Haftung des Erwerbers bei Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz; Eigenverwaltung
letzte Aktualisierung: 19.03.2020
BGH, Urt. v. 3.12.2019 – II ZR 457/18
HGB § 25 Abs. 1 S. 1
Haftung des Erwerbers bei Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz; Eigenverwaltung
§ 25 Abs. 1 Satz 1 HGB ist auf den Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz auch dann
nicht anwendbar, wenn die Veräußerung nicht durch den Insolvenzverwalter, sondern durch den
Schuldner in der Eigenverwaltung erfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg. Sie führt zur Abweisung der
Klage insgesamt.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren
von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Für den Werklohnanspruch der Klägerin gegen die Schuldnerin hafte die
Beklagte zu 1 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB. Sie führe das Handelsgeschäft
der Schuldnerin im wesentlichen Kern fort und habe in ihrer Firma die prägenden
Merkmale der Firma der Schuldnerin übernommen. Der Erwerb des Handelsgeschäfts
erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Schuldnerin
stehe der Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht entgegen. Zwar
finde § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB auf den Erwerb nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
nach allgemeiner Ansicht keine Anwendung, wenn ein Insolvenzverwalter
bestellt werde, da bei einer Übernahme der Unternehmensschulden
durch den Erwerber eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger gefährdet
würde. § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB müsse indes auch bei Anordnung der Eigen-
verwaltung Anwendung finden. In einem Eigenverwaltungsverfahren sei eine
einschränkende Auslegung des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht geboten, da es
sich bei der Veräußerung des Handelsgeschäfts um eine Verfügung des
Schuldners selbst handele, die nicht zur Liquidation des Unternehmens führe.
Die Situation stelle sich aus Sicht der Gläubiger nicht anders als bei einer vorinsolvenzlichen
Veräußerung des Handelsgeschäfts durch den Schuldner dar.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte
zu 1 für die Verpflichtung der Schuldnerin zur Werklohnzahlung nach
§ 25 Abs. 1 Satz 1 HGB haftet. Bei der Veräußerung eines Handelsgeschäfts
während eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung ist § 25 Abs. 1 Satz 1
HGB nicht anwendbar. Daher kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer
Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB im Streitfall vorliegen.
a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung findet § 25 Abs. 1
Satz 1 HGB beim Verkauf des Handelsgeschäfts durch den Insolvenzverwalter
im eröffneten Insolvenzverfahren keine Anwendung (BGH, Urteil vom
24. September 2008 - VIII ZR 192/06,
vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 423/12,
386 Rn. 9; zur Konkursordnung: BGH, Urteil vom 11. April 1988 - II ZR 313/87,
duldet eine Schuldenhaftung des Erwerbers nach § 25 Abs. 1
Satz 1 HGB nicht, da sie den bestimmenden Grundsätzen des Insolvenzverfahrens
zuwiderliefe. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters, das Unternehmen im
Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Verwertung der Masse im Ganzen
zu veräußern, würde durch eine mögliche Haftung des Erwerbers für die
Schulden des bisherigen Unternehmensträgers erschwert werden. Zudem
käme es zu einer systemwidrigen Bevorzugung einzelner hierdurch begünstigter
Insolvenzgläubiger unter Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger,
die sich angesichts einer dadurch zu erwartenden Erlösschmälerung mit einer
geringeren Verteilungsmasse zu begnügen hätten. Dies widerspräche dem
Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger.
Diese Rechtsprechung hat in der Literatur weit überwiegend Zustimmung
gefunden (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 25 Rn. 4; MünchKomm-
HGB/Thiessen, 4. Aufl., § 25 Rn. 36; Jaeger/Henckel, InsO, § 35 Rn. 30;
Burgard in Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 25 Rn. 46; Ries in Röhricht/
Graf von Wesphalen/Haas, 5. Aufl., § 25 Rn. 11; Reuschle in Ebenroht/
Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 25 Rn. 41; Oetker/Vossler, HGB,
6. Aufl., § 25 Rn. 21; HK-HGB/Ruß, 7. Aufl., § 25 Rn. 6; NK-HGB/Bömeke,
2017, § 25 Rn. 18; Ensthaler/Steitz, HGB, 8. Aufl., § 25 Rn. 15; BeckOGKHGB/
Moser, Stand: 15. Juli 2019, § 25 Rn. 40; Wamser in Henssler/Strohn,
GesR, 4. Aufl., § 25 HGB Rn. 6). Die Gegenauffassung (Schall in Heidel/Schall,
HGB, 3. Aufl., § 25 Rn. 13; zweifelnd auch Roth in Koller/Kindler/Roth/Drüen,
HGB, 9. Aufl., § 25 Rn. 4c), die mit Rücksicht auf § 25 Abs. 2 HGB ein Bedürfnis
für eine einschränkende Auslegung von § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB verneint,
überzeugt nicht. Es ist nicht sachgerecht, den Insolvenzverwalter auf eine von
weiteren Voraussetzungen abhängige Ausnahmevorschrift (§ 25 Abs. 2 HGB)
zu verweisen, obwohl die ansonsten regelmäßig greifende Erwerberhaftung
durchweg mit den bestimmenden Grundsätzen des Insolvenzverfahrens kollidiert.
