Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen in Duplexparkern und auf Parkpalettensystemen
letzte Aktualisierung: 23.4.2024
BGH, Beschl. v. 7.3.2024 – V ZB 46/23
Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen in Duplexparkern und auf Parkpalettensystemen
1. Weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage („Duplexparker“) noch der
einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem („Palettenparker“) ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG
aF sondereigentumsfähig.
2. Nach der Neuregelung für Stellplätze in
Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten
sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen
Gebrauch fest zugewiesen wird.
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
(GdWE) und in den im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchblättern
als Sondereigentümer eingetragen. Zu der Wohnanlage gehört eine
Tiefgarage. Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums
wird im Grundbuch auf die Eintragungsbewilligung vom 6. Juni 1996 Bezug genommen,
die Bestandteil der Teilungserklärung mit gleichem Datum ist. Auf den
Blättern 12833N bis 12850N ist Sondereigentum an 18 Tiefgaragenstellplätzen
mit den Nummern 89 bis 106 gebucht. Wörtlich heißt es beispielsweise zu der
Einheit mit der Nummer 89: „… verbunden mit dem Sondereigentum an dem Kfz-
Einstellplatz Nr. 89, gelegen in der Tiefgarage“. Entsprechende Eintragungen finden
sich auch für die Stellplätze mit den Nummern 90 bis 106. Die Stellplätze
sind ausweislich des in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Aufteilungsplans
auf einem auf Laufschienen gelagerten, horizontal verschiebbaren
Palettensystem eingerichtet, um die Zufahrt zu den dahinter liegenden Stellplätzen
zu ermöglichen. In dem Aufteilungsplan ist ein Rechteck mit den jeweiligen
Nummern 89 bis 106 eingezeichnet und in der Mitte des Plans zusätzlich vermerkt:
„52 Stellplätze, davon 18 Palettenparker (Fa. z.B. W. Parkplatte P 501)“
und an anderer Stelle: „Parkpalette 2,14 x 5,00“.
Die Beteiligten sind der Auffassung, dass die - sanierungsbedürftigen -
Palettenstellplätze abweichend von der Regelung in der Teilungserklärung niemals
sondereigentumsfähig gewesen seien und dass deshalb die Miteigentumsanteile,
die nach der Teilungserklärung mit dem Sondereigentum an den
Palettenstellplätzen verbunden sein sollen, tatsächlich nur „isolierte Miteigentumsanteile“
seien. Vor diesem Hintergrund haben sie durch notarielle Urkunde
vom 19. Dezember 2019 „klarstellend“ einen entsprechenden Nachtrag zur
Teilungserklärung vereinbart und die Vereinigung der „isolierten Miteigentumsanteile“
mit dem jeweiligen Wohnungseigentum des für den jeweiligen Stellplatz
eingetragenen Teileigentümers erklärt. Zusätzlich sollen an den tatsächlich im
Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen wegen einer Neuordnung der Stellplätze
neun Sondernutzungsrechte begründet werden. Unter dem 12. Januar
2021 haben sie beantragt, die Erklärungen bzw. Vereinbarungen aus der
Urkunde vom 19. Dezember 2019 in das Grundbuch einzutragen.
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen
gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat vor dem Kammergericht keinen
Erfolg gehabt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten
ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag
zu Recht zurückgewiesen, weil dieser auf die Eintragung nicht eintragungsfähiger
Rechte gerichtet sei. Entgegen der Auffassung der Antragsteller
seien keine isolierten Miteigentumsanteile entstanden. Vielmehr stünden die
Stellplätze Nr. 89 bis 106 im Sondereigentum. Die Begründung von Sondereigentum
an diesen Tiefgaragenstellplätzen verstoße nicht gegen zwingende gesetzliche
Vorschriften. § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG aF, der hier noch anwendbar sei,
ordne an, dass Garageneinstellplätze als abgeschlossene Räume gälten, wenn
ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich seien. Der Gegenstand
des Sondereigentums sei allein nach der Grundbucheintragung zu bestimmen.
Hierzu gehöre wegen der Bezugnahme (
auch die Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan. Für einen unbefangenen Betrachter
sei aufgrund der in Bezug genommenen Bewilligung vom 6. Juni 1996
Sondereigentum an einem unbeweglichen (fiktiven) Raum geschaffen worden,
dessen gleichbleibende Stellplatzfläche durch das mit der jeweiligen Nummer der
Stellplätze versehene Rechteck bestimmt worden sei. Aus den im Aufteilungsplan
enthaltenen Hinweisen auf verschiedene Bleche und in die Bodenplatte einzulegende
Laufschienen folge nichts anderes, da die bauliche Ausgestaltung des
Stellplatzes nicht Gegenstand der Eintragung im Grundbuch sei.
