Kammergericht 08. Juni 2023
AR 2/22 Not
BNotO §§ 7a, 7b, 7f, 7g

Notarielle Fachprüfung: Auswahl der Aufsichtspersonen; stichprobenartige Kontrolle der mitgeführten Hilfsmittel; offene Zweitkorrektur

letzte Aktualisierung: 30.10.2023
KG, Urt. v. 8.6.2023 – AR 2/22 Not

BNotO §§ 7a, 7b, 7f, 7g
Notarielle Fachprüfung: Auswahl der Aufsichtspersonen; stichprobenartige Kontrolle der
mitgeführten Hilfsmittel; offene Zweitkorrektur

1. Für die Auswahl der Aufsichtspersonen bei dem schriftlichen Teil der notariellen Fachprüfung ist
kein besonderes Verfahren vorgesehen. Fehler bei der Auswahl könnten allenfalls dann zur
Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn sie wesentlich waren und somit ein Einfluss auf
das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann.
2. Zur Unterbindung bzw. frühzeitigen Erkennung von Täuschungsversuchen ist die stichprobenartige
Kontrolle der von den Kandidaten mitgeführten – zugelassenen – Hilfsmittel ein
geeignetes und anerkanntes Mittel. Fühlt sich ein Kandidat durch eine solche Kontrolle in seinem
Recht auf Chancengleichheit verletzt, hat er dies innerhalb eines Monats bei dem Prüfungsamt
schriftlich zu monieren.
3. Der Senat hält daran fest, dass gegen das Prinzip der sog. „offenen Zweitkorrektur“ keine
rechtlichen Bedenken bestehen. Nichts Anderes gilt im Überdenkungsverfahren.

Gründe

I. Die Klageanträge zu 1. und 2. sind als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
Der Kläger strebt die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 6. Januar 2022 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2022 – Antrag zu 1. - und die Neubewertung
der von ihm gefertigter Klausuren F 20-121 und F 20-122 an – Antrag zu 2. Insofern handelt es
sich um eine Bescheidungsklage, die eine Unterart der Verpflichtungsklage darstellt, § 113 Abs. 5
S. 2 VwGO (vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Auflage, Rdn. 827).
Das gerichtliche Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung,
soweit sich aus der Bundesnotarordnung keine abweichenden Bestimmungen ergeben, § 111b
Abs. 1 S. 1 BNotO.

II. Die Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht nach Zustellung des
Widerspruchbescheids erhoben worden, §§ 74 Abs. 2, 57 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2
VwGO, 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, 111c Abs. 1 S. 2 BNotO.
Der Senat ist sachlich zuständig, weil es sich um eine verwaltungsrechtliche Notarsache handelt,
§ 111 Abs. 1 BNotO (vgl. BT-Drs 17/3356, S. 16). Die örtliche Zuständigkeit des Senats folgt
aus § 111a S. 1 BNotO, weil der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten in Berlin am Sitz
der Bundesnotarkammer, §§ 7g Abs. 1, 76 Abs. 2 BNotO in Verbindung mit § 1 der Satzung der
Bundesnotarkammer erlassen worden ist.

III. Die Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 6. Januar
2022 sowie der Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2022 sind rechtswidrig und verletzen den
Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

1. Allerdings kann der Kläger mit seinen allgemeinen Einwendungen gegen das
Prüfungsverfahren nicht gehört werden. Sie rechtfertigen für sich keine Änderung der
angefochtenen Bescheide bzw. deren Neubescheidung.

Es ist nichts dafür ersichtlich, der Beklagte hätte Einfluss auf die Beurteilungen der
Klausurlösungen des Klägers mit dem Ziel genommen, diese „einer besonders strengen und im
Ergebnis vernichtenden Bewertung zu unterziehen“. Die von dem Kläger hierzu vorgetragenen
Umstände geben zu einer solchen Annahme bei verständiger Würdigung im Einzelnen wie auch
in ihrer Gesamtheit keinen Anlass.

a) Die Leitung des Prüfungsamtes kann Behinderten die Bearbeitungszeit für die Anfertigung
der Aufsichtsarbeiten auf Antrag je nach Schwere der Behinderung um bis zu zwei Stunden für
jede Aufsichtsarbeit verlängern, § 7i BNotO, § 16 S. 1 Notarfachprüfungverordnung – NotFV.
Dem Prüfungsamt ist auf Verlangen ein amtsärztliches Zeugnis vorzulegen, aus dem hervorgeht,
inwieweit die Behinderung die Fähigkeit des Prüflings einschränkt, die vorgeschriebene
Bearbeitungszeit einzuhalten, § 16 S. 4 NotFV.

Ein solches amtsärztliches Zeugnis hat der Beklagte mit Schreiben vom 23. Juli 2021 unter
Fristsetzung bis zum 23. August 2021 von dem Kläger erfordert. Dass die dem Kläger gesetzte
Frist zu kurz bemessen gewesen sei, ihm die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses also nicht
innerhalb eines Monats hätte möglich sein sollen, wird schon durch den weiteren
Verfahrensablauf widerlegt. Der Kläger konnte bereits am 3. August 2021 amtsärztlich
untersucht werden und der Beklagte hat den Nachteilsausgleich antragsgemäß mit Bescheid vom
19. August 2021 gewährt. Über die von dem Kläger beantragte Fristverlängerung musste, wie er
selbst erkannt hatte, nicht mehr entschieden werden.

b) Den Bedenken des Klägers hinsichtlich der Auswahl der Aufsichtspersonen bei den
Klausuren muss nicht weiter nachgegangen werden. Der Kläger zeigt schon keine Tatsachen
auf, die auf ein verfahrensfehlerhaftes Auswahlverfahren schließen lassen könnten. Allein die
verwandtschaftlichen Beziehungen einer Aufsichtsperson zu dem Beklagten begründen keine
durchgreifenden Zweifel an der ordnungsgemäßen Auswahl. Die erforderlichen
Aufsichtspersonen werden von der örtlichen Prüfungsleitung ausgewählt und bereitgestellt, § 10
Abs. 2 S. 1 NotFV. Ein besonderes Auswahlverfahren ist hierfür nicht vorgesehen.
Aber selbst Fehler bei der Auswahl der Aufsichtspersonen könnten nur dann zur Aufhebung
der Prüfungsentscheidung führen, wenn sie wesentlich waren und somit ein Einfluss auf das
Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann. Das ist bei einer möglicherweise
fehlerhaften Besetzung des Verwaltungsrats, §§ 7g Abs. 5 BNotO, 2 NotFV, oder der
Aufgabenkommission, §§ 7g Abs. 4 BNotO, 3 NotFV, verneint worden (BGH, MDR 2023, 463,
464). Für die Auswahl der Aufsichtspersonen bei der Durchführung der schriftlichen Prüfung
kann nichts Anderes gelten.

c) Für den Vorwurf des Klägers, der Beklagte hätte die „Aufdeckung“ des
Verwandtschaftsverhältnisses zum Anlass genommen, (negativen) Einfluss auf das
Prüfungsergebnis des Klägers zu nehmen, fehlt jeder Anhalt.

aa) Hierfür spricht nicht die bei dem Kläger vor Beginn der nächsten Klausur durchgeführte
Kontrolle seiner mitgeführten Hilfsmittel.

Im Rahmen der notariellen Fachprüfung gilt der Grundsatz der Chancengleichheit. Deshalb
muss die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung gewährleistet
sein, § 7a Abs. 3 S. 2 BNotO (Lohmann, in: Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl., § 7a, Rdn. 11;
Teschner, in: BeckOK BNotO, Stand August 2022, § 7a, Rdn. 14). Dagegen dürfen auch die
Kandidaten nicht verstoßen, indem sie etwa versuchen, das Ergebnis der notariellen
Fachprüfung durch Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, unzulässiger Hilfe Dritter oder
sonstige Täuschung zu beeinflussen. Wird ein solcher Täuschungsversuch erkannt, ist die
betroffene Prüfungsleistung mit null Punkten zu bewerten, § 7f Abs. 1 S. 1 BNotO.
Ein Täuschungsversuch kommt bei der Verwendung dem Grunde nach zugelassener, aber von
dem Kandidaten manipulierter Hilfsmittel in Betracht (Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn.
232). Zur Unterbindung bzw. frühzeitigen Erkennung entsprechenden Verhaltens von
Kandidaten ist die stichprobenartige Kontrolle ihrer mitgeführten Hilfsmittel ein geeignetes und
anerkanntes Mittel (Teschner, a.a.O., § 7f, Rdn. 1). Aus dem Umstand, dass ggf. am zweiten
Prüfungstag nicht alle Kandidaten einer solchen Kontrolle unterzogen worden waren, lässt sich
deshalb keine gegen den Kläger gerichtete Einstellung des Beklagten herleiten.

