OLG Saarbrücken 16. Januar 2018
5 W 73/17
HGB § 25 Abs. 1 u. 2

Zu den Voraussetzungen einer Firmenfortführung und der Eintragung eines Haftungsausschlusses

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 27.7.2018
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.1.2018 – 5 W 73/17

HGB § 25 Abs. 1 u. 2
Zu den Voraussetzungen einer Firmenfortführung und der Eintragung eines
Haftungsausschlusses

1. Die Eintragung eines Haftungsausschlusses gemäß § 25 Abs. 2 HGB hat zu erfolgen, wenn die
Möglichkeit der Bejahung der Haftungsvoraussetzungen nach § 25 Abs. 1 HGB zumindest
ernsthaft in Betracht kommt.
2. Eine Firmenfortführung im Sinne des § 25 Abs. 1 HGB liegt nicht vor, wenn eine
Handelsgesellschaft vereinbarungsgemäß beabsichtigt, den Namen einer anderen, bislang unter
dieser Firma am Markt tätigen Handelsgesellschaft „ähnlich einer Marke“ im Rechtsverkehr
weiterzuverwenden.

G r ü n d e :

I.
Mit Schreiben vom 11. April 2017 hat die Antragstellerin zur Eintragung in das
Handelsregister Folgendes angemeldet (Bl. 145 d.A.):
Die E. Sch., Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in S. hat von
P. E. GmbH mit dem Sitz in H. umfangreiche Vermögenswerte erworben.
Hierbei wurde vereinbart, dass E. Sch., Gesellschaft mit beschränkter Haftung
berechtigt ist, den Namen „P. E.“ im Rechtsverkehr zu verwenden.
Rein vorsorglich wird zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, dass
die Haftung der E. Sch., Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in
S. für die im Betrieb des Geschäfts der P. E. GmbH mit dem Sitz in H.
begründeten Verbindlichkeiten ausgeschlossen ist.
Auf Nachfrage des Amtsgerichts zu den Hintergründen ihres Anliegens hat die
Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten ausgeführt, aus ihrer Sicht
sei nicht davon auszugehen, dass die P. E. GmbH mittelfristig noch als werbende
Gesellschaft tätig bleibe. Da sie aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung den
Namen „P. E.“ im Rechtsverkehr führen werde, auch unter Verwendung der
bisherigen wesentlichen Produktionsmittel der P. E. GmbH voraussichtlich auch
bisherige Kunden beliefern und mit bisherigen Vertragspartnern dieser Gesellschaft
kontrahieren werde, sei es durchaus wahrscheinlich, dass ihr ohne die beantragte
Eintragung eine Haftung aus § 25 Abs.1 HGB drohe (Bl. 148 f. d.A.).
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3. August 2017 (Bl. 153 f. d.A.) die
beantragte Eintragung abgelehnt. Zu Begründung hat es ausgeführt, dass es sich
vorliegend nicht um einen Firmenfortführung im Sinne des § 25 HGB, sondern um die
bloße Verwendung des Namens der P. E. GmbH im Rechtsverkehr handele und
daher die Eintragung eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs.2 HGB nicht in
Betracht komme.
Gegen den ihr am 9. August 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die im Original
am 30. August 2017 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese
unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihr Anliegen auf
Eintragung eines Haftungsausschlusses weiter verfolgt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt (Bl. 162 ff. d.A.)

II.
Die nach den §§ 382 Abs. 3, 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige
Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Der Senat ist mit dem Amtsgericht
der Auffassung, dass die beantragte Eintragung eines Haftungsausschlusses gemäß
§ 25 Abs. 2 HGB unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht kommt.

