Auslegung von Auflassungs- und Bewilligungserklärung ersetzenden Titeln
letzte Aktualisierung: 21.02.2020
OLG München, Beschl. v. 8.1.2020 – 34 Wx 425/17
Auslegung von Auflassungs- und Bewilligungserklärung ersetzenden Titeln
Zur Auslegung eines eine Auflassungs- und Bewilligungserklärung ersetzenden Titels.
Gründe
I.
Im Grundbuch ist noch die …, eine Bauträgerin, als Eigentümerin von Wohnungseigentum eingetragen. Mit
notariellem Bauträgervertrag vom 17.8.2012 hatte der Beteiligte die damals noch zu errichtende Wohnung
Nr. 14 erworben. Die Wohnung war in dem Vertrag beschrieben als im Grundbuch Blatt x eingetragen und
verbunden mit einem 68,80/1000 Miteigentumsanteil. Dem Beteiligten war insofern eine
Eigentumsvormerkung bewilligt. Zudem hatte er am 25.9.2012 im eigenen Namen und in Vollmacht der
Bauträgerin eine Grundschuld an dem ebenso beschriebenen Grundbesitz bewilligt. Den Urkunden war
jeweils eine Feststellung des Notars vom 15.1.2013 beigeheftet, wonach der Miteigentumsanteil 87,81/1000
betrage. Die Auflassungsvormerkung und die Grundschuld wurden vom Grundbuchamt in dem nach
Aufteilung gebildeten Grundbuchblatt y am 28.1.2013 eingetragen.
Im Jahr 2015 erhob der Beteiligte Klage gegen die Bauträgerin. Im Endurteil vom 29.6.2016 wurde die
Bauträgerin wie folgt verurteilt: …
…, einen Miteigentumsanteil von 68,80/1000 (in Worten: achtundsechzig Komma achtzig Tausendstel) an
dem Grundstück Gemarkung …, Flurstück Nummer …/…, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …,
Blatt x, … (… Gebäude- und Freifläche, Größe 365 m²), verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen
Räumen an der im Aufteilungsplan mit Nummer 14 bezeichneten Wohnung samt Keller, sowie einen
Miteigentumsanteil von … an den Kläger aufzulassen und die Eintragung des Klägers als Eigentümer im
Grundbuch zu bewilligen.
Der Beteiligte hat zu notarieller Urkunde vom 25.7.2017 als Erwerber für sich selbst im eigenen Namen und
zugleich aufgrund des in vollstreckbarer Ausfertigung vorgelegten und der Urkunde in beglaubigter Abschrift
beigefügten Urteils für die … die Auflassung erklärt, die Eintragung der Auflassung im Grundbuch bewilligt
und im Namen das Erwerbers beantragt. Der verkaufte Vertragsgegenstand ist in Ziffer I. Vorbemerkung -
soweit hier noch von Bedeutung - wie folgt beschrieben:
a) Wohnung
Im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Blatt y ist eingetragen Gemarkung …
lfd. Nr. 1 87,81/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück
Flst. Nr. …/… …
365m² Gebäude- und Freifläche verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung mit Keller und Balkon
Nr. 14 lt. Aufteilungsplan.
…
Unter dem 26.7.2017 hat der beurkundende Notar namens des Beteiligten
den Vollzug der Auflassung beantragt.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 28.7.2017 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, es seien in dem
vorgelegten Endurteil des Landgerichts sowohl die Miteigentumsanteile wie auch die Blattstelle der
gegenständlichen Wohnung Nr. 14 falsch bezeichnet. Richtig sei ein Miteigentumsanteil von 87,81/1000 und
die richtige Blattstelle sei Blatt y. Es sei somit ein entsprechendes berichtigtes Endurteil vorzulegen. Als
weiteres Hindernis wurde eine Falschbezeichnung einer Flurnummer betreffend die Tiefgarageneinheit
aufgezeigt.