Dessen ungeachtet hätte der Kläger diese Behandlung binnen einer Frist von einem Monat bei
dem Beklagten schriftlich monieren müssen, sollte er dadurch die Chancengleichheit verletzt
gesehen haben. Dann hätte der Beklagte auf Antrag des Klägers Gelegenheit gehabt
anzuordnen, dass die notarielle Fachprüfung oder einzelne Teile der Prüfung durch den Kläger
zu wiederholen seien, § 18 NotFV. Diese (Ausschluss-)Frist (vgl. BGH, WM 2021, 1249, 1250;
Senat, Beschluss vom 3. März 2020 – Not 5/19 - juris) hat der Kläger versäumt. Wegen des in
§ 18 Abs. 2 NotFV vorausgesetzten Formerfordernisses kam es deshalb auch nicht darauf an,
ob in dem entsprechenden Prüfungsprotokoll entsprechende Vermerke enthalten sind.

bb) Der Senat sieht keinen Grund, den von dem Kläger gestellten Beweisanträgen nachzugehen,
soweit sie darauf gerichtet sind, mögliche Einflussnahmen des Beklagten auf die Korrektoren zu
beweisen. Der Senat ist an die Anträge bereits nicht gebunden, § 86 Abs. 1 S. 2 VwGO. Auch
der Untersuchungsgrundsatz, § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO, gibt keinen Anlass zu entsprechenden
Ermittlungen. Aufklärungsmaßnahmen sind nur dann veranlasst, wenn sich diese nach den
Umständen des Einzelfalles aufdrängen (BVerwG, NVwZ 1988, 1019, 1020). Das ist vorliegend
nicht der Fall.

Insbesondere lassen auch die Stellungnahmen der Korrektoren im Widerspruchsverfahren nicht
auf eine Einflussnahme durch den Beklagten schließen. Allein der Umstand, dass die
Korrektoren trotz der Einwände des Klägers an ihren Einzelbeurteilungen festhielten,
rechtfertigt die Annahme einer Einflussnahme nicht.

d) Die rechtlichen Bedenken des Klägers gegen das Prinzip der sogenannten „offenen
Zweitkorrektur“ teilt der Senat nicht. Die von dem Kläger für erforderlich erachtete
Rechtsgrundlage hat der Gesetzgeber in § 7b Abs. 2 S. 1 BNotO geschaffen (Teschner, a.a.O.,
§ 7b, Rdn. 12).

Bei der offenen Zweitkorrektur hat der Zweitkorrektor seine Bewertung in Kenntnis der
Bewertung des Erstkorrektors vorzunehmen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieses
Prinzips ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit langem geklärt. Sie ist
insbesondere mit dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG
i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, und dem Gebot der fairen Gestaltung des Prüfungsverfahrens,
Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016
– 6 B 1/16 – juris; Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 609). Der Senat hat bereits
entschieden, dass für eine Abweichung von diesen Grundsätzen bei der notariellen Fachprüfung
kein Anlass besteht (Senat, Beschluss vom 1. Februar 2018 – Not 14/15 – BeckRS 2018, 45913).
Ebenso vermag der Senat keinen Grund zu erkennen, die Zulässigkeit der offenen
Zweitkorrektur im Überdenkungsverfahren anders zu beurteilen. Vielmehr gelten hier die
gleichen Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewertung wie im Ausgangsverfahren. Ist
dort die offene Zweitkorrektur zulässig, gilt dies erst recht für das Überdenkungsverfahren
(BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1997 – 6 B 69/97 - juris; OVG Lüneburg, Beschluss
vom 5. September 2019 – 2 LA 108/18 – juris).

Die Einwände des Klägers hiergegen rechtfertigen keine andere Entscheidung. Das Prinzip der
offenen Zweitkorrektur ändert nichts daran, dass die Prüfer bei ihren Prüfungsentscheidungen
sachlich unabhängig und an Weisungen nicht gebunden sind, § 7g Abs. 7 S. 1 BNotO. Die
Voten der (Zweit-) Korrektoren geben keinen Anhalt, dass sie sich bei ihren Beurteilungen
hierüber nicht bewusst gewesen wären. So hat sich vor allem der Zweitkorrektor der Klausur F
20-121 offensichtlich von der Erstkorrektur nicht beeinflussen lassen. Er hat in Kenntnis der
von dem Erstkorrektor mit einem Punkt bewerteten Klausur hierfür vier Punkte vergeben. Aber
auch die Korrektur der Klausur F 20-122 gibt für die Zweifel des Klägers nichts her. Zwar
haben die Korrektoren hier übereinstimmend drei Punkte vergeben. Der Zweitkorrektor hat
aber deutlich gemacht, dass diese Punktzahl seiner Meinung nach nur sehr knapp erreicht
worden sei. Darüber hinaus hat er auf den Widerspruch des Klägers konkret Stellung
genommen und seine Kritik an der Klausurlösung vertieft.

e) Die Auswahl der Korrektoren durch den Beklagten, vgl. 10 Abs. 3 S. 1 NotFV, ist nicht zu
beanstanden. Jede Klausur ist durch einen Anwaltsnotar sowie einen Richter korrigiert worden,
§§ 7g Abs. 6 S. 1, 7b Abs. 2 S. 3 BNotO. Dass sie auch nach Kenntnis der Einwendungen des
Klägers bei ihren Bewertungen blieben, kann Zweifel an ihrer Eignung nicht begründen. Das
betrifft insbesondere auch deren von dem Kläger beanstandete persönliche Eignung. Vor allem
die persönlichen Angriffe des Klägers auf die Erstkorrektorin der Klausur F 20-122 sind haltlos,
sie entbehren ersichtlich jeder tatsächlichen Grundlage. Sie, wie die anderen Korrektoren der
Klausuren F 20-121 und F 20-122 haben sich im Widerspruchsverfahren mit den
Einwendungen des Klägers auseinandergesetzt, womit es grundsätzlich sein Bewenden hat.
Auch der Senat vermag die Kritik des Klägers an den Beurteilungen der hier maßgeblichen
Klausuren F 20-121 und F 20-122 weitgehend nicht zu teilen.

f) Das von dem Beklagten durchgeführte Widerspruchsverfahren ist nicht zu beanstanden. Der
Beklagte hat sämtliche Korrektoren beteiligt, nachdem der Kläger die Bewertung aller Klausuren
beanstandet hatte, § 20 S. 1 NotFV (Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 791). Dabei geben
die Anschreiben des Beklagten an die Korrektoren für die Vermutung des Klägers auf eine
unzulässige Einflussnahme nichts her. Die Anschreiben gehen inhaltlich nicht über allgemeine
Hinweise zum Ablauf des Überdenkungsverfahrens und zum Umgang der Korrektoren mit den
Einwänden des Klägers gegen ihre Voten hinaus, was nicht zu beanstanden ist (vgl.
Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 794). Auch die Verweisung auf einen „Leitfaden für
Prüfende“ sowie „weitere interessante Informationen“ im Intranet des Beklagten ändern daran
nichts. Insofern fehlt ebenfalls jeder Anhalt, dass es sich hierbei um das konkrete
Prüfungsverfahren des Klägers betreffende Unterlagen gehandelt haben könnte (vgl. etwa zu
Prüfervermerken/Musterlösungen: Senat, Urteil vom 21. Mai 2015 – Not 10/14 – BeckRS 2015,
127478).

Nachdem die Stellungnahmen sämtlicher Korrektoren vorlagen, war das
Überdenkungsverfahren beendet. Der Beklagte musste die Korrektoren auf die nachfolgenden
Eingaben des Klägers vom 4. Mai 2022 nicht nochmals beteiligen. Diese gingen abgesehen von
persönlichen Angriffen auf die Korrektoren inhaltlich nicht über die Einwendungen aus der
ersten Widerspruchsbegründung hinaus.

