OLG München 23. Februar 2015
34 Wx 7/14
BGB §§ 133, 873 Abs. 1, 1010; GBO §§ 46 Abs. 2, 53 Abs. 1 S. 1

Aufhebungsausschluss bei Miteigentümergemeinschaft an Grundstück; keine Wirkung des Aufhebungsausschlusses ggü. Teilsondernachfolger; Auslegung der ursprünglichen Aufhebungsvereinbarung

BGB §§ 133, 873 Abs. 1, 1010; GBO §§ 46 Abs. 2, 53 Abs. 1 S. 1
Aufhebungsausschluss bei Miteigentümer-gemeinschaft an Grundstück; keine Wirkung des Aufhebungsausschlusses ggü. Teilsonder-nachfolger; Auslegung der ursprünglichen Aufhebungsvereinbarung

1. Ist nach Übertragung eines Teils eines Miteigentums im Grundbuch zwar der Ausschluss des Rechts, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, im Verhältnis der bisherigen Miteigentümer und im Verhältnis des neuen Miteigentümers zu dem nicht an der Veräußerung beteiligten Miteigentümer, nicht aber im Verhältnis von Erwerber und Veräußerer eingetragen, so kommt eine Grundbuchunrichtigkeit nur in Betracht, wenn die Auslegung der ursprünglichen Bestellung ergibt, dass der Ausschluss zugunsten aller, auch der erst später hinzukommenden Miteigentümer bestehen soll.

2. Wird das nur zugunsten der vorhandenen Miteigentümer eingetragene Recht vom neuen Miteigentümer übernommen, ist damit nicht ohne Weiteres auch eine Bindung zwischen Veräußerer und Erwerber vereinbart.

OLG München, Beschl. v. 23.2.2015 – 34 Wx 7/14

Problem
Haben Miteigentümer eine Benutzungs- oder Verwaltungs-vereinbarung untereinander getroffen, so wirkt eine solche Vereinbarung beim Eigentumswechsel durch Sonder-rechtsnachfolge – abweichend von §§ 746, 751 S. 1 BGB – nur dann gegenüber dem neuen Bruchteilseigentümer, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist (so bereits der Wortlaut des § 1010 Abs. 1 BGB). Das OLG München hat sich in seinem Beschluss vom 23.2.2015 mit der praxisrelevanten Sonderfrage befasst, ob und inwiefern ein im Grundbuch eingetragener Aufhebungsausschluss zwischen Miteigentümern auch im Verhältnis zu einem Teilsondernachfolger bei Teilübertragung eines Miteigentumsanteils an diesen gilt, sofern die ursprünglichen Miteigentümer für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung getroffen haben. Das OLG München gelangt überraschenderweise zu dem Ergebnis, dass der Teilsondernachfolger zwar in den Aufhebungsausschluss des übertragenden Miteigentümers teilweise eintritt (und insofern auch verpflichtet ist), der Aufhebungsausschluss jedoch im Verhältnis zwischen übertragendem Miteigentümer und erwerbendem Teilsondernachfolger nicht ohne Weiteres Wirkung entfaltet.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Mutter (M) vereinbarte mit einem ihrer Söhne (S1) den Ausschluss der Aufhebung gem. § 1010 Abs. 1 BGB und ließ dies im Grundbuch eintragen. Der Ausschluss betraf ein Zufahrtsgrundstück, das seit einer Teilübertragung auf S1 zu 2/3 im Eigentum der M und zu 1/3 im Eigentum des S1 stand. Kurze Zeit später überließ M ihrem weiteren Sohn (S2) die Hälfte ihres verbliebenen 2/3-Miteigentumsanteils (d. h. einen 1/3-Miteigentumsanteil) zu Eigentum, wobei S2 in der notariellen Urkunde ausdrücklich die Belastung des übernommenen Anteils zugunsten des jeweiligen Miteigentümers, nämlich den Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft nach § 1010 BGB übernahm. Daraufhin vermerkte das Grundbuchamt im Grundbuch, dass der von S2 übernommene 1/3-Miteigentumsanteil nur im Verhältnis zu S1 mit dem Aufhebungsausschluss belastet sei, nicht jedoch im Verhältnis zu M. M und S2 beantragten daher, die Eintragung dahingehend zu berichtigen, dass der von S2 übernommene 1/3-Miteigentumsanteil nicht nur zugunsten von S1, sondern auch zugunsten der jeweiligen anderen Miteigentümer (also einschließlich M) mit dem Aufhebungsausschluss belastet sei. Das Grundbuchamt wies diesen Antrag zurück. Es vertrat die Ansicht, die ursprüngliche Vereinbarung zwischen M und S1 betreffe nur die ursprünglichen Anteile von M (2/3-Miteigentumsanteil) und von S1 (1/3-Miteigentumsanteil). Eine Erstreckung auf die Untergemeinschaft mit S2 setze hingegen eine neue Vereinbarung der M mit diesem voraus. Dass S2 den Aufhebungsausschluss übernommen habe, bedeute nur die Anerkennung des bestehenden Rechtszustands, enthalte aber keine ergänzende Vereinbarung.