Selbst wenn sich jedoch aus der Lage der Stellplätze und sonstigen Umständen
ergäbe, dass diese mit einem Palettensystem auszustatten seien, seien
sie sondereigentumsfähig. Für einzelne Stellplätze innerhalb einer Doppelstockgarage
werde die Sondereigentumsfähigkeit zwar teilweise verneint, weil ein Mittelbereich
abwechselnd von beiden Parkern in Anspruch genommen werde. Hier
werde der gekennzeichnete (fiktive) Raum über dem Rechteck vom Boden bis
zur Decke aber unmissverständlich einem Sondereigentum zugeordnet; es gehe
lediglich um eine horizontale Verschiebung des Fahrzeugs, die nach dem Parkvorgang
Dritter rückgängig gemacht werden könne. Das Recht Dritter, ein
Sondereigentum zu durchqueren, sei für die Abgeschlossenheit ohne Bedeutung.
Aus den Anmerkungen des planenden Architekten ergebe sich jedenfalls
nicht, dass der im Sondereigentum stehende Bereich variabel sei und sich jeweils
mit den Parkpaletten verschieben solle.
III.
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m.
§ 71 FamFG auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Mit
der von dem Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann der Eintragungsantrag
nicht abgelehnt werden.
1. Der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts ist allerdings
zutreffend. Ist an den Tiefgaragenstellplätzen mit den Nummern 89 bis 106 wirksam
Sondereigentum begründet worden, scheidet die Entstehung von „isolierten
Miteigentumsanteilen“ (vgl. zu dieser Möglichkeit Senat, Beschluss vom 5. Dezember
2003 - V ZR 447/01,
anderen Miteigentumsanteilen von vornherein aus. Ebensowenig kommt dann
die Begründung von Sondernutzungsrechten in Betracht, da solche Rechte nur
am Gemeinschaftseigentum bestehen können (vgl. Senat, Beschluss vom
20. Februar 2014 - V ZB 116/13,
auf eine entsprechende Eintragung gerichtete Antrag zurückzuweisen.
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist aber an den Stellplätzen
kein Sondereigentum begründet worden. Dies gilt unabhängig davon, ob
nach dem Inhalt des Grundbuchs Sondereigentum an Stellplatzflächen auf dem
Boden der Tiefgarage oder an Stellplatzflächen auf der Palette begründet werden
sollte.
a) Anwendbar ist noch das bisherige Recht, weil es sich bei der Frage, ob
im Zusammenhang mit der Teilung des Grundstücks im Jahr 1996 an den Stellplätzen
mit den Nummern 89 bis 106 Sondereigentum begründet worden ist, um
die Beurteilung eines abgeschlossenen Sachverhalts handelt (vgl. allgemein
Senat, Urteil vom 17. März 2023 - V ZR 140/22,
Das am 1. Dezember 2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
sieht nicht vor, dass die neuen Regelungen zur Sondereigentumsfähigkeit
von Stellplätzen (vgl.
bei der Beurteilung von in der Vergangenheit liegenden Vorgängen heranzuziehen
sind (vgl. zu dem Fehlen sondereigentumsbezogener Übergangsvorschriften
auch Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1742). Dass der Eintragungsantrag
der Beteiligten nach dem 1. Dezember 2020 gestellt worden ist, ändert
an der Maßgeblichkeit des bisherigen Rechts nichts, weil er an die Teilung
des Grundstücks im Jahr 1996 anknüpft.
b) Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass Sondereigentum an den
Bodenflächen begründet worden ist, die in dem Aufteilungsplan durch das mit der
jeweiligen Nummer der Stellplätze versehene Rechteck näher gekennzeichnet
sind. Diese Annahme ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
aa) Allerdings spricht auch nach Auffassung des Senats viel dafür, dass
sich, anders als die Rechtsbeschwerde meint, aus dem Grundbuch nicht entnehmen
lässt, dass Sondereigentum an Stellplätzen auf einer Palette begründet werden
sollte.
(1) Bei der Auslegung von Grundbucheintragungen, die der Senat in vollem
Umfang überprüfen kann, ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der
Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen,
wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung
des Eingetragenen ergeben (vgl. nur Senat, Urteil vom 20. November
2015 - V ZR 284/14,
auf den in der Eintragung gemäß
(entspricht
des Grundbuchinhaltes heranzuziehen.