2. Die Bewertung der Klausur F 20-121 hält einer gerichtlichen Nachprüfung nicht vollständig
stand.

a) Bei der notariellen Fachprüfung handelt es sich um eine berufsbezogene Prüfung, weil ihr
Bestehen in der Regel Voraussetzung für die Bestellung als Anwaltsnotar ist, § 6 Abs. 2 S. 1
Nr. 3 BNotO (BGH, WM 2017, 1822; Senat, Urteil vom 5. Juli 2011 – Not 9/11 – juris).
Deshalb ist der Senat im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum
Umfang der gerichtlichen Kontrolle solcher Prüfungen (BVerfG, NJW 1991, 2005) verpflichtet,
Prüfungsentscheidungen des Beklagten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich
vollständig nachzuprüfen (BGH, a.a.O.; Senat, Urteil vom 14. Juli 2016 – Not 22/15 – DNotZ
2016, 961, 962). Dabei gehört zu den allgemein gültigen, aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden
Bewertungsgrundsätzen, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip
nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Ist die Richtigkeit oder
Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig
bestimmbar, lässt die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum, gebührt zwar
dem Korrektor ein Beurteilungsspielraum, andererseits muss aber auch dem Prüfling ein
angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen
Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden (BVerfG,
a.a.O., 2008; BGH, a.a.O.; WM 2021, 1249, 1251).

Soweit indes nicht fachliche Fragen den Gegenstand der Leistungsbewertung bilden, sondern
komplexe prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens
getroffen werden müssen und sich nicht ohne Weiteres in nachfolgenden
Verwaltungsstreitverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen, ist den
Korrektoren auch im Hinblick auf das Gebot der Chancengleichheit der Berufsbewerber ein
Bewertungsspielraum zuzubilligen.

Dem prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum unterfällt etwa die Einordnung des
Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren
Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der
Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels
(BGH, Beschluss vom 14. November 2022 – Not (Brfg) 5/22 - juris; WM 2021, 1249, 1251;
BVerwG, NJW 2018, 2142, 2143; Beschluss vom 16. August 2011 – 6 B 18/11 – juris; NVwZ
2004, 1375, 1377; NJW 2000, 1055, 1056; NVwZ 1998, 636, 637).

Hierzu gehört insbesondere auch die Notenvergabe und die Wertung, ob im Hinblick auf eine
gemäß § 1 JuPrNotSkV definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine
Prüfungsleistung als „brauchbar“ oder als „mangelhaft“ zu bewerten ist, soweit die
Prüfungsordnung dies nicht mathematisch vorgibt, was bei der notariellen Fachprüfung nicht
der Fall ist, §§ 7a Abs. 5 BNotO, 1 JuPrNotSkV.

Der Notenvergabe liegt ein wertendes Urteil zugrunde, bei dem die Korrektoren von
Einschätzungen und Erwartungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei
vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze
lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus
folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem
Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der
Korrektoren beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer
Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche
Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (BVerwG, NVwZ 2004, 1375, 1376).
Den Gerichten ist es grundsätzlich verwehrt, in diesen Bereich des prüfungsspezifischen
Beurteilungsspielraums einzudringen (BVerwG, NJW 2012, 2054; Beschluss vom 16. August
2011 – 6 B 18/11 – juris; NVwZ 2004, 1375; 1377). Sie haben hier lediglich zu überprüfen, ob
Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob der Prüfer von
einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze
verstoßen hat oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich
gehandelt hat (BVerwG, NJW 2018, 2142, 2143; Beschluss vom 16. August 2011 – 6 B 18/11 –
juris; NVwZ 2004, 1375, 1377; 2000, 915, 920; Beschluss vom 10. Oktober 1994 – 6 B 73/94 -
juris; Urteil vom 21. Oktober 1992 – 6 C 12/92 - juris).

b) Danach ist die Kritik beider Korrektoren an der Lösung von Aufgabe 1 nicht zu beanstanden.

aa) Der Erstkorrektor musste seinem Votum keinen „Erwartungshorizont“ voranstellen (Senat,
Urteil vom 3. März 2020 – Not 5/19 – juris; OVG Münster, Beschluss vom 23. August 2007–
14 A 3270/06 – juris; Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 710). Die Begründung der
Bewertung einer schriftlichen Prüfungsarbeit muss so beschaffen sein, dass der Kandidat die
tragenden Gründe der Korrektoren für die Bewertung in den Grundzügen nachvollziehen kann.
Er muss die Kriterien erfahren, die für die Benotung maßgeblich waren, und verstehen können,
wie die Anwendung dieser Kriterien in wesentlichen Punkten zu dem Bewertungsergebnis
geführt hat. Es muss in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar sein,
welchen Sachverhalt sowie welche allgemeinen und besonderen Bewertungsmaßstäbe der
Korrektor zugrunde gelegt hat und auf welcher wissenschaftlich-fachlichen Annahme des
Korrektors die Benotung beruht (BVerwG, NJW 2012, 2054, 2055).

Dem entspricht das Votum des Erstkorrektors. Ihm ist zu entnehmen, wo er den Schwerpunkt
der Lösung von Aufgabe 1 gesehen hat und warum die Klausurlösung dem nicht entspricht.
Darüber hinaus hat er seine Kritik in der Stellungnahme auf den Widerspruch des Klägers
vertieft.

bb) Die Korrektoren konnten nach der Aufgabenstellung über die bloße Nennung von §§ 3 und
8 WEG hinaus eine Auseinandersetzung dahin erwarten, welchem Weg im Hinblick auf das in
der Aufgabenstellung ausdrücklich benannte Ziel – rechtliche Realisierung der Aufteilung der
Wohnungen – der Kandidat den Vorzug gibt.

Die Klausurlösung argumentiert hier zweifellos neben der Sache, indem sie den Weg über einen
Teilungsvertrag allein mit Kostengründen und einer angeblich erforderlichen
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft begründet. Für das Erfordernis einer solchen
Erbauseinandersetzung lässt sich tatsächlich aus dem Sachverhalt nichts herleiten. Im Gegenteil
spricht die Eintragung der Schwestern im Grundbuch zu je ½ (ausdrücklich „vormals in
Erbengemeinschaft“) dafür, dass eine solche Teilung schon erfolgt ist. Damit liegt aber auch
eine Voraussetzung zur Teilung nach § 3 WEG bereits vor, denn nur bestehendes Miteigentum
kann auf diesem Weg in Wohnungs- bzw. Teileigentum aufgeteilt werden.

Die Korrektoren haben keine zu hohen Erwartungen an die Klausurlösung gestellt, wenn sie
darüber hinaus noch Ausführungen zur Umsetzung der „asymetrischen“ Teilung verlangt haben.
Diese kann nicht allein über § 8 WEG erreicht werden, weil sich die Eigentumsverhältnisse an
dem zu bildenden Sondereigentum dann entsprechend denen am Grundstück fortsetzten (KG,
1. ZS, Beschluss vom 7. Juni 1994 – 1 W 6026/93 – NJW 1995, 62, 64; Hügel/Elzer, WEG, 3.
Aufl., § 8, Rdn. 7), die Schwestern also in jedem der anzulegenden Wohnungs- und
Teileigentumsgrundbücher in Abt. I zu je ½ einzutragen wären.

Die Korrektoren waren nicht gehalten, die von dem Kläger für eine Wahl nach § 3 WEG
aufgeführten Argumente positiv zu bewerten. Entgegen dem Einwand des Klägers sind die in
der Klausurlösung aufgeführten Gründe für den Weg über § 3 WEG weder überzeugend noch
durchgreifend. Ob die Schwestern überhaupt noch in Erbengemeinschaft wegen anderer
Nachlassgegenstände miteinander verbunden waren, ist für die von ihnen gewünschte
Aufteilung des künftigen Sondereigentums ohne Belang. Und nur danach war in der
Aufgabenstellung gefragt, was beide Korrektoren noch einmal im Widerspruchsverfahren
klargestellt haben.

