Grundbuchrechtliche Behandlung eines Leibgedings; keine Umdeutung des Löschungserleichterungsvermerks in Löschungsvollmacht
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Dokumentnummer: 34wx131_12
letzte Aktualisierung: 17.4.2013
OLG München , 10.8.2013 - 34 Wx 131/12
Grundbuchrechtliche Behandlung eines Leibgedings; keine Umdeutung des
Löschungserleichterungsvermerks in Löschungsvollmacht
1. Zur grundbuchrechtlichen Behandlung eines Leibgedings, wenn nach dem Tod der berechtigten
Eheleute nur noch etwaige sonst nicht abgedeckte "Kosten einer standesgemäßen Bestattung und
der Gottesdienste hiezu" durch Reallast abgesichert sind.
2. Jedenfalls für Rechte, die überhaupt erst nach dem Tod des Berechtigten zum Tragen
kommen, ist daran festzuhalten, dass ein (unzulässiger) Löschungserleichterungsvermerk
grundsätzlich nicht in eine Löschungsvollmacht für den Eigentümer umgedeutet werden kann
(insoweit Bestätigung von
=
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind in Gütergemeinschaft Eigentümer von Grundbesitz. In der
Zweiten Abteilung des Grundbuchs war unter Nr. 3 folgende Belastung eingetragen:
Leibgeding für K. Stefan, ... und Ehefrau Therese, ... in Gütergemeinschaft; löschbar bei
Todesnachweis; gemäß Bewilligung vom 26.10.1981.
Die Berechtigten des Leibgedings sind am 8.11.2010 und am 1.4.2011 verstorben. Auf den
Antrag, das Recht teilweise zu löschen, hat das Grundbuchamt am 11.11.2011 bei dem Recht
vermerkt, dass es nur noch hinsichtlich der Reallast für Bestattungskosten (samt
Gottesdiensten) besteht.
Die Beteiligten haben nunmehr die (Gesamt-) Löschung dieses Rechts beantragt. Mit
Beschluss vom 2.4.2012 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt,
eine Amtslöschung in Form einer (Voll-) Löschung der Reallast komme nicht Betracht. Die
Bestellung des noch verbliebenen Rechts in Form der Reallast als Teil eines Leibgedings sei
nicht unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften eingetragen worden. Das Recht habe nach
der Teillöschung nach wie vor als Einzelrecht Bestand. Die im Grundbuch eingetragene
Vorlöschungsklausel sei hinsichtlich der noch bestehenden Rechte irreführend. Gegebenenfalls
bedürfe es eines Klarstellungsvermerks. Jedoch seien Gründe, einen Amtswiderspruch
einzutragen, insoweit nicht ersichtlich. Die Vorlöschungsklausel habe sich nicht auf die nun
vorgetragenen Reallasten bezogen; sie sei mit der Löschung der übrigen Rechte des
Leibgedings im Jahr 2011 gegenstandslos geworden. Zutreffend sei, dass eine
Vorlöschungsklausel bei Rechten, die erst mit dem Todesfall entstehen, nach heutigem
Verständnis unzulässig sei. Es könne indessen nicht festgestellt werden, dass die bewilligenden
Parteien im Jahr 1981 eine Eintragung des Rechts auch ohne die Vorlöschungsklausel gewollt
hätten. Aus der genannten Urkunde lasse sich auch kein eindeutiger Wille der damals
Beteiligten erkennen. Ob und in welchem Umfang die Frage der Zulässigkeit einer
Vorlöschungsklausel bei der seinerzeitigen Beurkundung überhaupt von Bedeutung gewesen
war, lasse sich heute nicht mehr feststellen. Es sei auch zweifelhaft, ob die Bewilligung einer
Vorlöschungsklausel in eine Vollmacht zur Löschung bei Nachweis des Todesfalles
umgedeutet werden könne. Denn der Wille der Beteiligten sei nicht eindeutig feststellbar. Eine
Löschung aufgrund der Sterbenachweises scheide demnach aus.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 10.4.2012, der das Grundbuchamt
nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde beanstandet die (noch) vorhandene Eintragung der Belastung in formeller wie
in materieller Hinsicht.
a) Eingetragen gewesen sei ein Leibgeding, löschbar bei Todesnachweis. Der Todesnachweis
sei erbracht worden, das Leibgeding indes nicht (vollständig) gelöscht. Auch jetzt sei im
Grundbuch noch verlautbart, dass das Recht "löschbar bei Todesnachweis" sei. Das Grundbuch
sei dazu bestimmt, klar und übersichtlich über den dinglichen Rechtszustand an Grundstücken
Auskunft zu geben. Wenn das Grundbuchamt hier "alles beim Alten" lasse, missachte es diese
Prinzipien. Mindestens hätte es im Jahr 2011 auch die Vorlöschungsklausel röten müssen.
b) Das Grundbuchamt könne sich für seine Untätigkeit nicht darauf berufen, dass die
Eintragung der Vorlöschungsklausel mit der früheren Rechtspraxis konform gegangen sei.
