BGH 19. April 1985
V ZR 152/83
BGB §§ 917, 812

Zivilrechtlicher Bereicherungsanspruch trotz öffentlich-rechtlicher Baulast

Der Anspruch der Klägerin ist auch in der Sache begründet.
Nach der Ausübung des Vorkaufsrechts ist zwischen den
Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, so
daß die Klägerin die Auflassung des Grundstücks und die
Einwilligung in die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin
beanspruchen kann (§§ 925, 433 Abs. 1 BGB).
Wegen des Inhalts des mit der Klägerin zustande gekommenen Vertrages finden die Bestimmungen des BGB Anwendung, soweit nicht das Reichssiedlungsgesetz abweichende
Bestimmungen enthält (vgl. BGH NJW 1969, 1959, 1960
[= DNotZ 1970, 105]). Nach § 8 RSG findet § 505 Abs. 2 BGB
entsprechende Anwendung. Daher ist zwischen der Klägerin
und dem Beklagten ein Kaufvertrag lediglich unter den Bedingungen zustande gekommen, welche der Beklagte mit
seinem Käufer vereinbart hat.
Der Beklagte verweist demgegenüber zu Unrecht darauf, daß
der mit dem Käufer abgeschlossene Kaufvertrag nichtig sei,
weil entgegen dem Inhalt des notariell beurkundeten Kaufvertrages anstelle des . angegebenen Kaufpreises von
130 000,— DM ein solcher von 200 000,— DM vereinbart worden sei (§§ 117 Abs. 1, 125, 313 BGB).,Denn gemäß § 4 Abs. 2
RSG gilt dem Siedlungsunternehmen gegenüber das beurkundete Entgelt als vereinbart (vgl. BGHZ 53, 52 [= DNotZ
1970, 174] und OLG Köln RdL 1965, 201). Demgegenüber wird
in dem vorgelegten Gutachten vom 26.6.1984 zu Unrecht ausgeführt, dieser Bestimmung könne deshalb keine Wirksamkeit beigemessen werden, weil dadurch das Wesen des Vorkaufsrechts angetastet werde und ein Kaufvertrag zu anderen als den abgeschlossenen Bedingungen zustande
komme und weil außerdem ein Verstoß gegen das Prinzip
der Einheit der Rechtsordnung vorliege. Denn der Gesetzgeber ist nicht gehindert, von solchen Prinzipien aus bestimmten Gründen abzuweichen. Im vorliegenden Falle
sollte aber durch die Bestimmung des § 4 Abs. 3 RSG das im
+Interesse der Allgemeinheit liegende siedlungsrechtliche
Vorkaufsrecht gegenüber den Vertragspartnern dadurch geschützt werden, daß ein solches Recht nicht durch die Berufung auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages ausgeschaltet
werden kann (vgl. BGHZ 53, 52, 54 [= DNotZ 1970, 174]).
Die Ausübung des Vorkaufsrechts stellt auch keine Enteignung dar. Denn der Käufer der Grundstücksflächen erwarb
durch den Kaufvertrag vom 22.6.1982 lediglich einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums unter der Voraussetzung, daß das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG nicht ausgeübt
wurde. Diese gesetzliche Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts bei einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück lag aber innerhalb der vom Gesetz allgemein bestimmten Grenzen, die dem Inhalt des Grundeigentums gezogen
sind. Sie hält sich innerhalb der Sozialpflichtigkeit des
Eigentums und kann daher nicht als Enteignung gewertet
werden (vgl. auch BGH WM 1977, 550 [= MittBayNot 1977,
113],.WM 1960, 809 sowie OVG Münster NJW 1952, 1431).
Im übrigen würde sich das Ergebnis nicht ändern, wenn davon ausgegangen würde, daß eine Enteignung vorliegt. Der
Beklagte würde sich in diesem Falle nicht darauf berufen
können, daß § 4 Abs. 3 RSG dadurch, daß diese Bestimmung
an den beurkundeten Kaufpreis anknüpft, gegen Art. 14
Abs. 3 Satz 3 GG verstoße.