(2) Hier wird in dem Eintragungsvermerk lediglich auf das Sondereigentum
an in der Tiefgarage gelegenen Kfz-Einstellplätzen verwiesen. Nächstliegend
sind damit Stellplätze an den Bodenflächen gemeint. Dass sich die Stellplätze
nicht auf dem Tiefgaragenboden befinden sollen, sondern auf einem Palettensystem,
ergibt sich aus der Eintragung nicht. Der Hinweis auf sog. Palettenparker
(nur) in dem Aufteilungsplan dürfte insoweit unzureichend sein, da die grundsätzliche
Bestimmung, worauf sich das Sondereigentum bei einem Stellplatz bezieht,
in dem Eintragungsvermerk selbst enthalten sein muss.
bb) Sollte hiernach Sondereigentum an den jeweiligen Bodenflächen der
Stellplätze Nr. 89 bis 106 begründet werden, wäre dies zwar unter dem Aspekt
der Raumeigenschaft nach
wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt. Es nimmt aber nicht in den Blick,
dass bei der von ihm vorgenommenen Auslegung des Grundbuchs die Begründung
von Sondereigentum nach
unwirksam ist.
(1) Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der
Wohnungseigentümer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums
sein (
Das gilt nach dem Sinn der Vorschrift auch für Räume. Vor diesem Hintergrund
hat der Senat bereits entschieden, dass ein Stellplatz und ein Verbindungsflur,
die den einzigen Zugang zur gemeinschaftlichen Heizanlage und zu den zentralen
Versorgungseinrichtungen des Hauses darstellen, nicht Gegenstand des
Sondereigentums sein können. Das Gesetz wollte angesichts der Missstände
früheren Stockwerkeigentums klare Rechtsverhältnisse schaffen. Diesem Zweck
würde ein Zusammentreffen von Sondereigentum und Gemeinnutzungsrecht
widersprechen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 1991 - V ZR 222/90, NJW 1991,
2909 f.). Mithin gehören zum (zwingenden) gemeinschaftlichen Eigentum alle Zugangsflächen,
die mehr als einer Einheit dienen (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl.
§ 5 Rn. 35; Falkner,
(2) Vor diesem Hintergrund scheidet die Begründung von Sondereigentum
an den Bodenflächen der Stellplätze mit den Nummern 89 bis 106, die (nur) in
dem Aufteilungsplan als Palettenparker gekennzeichnet sind, aus. Die Flächen
müssen nämlich zwingend auch für den Zugang zu den dahinter liegenden („gefangenen“)
Stellplätzen genutzt werden. Diese können nur erreicht werden, indem
die Bodenflächen der Palettenparker überfahren werden, nachdem die
Palette zu diesem Zweck bewegt worden ist. Dass die Nutzung der Bodenflächen
nur kurzzeitig erfolgt und die Parkpalette anschließend wieder in ihre Ausgangsposition
zurückgesetzt wird, ändert an der Nutzung durch mehrere Eigentümer
nichts. Unerheblich ist auch die Überlegung des Beschwerdegerichts, das Recht
Dritter, ein Sondereigentum zu durchqueren, stehe der Abgeschlossenheit nicht
entgegen. Es geht im vorliegenden Zusammenhang nicht um die Abgeschlossenheit,
sondern um die Auslegung des
Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum.
c) An dem Ergebnis ändert sich selbst dann nichts, wenn das Grundbuch
mit der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Erläuterungen in dem Aufteilungsplan
dahingehend auszulegen sein sollte, dass Sondereigentum nicht an den
Stellplatzflächen auf dem Boden der Tiefgarage, sondern an den Stellplatzflächen
auf der horizontal verschiebbaren Palette begründet werden soll („Palettenparker“).
Auch dies ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Allerdings wird die
Sondereigentumsfähigkeit der einzelnen Stellplätze bei sog. Mehrfachparkern,
wozu „Palettenparker“ ebenso gehören wie „Duplexparker“, bei denen mithilfe
einer Hebebühne zwei Fahrzeuge übereinander abgestellt werden können, nicht
einheitlich beurteilt.
