Unrichtige Sachbehandlung durch einen Notar i. S. d. § 21 GNotKG
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 3.8.2017
OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.3.2017 – 20 W 391/15
Unrichtige Sachbehandlung durch einen Notar i. S. d.
1. Eine unrichtige Sachbehandlung durch den Notar im Sinne des
einem offen zu Tage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder dann vor,
wenn ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist.
2. Zum Vorliegen einer unrichtigen Sachbehandlung bei einer Beurkundung unter Mitwirkung
hörbehinderter Beteiligter.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat sich mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den sie zunächst im
Wege der Klage vor dem Amtsgericht Wiesbaden verfolgt hatte, gegen die sich aus dem Rubrum
ergebenden Kostenberechnungen des Antragsgegners für die Beurkundung einer General- und
Vorsorgevollmacht nebst Patientenverfügung über 278,39 EUR und für die Beurkundung eines
Testaments über 438,40 EUR gewendet. Wegen der Einzelheiten der Kostenberechnungen wird auf
Blatt 36 ff. d. A. Bezug genommen. Da die Antragstellerin die Kostenberechnungen beglichen
hatte, hat sie nach Verweisung durch das Amtsgericht Wiesbaden durch Beschluss vom
26.02.2015 vor dem Landgericht zuletzt Rückzahlung von 716,79 EUR - die Summe der
Rechnungsbeträge - nebst Zinsen geltend gemacht.
Die hörbehinderte Antragstellerin ließ aufgrund eines nach dem 01.08.2013 erfolgten
Beurkundungsauftrages am 29.01.2014 bei dem Antragsgegner ein Testament zugunsten von A,
deren Ehemann sowie deren Tochter beurkunden. In einer weiteren Urkunde wurde eine Generalund
Vorsorgevollmacht nebst Patientenverfügung beurkundet und das Ehepaar A als
Bevollmächtigte eingesetzt. Wegen der Einzelheiten der beiden Urkunden, UR-Nrn. 1/2014 und
2/2014 des Antragsgegners, wird auf Blatt 11 ff., 16 ff. d. A. verwiesen. A, eine Nachbarin und
enge Vertraute der Antragstellerin, war zur Zeit der Beurkundungen im Büro des Antragsgegners
angestellt.
Beide Urkunden enthalten zu Beginn folgende Absätze:
"Die Erschienene ist nach ihren eigenen Angaben in ihrer akustischen Wahrnehmung
eingeschränkt; sie ist nahezu gehörlos, trotzdem jedoch noch in der Lage, den Notar
akustisch zu verstehen sowie von seinen Lippen abzulesen und damit der Beurkundung
zu folgen, sofern laut vorgelesen wird. Der Notar hat insbesondere die Erschienene
darauf hingewiesen, dass aufgrund ihrer nahezu bestehenden Gehörlosigkeit die
Möglichkeit besteht, einen Zeugen oder zweiten Notar zu der Beurkundung
hinzuzuziehen. Die Erschienene hat hierauf ausdrücklich verzichtet.
Vorsorglich wurde der Erschienenen diese Niederschrift auch zur Durchsicht vorgelegt
und von ihr genehmigt (
Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit der Antragstellerin enthalten die Urkunden nicht. Der
Antragsgegner hat der Antragstellerin die Urkunden, nachdem er sie - was in erster Instanz
unstreitig war - vorgelesen hatte, zur Durchsicht vorgelegt.
Die Antragstellerin widerrief mit Schreiben vom 20.04.2014 ihre Erklärungen gegenüber dem
Antragsgegner. Das notarielle Testament wurde aus der amtlichen Verwahrung entnommen.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz geltend gemacht, ihr seien in Höhe der
Notarkostenberechnungen nutzlose Aufwendungen entstanden, da sie aufgrund ihrer
Gehörlosigkeit den Inhalt der Beurkundungen nicht habe verstehen können. Sie hat behauptet, es
wäre nicht zu den Beurkundungen gekommen, wenn sie den Inhalt der beiden notariellen
Urkunden verstanden hätte. Es sei gerade typisch für Gehörlose, dass diese alles unterschrieben,
obwohl sie nichts verstünden. Sie hat weiter behauptet, da sie keine Entwürfe in Auftrag gegeben
habe, habe sie diese auch nicht vor dem Beurkundungstermin gelesen. Die Antragstellerin hat
sodann behauptet, sie habe der bei dem Antragsgegner angestellten Mitarbeiterin A am
Beurkundungstag erklärt, dass sie einen Gebärdensprachdolmetscher benötige. Später hat sie
vorgetragen, sie habe die Hinzuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers nicht verlangen
können, da sie davon keine Kenntnis gehabt habe. Sie hat die Ansicht vertreten, der
Antragsgegner habe für sie gemäß
hinzuziehen müssen, wie das ein Notar in Stadt1 bei einer Beurkundung im Juli 2014 getan habe.