Nicht beantwortet hat der Kläger das Problem der noch im Grundbuch unter jeweils einer
laufenden Nummer geführten Grundstücke. Die Korrektoren mussten seinen Hinweis auf § 5
GBO nicht als ausreichend erachten. So „bietet“ sich eine Vereinigung der Grundstücke nicht
wegen sonst möglicher Probleme mit Dienstbarkeiten an. Ohne Begründung eines einheitlichen
Grundstücks ist vielmehr das Ziel der Schwestern gar nicht erreichbar, § 1 Abs. 4 WEG. Den
Weg dahin hatten die Kandidaten gutachterlich zu erörtern. Gerade vor dem Hintergrund, dass
die Aufgabenstellung für eine Klausur im Rahmen der notariellen Fachprüfung formuliert
worden war, ein Kandidat mithin bereits zwei juristische Staatsexamen bestanden hat, §§ 7a
Abs. 1, 5 Satz 1 BNotO, 5 Abs. 1 DRiG, liegt es auf der Hand, dass – wie bei jedem
Rechtsgutachten – die sich aus dem unterbreiteten Sachverhalt im Hinblick auf die konkreten
Fragestellungen ergebenden Rechtsprobleme gutachterlich dargestellt, erörtert und einer Lösung
zugeführt werden sollen. Dass dies anhand konkreter Rechtsvorschriften zu erfolgen hat, die
auch zu benennen sind, ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Auch liegt eine in erster Linie am
materiellen Recht ausgerichtete Argumentation nahe.

Zur Begründung eines einheitlichen, ursprünglich aus mehreren Grundstücken bestehenden
Grundstücks im Sinne von § 1 Abs. 4 WEG stehen materiell-rechtlich zwei Wege zur
Verfügung, die in § 890 BGB geregelt sind. Diese Norm wird in der Klausurlösung an keiner
Stelle genannt. Das wird auch nicht ausreichend durch die Nennung von § 5 GBO kompensiert.
Dort sind lediglich ergänzende Verfahrensregelungen zu § 890 Abs. 1 BGB enthalten.
c) Auch die Kritik der Korrektoren an der Lösung von Aufgabe 2 trifft zu. Gefragt war nach
Möglichkeiten des Ausschlusses von Gewährleistungsrechten der F gegenüber C. Außerdem
waren hierzu Regelungen zu formulieren.

Beide Korrektoren haben hier insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Frage erwartet, ob
ein Verbrauchervertrag vorliegt. Das ist nicht zu beanstanden, weil sich daraus Folgen für die
grundsätzliche Einordnung einer gewünschten Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung in
dem beabsichtigten Vertrag zwischen F und C über die Penthouse-Wohnung ergeben könnten,
vgl. §§ 310 Abs. 3 Nr. 2, 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Diese Einordnung wirkte sich wiederum auf die
Möglichkeiten zur Einschränkung/zum Ausschluss von Sachmängelgewährleistungsrechten aus,
§ 309 Nr. 8 b) aa) BGB. Diese Norm findet in der Klausurlösung keine Erwähnung.
Da dieses Klauselverbot ausdrücklich für Kauf- wie Werkverträge gilt, kommt es auf die
Einordnung des Vertrags als Bauträgervertrag durch den Kläger hingegen nicht an.
Ein Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB liegt aber nur dann vor, wenn er
zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen worden ist. Diese
Voraussetzung wird in der Klausurlösung nicht erwähnt. Zwar wird C als Verbraucher und F als
Unternehmerin benannt. Zu Recht hat insbesondere der Zweitkorrektor aber kritisiert, dass in
der Klausurlösung aus dieser Einordnung keine Rechtsfolge (Verbrauchervertrag) abgeleitet
worden ist.

Wie der Erstprüfer im Überdenkungsverfahren außerdem zutreffend angeführt hat, ergibt sich
aus dem Sachverhalt nichts für einen Bauträgervertrag. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass F
gegenüber C eine Bauerrichtungsverpflichtung übernehmen wollte. Das Gesamtobjekt war
bereits zwei Jahre zuvor vollständig fertiggestellt worden, die einzelnen Wohnungen auch nicht
zum Verkauf an Erwerber vorgesehen, sondern ganz überwiegend durch F und ihre Schwester
vermietet worden.

Ohnehin ist der von dem Kläger offenbar gefundene Schluss, Gewährleistungsrechte könnten
im Bauträgervertrag nicht ausgeschlossen werden, so ohne weiteres nicht zutreffend. Jedenfalls
folgt das nicht unmittelbar aus dem Werk- oder Bauträgervertragsrecht. Die in § 639 BGB
getroffene Regelung, wonach sich der Unternehmer bei arglistigem Verschweigen oder
Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit des Werks auf Vereinbarungen zum
Ausschluss von Mängelrechten des Bestellers nicht berufen kann, belegt das Gegenteil (vgl.
Retzlaff, in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 639, Rdn. 2). Auch im Bauträgervertragsrecht sind
vom Gesetz abweichende Regelungen grundsätzlich möglich (Retzlaff, a.a.O. § 650u, Rdn. 39;
ders. ebenda, 81. Aufl., Rdn. 12). Hier hätte es nahegelegen, zwischen dem Erwerb des
Grundstücks und des Sondereigentums zu differenzieren. Dies hat insbesondere der
Zweitkorrektor ausdrücklich gerügt, was nicht zu beanstanden ist. Das Grundstück als solches
ist keineswegs „neu“ im Sinne von § 309 Nr. 8 b) BGB, so dass insofern durchaus ein
Gewährleistungsausschluss bzw. eine Beschränkung in Betracht hätte gezogen werden können
(vgl. Krauß, Immobilienverträge in der Praxis, 8. Aufl., Rdn. 3231).

Vor diesem Hintergrund bestand für die Korrektoren kein Anlass, die in der Klausurlösung
formulierten Klauseln positiv zu bewerten. Sie befassen sich nicht mit dem in der
Aufgabenstellung verlangten möglichst weitgehenden Ausschluss von Gewährleistungsrechten,
sondern, wie der Zweitkorrektor hervorgehoben hat, weitestgehend mit der Abnahme des
Werks. Danach war aber nicht gefragt, so dass sich der Kläger hier auch nicht auf einen
möglichen Antwortspielraum berufen kann. Ein solcher besteht nicht, wenn, wie geschehen,
Fragen erörtert werden, die mit der Aufgabenstellung nicht in Verbindung stehen.

d) Im Ergebnis zu Recht wendet sich der Kläger gegen die von dem Erstkorrektor erhobenen
Beanstandungen an der Lösung von Aufgabe 3. Die Kritik im Votum des Erstkorrektors, der
Kläger habe die Problematik der Fallfrage allenfalls erahnt, die dazu gegebenen Ausführungen
seien insgesamt nicht zielführend, ist in dieser Form nicht gerechtfertigt. Im
Überdenkungsverfahren hat der Erstkorrektor hieran festgehalten.

Im Sachverhalt der Klausur wird der Wunsch des Käufers der Penthouse-Wohnung mitgeteilt,
im Grundbuch eine Vormerkung eintragen zu lassen. Dies wird durchaus in der Klausurlösung
aufgenommen und festgestellt, dass eine schnelle Veräußerung an D voraussetze, die Löschung
dieser Vormerkung zu erreichen und hierzu die Bewilligung des C erforderlich sei. Die
Klausurlösung erkennt, dass dies im Klageweg jedenfalls nicht schnell erreicht werden könne, so
dass die Bewilligung der Löschung auf anderem Weg sicherzustellen sei, wobei die Stellung des
Notars berücksichtigt werden müsse, dem an sich keine Schiedsrichterrolle zukomme.
Das ist im Grunde zutreffend. Der von der Klausurlösung vorgeschlagene Weg über eine
Löschungsvollmacht ist im Ansatz ebenfalls nicht verfehlt (vgl. Hagenbucher, MittBayNot 2003,
249, 252). Adressat einer solchen Vollmacht ist allerdings regelmäßig der Notar oder dessen
Angestellte. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, den Verkäufer entsprechend zu
bevollmächtigen (vgl. Krauß, a.a.O., Rdn. 1353). Letzteres wird in der Klausurlösung behandelt.
Der Zweitkorrektor hat dies erkannt. Dass er die vorgeschlagene Bevollmächtigung der
Verkäuferin an Stelle des Notars oder seiner Angestellten als „schwer vertretbar“ erachtete, ist
letztlich nicht zu beanstanden. Sie ist bereits wenig praktikabel, bedeutet eine solche Regelung
doch, dass der Verkäufer noch einmal vor dem Notar erscheinen muss, um im Namen des
Erwerbers die Bewilligung abzugeben und beglaubigen zu lassen.