Allerdings kann die Anknüpfung an den beurkundeten Kaufpreis zu dem Ergebnis führen, daß das von dem Siedlungsunternehmen zu zahlende Entgelt niedriger ist als der Wert
des Grundstücks. Die Voraussetzung könnte im vorliegenden Falle gegeben sein, wenn es zutrifft, daß die Parteien
des Kaufvertrages in Wirklichkeit einen Kaufpreis von
200 000,— DM vereinbart haben und der Käufer demgemäß
bereits vorweg 70 000,— DM zusätzlich zahlen mußte oder
auch schon gezahlt hat. Der Beklagte hat darüber hinaus in
der Berufungsinstanz neu vorgebracht, die ursprünglichen
Parteien des Kaufvertrages hätten außerdem mündlich vereinbart, daß der Käufer „in, Zukunft noch weiter für verminderte Gebühren den Beklagten in seinen baulichen Angelegenheiten beraten wollte`: Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Parteien mündlich einen höheren Kaufpreis vereinbart haben und ob die letztbezeichnete Vereinbarung
überhaupt hinreichend bestimmt ist. Denn auch in diesem
Falle würde ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 14
Abs. 3 Satz 3 GG nicht vorliegen. Nach dieser Verfassungsbestimmung ist bei einer Enteignung eine Entschädigung
unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit
und der Beteiligten zu bestimmen. Die Entschädigung liegt
aber in diesem- Rahmen, wenn sich die Höhe danach bemessen soll, was die Parteien in einem; beurkundungspflichtigen
schriftlichen Kaufvertrag als Entgelt niedergelegt haben.
Wenn der Gesetzgeber dabei der Möglichkeit, daß (entgegen
dem Gesetz) ein anderes Entgelt mündlich vereinbart worden sein kann und sich eine solche Vereinbarung im Falle
der Ausübung des Vorkaufsrechts zum Nachteil des Verkäufers auswirken kann, keine Rechnung getragen hat, so
kann die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 3 RSG deshalb
nicht als verfassungswidrig angesehen werden. Außerdem
verfolgt diese Regelung — wie schon angeführt — einen bestimmten billigungswerten Zweck.
Die Berufung auf das Vorkaufsrecht stellt schließlich keinen
Mißbrauch dar. Ein unredliches Verhalten der Klägerin liegt
nicht vor. Selbst wenn der Grundstückspreis besonders günstig war und der Klägerin das bekannt war, war die Klägerin
nicht gehindert, das Vorkaufsrecht auszuüben, zumal im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist, daß das beurkundete Entgelt als vereinbart gilt. Daß der Klägerin andererseits positiv
bekannt war, daß der Beklagte und sein Käufer mündlich
einen höheren Kaufpreis vereinbart hatten, ist dagegen von
dem Beklagten nicht unter Beweis gestellt worden. Es ist
auch nicht dargetan, daß die Klägerin bestimmte Vorstellungen über einen bestimmten Wert der Grundstücke hatte und
in welchem Maße dieser gegebenenfalls den im Vertrag protokollierten Kaufpreis überstieg. Im übrigen hätte der Beklagte damit rechnen müssen, daß bei einem Verkauf eines
landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt
ein Vorkaufsrecht in Betracht kommen könnte und daß die
Ausübung dieses Vorkaufsrechts für ihn nachteilige Folgen
haben konnte für den Fall, daß mündlich ein höherer Kaufpreis vereinbart wurde.
5. BGB §§ 917, 812 (Zivilrechtlicher Bereicherungsanspruch
trotz öffentlich-rechtlicher Bau/ast)
1.Das Verlangen des Eigentümers nach § 917 Abs. 1 BGB ist
Tatbestandsmerkmal für das Entstehen einer Duldungs- und
damit auch der Rentenzahlungspflicht.