Mit Schriftsatz vom 2.8.2017 hat der anwaltlich vertretene Beteiligte vorgetragen, zwischen den Parteien sei
völlig unstreitig, dass es sich sowohl bei der titulierten Eigentumswohnung als auch bei dem titulierten
Tiefgaragenstellplatz um diejenigen handle, welche der Beteiligte von der … erworben habe und hinsichtlich
derer die … rechtskräftig verurteilt sei, die entsprechende Auflassung zu erklären und die entsprechenden
Eintragungen zu bewilligen. Gemäß
abgegeben. Bei Willenserklärungen gelte das Prinzip „Falsa demonstratio non nocet“. Dies bedeute, dass -
eine hier ohnehin äußerst geringfügige - Falschbezeichnung bei Willenserklärungen bzw. deren Auslegung
nicht schade, sondern entscheidend sei, was tatsächlich erklärt und damit gewollt sei. Das sei eindeutig die
titulierte - und damit eben entsprechend erklärte - Auflassung der an den Beteiligten verkauften Wohnung
sowie des Tiefgaragenstellplatzes. Aus dem notariellen Kaufvertrag ergebe sich die Kongruenz zum
landgerichtlichen Urteil in aller Deutlichkeit. Die nachträgliche Änderung des Miteigentumsanteils, welche auf
einer nachträglichen Änderung der Teilungserklärung beruhe, habe an der verkauften Wohnung bzw. an der
entsprechend titulierten Auflassungsverpflichtung nichts geändert. Eine mit Schriftsatz vom 17.5.2017
beantragte entsprechende Tenorberichtigung beim Landgericht sei telefonisch dahingehend beantwortet
worden, dass hier keine Fallkonstellation zu sehen sei, die eine solche Berichtigung rechtfertigen würde.
Mit Schreiben vom 3.8.2017 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, dass an der Zwischenverfügung festgehalten
werde. Bereits bei Eintragung der Vormerkung für den Beteiligten seien die Miteigentumsanteile im
Grundbuch Blatt y mit 87,81/1000 bezeichnet. Warum Jahre später bei Klageerhebung vor dem Landgericht
sowohl die falschen Miteigentumsanteile als auch die falsche Blattnummer angegeben worden seien, könne
vom Grundbuchamt nicht nachvollzogen werden. Es sei für das Grundbuchamt kein Grund ersichtlich,
warum das landgerichtliche Urteil insoweit nicht berichtigt werden könne. Da die korrekte Bezeichnung für
den Vollzug der Auflassung unerlässlich sei, werde auf Berichtigung des Urteils bestanden, ansonsten der
Antrag zurückgewiesen werde.
Nach weiterem Schriftverkehr zwischen dem Grundbuchamt und dem Verfahrensbevollmächtigten des
Beteiligten erfolgte, nach Berichtigung der in der Auflassungsurkunde falsch bezeichneten Flst. Nr.
betreffend den Tiefgaragenstellplatz gemäß
Eintragung der Auflassung diesbezüglich.
Mit Beschluss vom selben Tag hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen, da die mit
der Zwischenverfügung aufgezeigten Hindernisse im übrigen nicht beseitigt worden seien.
Mit Schriftsatz vom 4.12.2017 hat der Beteiligte über seine Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen
den Beschluss des Grundbuchamts eingelegt mit dem Antrag, das Grundbuchamt anzuweisen, den
Eintragungsantrag nicht wegen falscher Bezeichnung des aufgelassenen Wohnungseigentums
zurückzuweisen. Zur Begründung werden im Wesentlichen die bereits im Eintragungsverfahren vor dem
Grundbuchamt vorgebrachten Argumente wiederholt. Zudem hat er u.a. eine Nachtragsurkunde vom
5.11.2012 mit Anlage vorgelegt, aus der sich ergibt, dass Wohnungseigentum mit einem 68,80/1000
Miteigentumsanteil in dem gesamten Wohnungseigentum nicht gebildet wurde.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II.
Die nach
i.V.m.
eingelegt.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, da die nach
Bewilligungserklärung der … nach entsprechender Auslegung das streitgegenständliche Wohnungseigentum
erfasst.