Im Übrigen hat die Antragstellerin die Meinung vertreten, der Antragsgegner habe gegen § 3 Abs.
1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 8 BeurkG verstoßen, da die in beiden Urkunden genannte Begünstigte A als
Angestellte in seinem Büro tätig sei.
Der Antragsgegner hat die angefochtenen Kostenberechnungen verteidigt. Er hat behauptet, die
Antragstellerin habe bereits im August 2013 jeweils einen Entwurf der Urkunden erhalten, so dass
sie ausreichend Zeit gehabt habe, die Urkunden zu lesen und zu verstehen. Die Hinzuziehung eines
Gebärdensprachdolmetschers sei nicht erforderlich gewesen, da die Antragstellerin den Inhalt der
Urkunden verstanden habe und diese ihrem seinerzeitigen Willen entsprochen hätten.
Das Landgericht hat die Handakte des Antragsgegners beigezogen und die vorgesetzte
Dienstbehörde des Antragsgegners angehört. Auf die Stellungnahme des Präsidenten des
Landgerichts Wiesbaden vom 01.06.2015 (Bl. 55 ff. d. A.) wird insoweit Bezug genommen.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 96 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen
wird, hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass der Einwand der Antragstellerin, sie habe A mit der Beauftragung des
Antragsgegners nicht bevollmächtigt, unerheblich sei. Die Antragstellerin sei persönlich zu den
Beurkundungen beim Antragsgegner erschienen und habe die Beurkundungen vornehmen lassen,
so dass die abgerechneten Gebührentatbestände gegeben seien. Der Antragsgegner habe auch
keine Amtspflicht verletzt, so dass der Antragstellerin aus diesem Grund kein
Schadensersatzanspruch gemäß
Kostenberechnungen aufrechnen könne. Zwar würden die Urkunden keine Feststellungen des
Antragsgegners zur Geschäftsfähigkeit der Antragstellerin im Sinne der
enthalten. Ein derartiger Verstoß vermöge jedoch einen Schadensersatzanspruch nicht zu
begründen, da Anhaltspunkte für eine mangelnde Geschäftsfähigkeit der Antragstellerin nicht
vorliegen würden. Die fehlende Niederschrift von Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit der
Antragstellerin sei nicht kausal für die Entstehung der Notarkosten. Ein Verstoß gegen § 22 Abs. 1
Satz 2 BeurkG läge nicht vor. Die Antragstellerin habe über den Antragsgegner nicht das Verlangen
auf Zuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers geäußert. Dass der Antragsgegner nicht
angeregt habe, dass die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers
verlange, sei unerheblich. Der Antragsgegner habe nämlich auf jeden Fall der Antragstellerin die
Niederschrift gemäß
dass eine schriftliche Verständigung mit der Antragstellerin nicht möglich sei, habe der
Antragsgegner nicht gehabt. Die Antragstellerin sei des Schreibens und Lesens mächtig. Der
Antragsgegner habe davon ausgehen dürfen, dass zumindest auf schriftlichem Wege eine
Verständigung mit der Antragstellerin möglich gewesen sei. Auch ein Verstoß gegen § 22 Abs. 1
Satz 1 BeurkG sei nicht gegeben, da die Antragstellerin nach Belehrung ausdrücklich auf die
Hinzuziehung eines Zeugen oder zweiten Notars verzichtet habe. Ein Verstoß gegen
Mitwirkungsverbote des
Gegen diesen am 30.10.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 10.11.2015
eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom gleichen Tag Beschwerde
eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 14.12.2015 (Bl. 120 ff. d. A.), auf den verwiesen wird, im
Einzelnen begründet hat. Mit ihrer Beschwerde verfolgt sie einen Zahlungsanspruch von 716,79
EUR nebst Zinsen weiter. Die Antragstellerin behauptet, sie habe keinen Auftrag erteilt. Lediglich
die oben benannte Mitarbeiterin im Notariat habe im August 2013 einen Entwurf fertigen lassen.