1.
Die Eintragung eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB hat zu erfolgen,
wenn sich anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Beurteilungskriterien
ergibt, dass die Möglichkeit der Bejahung der Haftungsvoraussetzungen nach § 25
Abs. 1 HGB zumindest ernsthaft in Betracht kommt. Grund hierfür ist, dass Erwerber
davor geschützt werden müssen, dass das Registergericht die Eintragungsfähigkeit
des Haftungsausschlusses verneint, das Prozessgericht auf Klage eines Gläubigers
die Haftungsvoraussetzungen des § 25 Abs. 1 HGB indes bejaht (vgl. OLG Hamm,
NJW-RR 1999, 396; OLG Düsseldorf, MDR 2011, 924; OLG Zweibrücken, NZG
2013, 1235; Burgard, in: Staub, HGB Großkommentar 5. Aufl., § 25 Rn. 131).

a)
Nach § 25 Abs. 1 HGB haftet, wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft
unter der bisherigen Firma fortführt, (auch) für alle im Betrieb des Geschäfts
begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die Haftung nach § 25 Abs. 1
Satz 1 HGB greift nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein,
wenn zwar der Unternehmensträger wechselt, das Unternehmen selbst aus der Sicht
des maßgeblichen Verkehrs aber im Wesentlichen unverändert unter der alten
Firmenbezeichnung fortgeführt wird (BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 – III ZR 116/11,
MDR 2012, 1176). Der Haftungstatbestand des § 25 Abs. 1 HGB ist mithin unter den
folgenden drei Voraussetzungen gegeben: Das Geschäft muss unter Lebenden
erworben sein; es muss also ein Wechsel des Unternehmensträgers stattgefunden
haben. Sodann muss der neue Inhaber das Geschäft weiterführen. Schließlich muss
er auch die Firma fortführen, wobei es nach der Verkehrsauffassung genügt, dass
der Kern der alten und der neuen Firma sich gleichen (siehe zuletzt etwa OLG
Hamm, Beschluss vom 25. Mai 2016 – 27 W 23/16, juris, m.w.N.). Ist nur eines der
angeführten Tatbestandsmerkmale nicht vorhanden, so tritt eine Haftung nach § 25
Abs. 1 HGB nicht ein (BayObLG, NJW-RR 1988, 869).

b)
Die Frage, ob eine Firmenfortführung vorliegt, ist aus der Sicht der maßgeblichen
Verkehrskreise zu beantworten, für die allein entscheidend ist, dass die unter dem
bisherigen Geschäftsinhaber tatsächlich geführte und von dem Erwerber weiter
geführte Firma eine derart prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem
Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der
bisherigen Firma sieht („Kontinuität“; BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 – III ZR 116/11,
MDR 2012, 1176). Für die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 HGB kommt es nicht
darauf an, welche Erklärung gegenüber dem Registergericht abgegeben wird,
sondern vielmehr darauf, unter welcher Bezeichnung ein Unternehmen tatsächlich
am Markt auftritt (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1986 – II ZR 303/85, NJW 1987,
1633; Urteil vom 4. November 1991 – II ZR 85/91, NJW 1992, 911). Dass die alte
Firma nicht unverändert fortgeführt wird, ist unerheblich, sofern der prägende Teil der
alten in der neuen Firma beibehalten ist und deswegen die mit dem jeweiligen
Unternehmen in geschäftlichem Kontakt stehenden Kreise des Rechtsverkehrs die
neue Firma noch mit der alten identifizieren (BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 – III ZR
116/11, MDR 2012, 1176, m.w.N.). § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB gelangt auch dann zur
Anwendung, wenn eine „sukzessiv erfolgende Unternehmensübernahme“ vorliegt, es
also zeitweilig zu einer parallelen Existenz von Alt- und Neuunternehmen kommt,
sofern sich für den Rechtsverkehr die Betätigung des übernehmenden
Unternehmens als Weiterführung des ursprünglichen Unternehmens in seinem
wesentlichen Bestand darstellt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 – III ZR 116/11, MDR
2012, 1176; Urteil vom 24. September 2008 – VIII ZR 192/06, NJW-RR 2009, 820).