Daneben durften beide Korrektoren eine vertiefte Diskussion zu weiteren
Sicherungsmöglichkeiten der Verkäuferin bei Nichtleistung durch den Erwerber erwarten. Eine
solche Bearbeitung hätte der Aufgabenstellung – gutachterliche Erörterung – durchaus
entsprochen. Allein die Behandlung einer Regelung ohne Erwähnung von möglichen Varianten
entspricht dem nicht. So wird nicht erörtert, warum die gefundene Lösung gegenüber anderen
Möglichkeiten vorzugswürdig sei.

Dabei hätte es der – derzeit einzige – Wohnsitz des C in Hong-Kong nahegelegt, die
Möglichkeiten der Hinterlegung des Kaufpreises auf einem Notaranderkonto vor Eintragung
einer Vormerkung zu diskutieren. In der Klausurlösung wird dies zwar angesprochen, hingegen
nicht vor dem konkreten Hintergrund der Aufgabenstellung, wie beide Korrektorin zutreffend
beanstandet haben. In der Klausurlösung wird lediglich die Hinterlegung eines „streitigen“
Teilbetrags durch den Käufer in Erwägung gezogen, was aber der gewünschten Möglichkeit
einer schnellen Weiterveräußerung entgegenstehen dürfte.

In der Literatur wird darüber hinaus die Bewilligung einer bedingten Vormerkung empfohlen
(Everts, in: Beck'sches Notar-Handbuch, 7. Aufl., § 1, Rdn. 428c; Hagenbucher, a.a.O., 255). Sie
wird sogar als vorzugswürdig erachtet, weil sich damit das Risiko des Erlöschens einer vom
Erwerber erteilten Vollmacht im Falle seiner Insolvenz, § 117 Abs. 1 InsO, vermeiden lässt. In
der Klausurlösung wird eine solche Möglichkeit nicht behandelt.

e) Ebenfalls nicht beanstandungsfrei bleibt die Kritik des Erstkorrektors an der Klausurlösung
zu Aufgabe 4. Ausweislich seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren hat er zunächst
Feststellungen dazu erwartet, ob überhaupt ein Vorkaufsfall vorliegt. Dann hätten mögliche
Ausnahmetatbestände erörtert werden sollen.

Die Klausurlösung entspricht dem aber im Ausgang. Sie stellt zunächst klar, dass M ggf. ein
Vorkaufsrecht zustehen könnte und nennt hierzu den einschlägigen § 577 BGB. Die dortigen
Voraussetzungen werden, wenn auch äußerst knapp, behandelt. Im Anschluss wendet sich die
Klausurlösung den Ausnahmen hiervon zu, § 577 Abs. 1 S. 2 BGB, und verneint die
Zugehörigkeit des C zum Haushalt der Verkäuferin. Die Familienangehörigkeit wird ebenfalls
unter Anwendung des (Erwachsenen-)Adoptionsrechts behandelt – und verneint. Damit dürfte
die „rechtliche Stellung“ des M aber erörtert worden sein. Den Voten beider Korrektoren ist
nicht zu entnehmen, dass hier weitere Ausführungen erwartet worden wären. Damit können die
zusätzlichen – sich ohnehin nur auf zwei Sätze beschränkenden – Erörterungen zur notariellen
Gestaltung allenfalls als überflüssig betrachtet werden.

f) Schließlich ist auch die Kritik des Erstkorrektors an der Lösung von Aufgabe 5 zu
beanstanden.

Die hierzu gestellte Frage, ob der von A gewünschte Kauf der Stellplätze realisiert werden kann,
wird in der Klausurlösung an Hand des neuen § 3 Abs. 1 S. 2 WEG und der daraus nun
herzuleitenden Sondereigentumsfähigkeit von (Außen-)Stellplätzen beantwortet. Dabei stellt die
Klausurlösung zwei Probleme in Frage, nämlich ob eine Veräußerung an Dritte überhaupt und
speziell im Hinblick auf mögliche öffentlich-rechtliche Stellplatzvorgaben zulässig sei. Beide
Fragen werden bejaht. Im Hinblick darauf, dass an Stellplätzen im Freien bis zur Reform des
Wohnungseigentumsrechts lediglich Sondernutzungsrechte begründet werden konnten, eine
Veräußerung an außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft stehende Dritte damit
ausgeschlossen war, erscheint die Erörterung hierzu dem Grunde nach auch nicht völlig
überflüssig (vgl. M. Müller, in: Beck-OGK, § 3 WEG, Stand 09/2022, Rdn. 138).

g) Diese, bei den Aufgaben 3 bis 5 von dem Erstkorrektor besonders hervorgehobenen
Beanstandungen haben das Prüfungsergebnis beeinflusst. Es ist nicht abzusehen, wie die
Prüfungsentscheidung ohne die Bewertungsfehler ausgefallen wäre. Eine Neubewertung ist
daher zwingend. Sie ist aber nicht von zwei anderen Korrektoren vorzunehmen.

aa) Die Einwendungen des Klägers gegen die Kritik des Zweitkorrektors an der Klausurlösung
greifen nach den voranstehenden Erörterungen nicht durch. Eine Heraufsetzung seiner
Beurteilung durch den Zweitkorrektor kann der Kläger nicht verlangen. Die abschließende
Benotung der Klausur unter Gewichtung aller Stärken und Schwächen der Prüfungsleistung
unterliegt dem prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum der Korrektoren.
Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat, „die ordentliche Lösung der
Aufgabenstellungen“ sei mit vier Punkten „immer noch unterbewertet“, geht es gerade um eine
solche reine Benotungsfrage. Dass insbesondere der Zweitkorrektor den ihm insoweit
zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hätte, steht nach den obigen Ausführungen
gerade nicht fest. Die Beurteilung der Klausurlösung durch den Zweitkorrektor ist vielmehr
nicht zu beanstanden. Von dem Kläger vertretene Bewertungsmaßstäbe, die er anstelle
derjenigen des Zweitkorrektors setzen möchte, sind hingegen unerheblich (vgl. BGH, DNotZ
2023, 390, 393).

bb) Danach käme allenfalls die Neubewertung der Erstkorrektur durch einen anderen Korrektor
in Betracht. Aber auch hierzu liegen die Voraussetzungen nicht vor.

Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit kann dies nur in
Ausnahmefällen in Betracht kommen. Grundsätzlich müssen für vergleichbare Prüflinge so weit
wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten, was
regelmäßig nur dann erreicht wird, wenn die Beurteilung durch dieselben Prüfer erfolgt (vgl.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 21. Mai 2012 – 9 A 1156/11 – juris). Gründe,
die hier ausnahmsweise für eine Neubewertung durch einen anderen Erstkorrektor sprechen
könnten, liegen nicht vor. Allein der Umstand, dass der Erstkorrektor im
Widerspruchsverfahren den Einwendungen des Klägers nicht gefolgt ist, genügt hierfür nicht.

3. Die Bewertung der Klausur F 20-122 gibt keinen Anlass für Beanstandungen.

a) Allerdings ist der Hinweis des Klägers auf eine Unvollständigkeit des Aufgabentextes
zutreffend. So heißt es: „Die Grundbücher sind inzwischen dahingehend berichtigt worden, dass
die Tochter T als Eigentümerin ist und für E in Abteilung II ein Nacherbenvermerk besteht“.
Hier fehlt nach dem Wort „Eigentümerin“ mindestens das Verb „eingetragen“. Denkbar wäre
auch die Ergänzung „in Abteilung I eingetragen“.

Der Einwand des Klägers ist im Ergebnis aber nicht erheblich.