Um welchen Entwurf es sich gehandelt habe, sei ihr nicht bekannt. Sie vertritt nach wie vor die
Auffassung, dass dem Antragsgegner ein Verstoß gegen seine notariellen Pflichten, u. a. gemäß §
22 Abs. 1 Satz 2 BeurkG, zur Last zu legen sei. Insbesondere habe der Antragsgegner
amtspflichtwidrig gehandelt, als er trotz erkennbarer Sprach- und Hörbehinderung der
Antragstellerin die Beurkundung der Urkunden vorgenommen habe. Die Tatsache, dass die
Antragstellerin infolge ihrer Sprach- und Hörbehinderung erhebliche Defizite aufweise, hätte sich
durch einfache Tests vor der Beurkundung bestätigt. Diese seien aber nicht vorgenommen worden.
Der Antragsgegner habe nicht davon ausgehen können, dass die Antragstellerin verstehe, was sie
lese, bzw. dass mit ihr eine schriftliche Verständigung möglich sei. Auf die Möglichkeit einer
Hinzuziehung eines Zeugen oder eines zweiten Notars zu der Beurkundung sei sie nicht
hingewiesen worden. Sie behauptet nunmehr erstmals, ihr seien die Urkunden auch nicht
vorgelesen worden. Sie meint, es habe im ausdrücklichen Ermessen des Antragsgegners gelegen,
einen Gebärdensprachdolmetscher hinzuzuziehen. Der Antragsgegner habe dies der Antragstellerin
aber nicht als Option vorgeschlagen. Hätte er dies getan, hätte die Antragstellerin davon Gebrauch
gemacht. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass sie einen Gebärdensprachdolmetscher hinzuziehen
könne. Selbst wenn sie es gewusst hätte, wäre sie nicht in der Lage gewesen, diesen Willen zu
bekunden. Die oben unter I. zitierten Formulierungen in den notariellen Urkunden seien weder
vorgelesen worden, noch habe die Antragstellerin, als ihr die Protokolle zur Durchsicht vorgelegt
worden wären, verstanden, was das bedeute. Das Landgericht habe abschließend aufklären
müssen, ob die Antragstellerin tatsächlich eines Gebärdensprachdolmetschers bedurft hätte und
deshalb bereits eine Empfehlung durch den Antragsgegner geschuldet gewesen sei. Sie vertritt
weiterhin die Auffassung, dass ein Verstoß gegen
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde ausweislich seines Schriftsatzes vom 02.02.2016 (Bl. 138
ff. d. A.) entgegen und beantragt deren Zurückweisung. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss
und verweist nochmals auf die vielfältigen Widersprüche im Vorbringen der Antragstellerin in erster
Instanz. Er weist überdies darauf hin, dass die Antragstellerin in erster Instanz noch behauptet
habe, dass sie beim Lesen nicht von den Lippen habe ablesen können. Nunmehr behaupte sie gar,
die Urkunden seien gar nicht verlesen worden. Er vertritt und vertieft seine Auffassung, dass
weder ein Verstoß gegen die
vorliege.
Das Landgericht hat der Beschwerde ausweislich seines Beschlusses vom 15.12.2015 (Bl. 127 d.
A.) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des Beteiligtenvorbringens im Übrigen und dessen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss den lediglich auf Rückzahlung
der auf die bezeichneten Kostenberechnungen geleisteten Beträge gerichteten Antrag der
Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 90 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 127 Abs. 1
GNotKG zurückgewiesen. Dabei kann die umstrittene Frage, ob der ursprünglich ausschließlich auf
einen Schadensersatzanspruch nach
Zahlungsanspruch betreffend die Notarkosten zulässigerweise im Verfahren nach den §§ 127 ff.
GNotKG hätte geltend gemacht werden können (vgl. zum Streitstand: Wudy in Leipziger Gerichts-
& Notarkostenkommentar (GNotKG), 2. Aufl., § 127 Rz. 68; Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Dez.
2016, § 127 Rz. 13; vgl. auch Senat, Beschluss vom 27.10.2016, 20 W 352/14, zitiert nach juris)
schon wegen der Verweisung durch das Amtsgericht und auch wegen
dahinstehen. Ohne Zweifel ist der erstmals in zweiter Instanz ausdrücklich erhobene Einwand,
Notarkosten hätten wegen unrichtiger Sachbehandlung des Antragsgegners nach § 21 Abs. 1
GNotKG nicht erhoben werden dürfen, im Verfahren nach den
machen.
Die Antragstellerin ist diejenige, deren Erklärungen beurkundet worden sind, so dass sie bereits
gemäß
nunmehriges Vorbringen zur Erteilung des Beurkundungsauftrags kommt es nicht an.