c)
Da die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 HGB an die „Fortführung“ der Firma anknüpft, ist
überdies erforderlich, dass die Bezeichnung vom Erwerber so geführt wird, dass der
Verkehr daraus entnehmen muss, es handle sich um die vom Unternehmer gewählte
Firma (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1986 – II ZR 303/85, NJW 1987, 1633;
Burgard, in: Staub, a.a.O., § 25 HGB Rn. 66; Reuschle, in:
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB 3. Aufl., § 25 Rn 48). Gemeint ist die Firma als
Handelsname des Kaufmannes oder Name der Gesellschaft i.S.d. § 17 HGB
(Burgard, in: Staub, a.a.O., § 25 HGB Rn. 64). Die Übernahme eines
Handelsgeschäfts unter Fortführung einer bloßen Geschäfts- oder
Etablissementbezeichnung löst dagegen keine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB aus
(BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – II ZR 140/13, ZIP 2014, 1329; vgl. BGH,
Urteil vom 29. November 1956 - II ZR 32/56, BGHZ 22, 234; Urteil vom 29. April
1964 - VIII ZR 2/63, DB 1964, 1297). Auf die Fortführung einer Etablissement- oder
Geschäftsbezeichnung als Firma kann § 25 Abs. 1 HGB auch nicht entsprechend
angewandt werden (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – II ZR 140/13, ZIP
2014, 1329; vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1991 - XI ZR 256/90, ZIP 1991,
1586; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB 37. Aufl., § 25 Rn. 8; ; Burgard, in: Staub,
a.a.O., § 25 HGB Rn. 64 ff.; Reuschle, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., §
25 Rn. 47; Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. § 25 Rn. 17).

2.
Danach sind die Voraussetzungen der von der Antragstellerin begehrten Eintragung
hier schon deshalb nicht erfüllt, weil es an der – eigenständigen – Voraussetzung
einer „Firmenfortführung“ fehlt und infolgedessen die Möglichkeit einer Haftung nach
§ 25 Abs. 1 HGB hier nicht ernsthaft in Betracht kommt.

a)
Hierfür genügt nicht, dass die Antragstellerin, die nach ihren Angaben umfangreiche
Vermögenswerte von der P. E. GmbH erworben hat, vereinbarungsgemäß berechtigt
ist, den Namen „P. E.“ im Rechtsverkehr zu verwenden. Darin liegt – wie die
Antragstellerin im Übrigen selbst einräumt – nicht die Fortführung des Namens dieser
Gesellschaft als Firma (vgl. § 17 HGB); vielmehr zielt die dargestellte Vereinbarung
nur darauf ab, einen dieser Firma ähnelnden Namen als bloße Marke oder
Geschäftsbezeichnung zu verwenden. Marken kennzeichnen das Produkt des
Unternehmens, nicht dieses selbst (Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 17 Rn. 10).
Geschäftsbezeichnungen haben zwar ebenso wie Firmen Namensfunktion; im
Unterschied zu Firmen, die als Name des Kaufmanns den Unternehmensträger
bezeichnen, benennen sie Unternehmen oder Unternehmensteile, insbes.
Betriebsstätten (Burgard, in: Staub, a.a.O., § 17, Rn. 15; Ries in: Röhricht/Graf von
Westphalen/Haas, a.a.O., § 17 Rn. 9). Handelsgesellschaften können, selbst wenn
sie klar getrennt mehrere Handelsgeschäfte betreiben, stets nur eine einzige Firma
führen, der zugleich ihr Name schlechthin ist; wollen sie erworbenes Unternehmen
weiterführen, dürfen sie dessen Firma nicht fortführen, ohne auf ihre bisherige Firma
zu verzichten (BGH, Beschluss vom 21. September 1976 – II ZB 4/74 –, BGHZ 67,
166; Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 17 Rn. 9). Hingegen können auch sie
verschiedene Handelsgeschäfte und Abteilungen desselben Handelsgeschäfts durch
andere Kennzeichnungen unterscheiden (Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 17 Rn.
9). So liegt es auch hier, wenn die Antragstellerin, die als Handelsgesellschaft unter
„Eugen Schmidt GmbH“ firmiert, vereinbarungsgemäß lediglich die Bezeichnung „P.
E.“ im Rechtsverkehr nutzen will: Sowohl ihre Anmeldung als auch ihr weiterer
Vortrag verweisen nur auf die beabsichtigte Verwendung dieses Namens durch die
Antragstellerin, „ähnlich einer Marke“ (Bl. 151 d. A.), ohne dass damit zugleich eine
Übernahme der Firma dieser Gesellschaft beabsichtigt wäre.