M und S2 legten gegen die Zurückweisung des Grundbuchamts Beschwerde ein. Das OLG München legte dies als das Begehren aus, dass ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO eingetragen werde.

Entscheidung
Das OLG München erachtet die Beschwerde als unbegründet.

Ähnlich wie das Grundbuchamt gelangt das OLG zu dem Ergebnis, dass der ursprünglich zwischen M und S1 vereinbarte und im Grundbuch verlautbarte Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft auch nach Teilübertragung des Miteigentumsanteils von M an S2 nur im Verhältnis zwischen M und S1 sowie (abgeleitet) im Verhältnis zwischen S2 und S1 gelte. Keine Geltung beanspruche der Aufhebungsausschluss hingegen zwischen M und S2. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der ursprünglichen Ausschlussvereinbarung zwischen M und S1.

Für die Auslegung der ursprünglichen Miteigentümer-vereinbarung zieht das OLG München § 133 BGB entsprechend heran. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt Grenzen setzten. Dass der „Ausschluss des Rechts, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, nach der nächstliegenden Bedeutung alle möglichen, auch später nach weiteren Teilungen hinzukommenden Miteigentümer umfassen solle“, ergebe sich „weder zwangsläufig noch als ohne weiteres gewollter Regelungsinhalt“. Vielmehr sei keineswegs auszuschließen, dass ein Teilsondernachfolger kein eminentes Interesse habe, dass der ursprünglich vereinbarte Ausschluss der Aufhebung auch in jedem durch die Teilübertragung entstehenden Verhältnis gelte. So könne der Eigentümer eines Hinterliegergrundstücks etwa ein größeres Interesse an einem Aufhebungsausschluss haben als ein Nachbar des Zufahrtsgrundstücks, der selbst unmittelbaren Zugang zur Straße habe.

Ähnlich restriktiv legt das OLG München den Vertrag zwischen M und S2 aus, mit dem S2 einen Teil des ursprünglichen 2/3-Miteigentumsanteils der M (1/3-Miteigentumsanteil) übernommen hat. Zwar habe S2 darin ausdrücklich den Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft übernommen; hieraus lasse sich aber nicht schließen, dass M und S2 konkludent auch untereinander einen Aufhebungsausschluss hätten vereinbaren wollen.

Fazit
Die Entscheidung des OLG München, die in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten war, ist in doppelter Hinsicht beachtenswert. Angesichts der restriktiven Auslegung des OLG kann sich zum einen – sofern dies gewollt ist – bereits bei der Vereinbarung eines Aufhebungsausschlusses gem. § 1010 BGB eine klarstellende Regelung empfehlen, dass der Ausschluss bei späteren (Teil-)Übertragungen von Miteigentumsanteilen mit Wirkung zwischen sämtlichen Miteigentümern (weiter) Geltung beansprucht. Zum anderen mag sich anlässlich einer (Teil-)Übertragung die Klarstellung anbieten, dass der Aufhebungsausschluss spätestens ab Übertragung auch zwischen dem veräußernden Miteigentümer und dem teilweise in die Miteigentümerstellung eintretenden Erwerber gelten soll. Nimmt man die Entscheidungsgründe des vorliegenden Beschlusses zum Maßstab, wird das Grundbuchamt nämlich nur dann eine klarstellende Regelung in Abteilung II des Grundbuchs eintragen, wenn entweder die Miteigentümer- oder die Übernahmevereinbarung einen Parteiwillen, dass der Aufhebungsausschluss erga omnes gelten soll, hinreichend erkennen lässt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

23.02.2015

Aktenzeichen:

34 Wx 7/14

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2015, 158-159
MittBayNot 2016, 511-516

Normen in Titel:

BGB §§ 133, 873 Abs. 1, 1010; GBO §§ 46 Abs. 2, 53 Abs. 1 S. 1