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine etwaige
schadensersatzbegründende verschuldete notarielle Amtspflichtverletzung des Antragsgegners
nicht vorliegen. Daran ändert auch das Beschwerdevorbringen nichts. Entsprechendes gilt für den
nunmehr erhobenen Einwand der unrichtigen Sachbehandlung. Nach
sind allerdings Kosten, die bei richtiger Behandlung nicht entstanden wären, vom Notar nicht zu
erheben. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der genannten Gesetzesvorschrift liegt aber
nach anerkannter Auffassung nur bei einem offen zu Tage getretenen Verstoß gegen eindeutige
gesetzliche Normen oder bei einem offensichtlichen Versehen des Notars vor (vgl. OLG Düsseldorf
zitiert nach juris; vgl. die Nachweise bei Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 19. Aufl., § 21 Rz. 39).
Auch davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass keine Anhaltspunkte für eine
Geschäftsunfähigkeit der Antragstellerin im Zeitpunkt der Beurkundung vorliegen. Die
Antragstellerin, die dies auch weder in erster noch in zweiter Instanz konkret behauptet, trägt
keinen Sachverhalt vor, der die Voraussetzungen des
Abs. 2 BGB) rechtfertigen könnte. Diese werden durch die sinngemäße Behauptung, die
Antragstellerin unterschreibe - wie andere Gehörlose - alles, obwohl sie nichts verstünde, noch
nicht erfüllt. Wie die Beurkundung bei der Beteiligung behinderter Personen gestaltet werden
muss, hat der Gesetzgeber vielmehr - worauf das Landgericht auch eingegangen ist - im
Beurkundungsgesetz (
hierauf nicht mehr ankommt - im gegebenen Zusammenhang weiter Voraussetzung für einen
Wegfall bzw. ein Nichtentstehen des Gebührenanspruchs, dass dem Antragsgegner eine
Geschäftsunfähigkeit, an die strenge Anforderungen zu stellen sind, hätte erkennbar sein müssen
(vgl. dazu die Nachweise bei OLG München
gäbe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Einer diesbezüglichen Sachverhaltsaufklärung durch
das Landgericht bedurfte es nicht. Damit bleibt auch der von der Beschwerde nochmals
hervorgehobene Verstoß gegen
Eine schadensersatzbegründende notarielle Amtspflichtverletzung oder eine unrichtige
Sachbehandlung des Antragsgegners im obigen Sinne liegt weiter nicht in etwaigen Verstößen
gegen
beanstanden.
Soweit die Beschwerde wiederholt darauf abstellt, die Antragstellerin sei entgegen § 22 Abs. 1
Satz 1 BeurkG nicht darauf hingewiesen worden, dass ein Zeuge oder ein zweiter Notar
hinzugezogen werden könne und sie darauf auch nicht verzichtet habe, vermag dieser Einwand
nicht durchzugreifen. Die diesbezüglichen Feststellungen (Belehrung und Verzicht) ergeben sich
aus den notariellen Niederschriften,
Antragstellerin die Niederschriften mit den Feststellungen nach
vorgelegt worden und von ihr unterschreiben worden sind. Es ist nichts vorgetragen worden, was
die die Genehmigung ihrer Erklärungen betreffende Vermutungswirkung des
widerlegen könnte (vgl. dazu auch Winkler, BeurkG, 18. Aufl., § 23 Rz. 6). Dass sie etwa
leseunkundig gewesen wäre, behauptet die Antragstellerin - auch in der Beschwerdeinstanz -
selbst nicht, auch nicht, wie der Antragsgegner eine Unmöglichkeit, sich mit der Antragstellerin
schriftlich zu verständigen, ansonsten hätte erkennen sollen. Dass von einer Geschäftsunfähigkeit
der Antragstellerin nicht ausgegangen werden kann, wurde oben bereits ausgeführt. Ihr bloßes
Vorbringen, sie habe den Inhalt der Urkunden nicht verstanden, ist unerheblich, abgesehen davon,
dass sie nicht vorträgt, ob und welche Vorstellungen sie sich überhaupt über den Inhalt der
notariellen Urkunden gemacht hatte. Vor diesem Hintergrund ist denn auch unerheblich, dass die
Antragstellerin im Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen in der Beschwerdeinstanz
erstmals behauptet, die notariellen Urkunden seien nicht (zusätzlich) verlesen worden.
