf die sich die Revision zur Begründung
ihrer Zuständigkeitsrüge stützt, gehören zwar zurückverwiesene Verfahren vor
diejenige Kammer, die die aufgehobene Entscheidung erlassen hat. Das ist hier
die Zivilkammer 53 des Landgerichts Berlin. Die Zuständigkeit der Zivilkammer
85 folgt aber aus Rn. 89 GVPL 2021, wovon das Berufungsgericht zutreffend
ausgeht.

(1) Nach dieser Regelung bleibt eine Kammer, die - wie hier die Zivilkammer
85 - mit der Bearbeitung begonnen hat, grundsätzlich weiter damit befasst,
auch wenn ihre Unzuständigkeit von vornherein bestand. Dieser Grundsatz gilt
nach Rn. 89 Satz 2 fünfter Spiegelstrich GVPL 2021 nicht, wenn die Sache ein
Sondergebiet betrifft, für das die Kammer nicht zuständig ist.

(2) Die Revision wendet sich mit ihrer Rüge nicht gegen die in dem Geschäftsverteilungsplan
vorgesehene Zuständigkeitsbegründung durch Bearbeitung
als solche, sondern meint, die Ausnahme nach Rn. 89 Satz 2 fünfter Spiegelstrich
GVPL 2021 liege vor. Die Zivilkammer 85 sei gemäß Rn. 61 GVPL 2021
in Wohnungseigentumssachen nur für Berufungen gegen Entscheidungen des
Amtsgerichts Charlottenburg zuständig, während hier - was zutrifft - das Amtsgericht
Schöneberg erstinstanzlich entschieden habe. Sähe man dies anders, wäre
die Geschäftsverteilung unbestimmt, weil unklar sei, ob damit die Unzuständigkeit
für das Sondergebiet im Allgemeinen gemeint sei, oder ob sie auch den Fall
erfasse, dass eine Kammer zwar allgemein für ein Sondergebiet, nicht aber im
konkreten Einzelfall zuständig sei.

(3) Damit dringt die Revision nicht durch. Nach dem eindeutigen Wortlaut
der Regelung in Rn. 89 Satz 2 Spiegelstrich fünf GVPL 2021 ist als Ausnahmefall
für die an sich gegebene Zuständigkeit durch Bearbeitung die Zuweisung eines
Sondergebiets bestimmt. Die Ausnahme greift nicht ein, wenn die Kammer für
das Sondergebiet zuständig ist, wie dies hier bei der Zivilkammer 85 für das Son-
Amtsgericht die durch Berufung angefochtene Entscheidung in dem Sondergebiet
erlassen hat, ist ohne Belang. Zweifel an der Bestimmtheit dieser Regelung
ergeben sich nicht. Nur eine solche Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck
der Ausnahmeregelung. Sie soll erkennbar sicherstellen, dass in einem Sondergebiet
- wie hier in Wohnungseigentumssachen - eine an sich unzuständige Kammer
mit der Bearbeitung der Sache nur dann weiter befasst sein soll, wenn sie
für das Sondergebiet zuständig ist und deshalb über Erfahrungen und Kenntnisse
auf diesem Gebiet verfügt. Dagegen soll eine Kammer, die mangels Zuständigkeit
in dem Sondergebiet nicht kundig ist, nicht durch Bearbeitung zuständig werden.

2. In der Sache hat das Berufungsgericht den Hauptantrag auf Beschlussersetzung
im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

a) Die Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) ist im Hauptantrag
allerdings zulässig.

aa) Anders als das Berufungsgericht meint, ist die Klage gegen den richtigen
Klagegegner erhoben. Zwar ist für eine auf Beschlussersetzung gerichtete
Klage eines Wohnungseigentümers gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG in der Fassung
des am 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
vom 16. Oktober 2020 (BGBl I 2020 S. 2187) die GdWE der
richtige Klagegegner. Für die - wie hier - bis zum 30. November 2020 anhängig
gewordenen Verfahren nach § 21 Abs. 8 WEG aF ist aber - wie der Senat inzwischen,
allerdings erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden hat - in analoger
Anwendung von § 48 Abs. 5 WEG das bisher geltende Verfahrensrecht
anzuwenden und die Klage auch weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer
zu richten (näher dazu Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21,
ZWE 2022, 220 Rn. 15 ff.).