b) Für die Veräußerung im Insolvenzverfahren mit angeordneter
Eigenverwaltung ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
sind die Erwägungen, die zu einem Ausschluss der Anwendung
des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB auf Veräußerungen des Insolvenzverwalters ge-
führt haben, auf Veräußerungsgeschäfte des Schuldners im Eigenverwaltungsverfahren
übertragbar (ebenso LAG Hamm,
Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 25 Rn. 4; Oetker/Vossler, HGB, 6. Aufl., § 25
Rn. 21; BeckOK InsO/Ellers, Stand: 25. Juli 2019, § 270 Rn. 63;
Bissels/Schroeders,
aa) Die Entscheidung über den besten Weg zur Erreichung der insolvenzrechtlichen
Verfahrensziele (insbesondere Stilllegung, Fortführung, Insolvenzplan,
übertragende Sanierung) ist gemäß § 157 InsO im Insolvenzverfahren
der Gläubigerversammlung zugewiesen. Daran ändert sich grundsätzlich
nichts, wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung
angeordnet wird (
keinen Insolvenzverwalter. Der Schuldner bleibt während der Dauer des
Insolvenzverfahrens nach § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO berechtigt, unter der Aufsicht
eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen
(BGH, Urteil vom 9. März 2017 - IX ZR 177/15,
Ausübung dieser Befugnisse kann es dem Schuldner obliegen, sein Handelsgeschäft
im Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Verwertung der
Masse im Ganzen zu veräußern.
bb) Die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB würde auch in der Eigenverwaltung
zu einer Bevorzugung einzelner Insolvenzgläubiger führen,
wodurch die übrigen Insolvenzgläubiger, die sich angesichts einer dadurch zu
erwartenden Erlösschmälerung mit einer geringeren Verteilungsmasse zu begnügen
hätten, benachteiligt würden. Eine Bevorzugung einzelner Insolvenzgläubiger
widerspricht dem Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller
Insolvenzgläubiger, der auch im Eigenverwaltungsverfahren Geltung beansprucht
(BAG,
2015 - 23 U 17/15, juris Rn. 29; Pape in Kübler/Prütting/Bork,
InsO, Stand: April 2012, § 270 Rn. 192; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 15. Aufl.,
§ 270 Rn. 12).
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Veräußerung
des Handelsgeschäfts durch den eigenverwaltenden Schuldner nicht mit
der Veräußerung durch den Sequester nach der Konkursordnung vergleichbar.
(1) Zutreffend ist allerdings, dass nach der Rechtsprechung des
Senats § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB auf die Veräußerung eines Handelsgeschäfts
durch den Sequester der Konkursordnung anzuwenden war (BGH, Urteil vom
11. April 1988 - II ZR 313/87,
Senat maßgeblich darauf abgestellt, dass Funktionen und Befugnisse von Sequester
und Konkursverwalter nicht miteinander vergleichbar sind. Eine Veräußerung
durch den Sequester vor Konkurseröffnung war im Regelfall nicht ohne
Zustimmung des Schuldners möglich. Sie stand damit rechtlich einer Veräußerung
durch den Schuldner näher als derjenigen durch den Konkursverwalter.
Zudem galt im Sequestrationsverfahren noch nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz.
(2) Einer Übertragung dieser Erwägungen auf den eigenverwaltenden
Schuldner steht die Ausgestaltung des Eigenverwaltungsverfahrens entgegen.
Die Stellung des eigenverwaltenden Schuldners ähnelt nicht der des Sequesters,
sondern ist derjenigen des Insolvenzverwalters angeglichen.
(a) Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
des Schuldners bei Anordnung der Eigenverwaltung fortbestehen.