Eine Prüfungsaufgabe muss verständlich und widerspruchsfrei sein (BVerwG, BeckRS 2020,
42615). Ein hinreichend vorbereiteter Prüfling muss unschwer erkennen können, welche
Leistung von ihm erwartet wird (Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 396). Das ist hier aber
der Fall. Letztlich bleibt trotz der Auslassung im Aufgabentext der zugrundeliegende Sachverhalt
eindeutig. Von den Kandidaten konnte erwartet werden, dass, sollten sie wie der Kläger die
Auslassung im Aufgabentext überhaupt erkannt haben, sie in der Lage waren, diesen nach
kurzem Nachdenken durch sinnvolle Ergänzungen zu vervollständigen. Immerhin dient die
schriftliche Prüfung der Feststellung, ob der Prüfling die für die notarielle Tätigkeit notwendigen
Fachkenntnisse erworben hat und fähig ist, in begrenzter Zeit mit vorgegebenen Hilfsmitteln
eine rechtlich einwandfreie und zweckmäßige Lösung für Aufgabenstellungen der notariellen
Praxis zu erarbeiten, § 7b Abs. 1 S. 2 BNotO.

Dem Kläger ist die erforderliche Ergänzung des Aufgabentextes offenbar ohne weiteres
gelungen. Er trägt selbst vor, Verständnisschwierigkeiten des Sachverhalts hätte es nicht
gegeben. Beanstandungen der Korrektoren an der Klausurlösung liegen insoweit auch nicht vor.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Kläger den Aufgabentext gegenüber der
Aufsichtsperson mündlich gerügt hat. Eine schriftliche Rüge innerhalb der Ausschlussfrist, § 18
Abs. 2 S. 1 NotFV, ist ohnehin unterblieben.

b) Gegenstand der Nachprüfung sind allein die Voten der Korrektoren in der Gestalt, die sie
durch ihre Stellungnahmen im Widerspruchsverfahren erhalten haben (BGH, WM 2021, 1249,
1251; 2017, 1822). Nicht hierzu gehören Anmerkungen, die von den Korrektoren an den Rand
der Klausurlösung angebracht worden sind. Sie sind von den Korrektoren weder in deren Voten
noch in späteren Stellungnahmen für die Beurteilung in Bezug genommen worden. Darauf hat
der Zweitkorrektor, von dem offenbar die meisten dieser Anmerkungen auch stammen,
ausdrücklich hingewiesen. Dann aber handelt es sich lediglich um die Beurteilung der
Klausurlösung vorbereitende Stichpunkte, die nicht gedacht waren, die Voten zu ergänzen
(Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 708). Anderes ergibt sich auch nicht aus der
Stellungnahme der Erstkorrektorin im Widerspruchsverfahren, soweit sie dort den Hintergrund
der von ihr stammenden Anmerkungen erläutert hat.

c) Im Gegenzug gilt nichts anderes für die Anmerkungen des Klägers am Rand des
Aufgabentextes. Diese, ohnehin lediglich an drei Stellen angebrachten und auf Stichworte
beschränkten Anmerkungen werden in der eigentlichen Klausurlösung schon nicht in Bezug
genommen. Für die Korrektoren war danach nicht ersichtlich, dass diese drei Anmerkungen
zum Gegenstand der Klausurlösung hätten gemacht werden sollen (vgl.
Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rdn. 530).

d) Die Erstkorrektorin hat ihrer Bewertung einen eigenen Erwartungshorizont vorangestellt.
Der Zweitkorrektor hat sich dem ausdrücklich angeschlossen. Die Klausurlösung bleibt deutlich
dahinter zurück. Entgegen der Ansicht des Klägers waren diese Erwartungen nicht fachlich
fehlerhaft, sondern durchaus begründet. Im Einzelnen gilt:

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Korrektoren bei Aufgabe 1 auch eine Erwähnung von
§ 2096 BGB erwartet haben. Die Erblasserin hatte in ihrem Testament nicht nur Vor- und
Nacherbschaft angeordnet, sondern auch – ihr noch unbekannte – Ersatznacherben bestimmt.
Im Rahmen der geforderten gutachterlichen Erörterung der erbrechtlichen Rechtslage hätte es
nahegelegen, auch die für die Ersatznacherbenregelung einschlägige Norm zu nennen. Das ist
schon deshalb keineswegs „banal“, weil die für die Vor- und Nacherbschaft geltenden §§ 2100 ff
BGB hierzu keine ausdrückliche Regelung enthalten (vgl. RGZ 145, 316, 318).

bb) Die Kritik der Korrektoren an der Zusammenfassung der Antworten zu den Aufgaben 1b
und 1c ist berechtigt. Der Kläger übersieht hier den Grund der Beanstandung: Die Korrektoren
haben wiederholt darauf hingewiesen, dass entgegen der Klausurlösung für T und E
unterschiedliche Anfechtungsfristen laufen. Das ist zutreffend. Der gegenteiligen Ansicht in der
Klausurlösung fehlt es hingegen an einer rechtlichen Grundlage. Sie ist nicht nur schwer,
sondern gar nicht vertretbar und damit falsch.

Der Lauf der Ausschlagungsfrist setzt die Kenntnis des Erben vom Anfall der Erbschaft voraus,
§ 1944 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Erbschaft fällt dem Erben mit dem Tod des Erblassers an, §§ 1942
Abs. 1, 1922 Abs. 1 BGB. Erbe in diesem Sinn ist auch der Vorerbe (vgl. Weidlich, in:
Grüneberg, a.a.O., § 2100, Rdn. 10). Dem Nacherben fällt die Erbschaft hingegen erst mit dem
Nacherbfall an, § 2139 BGB. Zwar kann er die Erbschaft bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich
sobald der Erbfall eingetreten ist, ausschlagen, § 2142 Abs. 1 BGB. Die – regelmäßig
sechswöchige – Ausschlussfrist beginnt für ihn aber erst mit Kenntnis des Nacherbfalls zu
laufen (Weidlich, a.a.O., § 1944, Rdn. 6; § 2142, Rdn. 2).

Hier kam also der Ablauf der Ausschlagungsfrist sechs Wochen nach Zugang des
Eröffnungsprotokolls und der beglaubigten Abschrift des Testaments bei T in Betracht.
Hingegen kann, da der Nacherbfall - Tod der T - noch nicht eingetreten war, die
Ausschlagungsfrist bei E noch nicht zu laufen begonnen haben.

Danach haben die Korrektoren weiter mit Recht die Ausführungen zur Anfechtung der
Erbannahme gerügt. Der Kläger wendet selbst ein, hier nicht zwischen der Vor- und der
Nacherbin differenziert zu haben. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, weil dem Nacherben
eine Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft bis zum Eintritt des
Nacherbfalls vorbehalten ist. Für eine Annahme der Nacherbschaft vor diesem Zeitpunkt muss
es deshalb konkrete Anhaltspunkte geben, die allein in der Grundbuchberichtigung nicht ohne
weiteres zu sehen sein dürften, auch wenn damit zugleich ein Nacherbenvermerk eingetragen
worden ist. Der Kläger übersieht, dass ein solcher Vermerk gerade keinen darauf bezogenen
Antrag des Nacherben voraussetzt, sondern von dem Grundbuchamt von Amts wegen mit der
berichtigenden Eintragung des Vorerben im Grundbuch einzutragen ist, § 51 GBO (Böhringer,
in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 51, Rdn. 89). Zur Grundbuchberichtigung durch Eintragung des
Vorerben könnte zudem die Antragsberechtigung des Nacherben zweifelhaft sein, § 13 Abs. 1
S. 2 GBO (vgl. Bauer, in: Baur/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 13, Rdn. 43a). Entsprechend ist in dem
Sachverhalt auch an keiner Stelle von einem Antrag der E die Rede.

(1) Die Korrektoren durften im Rahmen der Lösung von Aufgabe 1b auch Ausführungen zu
den Möglichkeiten einer Übertragung der erbrechtlichen Stellung der E auf T erwarten. Insoweit
handelt es sich dem Grunde nach um eine Gestaltung die geeignet ist, den Wunsch von Vorund
Nacherbin umzusetzen, F eine unbeschränkte Erbenstellung zu verschaffen (vgl. Weidlich,
a.a.O., § 2100, Rdn. 15f). Ausführungen hierzu finden sich bei der Klausurlösung zu Aufgabe 1b
nicht. Das entspricht aber nicht der von der Aufgabenstellung geforderten gutachterlichen
Erörterung. Daran ändert es nichts, dass in der Klausurlösung auf S. 25/26 eine solche
Gestaltung angesprochen worden ist. Die dortigen Erörterungen stehen in einem anderen
Zusammenhang, nämlich der Beantwortung von Aufgabe 3. Das hat insbesondere die
Erstkorrektorin im Widerspruchsverfahren ausdrücklich moniert, was nicht zu beanstanden ist.
Die Klausurlösung macht nicht deutlich, dass die Ausführungen zu Aufgabe 3 - zu Teilen - auch
für die Beantwortung von Aufgabe 1b) gelten sollen.