bb) Der Klage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat sich
in der Eigentümerversammlung am 22. Mai 2018 erfolglos um die Beschlussfassung
bemüht (zur Vorbefassung und deren Entbehrlichkeit vgl. Senat, Urteil vom
15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14 f.).

b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag
verfolgte Beschlussersetzung, so dass die Klage insoweit unbegründet ist.
aa) Die Beschlussersetzungsklage dient der gerichtlichen Durchsetzung
des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung gemäß
§ 18 Abs. 2 WEG (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09,
BGHZ 184, 88 Rn. 21; Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375
Rn. 9 f.; Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 Rn. 9 - jeweils
zu § 21 Abs. 4 WEG aF); durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
haben sich insoweit keine Änderungen ergeben (vgl. Senat, Urteil vom 16. September
2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 8). Die Klage ist daher begründet,
wenn der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf den seinem
Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung
ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 82
zu § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG). Dafür kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen
Tatsachenverhandlung (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17,
NJW 2018, 3238 Rn. 26) und damit auch in Übergangsfällen - wie hier - auf das
neue materielle Recht an (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21,
ZWE 2022, 220 Rn. 23).

bb) Auch nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht
ist eine gerichtliche Beschlussersetzung grundsätzlich ausgeschlossen,
wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven
Beschlussfassung ist, die von den Wohnungseigentümern nicht angefochten
wurde. In einem solchen Fall ist eine gerichtliche Entscheidung schon nicht notwendig
im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG (vgl. Suilmann in Jennißen, WEG,
7. Aufl., § 44 Rn. 150; zum bisherigen Recht vgl. Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl.
2018, § 21 Rn. 205 f.). So ist es hier.

(1) Wie die Außentür der Wohnung des Klägers zu erneuern ist, haben die
Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 2017 beschlossen.
Das Berufungsgericht legt den Beschluss vom 31. Januar 2017 dahin
aus, dass die Tür in der Weise erneuert werden soll, dass der Verwalter drei
Angebote über eine ebenerdige und von außen abschließbare Tür einholt, weil
nur eine solche Tür der Optik der alten Tür entspricht, und dass der Verwalter
den Vertrag in Abstimmung mit dem Beirat mit dem auskömmlichsten Anbieter
abschließt. Diese Auslegung durch das Berufungsgericht hält der revisionsrechtlich
uneingeschränkten Nachprüfung (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September
1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 292) stand. Für sie spricht der Wortlaut des
tür einholen. Der Begriff der Erneuerung impliziert, dass die neue Tür in ihren
Maßen und in ihrer Funktionalität der alten Tür zu entsprechen hat. Zudem soll
der optische Eindruck erhalten bleiben. Aus der Bezeichnung der zu erneuernden
nicht, dass die neue Tür eine Schwelle haben und nicht außen abschließbar sein
muss. Be
tisiert werden, welche Tür zu erneuern ist. Unabhängig davon sagt die Bezeichnung
einer Tür als Terrassentür nur etwas über den Nutzungszweck der Tür aus,
nicht aber etwas über deren Bauart. Eine Terrassentür kann über eine Schwelle
verfügen oder nicht, sie kann von außen abschließbar sein oder nicht.

(2) Weil die in Vollziehung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 eingebaute
Tür über eine Schwelle verfügt und nicht abschließbar ist, entspricht sie,
wovon das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei ausgeht, in ihrer Funktionalität
und Maßen nicht der alten Tür; der optische Eindruck wurde verändert. Das
bedeutet, dass der Verwalter den Beschluss nicht ordnungsgemäß umgesetzt
hat.

cc) Der Umstand, dass der Beschluss vom 31. Januar 2017 nicht ordnungsgemäß
umgesetzt worden ist, verhilft der Revision in Bezug auf den Hauptantrag
aber nicht zum Erfolg.