Entsprechende Erwägungen gelten für den weiter behaupteten Verstoß des Antragsgegners gegen
Gebärdensprachdolmetschers gegenüber dem Antragsgegner nicht verlangt hatte; darauf hat das
Landgericht zu Recht abgestellt. Soweit die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren zuletzt
behauptet hat, von der Möglichkeit der Hinzuziehung eines Dolmetschers keine Kenntnis gehabt zu
haben, hat das Landgericht ebenfalls zu Recht auf den diesbezüglich widersprüchlichen Vortrag der
Antragstellerin hingewiesen, der den Schluss auf die Richtigkeit ihres nunmehrigen Vortrags kaum
zulässt. Jedenfalls kann aber mangels konkreten Verlangens der Antragstellerin gegenüber dem
Antragsgegner mit dem Landgericht eine Amtspflichtverletzung oder gar eine unrichtige
Sachbehandlung des Antragsgegners nicht etwa darin gesehen werden, dass er nicht von sich aus
die Hinzuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers angeregt hatte. Selbst wenn ein solches
Vorgehen je nach Sachlage ggf. als sinnvoll erscheinen sollte - was für den vorliegenden Fall also
dahinstehen kann -, käme eine derartige Sanktion angesichts des ausdrücklichen Wortlauts des §
22 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeurkG nicht in Betracht (vgl. dazu auch Armbrüster/Seger,
BeurkG/DNotO, 7. Aufl.,
Winkler, a.a.O., § 22 Rz. 22). Auch in dieser rechtlichen Würdigung ist dem Landgericht zu folgen.
Einer weiteren Sachaufklärung durch das Landgericht bedurfte es nicht. Damit kann offen bleiben,
ob die Antragstellerin - wie sie behauptet, ohne allerdings ihr eigenes Verständnis von den
Beurkundungsvorgängen bei dem Antragsgegner darzutun - bei anderweitigem Vorgehen des
Antragsgegners von der Beurkundung Abstand genommen hätte, oder ob insoweit die
Behauptungen des Antragsgegners zur nachträglich geänderten Motivation der Antragstellerin
zutreffend sind. Ebenfalls kann dahinstehen, ob bei unterbliebener Beurkundung unter
Zugrundelegung eines anderweitigen Vorgehens des Antragsgegners überhaupt geringere Kosten
für die Antragstellerin angefallen wären (vgl. etwa die Nrn. 21303, 25205, 32010 KV GNotKG), die
Gegenstand einer Nichterhebung oder gar eines Schadensersatzanspruch sein könnten (vgl. hierzu
etwa Korintenberg/Tiedtke, a.a.O., § 21 Rz. 113; Rohs/Wedewer/Waldner, a.a.O., § 21 Rz. 49).
Auch mit ihrem auf einen Verstoß des Antragsgegners gegen
gestützten Einwand bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Zum einen umfasst die Vorschrift mit dem
Landgericht die vorliegende Sachverhaltskonstellation bereits nicht (vgl. neben den vom
Landgericht zitierten Fundstellen: Armbrüster, a.a.O., § 3 Rz. 66; Grziwotz, a.a.O., § 3 Rz. 33;
Miermeister/de Buhr in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 4. Aufl., § 3 Rz. 33; auch der von der
Beschwerde für das Gegenteil zitierte Winkler, a.a.O., § 3 Rz. 79). Zum anderen würde auch ein
Verstoß hiergegen nicht ohne weiteres zum Erlöschen des Gebührenanspruchs bzw. zu
Amtshaftungsansprüchen führen (vgl. Grziwotz, a.a.O., § 3 Rz. 73; Miermeister/de Buhr, a.a.O., §
3 Rz. 69; Litzenburger in BeckOK BGB, Stand: 01.11.2016,
zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht einmal konkret behauptet, dass ihr der Umstand
der Beschäftigung der Angestellten A beim beurkundenden Antragsgegner nicht bekannt gewesen
war, was nach Aktenlage auch nicht sehr nahe liegen würde. Vielmehr hat sie die dem
entgegenstehende konkrete Behauptung des Antragsgegners unbestritten gelassen. Die
Ausführungen des Landgerichts zu
angegriffen; insoweit kann auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden.
Eine Gerichtskostenentscheidung für dieses Beschwerdeverfahren durch den Senat ist nicht
veranlasst, weil sich die Kostentragungspflicht der Antragstellerin aus der Anwendung gesetzlicher
Vorschriften ergibt,
Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen im
Beschwerdeverfahren richtet sich nach den
Senat nicht zu überprüfen hat, ob und inwieweit dem Antragsgegner, der als Notar lediglich seine
Notarkostenberechnungen verteidigt hat, solche überhaupt entstanden sind
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich an der Höhe des
Rechnungsbetrages.
Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde zuzulassen,
FamFG, hat der Senat nicht gesehen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:30.03.2017
Aktenzeichen:20 W 391/15
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Beurkundungsverfahren
GNotKG § 21; BeurkG §§ 3, 22, 23