2. Der Eigentümer eines Grundstücks, der öffentlich-rechtlich durch eine Baulast gebunden ist, kann gegen den BauIastbegünstigten, der das Grundstück baulastgemäß, aber
ohne zivilrechtlichen Rechtsgrund nutzt, einen Bereicherungsanspruch wegen unbefugter Inanspruchnahme seines
Eigentums haben. Die Baulast selbst stellt keinen Rechtsgrund für die Nutzung dar (Fortführung von BGHZ 88, 97).
BGH, Urteil vom 19.4.1985 — V ZR 152183 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
188 MittBayNot 1985 Heft 4/5


Aus dem Tatbestand:
Die Kläger sind Wohnungseigentümer einer von der Firma A-Bau
GmbH & Co. KG (im folgenden: A-Bau) errichteten und dann veräußerten Anlage an der A-Straße in K. (Haus Nr. 113/5 Flurstück-Nr. 5197).
Die mit einem Mietwohngebäude bebauten Nachbargrundstücke
(Haus Nr. 719111 Flurstück-Nr. 5195 und 5196) gehören dem Beklagten.
Auf diesen Grundstücken und dem der Kläger befindet sich eine Tiefgarage mit Stellplätzen für die Kläger und die Mieter des Beklagten.
Sie hat eine gemeinsame Zufahrt, die auf dem Grundstück der Kläger
liegt. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 7. Juni 1979 zwischen
dem Beklagten und der A-Bau ist u. a. folgendes geregelt:
„2. Für die Tiefgarage, die durch A-Bau genutzt wird, auf der Parzelle
5197, wird den Nutzern derTiefgarage K ein Durchfahrtsrecht eingeräumt, da eine Zufahrt von der Straße zur Tiefgarage K nur über
die Tiefgarage A möglich ist (Auflage des Bebauungsplanes).
Die Kosten für die Zufahrtsrampe zwischen Straßenanschluß und
Eingang Tiefgarage A werden im Verhältnis der durch diese Zufahrtsrampe erschlossenen Stellplätze aufgeteilt. Das Verhältnis
ist derzeit 61 (K) zu 32 (A-Bau).
Die Durchfahrt wird gemäß einer von Herrn A zu fertigenden
Skizze auf kürzest möglicher Strecke erfolgen.
.
3. Die Unterhaltungskosten für die Zufahrtsrampe sowie für die Verkehrsfläche werden ebenfalls im Verhältnis 61:32 zukünftig umgelegt.
In der Tiefgarage A verläuft die Grundstücksgrenze so, daß in dieser Tiefgarage sowohl Einstellplätze K wie auch A angeordnet
sind.
Die Verwaltung der Tiefgarage A auf der Parzelle 5197 erfolgt
durch den Verwalter der Eigentumsanlage A-Bau. Die laufenden
Kosten für diese Tiefgarage werden im Verhältnis der Belegung
dieser Tiefgarage aufgeteilt und durch die Verwaltung dieser Tiefgarage K jährlich bekanntgegeben. Das Verhältnis beträgt 32:61"
Im Baulastenverzeichnis der Stadt K. wurde am 16. Januar 1980 folgende Baulast eingetragen:
„Als Eigentümer der Grundstücke Flurstücke Nr. 5195, 5196 und
5197 in K., A-Straße, übernehmen Herr Ernst Wilhelm K. und die
Firma A-Bau GmbH & Co. KG jeweils für sich und ihre Rechtsnachfolger die baurechtliche Verpflichtung (Baulast), daß die
o. gen. Grundstücke für die Dauer ihrer Bebauung als Grundstückseinheit im Sinne des § 15 (3) LBauO zusammengefaßt bleiben'
In den Kaufverträgen der Kläger mit der A-Bau wird darauf hingewiesen, daß bezüglich der Tiefgarage Baulasten eingetragen sind, die
„bestehen bleiben". In einer den Klägern übergebenen Baubeschreibung ist die durch Baulast geregelte Zufahrt zur Tiefgarage in dem
Nachbargebäude Haus Nr. 7/9/11 erwähnt.