b)
Ein solcher Tatbestand unterfällt nicht § 25 Abs. 1 HGB und ist daher nicht
eintragungsfähig. Da die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 HGB an die Fortführung der
Firma anknüpft, ist es erforderlich, dass die Bezeichnung „firmenmäßig“, d.h. so
geführt wird, dass der Verkehr daraus entnehmen muss, es handle sich um die vom
Unternehmer gewählte Firma (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1986 – II ZR 303/85,
NJW 1987, 1633; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 1997, 733). Das ist unter den
gegebenen Umständen jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass die
Antragstellerin das Handelsgewerbe der P. E. GmbH unter deren bisheriger Firma
fortführen wird. Soweit die Antragstellerin als Handelsgesellschaft nur eine Firma
führen kann, die zugleich ihr Name ist, stellt die beabsichtigte Verwendung der
Bezeichnung „Papier-P. E.“ im Sinne einer werbenden Bezeichnung aus der –
maßgebenden – Sicht der beteiligten Verkehrskreise (vgl. BGH, Versäumnisurteil
vom 28. November 2005 – II ZR 355/03, NJW 2006, 1002) nicht als
Firmenfortführung dar. Bei dieser Sachlage ist auf der Grundlage der mittlerweile
gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (zuletzt BGH, Beschluss vom 17.
Dezember 2013 – II ZR 140/13, ZIP 2014, 1329) das Risiko einer Haftung aus § 25
Abs. 1 HGB hier nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Soweit frühere obergerichtliche
Entscheidungen mit Blick auf den damaligen Meinungsstand, auf den auch die
Beschwerde unter Verweis auf – ausnahmslos – ältere Kommentierungen abhebt,
insoweit eine großzügigere Betrachtung an den Tag gelegt haben (vgl. OLG
München, ZIP 2008, 1323; OLG Köln, NJW-RR 2010, 1558; OLG Zweibrücken, ZIP
2014, 569), erscheint dies dem Senat nunmehr als überholt.

c)
Fehlt es mithin am Tatbestand des § 25 Abs. 1 HGB, so scheidet die Eintragung
eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB aus (OLG Zweibrücken, NZG
2013, 1235). Dass die vorgetragenen Umstände aufgrund der Namensgleichheit der
verwendeten Bezeichnung möglicherweise zur tatsächlichen Verwechslung mit der
Firma P. E. GmbH und, daraus resultierend, außerhalb des Anwendungsbereichs
des § 25 HGB zu einer Haftung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten führen könnten
(vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 – III ZR 116/11, MDR 2012, 1176; Burgard, in:
Staub, a.a.O., § 25 Rn. 67; einschränkend Ries in: Röhricht/Graf von
Westphalen/Haas, a.a.O., § 25 Rn. 21), begründet keinen eintragungsfähigen
Sachverhalt (vgl. BayObLG, NJW-RR 1988, 869; OLG Hamm, NJW-RR 1994, 1119;
OLG München, ZIP 2008, 1323).

3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 36
Abs. 3 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Saarbrücken

Erscheinungsdatum:

16.01.2018

Aktenzeichen:

5 W 73/17

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht

Erschienen in:

NJW-RR 2018, 420-422

Normen in Titel:

HGB § 25 Abs. 1 u. 2