aa) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG aF gelten Garagenstellplätze dann als
sonderrechtsfähige abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte
Markierungen ersichtlich sind. Umstritten ist, ob sich diese Fiktion nur auf
die Abgeschlossenheit bezieht oder auch auf die Raumeigenschaft (vgl. zum
Streitstand Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 58). Ausgehend von der
Annahme, dass nach dem bisherigen Recht nur die Abgeschlossenheit fingiert
wird, wird nach verbreiteter, aber ebenfalls bestrittener Auffassung die Ansicht
vertreten, einzelne Stellplätze innerhalb einer Doppelstockgarage mit Kippvorrichtung
(„Duplexparker“) könnten nicht als sondereigentumsfähig angesehen
werden. Begründet wird dies in erster Linie damit, dass der lichte Raum vom Boden
bis zur Decke aufgrund der Kippvorrichtung nicht klar getrennt sei, sondern
in einem Mittelbereich abwechselnd von beiden Parkern in Anspruch genommen
werde (vgl. OLG Düsseldorf,
783; OLG Jena,
1, 4; BeckOGK/Schultzky [1.3.2020], § 5 WEG, Rn. 103 mwN, ausführlich auch
BeckOK WEG/Gerono/Leidner [42. Ed. 1.8.2020], § 3 Rn. 63 ff.). Hieran anknüpfend
meint ein weiterer Teil der Literatur, diese Überlegungen müssten auch bei
„Palettenparkern“ gelten, da die Stellplätze auf Parkpaletten wegen ihrer Verschiebbarkeit
keine feste räumliche Abgrenzung hätten (vgl. BeckOGK/Schultzky
[1.3.2020], § 5 WEG Rn. 103; Bärmann/Pick/Baer, WEG, 20. Aufl. 2020, § 3
Rn. 27; vgl. aber zur Möglichkeit der Einräumung eines Sondernutzungsrechts
an einer mobilen Parkpalette AG Düsseldorf,
bejahen andere die Sondereigentumsfähigkeit jedenfalls für den einzelnen Stellplatz
eines Doppelparkers, weil § 3 Abs. 2 WEG aF auch die Raumeigenschaft
fingiere (vgl. Staudinger/Rapp, BGB [2018], § 3 Rn. 20, 20a; Hügel/Elzer, WEG
2. Aufl. 2018, § 3 Rn. 62, § 5 Rn. 40 Stichwort Doppelparker/Doppelstockgarage;
iE auch Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl. 2018, § 5 Rn. 70). Für „Palettenparker“
dürfte nach dieser Auffassung nichts anderes gelten, auch wenn dies
nicht ausdrücklich erörtert wird.
bb) Der Senat hat bislang lediglich entschieden, dass eine Doppelstockgarage
einen Raum im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WEG aF bildet und als
Ganze im Teileigentum stehen kann. Offen gelassen hat der Senat, ob auch der
einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfähig ist
(Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 75/11,
cc) Der Senat entscheidet die Frage nunmehr dahingehend, dass weder
der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage („Duplexparker“) noch
der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem („Palettenparker“) - wie
hier - nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG aF sondereigentumsfähig ist.
(1) Sondereigentum kann nur an Räumen begründet werden (vgl. § 3
Abs. 1,
zu beachten. Soweit in § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG aF angeordnet wird, dass Garagenstellplätze
„als abgeschlossene Räume“ gelten, wenn ihre Flächen durch
dauerhafte Markierungen ersichtlich sind, wird hierdurch nicht die Raumeigenschaft
fingiert, sondern lediglich die Abgeschlossenheit. Dies ergibt sich zwar
nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift, folgt aber aus der Gesetzessystematik
und der Gesetzgebungsgeschichte. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG aF soll
Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen
Räume in sich abgeschlossen sind. Diese allgemeine Regelung zur Abgeschlossenheit
wird in Satz 2 desselben Absatzes um eine spezielle Regelung für Garagenstellplätze
ergänzt, die sich ebenfalls nur auf die Abgeschlossenheit bezieht.
Bestätigt wird dies durch die Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG
aF. Die Vorschrift ist durch die WEG-Novelle vom 30. Juli 1973 in das Gesetz
eingefügt worden (BGBl. I S. 910). Damit sollte die Arbeitsüberlastung der Grundbuchämter
abgemildert werden. Als besonders arbeitsaufwendig erwies es sich,
wenn ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück mit dem Sondereigentum an
einer ganzen Tiefgarage verbunden wurde und an der Teileigentumseinheit Tiefgarage
wiederum eine Unterbruchteilsgemeinschaft gebildet wurde. Dann mussten
zum Teil in Abt. I des Grundbuchs Hunderte von Bruchteilseigentümern, in
Abt. II eine Vielzahl von Auflassungsvormerkungen und in Abt. III eine Vielzahl
von Einzelbelastungen eingetragen werden. Durch eine Ergänzung des § 3
Abs. 2 WEG aF zur Abgeschlossenheit, die bei einer dauerhaft markierten Abgrenzung
der Stellfläche fingiert wird, sollte der Garagenstellplatz als solcher sonderrechtsfähig
gemacht werden, um auf diese Weise einen übersichtlicheren und
durch Zuschreibungen auch vereinfachten Grundbuchvollzug zu ermöglichen
(vgl. BT-Drucks. 7/62 S. 6 f.; siehe zur Entstehungsgeschichte auch Röll, DNotZ
1992, 221, 222); von einer Fiktion der Raumeigenschaft ist nicht die Rede (vgl.
auch BeckOK WEG/Gerono/Leidner [42. Ed. 1.8.2020], § 3 Rn. 63.2).