Die Kläger verlangen vom Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung oder unter dem Gesichtspunkt einer Notwegrente Zahlung
einer Entschädigung für diese Tiefgaragenzufahrt. Sie haben beantragt, den Beklagten zur Zahlung einer Jahresrente (in zweiter Instanz: 3954,15 DM) auf die Dauer von 100 Jahren, hilfsweise ihres
kapitalisierten Wertes (in der zweiten Instanz: 78 481,60 DM) zu verurteilen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der
Kläger war erfolgreich.
Aus den Gründen:
I. Die Käger haben keinen Anspruch auf Zahlung einer Notwegrente nach § 917 Abs. 2 BGB. Vor Entstehung des Notwegrechts muß keine Rente bezahlt werden. Nach § 917
Abs. 1 BGB kann der Eigentümer des notleidenden Grundstücks einen Notweg verlangen. Dieses Verlangen ist Tatbestandsmerkmal für das Entstehen der Duldungs- und damit auch der Rentenzahlungspflicht. Der Senat folgt insoweit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und
Literatur (so wohl schon das Senatsurt. v. 28. Mai 1976, V ZR
195/74_[= DNotZ 1977, 366], BGB LM § 917 Nrn. 12/13; vgl.
auch RGZ 87, 424,425; BGB-RGRK 12. Aufl. § 917 Rdnr. 9 und
Rdnr. 21; Erman/Hagen, BGB 7. Aufl. Rdnr. 4 und 6; #25;auernig,
BGB 3. Aufl. § 917 Anm. 1 und Anm. 2; Palandt/Bassenge,
BGB 44. Aufl. § 917 Anm. 2 d und Anm. 5; Soergel/Baur, BGB
MittBayNot 1985 Heft 4/5
11.Aufl. § 917 Rdnr. 13 und 18; Staudinger/Beut/er, BGB
12.Aufl. Rdnr. 26 m.w.N. und Rdnr. 44; Westermann, Sachenrecht 5. Aufl. 1969 § 65 III 1; Wolff/Raiser, Sachenrecht
10. Aufl. § 56 li 1; Meisner/Stern/Hodes/Dehner, Nachbarrecht im Bundesgebiet 6. Aufl. § 27 II 1 und II 4 m.w.N.; a. A.
MünchKomm /Säcker § 917 Rdnr. 19 und Rdnr. 39). Für sie
spricht schon der Wortlaut von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Wenn eine gerichtliche Feststellung nach § 917 Abs. 1 Satz 2
BGB nur „erforderlichenfalls" durch Urteil erfolgt, so setzt
dies auch voraus, daß nach einem Verlangen des Berechtigten eine Einigung zwischen den Nachbarn gescheitert ist.
Eine Duldungspflicht, die ohne vorheriges Verlangen entstehen würde, ist weder erforderlich noch dem Eigentümer des
„belasteten" Grundstücks zuzumuten.
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte ein Notwegrecht nicht
verlangt. Seine Mieter nehmen die Zufahrt zur Tiefgarage
aufgrund der Baulast in Anspruch, die Kläger selbst halten
sich nach ihren Ausführungen in der Revision „öffentlichrechtlich" für verpflichtet, die Tiefgaragenzufahrt auch für
den Beklagten offenzuhalten und erheben „in Erkenntnis
der öffentlich-rechtlich gegebenen Rechtslage" keine Abwehransprüche. Es kann deshalb offen bleiben, ob für die
Tiefgarage auf dem Grundstück des Beklagten eine Zugangsnot besteht.
II. Die Kläger stützen ihren Klageanspruch auch auf § 812
Abs. 1 in Verbindung mit § 818 Abs. 2 BGB.