1. Beantragt hat der Notar in Ausübung der Vollzugsvollmacht unter Bezugnahme auf die Urkunde vom
25.7.2016 - soweit hier noch von Belang - den Vollzug der Auflassung von einem 87,81/1000
Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst. Nr. …/…, eingetragen auf Blatt y verbunden mit dem
Sondereigentum an der Wohnung mit Keller und Balkon Nr. 14 lt. Aufteilungsplan. Der die Willenserklärung
der … ersetzende Titel benennt einen Miteigentumsanteil von 68,80/1000 an dem Grundstück Flst. Nr. …/…,
eingetragen auf Blatt x verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen an der im
Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichneten Wohnung
2. Die entsprechenden Auflassungen sowie eine wirksame Eintragungsbewilligung liegen in der
grundbuchrechtlich notwendigen Eindeutigkeit vor.
Das Grundbuchamt prüft nur, ob die Voraussetzungen des Eigentumsübergangs, nämlich die Auflassung
und die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen mit dem zweifelsfrei bezeichneten
Vertragsgegenstand (vgl.
Urkunden nachgewiesen sind (
a) Im Falle der Auflassung von Wohnungseigentum darf die Grundbucheintragung nur vorgenommen
werden, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist (
wie im vorliegenden Fall, der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, gilt diese als
abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat (
seinerseits unter Vorlage der Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils vor einem Notar die Erklärung
abzugeben (Demharter GBO 31. Aufl. § 20 Rn. 24; Hügel/Hügel GBO 3. Aufl. § 20 Rn. 44), so dass die nach
der andere Teil unter Vorlegung des Urteils seine Erklärung formgerecht abgibt (
erfordert übereinstimmende, unmittelbar auf Rechtsänderung gerichtete Erklärungen beider Seiten, ohne
dass es bestimmter Ausdrücke bedarf (Demharter § 20 Rn. 31). Die jeweiligen Erklärungen sind
auslegungsfähig (vgl.
beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter
Eintragungsunterlagen, Grenzen gesetzt (vgl.
344). Nach
verfahrensrechtlichen Nachweis der Einigung gemäß
341/11 = NJOZ 2012, 608 m. w. N.), ist dabei das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder
durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Andere als diese beiden Arten der Bezeichnung lässt
Grundstücks übereinstimmend mit dem Grundbuch ist nicht die Angabe aller in
Abs. 3 - 5 GBV genannten Kennzeichen notwendig; es genügt die Angabe von Gemarkung, Kartenblatt und
Flurstücknummer (Hügel/Wilsch § 28 Rn. 17; Demharter § 28 Rn. 12). Die zusätzliche Angabe einer
unrichtigen Grundstücksgröße ist unschädlich, sofern Zweifel an der Grundstücksidentität ausgeschlossen
sind (Demharter § 28 Rn. 12). Beim Wohnungsund Teileigentum ist grundsätzlich Voraussetzung, dass der
Miteigentumsanteil, das Grundstück (Flurnummer und Beschrieb) und das mit dem Miteigentumsanteil
verbundene Sondereigentum an bestimmten Räumen angegeben wird (Hügel/Wilsch § 28 Rn. 42). In dem
Hinweis auf das Grundbuchblatt sind anzugeben das das Grundbuch führende Amtsgericht, der
Grundbuchbezirk sowie die Blattnummer. Zudem ist gegebenenfalls die laufende Nummer des Grundstücks
im Bestandsverzeichnis mit aufzunehmen oder es ist durch Angabe seiner Kennzeichen gemäß
bezeichnen (Demharter § 28 Rn. 13).
aa) Ist das Grundbuchblatt falsch bezeichnet ist die Auflassung nach
ob darin das richtige Grundbuchblatt übereinstimmend gemeint war. Es finden nämlich die allgemeinen
Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) auch dann Anwendung,
wenn die Beteiligten den Gegenstand der Auflassung versehentlich falsch bezeichnen. Die Auflassung ist
dann hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende Wille erstreckte, während
für den durch die Erklärungen äußerlich umschriebenen Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es
insoweit aber in Wirklichkeit an einer Auflassung fehlt (
194; OLG Nürnberg,
925 Rdn. 23). Nach
geäußerte - Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (BGH
Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung
festgestellt und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt
dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne dass es auf Weiteres ankommt (BGH
Haben die Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche
Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (BGH
ersetzt wird. Denn auch der Inhalt einer durch Urteil abzugebenden Willenserklärung ist durch Auslegung zu
ermitteln (BGH
gelten als bei einer durch einen Beteiligten selbst abgegebenen ungenauen oder unzutreffenden Erklärung.