Dabei besteht die Gefahr, dass eine Person, die den Eintritt der Insolvenz
nicht hat vermeiden können, mitunter nicht geeignet ist, die Insolvenzmasse
bestmöglich zu verwerten und die Belange der Gläubiger über die eigenen Interessen
zu stellen. Deswegen wird der Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren
der Aufsicht eines Sachwalters unterstellt (RegE InsO,
BT-Drucks. 12/2443, S. 222 f.). Die Befugnisse des Schuldners und des Sachwalters
werden in der Weise abgegrenzt, dass die laufenden Geschäfte von
dem Schuldner geführt werden und der Sachwalter einerseits die Geschäftsführung
kontrolliert und unterstützt, andererseits die besonderen Aufgaben wahrnimmt,
die dem Insolvenzverwalter in erster Linie im Interesse der Gläubiger
übertragen sind, insbesondere die Anfechtung von gläubigerbenachteiligenden
Rechtshandlungen (BGH, Urteil vom 26. April 2018 - IX ZR 238/17, BGHZ 218,
290 Rn. 17).
Bei der Eigenverwaltung einer Gesellschaft üben deren Geschäftsleiter
weitgehend die Befugnisse aus, die im Regelverfahren dem Insolvenzverwalter
eingeräumt sind. Durch
der Gesellschaft keine weitergehenden Einflussmöglichkeiten
auf die Geschäftsleitung haben sollen als bei der Bestellung eines Insolvenzverwalters.
Die Führung der Geschäfte ist an dem Interesse der Gläubiger der
Gesellschaft auszurichten. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber den Pflichtenkreis
und die Rechtsstellung der Geschäftsleiter an das Amt eines Insolvenzverwalters
angeglichen (BGH, Urteil vom 26. April 2018 - IX ZR 238/17,
müssen ihr Handeln mithin an den Insolvenzzwecken und den Interessen
der Gläubigergesamtheit ausrichten und eigene Interessen hintanstellen (BAG,
(b) Während der Sequester der Konkursordnung grundsätzlich nicht über
Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse verfügte (allgemeine Meinung, vgl.
statt aller Kilger/K. Schmidt, KO, 17. Aufl., § 106 Rn. 4 mwN), verbleiben diese
Befugnisse aufgrund der Anordnung der Eigenverwaltung beim Schuldner. Dieser
handelt als Amtswalter an Stelle des regulären Insolvenzverwalters
(Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 15. Aufl., § 270 Rn. 12; Jaeger/Meller-Hannich,
InsO, § 270 Rn. 16; MünchKommInsO/Tetzlaff, 3. Aufl., § 270 Rn. 141;
K. Schmidt/Undritz, InsO, 19. Aufl., § 270 Rn. 17; Mutzek, Die Kompetenzen
des Schuldners im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren, 2018, S. 165 f.; aA
AG Köln,
Schuldner seine ursprüngliche privatautonome Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
behält, nunmehr aber insolvenzrechtlichen Pflichtenbindungen
unterliegt (BGH, Urteil vom 26. April 2018 - IX ZR 238/17,
Rn. 17, 20; Huhn, Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, 2003, Rn. 603),
oder die ursprüngliche Befugnis erlischt und dem Schuldner vom Insolvenzgericht
eine insolvenzspezifische Verfügungsbefugnis neu zugewiesen wird (BAG,
Bindungen wie der Insolvenzverwalter. Dies zeigt sich bei der Gesellschaftsinsolvenz
auch darin, dass die Überwachungsorgane der Gesellschaft bei der
Eigenverwaltung keine weitergehenden Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung
haben als im Falle der Fremdverwaltung durch den Insolvenzverwalter
(
(c) Auch sonst ist der Sequester der Konkursordnung nicht mit dem
eigenverwaltenden Schuldner vergleichbar. Der Sequester begründete durch
seine Handlungen keine Masseforderungen (Kilger/K. Schmidt, KO, 17. Aufl.,
§ 106 Rn. 4 mwN); auf den Schuldner findet dagegen im Eigenverwaltungsverfahren
(Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 15. Aufl., § 270 Rn. 13; HambKommInsO/Jarchow,
7. Aufl., § 55 Rn. 4). Der Sequester konnte des Weiteren durch seine Rechts-
handlungen Anfechtungstatbestände verwirklichen (BGH, Urteil vom 30. Januar
1986 - IX ZR 79/85,
Schuldner nach Verfahrenseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen nicht
dem Anfechtungsrecht unterliegen (Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl.,
§ 129 Rn. 74; K. Schmidt/K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 129 Rn. 38; BeckOK
InsO/Raupach, Stand: 25. Juli 2019, § 129 Rn. 33). Der Sequester konnte ferner
nicht das Wahlrecht bei gegenseitigen Verträgen ausüben
(Kilger/K. Schmidt, KO, 17. Aufl., § 106 Rn. 4), während der eigenverwaltende
Schuldner auch insoweit dem Insolvenzverwalter gleichgestellt ist (BGH, Urteil
vom 26. April 2018 - IX ZR 238/17,
(3) Schließlich hat der Senat die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1
HGB auf Veräußerungen durch den Sequester damit begründet, dass im
Sequestrationsverfahren noch nicht der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
greift (BGH, Urteil vom 11. April 1988 - II ZR 313/87,
In der Eigenverwaltung hat der eigenverwaltende Schuldner demgegenüber wie
der Insolvenzverwalter den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung zu wahren
(BAG,
- 23 U 17/15, juris Rn. 29; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand: April
2012, § 270 Rn. 192; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 15. Aufl., § 270 Rn. 12).