(2) Nicht zu beanstanden ist die Kritik der Korrektoren an der Lösung von Aufgabe 1c. Auch
hier wirkte sich die rechtsfehlerhafte Gleichsetzung des Beginns der Anfechtungsfristen für die
Vor- und Nacherbin aus, was die Korrektoren erkannt haben. Sie konnten wegen der konkreten
Aufgabenstellung – gutachterliche Erörterung – die fehlende Nennung der maßgeblichen
Rechtsvorschrift, § 2102 BGB, negativ bewerten.

Dass die Klausurlösung hier eine im Ausgang mögliche rechtsgeschäftliche Übertragung der
Vorerbenstellung auf E unerwähnt lässt, stellt der Kläger selbst nicht in Zweifel. Eine
Erörterung bietet die Klausurlösung auch an keiner anderen Stelle.

cc) In Aufgabe 1d) war – wiederum gutachterlich – zu erörtern, welche Besonderheiten im
Hinblick auf die angeordnete Erbfolge im Testament bei der Gestaltung des Kaufvertrages für
das Hausgrundstück zu beachten waren. Die Kritik der Korrektoren, die Klausurlösung habe
sich mit dieser Aufgabenstellung nicht ausreichend auseinandergesetzt, trifft zu. Dabei haben die
Korrektoren durchaus erkannt, dass die Klausurlösung in der Aufgabenstellung enthaltene
Probleme, insbesondere im Zusammenhang mit dem im Grundbuch eingetragenen
Nacherbenvermerk gesehen hat. Beanstandet haben die Korrektoren aber mit Recht, dass die
Klausurlösung nicht darlegt, wie hier vorzugehen ist.

(1) Die notarielle Fachprüfung dient dem Nachweis, dass und in welchem Grad ein
Rechtsanwalt für die Ausübung des Notaramtes als Anwaltsnotar fachlich geeignet ist, § 7a
Abs. 2 S. 1 BNotO. Vor diesem Hintergrund und der konkreten Aufgabenstellung bei Aufgabe
1d) konnten die Korrektoren Ausführungen dazu erwarten, welche Regelungen der Notar den
Beteiligten des Kaufvertrags vorschlagen könnte, vgl. §§ 14 Abs. 1 S. 2 BNotO, 17 Abs. 1
BeurkG. Im Hinblick auf die daraus folgenden Pflichten des Notars, den Beteiligten Wege
aufzuzeigen, um Risiken durch ungesicherte Vorleistungen beim gegenseitigen Vertrag zu
vermeiden (vgl. BGH, MittBayNot 2012, 241, 242), lag es nahe, die Löschung des
Nacherbenvermerks im Zusammenhang mit der Kaufpreisfälligkeit zu diskutieren. Das leistet
die Klausurlösung nicht.

Der Einwand des Klägers, der Kaufpreis trete als Surrogat an die Stelle des Grundstücks, ist
insoweit unbehelflich. Die hierzu – zutreffend – herangezogene gesetzliche Regelung, § 2111
BGB, dient nicht dem Interesse des Käufers, sondern des Nacherben. Infolgedessen muss der
Käufer davor geschützt werden, den Kaufpreis nicht ohne Sicherung der Löschung des
Nacherbenvermerks zahlen zu müssen.

Zweifelhaft ist bereits die Annahme, das Grundbuch werde mit einer Surrogation nach § 2111
BGB unrichtig. Eher dürfte es auf das Ausscheiden des Grundstücks aus dem Nachlass
ankommen. Das aber setzt die Eigentumsumschreibung voraus, auf die Zahlung des
Kaufpreises kommt es insoweit nicht an (vgl. OLG Hamm, Rpfleger 2023, 84, 86). Mit dem
Vollzug der Auflassung im Grundbuch wird dieses bezogen auf den Nacherbenvermerk
unrichtig. Ein ausreichender Schutz des Käufers ist damit aber nicht verbunden. Die Auffassung
des Klägers, das Grundbuchamt habe in diesem Fall das Grundbuch von Amts wegen zu
berichtigen, ist nicht zutreffend. Die hierzu in der Klausurlösung angegebenen Vorschriften,
§§ 82, 82a GBO, geben dafür nichts her.

Die Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung eines Rechts oder einer
Verfügungsbeschränkung erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerks, § 46 Abs. 1 GBO.
Wie jede andere Eintragung im Grundbuch setzt auch die Eintragung eines solchen
Löschungsvermerks regelmäßig einen darauf gerichteten Antrag voraus, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO.
Daneben ist die Löschung entweder durch den von der Eintragung Betroffenen zu bewilligen,
§ 19 GBO, oder der Antragsteller hat die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachzuweisen, § 22
Abs. 1 GBO. Da der befreite Vorerbe nicht berechtigt ist, ein zum Nachlass gehörendes
Grundstück zu verschenken, §§ 2136, 2113 Abs. 2 BGB, ist gegenüber dem Grundbuchamt die
Entgeltlichkeit der Verfügung nachzuweisen. Da dies in der Form des § 29 GBO regelmäßig
nicht oder nur schwer möglich ist, kommen hier Beweiserleichterungen in Betracht. Dazu
verhält sich die Klausurlösung nicht.

(2) Es war auch nicht geboten, die Ausführungen der Klausurlösung zum Geldwäschegesetz
positiv zu bewerten. Mit dem Erbfall geht die Erbschaft auf den Erben über, § 1922 Abs. 1
BGB. Erbe in diesem Sinn ist auch der Vorerbe (Kössinger/Zintl, in: Handbuch der
Testamentsgestaltung, 6. Aufl., § 10, Rdn. 7). Daran ändert es nichts, dass es sich insoweit um
ein Sondervermögen handelt, welches der Vorerbe von seinem übrigen Vermögen zu trennen
hat. Gleichwohl bleibt er bis zum Eintritt des Nacherbfalls wahrer Erbe und damit Inhaber der
zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte (BGH, ZEV 2020, 41, 43). Davon umfasst ist
dasjenige, was der Vorerbe im Wege der Surrogation mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, § 2111
Abs. 1 S. 1 BGB.

Danach kam es für die Gestaltung des Kaufvertrags nicht darauf an, wie die Vorerbin nach
Zahlung des Kaufpreises mit dem erworbenen Geld umgehen würde. Vielmehr war der
Kaufpreis von der Käuferin an sie zu bezahlen, § 433 Abs. 2 BGB.

dd) Mit Recht haben die Korrektoren darauf hingewiesen, dass bei Aufgabe 2 nach der
Aufhebung der Nacherbenbindung bezogen auf einen einzelnen Gegenstand, die
Eigentumswohnung gefragt war. Damit waren die pauschalen Verweisungen der Klausurlösung
auf voranstehende Erörterungen bereits nicht hilfreich, ging es bei den Aufgaben 1 b) und 1 c)
doch darum, entweder für T oder E eine den gesamten Nachlass umfassende unbeschränkte
Erbenstellung zu erreichen.

Die von den Korrektoren verlangte differenzierte Betrachtung war auch erforderlich, denn nach
heute ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur können Vorerbe und
Nacherbe ohne Beteiligung von Ersatznacherben oder eines entsprechend für sie bestellten
Pflegers das in Aufgabe 2 formulierte Ziel durchaus erreichen (BGH, WM 2014, 1438, 1439;
BGHZ 40, 115, 119; OLG Düsseldorf, ZEV 2022, 589, 590; OLG Hamm, MittBayNot 2017,
166; Avenarius, in: Staudinger, BGB, 2019, § 2113; Rdn. 17; Weidlich, a.a.O., § 2100, Rdn. 18;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 3484).