In diesem Fall ist von einer übereinstimmenden Erklärung dann auszugehen, wenn das im Urteil bezeichnete
Grundstück trotz der falschen Bezeichnung eindeutig zuordenbar ist.
bb) Das ist hier der Fall. Übereinstimmend ist in dem die Auflassungserklärung der … ersetzenden Titel und
in der notariellen Urkunde die FlNr. …/… richtig benannt. Zwar ist die Größe des Miteigentumsanteils - wie
schon ursprünglich im notariellen Kaufvertrag - unzutreffend angegeben. Dies ist jedoch unschädlich, weil es
eine eindeutige Zuordnung des Wohnungseigentums nicht hindert. Denn mit notarieller Feststellung vom
15.1.2012, die sich in den Grundakten befindet, wurde die Größe des Miteigentumsanteils berichtigt und es
erfolgten die Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Grundschuldbestellung. Zudem ist, was sich
aus der vom Beteiligten vorgelegten Nachtragsurkunde vom 5.11.2012 ergibt, ein Miteigentumsanteil von
68,80/1000 nicht vorhanden. Was die Angabe der falschen Blattnummer betrifft, ist festzustellen, dass von
Blatt x nach Teilung gemäß
Grundbuch Blatt x ist folglich das beschriebene Wohnungseigentum nicht mehr vermerkt. Dies ergibt sich
auch eindeutig aus der Grundakte Blatt y, in der der Kaufvertrag und die darin bewilligte Vormerkung sich
zunächst auf Bl. x bezog. Selbst wenn noch Zweifel wären, ist auf Bl. y die Wohnung Nr. 14 eingetragen, auf
die sich das Urteil und der zugrundeliegende Kaufvertrag beziehen.
b) Auch die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen - relevant ist insoweit nur der Nachweis der
Eintragungsbewilligung - liegen vor. Gemäß
dessen Recht betroffen ist, sie bewilligt. Denn nach allgemeiner Meinung ersetzt die Auflassung nicht die
Bewilligung (Hügel/Holzer § 19 Rn. 12). Bewilligen muss derjenige, der im Zeitpunkt der Eintragung Inhaber
des betroffenen Rechts ist. Ist, wie vorliegend, der Schuldner durch Urteil verpflichtet, die Eintragung zu
bewilligen, tritt das Urteil mit Rechtskraft an die Stelle der Bewilligung (BGH
1992, 840; Hügel/Holzer § 19 Rn. 35; Demharter § 28 Rn. 3). Das Urteil muss dieselben Anforderungen
erfüllen wie die Eintragungsbewilligung, die gemäß
Hügel/Holzer § 19 Rn. 48). Zwar wird nach dem Wortlaut des Titels die Eintragung eines Miteigentumsanteils
von 68,80/1000 an dem Flurstück Nr. … /…, eingetragen auf Blatt x, bewilligt. Insoweit gelten jedoch die
gleichen Auslegungsgrundsätze wie oben unter 2. a) aa) dargelegt. Die Eintragungsbewilligung genügt
demzufolge nach entsprechender Auslegung ebenfalls den Vorgaben des
Ordnungsvorschrift den Zweck verfolgt, durch Vermeidung unrichtiger Eintragungen die Sicherheit im
Grundstücksverkehr zu gewährleisten und die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Nach
grundsätzlich, wenn das Rechtsmittel mit Erfolg eingelegt ist.
Erlass des Beschlusses (
Übergabe an die Geschäftsstelle am 08.01.2020.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:08.01.2020
Aktenzeichen:34 Wx 425/17
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 133; GBO §§ 19, 20, 28; ZPO § 894