Erlöschen unveräußerlicher Rechte nach § 5 GBBerG, wenn Geburtsdatum des Berechtigten nicht aus Grundbuch oder Grundakten ersichtlich
letzte Aktualisierung: 12.4.2023
OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.2.2023 – 15 Wx 249/23
GBBerG § 5
Erlöschen unveräußerlicher Rechte nach
Berechtigten nicht aus Grundbuch oder Grundakten ersichtlich
1. Ergibt sich aus dem Grundbuch oder den Grundakten das Geburtsdatum des Berechtigten einer
beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht, kann eine Löschung des Rechts gemäß § 5 Abs. 1 S. 2
GBBerG erst 110 Jahre nach Grundbucheintragung erfolgen.
2. Von dem Wortlaut des
Bewilligung hinsichtlich der eingetragenen Dienstbarkeit bereits vor 119 Jahren erfolgte.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Nürnberg von in Band,
Blatt, eingetragenen 154/10.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Fl.Nr. . Weiterhin ist sie
Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Nürnberg von in Band, Blatt, eingetragenen
18/10.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Fl.Nr. .
In der II. Abteilung ist unter lfd.Nr. 1 hinsichtlich beider Miteigentumsanteile folgendes Recht eingetragen:
„Verbot der Errichtung oder Betreibung einer Wirtschaft oder Kantine – an dem ganzen Grundstück lastend –
für und und für, sämtliche in Nürnberg. Gemäß Urkunden vom 29.03./18.05.1904 eingetragen am
01.06.1904/07.08.1924 und umgeschrieben am 21.07.1989.“
Mit Kaufvertrag vom 19.09.2022, UVZ-Nr. R 3265/2022, verkaufte die Beteiligte zu 1 den genannten
Grundbesitz an den Beteiligten zu 2. Unter Ziffer I.2. des Vertrages ist die Löschung des Rechts in Abteilung
1 Zug um Zug mit Vollzug der Auflassung gemäß
Mit Zwischenverfügung vom 19.12.2022 stellte das Amtsgericht – Grundbuchamt – Nürnberg fest, dass der
Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, das bis 19.01.2023 behoben werden könne. Da die Geburtsdaten
der Berechtigten nicht im Grundbuch eingetragen seien, sei gemäß
des Rechts maßgeblich, hier das Jahr 1924. Die 110-Jahresfrist sei daher noch nicht abgelaufen.
Hiergegen wandte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 22.12.2022 ein, dass die Bewilligungen laut
Grundbuch aus dem Jahr 1904 stammen würden, so dass die Geburtsdaten der Berechtigten zwingend vor
dem Jahr 1912 gelegen haben müssten und die 110-Jahresfrist daher abgelaufen sei.
Mit Beschluss vom 13.01.2023 wies das Amtsgericht – Grundbuchamt – Nürnberg den Antrag auf Löschung
der eingetragenen Dienstbarkeit zurück. Da das Eintragungsdatum maßgeblich sei, sei die 110-Jahresfrist
noch nicht abgelaufen, so dass eine Löschung des Rechts nach
Gegen diesen Beschluss legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 25.01.2023 im Namen der Vertragsteile
Beschwerde ein. Zur Begründung nahm er auf das Schreiben vom 22.12.2022 Bezug.
Mit Beschluss vom 26.01.2023 half das Amtsgericht – Grundbuchamt – Nürnberg der Beschwerde aus den
bereits genannten Gründen nicht ab.
II.
Das gegen den zurückweisenden Beschluss nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als
unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft. Sie ist in zulässiger Weise vom
Urkundsnotar (
weil sie im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist.
Demgegenüber ist der Beteiligte zu 2 als noch nicht im Grundbuch eingetragener Eigentümer mangels
Antragsrechts zwar nicht beschwerdeberechtigt (Kramer in Beck-OK GBO, 48. Edition Stand 02.01.2023,
§ 71 Rn. 181, 199, 203). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Urkundsnotar Beschwerde nur im
Namen der Antragsberechtigten, also der Beteiligten zu 1, einlegen wollte (s. hierzu Demharter GBO 32.
Auflage § 15 Rn. 20).
