Handelsregister: Nießbrauch an Kommanditanteil nicht eintragungsfähig
letzte Aktualisierung: 17.01.2020
OLG Köln, Beschl. v. 7.10.2019 – 18 Wx 18/19
BGB §§ 1030 Abs. 1, 1068 Abs. 2; HGB §§ 106 Abs. 2, 161, 162 Abs. 1
Handelsregister: Nießbrauch an Kommanditanteil nicht eintragungsfähig
Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil kann nicht in das Handelsregister eingetragen werden
(Anschluss an OLG München, Beschluss vom 08.08.2016 – 31 Wx 204/16 –,
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligte zu 3) ist Kommanditistin der Gesellschaft. Durch notariellen Vertrag vom
31.05.2019 hat sie einen Teil ihres Kommanditanteils auf die Beteiligte zu 4) übertragen.
Weiter heißt es in dem Vertrag:
„An dem übertragenen Kommanditanteil ist Frau A der lebenslängliche, in der Ausübung
unentgeltliche Nießbrauch zu einer Quote von 80 % vorbehalten (eintragungsfähig,
Staudinger, BGB 2009, §§ 1068, 1069 Rn. 57 ff., Ulmer, MK, § 705 Rn. 99 ff., OLG
Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2019, 8 W 25/13).“
Den entsprechenden Eintragungsantrag vom 05.06.2019 (Bl. 43 d. A.) hat das
Handelsregister durch einen am 25.06.2019 erlassenen Beschluss (Bl. 44f. d. A.) mit der
Begründung zurückgewiesen, dass eine solche Eintragung gesetzlich nicht geboten sei
und deshalb zu unterbleiben habe. Der hiergegen am 01.07.2019 eingelegten Beschwerde
(Bl. 48 d. A.) hat das Handelsregister durch am 09.07.2019 erlassenen Beschluss (Bl. 54f.
d. A.) nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg
Grundsätzlich sind nur solche Tatsachen in das Handelsregister einzutragen, deren
Eintragung im Gesetz, für die Kommanditgesellschaft in
vorgesehen ist. Hierzu gehört der Nießbrauch an einem Kommanditanteil nicht. Dies allein
steht der Eintragung aber nicht zwingend entgegen, denn es ist anerkannt, dass auch
nicht eintragungspflichtige Tatsachen eintragungsfähig sind, wenn ein erhebliches
Bedürfnis des Rechtsverkehrs an deren Verlautbarung besteht (BGH, Beschluss vom
14.02.2012 – II ZB 15/11 -,
Nießbrauch an einem Kommanditanteil gilt, ist in Rechtsprechung und Schrifttum
umstritten.
Zum Teil wird ein die Eintragungsfähigkeit begründendes Informationsbedürfnis verneint,
weil der Nießbraucher im Außenverhältnis nicht hafte (OLG München, Beschluss vom
08.08.2016 – 31 Wx 204/16 -,
4. Aufl. 2016, § 106 Rn. 36; Born in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014,
§ 106 Rn. 11; Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Hass, HGB, 5. Aufl. 2019, § 106 Rn.
8). Auch sei die Beteiligung des Nießbrauchers an den Verwaltungsrechten nicht mit
denen eines Testamentsvollstreckers, für den der Bundesgerichtshof (a. a. O.) die
Eintragungsfähigkeit bejaht hat, vergleichbar. Nach der Gegenauffassung soll dagegen ein
Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs bestehen. Dies wird zum einen aus dem
Einfluss des Nießbrauchers auf die Verwaltung der Kommanditgesellschaft gefolgert,
wobei teilweise angenommen wird, der Nießbraucher habe ein eigenes Stimmrecht bei
Beschlüssen über die laufende Verwaltung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2013 – 8
W 25/13 -,
Rn. 62), teilweise aber auch darauf abgestellt wird, dass gemäß
des Gesellschaftsvertrages nur mit seiner Zustimmung erfolgen könnten (OLG Oldenburg,
Beschluss vom 09.03.2015 – 12 W 51/15 -,
auch eine eigene Haftung des Nießbrauchers bejaht (Schäfer in Staub, HGB, 5. Aufl.
2009, § 106 Rn. 16).
Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an und verneint ein die Eintragung
des Nießbrauchs rechtfertigendes Informationsbedürfnis. Haftungsrechtliche Erwägungen
vermögen ein Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs nicht zu begründen. Entgegen
der oben zitierten Auffassung begründet der Nießbrauch keine Haftung des Nießbrauchers
im Außenverhältnis. Der Nießbrauch begründet ein Recht, Nutzungen zu ziehen (§§ 1030
Abs. 1, 1068 Abs. 2 BGB). Hieraus folgt aber keine Verpflichtung gegenüber Dritten.
Entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (a. a. O.) steht dem Nießbraucher auch kein
Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zu, denn die Bestellung des Nießbrauchs
ändert nichts an der Gesellschafterstellung des Kommanditisten. Dies zeigt sich
insbesondere auch in dem hier gegebenen Fall, dass der Nießbrauch nur zu einem
prozentualen Anteil des Rechts bestellt wird, im Übrigen aber beim Kommanditisten bleibt,
denn das Stimmrecht kann für jeden Gesellschaftsanteil nur einheitlich ausgeübt werden
(MünchKomm-HGB/K. Schmidt, a. a. O., § 105 Rn. 235; Heinze in Staudinger, BGB, 2017,
Anh. §§ 1068, 1069 Rn. 72), was sogar bei Grundlagenbeschlüssen gilt (BGH, Urteil vom
09.11.1998 – II ZR 213/97 -,
Grundlagenentscheidungen gemäß
bedürfen. Dies bedeutet aber keineswegs, dass die Zustimmung des Nießbrauchers
konstitutive Bedeutung für die entsprechende Beschlussfassung innerhalb der
Kommanditgesellschaft hätte. Eine solche weitgehende Wirkung ist vielmehr im Hinblick
darauf, dass die Bestellung des Nießbrauchs, die ohne Mitwirkung und Kenntnis der
Gesellschaft erfolgen kann und nichts an der Gesellschafterstellung des Kommanditisten
ändert, abzulehnen (ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.1998 – 3 Wx 209/98 -,
a. a. O., Rn. 76).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 36 Abs. 3 GNotKG. Im Hinblick auf die Divergenz in der obergerichtlichen
Rechtsprechung war gemäß
R e c h t s mi t t e l b e l e h r u n g :
Gegen diese Entscheidung besteht das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde. Die
Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen
Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen. Diese muss
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und
beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses.
Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die
elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die
Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen
Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person
signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß
Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen
Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I,
S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite
www.justiz.de.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:07.10.2019
Aktenzeichen:18 Wx 18/19
Rechtsgebiete:
Kommanditgesellschaft (KG)
OHG
Kostenrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
MittBayNot 2020, 368-369
RNotZ 2020, 236-237
BWNotZ 2020, 59-60
FGPrax 2019, 265
ZEV 2020, 110-111
BGB §§ 1030 Abs. 1, 1068 Abs. 2; HGB §§ 106 Abs. 2, 161, 162 Abs. 1