Hieraus sei insbesondere nicht abzuleiten, das Grundbuch sei so zu belassen, wie es ist.
Gottesdiensten)" um eine (einzige) Reallast oder um zwei Rechte handele.
Entscheidungserheblich sei, ob ein Einzelrecht überhaupt bestehen könne; denn eine einmalige
Leistung könne nicht Gegenstand einer Reallast sein. Verlautbart werde nun aber eine Reallast
zur Sicherung einer einmaligen Leistung, was nicht zulässig sei.
d) Ausweislich der Eintragungsbewilligung handele es sich auch nur um "die Gottesdienste
hiezu", d.h. im Zusammenhang mit der standesgemäßen Bestattung, also typischerweise
einmalige Leistungen.
e) Einmalige Leistungen könnten zwar nicht Inhalt, wohl aber Nebenleistungen zu
reallastgesicherten Hauptleistungen sein. Nach der erfolgten "Teillöschung" wie nach dem
ausdrücklichen Wortlaut im Grundbuch hätten die noch vermerkten Rechte aber nicht als
selbständiges Einzelrecht Bestand. Auch als Nebenleistung sei die Eintragung unzulässig, weil
insoweit der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz missachtet, nämlich die mögliche
Höchstbelastung nicht erkennbar werde. Das gelte sowohl dafür, was unter einer
"standesgemäßen Bestattung" zu verstehen sei, als auch dafür, was unter" Gottesdienste"
erfasst sei.
f) Die Kosten der Gottesdienste und die Kosten der Bestattung könnten auch nicht
nebeneinander Nebenleistung und reallastfähig sein.
g) Das Grundbuchamt habe auch nicht die Frage geprüft, ob die Reallast mit der Nebenleistung
überhaupt nach dem Willen der Beteiligten vererblich sein solle.
h) Das Grundbuchamt habe schließlich nicht die seinerzeitige Bewilligung, wenn auch nur mit
den eingeschränkten Möglichkeiten des Grundbuchverfahrens, ausgelegt. Andernfalls hätte es
erkennen müssen, dass zur Löschung des (gesamten) Rechts der Todesnachweis genüge. Die
unzulässige Vorlöschungsklausel lasse sich in eine Löschungsvollmacht für den
Grundstückseigentümer umdeuten. Hinzu komme, dass die Eintragungsbewilligung, soweit sie
die Kosten der standesgemäßen Bestattung und der Gottesdienste betreffe, gar nicht Inhalt des
Leibgedings geworden sei, eben weil - nach entsprechender Auslegung - die Beteiligten nur
auf die eintragungsfähigen Textteile hätten Bezug nehmen wollen.
II.
Die namens aller Beteiligten erhobene Beschwerde gegen die Versagung der beantragten
Löschung (
Erfolg.
1. Die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts erfordert nach der Grundnorm des
Grundbuchs erloschen, so kann es auch gelöscht werden, wenn die Unrichtigkeit des
Grundbuchs nachgewiesen wird (
des Berechtigten beschränkt, aber bei denen Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen
sind, gilt die Sonderregelung des
Rechtsnachfolgers bedarf es gemäß Abs. 2 dann nicht, wenn im Grundbuch eingetragen ist,
dass das für die Löschung des Rechts der Nachweis des Todes genügen soll.
Soweit Leibgedingsverträge auch (Teil-) Leistungen umfassen, die erst nach dem Tod des
Berechtigten fällig werden, wie etwa Bestattungskosten, kann das Recht vererblich sein
(BayObLG
das Zusammenspiel von § 23 Abs. 2 mit
BayObLG
Glaube des Grundbuchs auf die - nach wie vor eingetragene - Löschungserleichterung nicht
erstreckt (BayObLG
Beteiligten bei der Eintragung vom 11.11.2011 klarstellend zu vermerken (Demharter § 53 Rn.
7), dass sich die Löschungserleichterung hierauf nicht bezieht.
Zulässig war die Vorlöschungsklausel hingegen, soweit sie solche dem Leibgeding
zugehörigen Rechte wie etwa das Wohnungsrecht (
erfasst, die auf die Lebenszeit der Berechtigten beschränkt sind und dort Rückstände von
Leistungen in Betracht kommen (vgl. Meikel/Böhringer GBO 10. Aufl. § 49 Rn. 128).
2. Im Übrigen teilt der Senat die gegen die noch vorhandene Eintragung vorgebrachten
Bedenken nicht.
a) Es trifft zwar zu, dass die Reallast wesensmäßig wiederkehrende - nicht nur einmalige Leistungen zum Gegenstand hat (siehe
langem anerkannt, dass ausnahmsweise auch einmalige Leistungen in die im Rahmen des
Altenteils vereinbarte Reallast einbezogen werden können, wenn sie innerhalb eines
Gesamtbereichs wiederkehrender Leistungen liegen, innerlich zu einem Leibgedinge gehören,
dieses ergänzen und nur ihrer Natur nach einmalig sind (siehe KGJ 1, 439/442; BayObLG
DNotZ 1970 415; OLG Hamm
Rn. 5). Dies ergibt sich zudem aus
Bayern Art. 16 Rn. 12).