(1) Allerdings hat der Kläger einen Anspruch darauf, dass der Beschluss
vom 31. Januar 2017 ordnungsgemäß vollzogen wird.

(a) Für einen auf die ordnungsgemäße Umsetzung des Beschlusses vom
31. Januar 2017 gerichteten Anspruch des Klägers wäre nach dem maßgeblichen
neuen materiellen Recht (vgl. oben Rn. 20) die GdWE passivlegitimiert.
Zwar war für den Zeitraum bis zum 30. November 2020 der Verwalter für die
Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zuständig. Deshalb
konnte ein einzelner Wohnungseigentümer von dem Verwalter die Umsetzung
eines Beschlusses verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17,
BGHZ 219, 60 Rn. 15). Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht
trifft die Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer
aber nicht mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt
sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich der
GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG). Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch
ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidungen
umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird
(vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 58; vgl. MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl., § 18 WEG nF
Rn. 28). Vollzieht der Verwalter einen gefassten Beschluss nicht oder fehlerhaft,
muss ein Wohnungseigentümer deshalb die GdWE in Anspruch nehmen. Ihr wird
analog § 31 BGB grundsätzlich ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters zugerechnet
(vgl. LG Frankfurt a.M., ZWE 2022, 165 Rn. 10; LG München I, ZWE
2022, 280 Rn. 11; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 522;
BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.12.2022], § 18 Rn. 50; MüKoBGB/Rüscher,
8. Aufl., § 18 WEG nF Rn. 43; Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl., § 18 WEG
Rn. 11, § 27 Rn. 1).

(b) Wäre die im Jahr 2018 erhobene Beschlussersetzungsklage auf Umsetzung
des Beschlusses vom 31. Januar 2017 gerichtet, wären die Beklagten
wegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers, bei anhängigen
Verfahren das alte Verfahrensrecht weiter gelten zu lassen, zugleich aber das
neue materielle Recht zur Anwendung zu bringen, analog § 48 Abs. 5 WEG auch
die richtigen Klagegegner. An ein beschlussersetzendes Urteil wäre die GdWE
gebunden (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21, ZWE 2022, 220
Rn. 20 f.).

(2) Die Umsetzung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 ist jedoch nicht
Gegenstand des Hauptantrags. Der Kläger erstrebt damit vielmehr eine gerichtliche
Ersetzung des in der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2018 mehrheitlich
abgelehnten Beschlusses und damit eine Änderung des Beschlusses vom
31. Januar 2017 über die Erneuerung der Terrassentür. Nicht mehr der Verwalter
soll die Angebote über eine ebenerdige und von außen abschließbare Tür einholen
und in Abstimmung mit dem Beirat das günstigste auswählen. Vielmehr soll
die Gemeinschaft aus den in der Versammlung vom 22. Mai 2018 vorliegenden
Angeboten eine Tür auswählen. Auf eine solche geänderte Beschlussfassung hat
der Kläger keinen Anspruch. Die Wohnungseigentümer sind zwar grundsätzlich
nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut
zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit
der Gemeinschaft (vgl. Senat, Beschluss vom 23. August
2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 350). Einen Anspruch auf Abänderung
eines Mehrheitsbeschlusses hat der Wohnungseigentümer aber nur in besonderen
Ausnahmefällen. Vorausgesetzt wird, dass schwerwiegende Gründe - etwa
eine erhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - das Festhalten an dem
Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013
- V ZR 220/12, NJW 2013, 3089 Rn. 22 mwN). Diese Voraussetzungen liegen
nicht vor.