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Die Beteiligte zu 1 macht eine nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs geltend mit der Begründung, die
in Abteilung II 1 eingetragene beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten von und und sei gemäß § 5
Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) erloschen.
Die Beteiligte zu 1 hat jedoch nicht nachgewiesen, dass diese beschränkt persönliche Dienstbarkeit
erloschen ist.
1. Bei natürlichen Personen genügt zur Löschung der Dienstbarkeit im Grundbuch in der Regel der
Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO durch Vorlage der Sterbeurkunde (Oberlandesgericht des Landes
Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. August 2019 – 12 Wx 30/19 –, juris Rn. 10).
Sterbeurkunden der Berechtigten hat die Beteiligte zu 1 nicht vorgelegt.
2. Die Dienstbarkeit gilt aber auch nicht nach
nicht vorliegen.
Zwar fallen unter
unvererbliche subjektiv-persönliche Vorkaufsrechte, unvererbliche subjektiv-persönliche Reallasten und
Altenteilsrechte. Die Dienstbarkeit gilt dann mit dem Ablauf von 110 Jahren von dem Geburtstag des
Berechtigten an als erloschen,
Grundbuch oder den Grundakten das Geburtsdatum des Berechtigten ergibt. Ist das nicht der Fall –
insbesondere da nach dem früheren Wortlaut des
Grundbuch nicht vorgeschrieben war –, kann gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 GBBerG erst 110 Jahre nach
Grundbucheintragung eine Löschung des Rechts erfolgen (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 26. August 2019 – 12 Wx 30/19 –, juris Rn. 12; Staudinger/Reymann (2017) BGB § 1090 Rn.
49; Böhringer,
2019, § 5 Erlöschen von Dienstbarkeiten und vergleichbaren Rechten, Rn. 3; Grziwotz,
Aus dem Grundbuch und den vorliegenden Grundakten ergibt sich das Geburtsdatum der Berechtigten nicht.
Die vormaligen Grundakten des Amtsgerichts Nürnberg von, Band, Blatt (vor Umschreibung auf das
Loseblattgrundbuch von, Band, Blatt) und Band, Blatt (vor Umschreibung auf das Grundbuch von, Band,
Blatt) sind nach Mitteilung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Nürnberg nicht mehr vorhanden. Auch der
Urkundsnotar hat keine Angaben zu den Geburtsdaten gemacht.
Da sich somit die Geburtsdaten der Berechtigten weder aus dem Grundbuch noch aus den Grundakten
ergeben, kann gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 GBBerG nur auf das Datum der Eintragung abgestellt werden. Die
letzte Eintragung erfolgte ausweislich des Grundbuchs am 07.08.1924, so dass die 110-Jahresfrist des § 5
GBBerG noch nicht abgelaufen ist.
Zwar weist der Urkundsnotar zu Recht darauf hin, dass ausweislich des Grundbuchs die Bewilligung bereits
im Jahr 1904 und damit vor inzwischen 119 Jahren erfolgte. Von dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 S.
2 GBBerG, der ausschließlich auf das Datum der Eintragung abstellt, kann aber auch in einem derartigen
Fall nicht abgewichen werden.
Denn unabhängig davon, ob es sich bei
(so Böhringer,
Staudinger/Reymann (2017) BGB § 1090 Rn. 49) handelt, hat die Vorschrift weitreichende Wirkung, da der
Berechtigte entweder sein Recht verliert oder nur die Wiedereintragung verlangen kann mit der Gefahr von
Rang- und Rechtsverlust nach
zum Nachteil des Berechtigten kommt daher nicht in Betracht.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Kostenfolge angesichts der
Beschwerdezurückweisung aus dem Gesetz ergibt (
GNotKG).
Der Geschäftswert ist nach § 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG festzusetzen und – mangels näherer Anhaltspunkte –
nach § 36 Abs. 3 GNotKG zu bemessen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (
Erlass des Beschlusses (
Hartmann, JAng Übergabe an die Geschäftsstelle Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 20.02.2023.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Nürnberg
Erscheinungsdatum:16.02.2023
Aktenzeichen:15 Wx 249/23
Rechtsgebiete:
Immobilienrechtliches Sonderrecht der neuen Bundesländer
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GBBerG § 5