(2) Damit kommt es für die Sondereigentumsfähigkeit der einzelnen Stellplätze
bei sog. Mehrfachparkern entscheidend darauf an, ob die Stellplätze als
Räume zu qualifizieren sind. Dies ist nicht der Fall. Unter „Raum“ im Sinne des
Wohnungseigentumsgesetzes ist der lichte Raum in einem Gebäude vom Boden
bis zur Decke zu verstehen. Diese Voraussetzung ist weder bei einem „Duplexparker“
noch bei einem „Palettenparker“ erfüllt. Bei der Doppelstockgarage wird
der lichte Raum von beiden Parkern benutzt, so dass eine klare Trennung des
Raumes zwischen Boden und Decke fehlt (vgl. BayObLG, NJW-RR, 1995, 783).
Im Ergebnis nicht anders verhält es sich bei den Stellplätzen auf Parkpaletten.
Bei ihnen fehlt es wegen der Verschiebbarkeit an der notwendigen räumlichen
Festlegung (so auch BeckOGK/Schultzky [1.3.2020], § 5 WEG Rn. 103;
Bärmann/Pick/Baer, WEG, 20. Aufl. 2020, § 3 Rn. 27).
(3) Soweit das Beschwerdegericht die Sachlage bei den Parkpaletten anders
beurteilen möchte als bei einer Doppelstockgarage, beruht dies auf der - wie
gezeigt (vgl. oben Rn. 14 ff.) im Hinblick auf
- Annahme, an dem Raum vom Boden bis zur Decke hätte Sondereigentum
begründet werden können.
3. Die bisherige Rechtslage ist allerdings durch das - hier aber noch nicht
anwendbare (vgl. oben Rn. 9) - Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
grundlegend umgestaltet worden. Gemäß
nunmehr als Räume. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers
kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum
begründet werden (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 39). Stellplätze auf Parkpaletten
sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn - wie hier - ein bestimmter
Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird (§ 903 Satz 1
BGB,
BeckOGK/M. Müller [1.9.2023], § 3 WEG Rn. 125, 129; BeckOK WEG/Leidner
[2.10.2023], § 3 Rn. 16; MüKoBGB/Krafka, 9. Aufl., § 3 WEG Rn. 48; Forschner,
Rn. 7). Die Gegenauffassung, die die Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen
auf horizontal verschiebbaren Parkpaletten mit der Begründung verneint, hierdurch
würde unzulässiges „mobiles Immobiliareigentum“ entstehen (vgl. Baur/
Schaub/Schneider, GBO, 5. Aufl., Allgemeiner Teil, Abschn. E.II.4.b) dd) Rn.
92 b); iE aA wohl auch Elzer,
sowie
Begründung von Sondereigentum an wesentlichen Gebäudebestandteilen; dass
eine bewegliche Anlage wie ein Doppel- oder Palettenparkerstellplatz sogar eine
eigene Sondereigentumseinheit bilden kann, beruht allein darauf, dass der Gesetzgeber
insoweit die Raumeigenschaft nunmehr fingiert. Wie es sich bei einer
automatisierten Parkvorrichtung verhält, die mehreren Nutzern zugänglich ist und
Stellplätze nach Verfügbarkeit vergibt, bedarf keiner Entscheidung (vgl. hierzu
BeckOGK/Meier [1.6.2023], § 5 WEG Rn. 119;
KölnerFB WEG/Falkner, 2. Aufl., Kap. 3 Rn. 143 ff.).
IV.
1. Das Grundbuchamt ist deshalb unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse
anzuweisen, die von den Beteiligten beantragte Eintragung nicht aus
den in den Beschlüssen genannten Gründen abzulehnen (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m.
§ 74 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FamFG).
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:07.03.2024
Aktenzeichen:V ZB 46/23
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NotBZ 2024, 334-335
Normen in Titel:WEG § 3 Abs. 1 S. 2; WEG a. F. § 3 Abs. 2 S. 2