3. Die Abweisung des Hilfsantrags hält der rechtlichen Prüfung dagegen
nicht stand. Das Urteil ist deshalb teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da
es insoweit keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache
selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und dem Hilfsantrag mit dem aus dem
Tenor ersichtlichen Inhalt stattgeben.

a) Mit dem Hilfsantrag auf Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2
WEG verfolgt der Kläger - ebenso wie mit dem Hauptantrag - das Rechtsschutzziel,
eine Tür zu erhalten, die entsprechend der früheren Tür ebenerdig und von
außen abschließbar ist. Die Wohnungseigentümer haben zwar bereits am 31. Januar
2017, wie die Auslegung von TOP 5 des Beschlusses ergibt (vgl. oben
Rn. 22), den Einbau einer solchen Tür durch den Verwalter beschlossen. Über
den Inhalt des Beschlusses besteht aber zwischen dem Kläger einerseits und
den Beklagten und dem Verwalter andererseits Streit. Anders als der Kläger sind
die Beklagten und der Verwalter der Auffassung, es sei der Einbau einer von
außen nicht abschließbaren Tür mit Schwelle beschlossen worden. Das mit dem
Hilfsantrag verfolgte Rechtsschutzziel des Klägers wird mithin erreicht, wenn der
Streit über den Inhalt des zu TOP 5 gefassten Beschlusses vom 31. Januar 2017
beseitigt und klargestellt wird, dass die erneuerte Tür ebenerdig und von außen
abschließbar sein soll. Ein solch klarstellender Beschluss wird von dem weit ge-
Tür zu ersetzen, die in ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der
ursprünglichen Tür entspricht, erfasst. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft
nicht berücksichtigt.

b) Der so verstandene Hilfsantrag ist zulässig. Wie ausgeführt, ist die Beschlussersetzungsklage
in analoger Anwendung von § 48 Abs. 5 WEG gegen
den richtigen Klagegegner erhoben (vgl. oben Rn. 17). Dass die GdWE nicht mit
dem Hilfsantrag vorbefasst wurde, schließt das Rechtsschutzinteresse nicht aus.
Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann nämlich mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Antrag
des Klägers auf einen deklaratorischen Beschluss in der Eigentümerversammlung
nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung
der Versammlung eine unnötige Förmelei wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom
15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 15, Urteil vom 8. Juli 2022
- V ZR 202/21, NJW 2022, 3003 Rn. 28).

c) Die Beschlussersetzungsklage ist im Hilfsantrag auch begründet.
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass Beschlüsse mit lediglich deklaratorischer
Natur unbedenklich sind, wenn sie eine klarstellende Funktion
haben und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lassen (vgl. Senat, Urteil
vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 13; Urteil vom 28. Oktober
2016 - V ZR 91/16, NJW 2017, 1167 Rn. 16; Urteil vom 16. September 2022
- V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 15). Besteht ein Bedürfnis für eine solche Klarstellung,
kann ein entsprechender Beschluss mit einer Beschlussersetzungsklage
gerichtlich erzwungen werden. Dies richtet sich nach den Umständen des
Einzelfalls.

bb) Solche Umstände sind hier gegeben. Für den Kläger besteht ein Bedürfnis,
den zu TOP 5 gefassten Beschluss vom 31. Januar 2017 teilweise dahingehend
klarstellen zu lassen, dass die zu erneuernde Terrassentür ebenerdig
und von außen abschließbar sein soll, weil das der Rechtslage entspricht und
über die Auslegung des Beschlusses Streit besteht. Zweifel an der Rechtslage
kommen durch einen deklaratorischen Beschluss mit diesem Inhalt nicht auf.

d) Das den Wohnungseigentümern zustehende Ermessen bei der Beschlussfassung
ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nach alledem dahingehend
auszuüben, dass der Inhalt des in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar
2017 zu TOP 5 gefassten Beschlusses, soweit die Unklarheit besteht, klarstellend
festgestellt wird (zur Ermessensausübung des Gerichts gemäß § 21
Abs. 8 WEG aF vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013,
2271 Rn. 23 mwN; Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181
Rn. 19). Eine solche Klarstellung hat der Senat hier vorgenommen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die unterschiedlichen Kostenquoten für die erste Instanz und für die Rechtsmit-
telinstanzen beruhen darauf, dass die Streitwerte und damit auch das Obsiegen
und Unterliegen der Parteien unterschiedlich sind.
-

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

16.12.2022

Aktenzeichen:

V ZR 263/21

Rechtsgebiete:

Verein
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG § 18 Abs. 1