dd) Entgegen dem Einwand der Revisionserwiderung setzt die Unanwendbarkeit
des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB in der Eigenverwaltung keine unerwünschten
Anreize, vor Veräußerung des Handelsgeschäfts im größtmöglichen
Umfang noch Waren- oder Werklieferungen zu beziehen, um einen
höheren Kaufpreis zu erzielen.
Ein solcher Anreiz besteht für die Geschäftsleiter der eigenverwalteten
Gesellschaft nicht. Sie haften den Beteiligten für die Verletzung der ihnen oblie-
genden insolvenzspezifischen Pflichten analog
Schadensersatz (BGH, Urteil vom 26. April 2018 - IX ZR 238/17, BGHZ 218,
290 Rn. 47 ff.). Darüber hinaus trifft den Sachwalter eine Prüfungs- und Überwachungspflicht.
Er muss durch Kontrollen des Schuldners sicherstellen, dass
dieser seine Geschäftsführungsbefugnisse nicht zur Gläubigerschädigung
missbraucht (§ 274 Abs. 2 InsO; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO,
Stand: Oktober 2019, § 275 Rn. 18). Nach
Sachwalter der Eingehung von Verbindlichkeiten widersprechen, auch wenn sie
zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören.
Im Übrigen stellt sich das von der Revisionserwiderung ausgemachte
Problem unabhängig von der Frage, ob § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB in der Eigenverwaltung
anwendbar ist. Der eigenverwaltende Schuldner kann auch ohne
das Vorhaben einer übertragenden Sanierung Neuverbindlichkeiten eingehen,
die von der Masse nicht gedeckt sind. Die bekannten Gefahren der
Eigenverwaltung haben den Gesetzgeber nicht davon abgehalten, mit dem Gesetz
zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom
7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2582) Hindernisse auf dem Weg zur Eigenverwaltung
auszuräumen (vgl. RegE, BT-Drucks. 17/5712, S. 38).
2. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig (
Werklohn insbesondere nicht aufgrund des Abschlusses eines Schuldübernahmevertrags
gemäß §§ 414, 415 BGB.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann aus dem Verhalten
der Beklagten zu 1 keine Schuldübernahme abgeleitet werden. Dazu genügt
nicht, dass sie den ihr abgetretenen Nacherfüllungsanspruch der Schuldnerin
im eigenen Namen geltend gemacht hat, ohne die Abtretung offenzulegen. Der
bloßen Berühmung mit einem Anspruch kommt aus einem nach Treu und
Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gemäß
Empfängerhorizont nicht der Erklärungswert zu, für die synallagmatisch gebundene
Schuld eines Dritten einstehen zu wollen. Im Streitfall will die Klägerin im
Übrigen gerade von Schuldneridentität ausgegangen sein. Das schließt aus,
dass sie das Nacherfüllungsverlangen als Angebot (
(§ 415 Abs. 1 Satz 2 BGB) eines Dritten verstanden hat (§ 133 BGB).
III. Das Berufungsurteil ist daher im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden,
weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (
ist abzuweisen, weil die Klägerin keinen Werklohnanspruch gegen die Beklagte
zu 1 aus dem mit der Schuldnerin geschlossenen Vertrag über Elektroinstallationsarbeiten
hat.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:03.12.2019
Aktenzeichen:II ZR 457/18
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Allgemeines Schuldrecht
Insolvenzrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
HGB § 25 Abs. 1 S. 1