Lediglich für die rechtliche Umsetzung werden unterschiedliche Ansätze diskutiert (vgl. Krauß,
a.a.O., Rdn. 2867). Soweit hieran in der Vergangenheit Bedenken geäußert worden waren,
beruhten sie auf dogmatischen Gründen, wobei aber auch insoweit außer Frage stand, dass
Ersatzerbenrechte bei der Veräußerung von Einzelgegenständen erlöschen, wenn der Nacherbe
der Veräußerung zustimmt; eine Beteiligung des Ersatznacherben bedurfte es auch nach dieser
Auffassung nicht (Maurer, DNotZ 1981, 225, 233).

Angezweifelt wird dies heute allenfalls dann, wenn es ich um den einzigen im Nachlass
befindlichen Gegenstand handelt (OLG Düsseldorf, a.a.O.), was vorliegend aber nicht der Fall
ist.

Diese erbrechtlichen Erkenntnisse müssen von einem Notar erwartet werden. Für einen
Kandidaten in der notariellen Fachprüfung gilt nichts Anderes, §§ 7a Abs. 2 S. 1, 7b Abs. 1 S. 2
BNotO.

Die Klausurlösung bleibt weit hinter dem zurück. Um einen Vertrag zu Lasten der –
unbekannten – Ersatzerben handelt es sich entgegen der Klausurlösung auch nicht, sondern um
die Zustimmung desjenigen, der nachträglich Erbe werden soll. Das ist der Nacherbe, der ggf.
sogar zur Zustimmung verpflichtet sein kann, § 2120 BGB. Der Ersatzerbe wird von dieser
Regelung hingegen nicht erfasst (RGZ 145, 316, 320).

ee) Die Korrektoren haben bei Aufgabe 3 die Ausführungen in der Klausurlösung zu einer
auflösend bedingten Ersatznacherbfolge gesehen und ausdrücklich als akzeptablen Vorschlag
anerkannt. Darüber hinaus haben sie vor allem eine mangelnde Orientierung der Bearbeitung an
der konkreten Fragestellung kritisiert. Das ist nicht zu beanstanden.

Die Aufgabe bestand darin, gutachterlich dazu Stellung zu nehmen, wie die Erblasserin die
Stellung der Vorerbin T hätte verbessern können, insbesondere hinsichtlich der
Verfügungsmöglichkeit über die Eigentumswohnung. In der Klausurlösung wird hierzu neben
dem von den Korrektoren anerkannten Gestaltungsvorschlag vor allem eine mit
Vermächtnissen beschwerte Vollerbenstellung diskutiert. Allerdings handelt es sich hierbei um
eine dem Grunde nach mögliche Testamentsgestaltung (vgl. Kössinger/Zintl, a.a.O., § 10,
Rdn. 41). Hingegen haben die Korrektoren mit Recht kritisiert, dass der Sachverhalt für einen
dahingehenden Willen der Erblasserin nichts hergab. In Aufgabe 3 war nicht nach einer völlig
neuen Konzeption der Testamentsgestaltung gefragt. Vielmehr ergab sich schon aus der
Bezeichnung der T als Vorerbin, dass es um deren Position als solche ging, die Anordnung von
Vor- und Nacherbschaft also im Ausgang nicht in Frage gestellt war. Das folgte auch daraus,
dass insbesondere nach Verfügungsmöglichkeiten über die Eigentumswohnung gefragt war, also
im Vordergrund gerade nicht der gesamte Nachlass, sondern lediglich ein Einzelgegenstand
daraus stand.

Bis auf den von den Korrektoren akzeptierten Vorschlag verhält sich die Klausurlösung zu
dieser Fragestellung nicht. Weder wird eine Gestaltung durch Vorausvermächtnis noch eine
solche durch Bestellung eines Nacherbenvollstreckers angesprochen, was der Kläger bereits im
Widerspruchsverfahren selbst eingeräumt hat. Beide Gestaltungsmöglichkeiten sind in der Praxis
aber anerkannt (Kössinger/Zintl, a.a.O., Rdn. 42, 101), so dass deren Erörterung in der
Klausurlösung von den Korrektoren auch erwartet werden konnte.

e) Vor diesem Hintergrund hat der Kläger weder eine rechtlich einwandfreie noch zweckmäßige
Lösung der in der Klausur enthaltenen Aufgaben erbracht, vgl. § 7b Abs. 1 S. 2 BNotO. Es ist
deshalb nicht zu beanstanden, wenn sie beide Korrektoren übereinstimmend im Ganzen für
nicht mehr brauchbar erachtet haben, was die Bewertung mit der Note „Mangelhaft“ zur Folge
haben musste. Die Vergabe von drei Punkten hält sich in diesem Rahmen.

Unerheblich ist hingegen die Ansicht des Klägers, die Klausurfragen seien „vollständig, richtig,
gut nachvollziehbar, praxisnah und geschickt beantwortet“ worden. Er setzt damit lediglich
seine Bewertung an die Stelle der Bewertung der Korrektoren. Diese unterfällt aber ihrem
prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum, den die Korrektoren nach den voranstehenden
Ausführungen nicht verletzt haben, insbesondere sind sie nicht von einem unrichtigen
Sachverhalt ausgegangen.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 111b Abs. 1 BNotO, 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Soweit die Klage teilweise zurückgenommen worden ist, hat der Kläger die Kosten zu tragen,
§ 155 Abs. 2 VwGO. Das ist bei der Kostenquote berücksichtigt worden.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Antrags zu 3 aus der Klageschrift
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten nach billigem Ermessen unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden, 161 Abs. 2 VwGO. Es
entspricht billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, was ebenfalls bei der von
dem Senat gebildeten Kostenquote berücksichtigt worden ist.

Das mit dem Antrag zu 3 aus der Klageschrift verfolgte Feststellungsbegehren war bereits
unzulässig. Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der
Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat, § 43 Abs. 1 VwGO.
Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem konkreten
Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder
juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, NVwZ
2014, 1666, 1668). Nicht feststellungsfähig sind hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines
Rechtsverhältnisses (Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 43, Rdn. 28).

Danach konnte der Feststellungsantrag – Antrag zu 3. – keinen Erfolg haben. Ob die von dem
Kläger im Widerspruchsverfahren erhobene Kritik an dem Beklagten und den Korrektoren
sachlich oder unsachlich war, betrifft allenfalls Vorfragen des eigentlichen Rechtsverhältnisses,
das in dem von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zulassung zur mündlichen
Prüfung bzw. der Wiederholung der Bewertung seiner Klausurlösungen durch andere
Korrektoren besteht. Dem Kläger geht durch diese Einordnung nichts verloren. Er hat seinen
Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren auch zum Gegenstand seines Klagevorbringens
gemacht, was von dem Senat oben berücksichtigt worden ist.

Ob die Kritik beleidigend war oder nicht, ist eine strafrechtliche Frage, §§ 185ff StGB, deren
Beantwortung durch ein Gericht grundsätzlich die Erhebung der öffentlichen Klage durch die
Staatsanwaltschaft voraussetzt, §§ 151, 152 StPO. Vor dem Senat kann eine solche Anklage
schon nicht erhoben werden. Er ist allein für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nach der
Bundesnotarordnung, einer aufgrund der Bundesnotarordnung erlassenen Rechtsverordnung
oder einer Satzung einer der nach der Bundesrechtsanwaltsordnung errichteten Notarkammer,
einschließlich der Bundesnotarkammer, zuständig, wenn nicht ohnehin die Streitigkeit
disziplinargerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist, vgl. § 111
Abs. 1 BNotO.

V. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 111b Abs. 1 BNotO, 167
Abs. 1 VwGO.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 111g BNotO, 52 Abs. 1 GKG.

Die Berufung ist nicht entsprechend § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen
von §§ 111d BNotO, 124 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 VwGO nicht vorliegen. Die zu entscheidenden
Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs geklärt, der Senat weicht hiervon nicht
ab.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

08.06.2023

Aktenzeichen:

AR 2/22 Not

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Sachenrecht allgemein
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
AGB, Verbraucherschutz
Grundbuchrecht
Gesetzliche Erbfolge
Kaufvertrag
Miete
WEG
Insolvenzrecht
Bauträgervertrag und Werkvertrag

Normen in Titel:

BNotO §§ 7a, 7b, 7f, 7g