Auch als noch vom umfassenderen Leibgeding verbliebene - eine - Reallast ist die Eintragung
nicht unzulässig, weil sie sich als Veränderung des ursprünglichen Rechts darstellt und in
dessen Kontext ihren - nachvollziehbaren - Sinn ergibt, insbesondere keine Verwirrung
besorgen lässt.
b) Der Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchs wird duch die Eintragung gewahrt. Die
Eintragungsbewilligung spricht von den Kosten einer "standesgemäßen" Bestattung. Insoweit
entsprach der Wortlaut der Vereinbarung der damals geltenden gesetzlichen Regelung in §
1968 BGB. Die Streichung des Worts "standesgemäß" (mit Wirkung ab 1.1.1999) brachte
keine inhaltliche Änderung, so dass auch heute noch gilt, dass der Verpflichtete die Kosten zu
tragen hat, die an der Ausrichtung der Lebensstellung des (der) Verstorbenen orientiert sind
(Joachim in Burandt/Rojahn Erbrecht
außerhalb der Bewilligung liegende Umstände hier herangezogen werden können (vgl.
Demharter Anhang zu § 44 Rn. 75 m.w.N.). Weitergehende Anforderungen sind auch im
Hinblick nachrangig Berechtigter nicht zu stellen. Die Bewilligung präzisiert die Verpflichtung
zur Tragung der Bestattungskosten noch dahin, dass die Gottesdienste "hiezu" umfasst sind,
also nur solche, die im unmittelbaren (zeitlichen) Zusammenhang mit den jeweiligen
Beerdigungen stehen.
c) Das bestellte Leibgeding umfasst die Beerdigungskosten. In diesem Fall liegt es trotz der
Möglichkeit, durch Auslegung nach
(siehe Demharter § 23 Rn. 26 und OLG Hamm
Vererblichkeit auszugehen (BayObLG
14. Aufl. Rn. 1344; Hügel/Reetz GBO 2. Aufl. § 49 Rn. 19). Denn andernfalls wären derartige
Kosten dinglich nicht hinreichend abgesichert. Dass dies hier anders sein sollte, ist nicht
ersichtlich. Die Bewilligung des Löschungserleichterungsvermerks allein ist dafür nicht
aussagekräftig; denn dieser gewährt nur eine formelle Erleichterung, lässt aber den materiellen
Rechtsinhalt unberührt (Demharter § 23 Rn. 24).
kommt die Umdeutung eines (unzulässigen) Löschungserleichterungsvermerks in eine
Löschungsvollmacht für den Eigentümer grundsätzlich nicht in Betracht (BayObLGZ 1997,
121; 1998, 250; zustimmend Meikel/Böttcher §§ 23, 24 Rn. 57; Hügel/Wilsch § 23 Rn. 43;
a.A. Amann
Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 1344, 1344a m.w.N.). Der Senat hat dies in einer jüngeren
Entscheidung, die eine unzulässige Vorlöschungsklausel für eine Vormerkung betraf (siehe
Beschluss vom 8.4.2010, 34 Wx 021/10 bei juris), in Frage gestellt. Für Rechte, die überhaupt
erst nach dem Tod des Berechtigten zum Tragen kommen, hält der Senat an der
Rechtsmeinung des Bayerischen Obersten Landesgerichts jedoch auch für den
gegenständlichen Fall fest (differenzierend insoweit auch Amann
ist, jedenfalls mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens, regelmäßig nicht feststellbar, dass der
Berechtigte eine Vollmacht gerade dafür erteilen will, den Teil des Rechts zu einem Zeitpunkt
löschen zu lassen, in dem es erst zum Tragen kommen soll und für den Rechtsnachfolger des
Berechtigten Bedeutung erlangen kann (
postmortale Leistung gar nicht erst dinglich abzusichern (siehe Schöner/Stöber Rn. 1344a bei
FN 49). Ob die Berechtigten im Zusammenhang mit der Bestellung des Rechts die notarielle
Urkunde in Kenntnis der Vorlöschungsklausel unterzeichneten oder gar noch eine - nicht
notwendige - Bewilligungserklärung abgaben, kann dabei im Allgemeinen keine Rolle spielen.
Sonstige Hinweise auf einen eindeutigen Willen der damaligen Beteiligten über den
niedergelegten Urkundeninhalt hinaus fehlen.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht
wegen fehlender sonstiger Anhaltspunkte zum noch vorhandenen Wert der Reallast auf § 131
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4,
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben (vgl. § 87
Abs. 2 GBO). Insbesondere kommt der (Einzel-) Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:10.08.2012
Aktenzeichen:34 Wx 131/12
Rechtsgebiete:
Erbenhaftung
Grundbuchrecht
Reallast
BGB §§ 133, 1105, 1968; GBO §§ 19, 22, 23, 49