1. Sie sehen den bereicherungsrechtlich relevanten Vorgang
primär in der Bestellung der Baulast, die sich einerseits als
Beschränkung ihres Eigentums,- andererseits als Vermögensmehrung für den Beklagten auswirke. Demgemäß
berechnen sie ihren Zahlungsanspruch in Anlehnung an die
Grundsätze einer Notwegrente als Bruchteil des Wertes der
nach ihrer Auffassung „vom Zufahrtsrecht erfaßten" Grundstücksfläche, mit der Behauptung, die Restnutzungsdauer
der Zufahrt betrage mindestens noch 100 Jahre. Unter
diesem Blickwinkel hat das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch der Kläger zutreffend verneint.
Nach dem Inhalt des Baulastenverzeichnisses besteht hier
die Baulast darin, daß die Flurstücks-Nrn. 5195, 5196 (Grundstücke des Beklagten) und 5197 (Grundstück der Kläger) „für
die Dauer ihrer Bebauung als Grundstückseinheit im Sinne
des § 15 (3) LBauO zusammengefaßt bleiben`. Zwar kommt
dem Baulastenverzeichnis und seinen Eintragungen (§ 121
Abs. 1 LBauO RhPf) nur deklaratorische Bedeutung zu, der
Umfang der Baulast richtet sich nach der für ihre Entstehung maßgeblichen Verpflichtungserklärung (BGHZ 79, 201,
208 m.w.N.; Stich/Sayn/Gabelmann, LBauO RhPf § 120
Rdnr. 21 und 34). Es ist aber davon auszugehen, daß diese
mit dem Inhalt des Baulastenverzeichnisses übereinstimmt,
da die Parteien nichts Gegenteiliges vortragen. Zweifelhaft
ist schon, ob diese baurechtlich gewährleistete Grundstückseinheit und die daraus folgende öffentlich-rechtliche
Pflichtenlage (§ 120 Abs. 1 LBauO RhPf) als Ausgangspunkt
einer Baugenehmigung für die Errichtung „eines Gebäudes
auf mehreren Grundstücken" (§ 15 Abs. 3 LbauO RhPf) in der
Hand des Baulastbegünstigten überhaupt als Bereicherungsgegenstand („etwas” im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB)
angesehen werden kann. Diese Frage kann jedoch offenbleiben, denn jedenfalls erlangte der Beklagte insoweit nichts
„auf Kosten" der Kläger, weil eine etwaige Vermögensverschiebung durch Bestellung der Baulast nicht zwischen den
Klägern und dem Beklagten, sondern - schon vor dem
Eigentumserwerb der Kläger — zwischen A-Bau und dem
Beklagten stattfand. Nach den unangefochtenen Feststelmit den Klägern vor der zuständigen Bauaufsichtsbehörde
ab. Damit entstand die Baulast. Die Kläger erwarben Wohnungseigentum, das öffentlich-rechtlich im Sinne der Baulast gebunden war (vgl. auch § 120 Abs. 1 Satz 2 LbauO
RhPf), der Beklagte erlangte seine Stellung als Baulastbegünstigter (vgl. § 120 Abs. 3 Satz 3 LBauO RhPf) jedenfalls
nicht auf Kosten der Kläger. Es kann deshalb auch auf sich
beruhen, ob die Baulastbestellung als „Leistung" der A-Bau
gegenüber dem Beklagten angesehen werden könnte, mit
der Folge, daß insoweit grundsätzlich nur in diesem Verhältnis ein Bereicherungsausgleich in Betracht käme (BGHZ 40,
272, 278; 58, 184, 188; 69, 186, 189).
2. Das Berufungsgericht übersieht jedoch, daß die Kläger
einen bereicherungsrechtlich relevanten Vorgang auch in
der fortwährenden Benutzung der auf ihrem Grundstück liegenden Tiefgaragenzufahrt durch die Mieter des Beklagten
sehen und einen Bereicherungsanspruch wegen dieser tatsächlich in Anspruch genommenen Nutzung ihres Eigentums geltend machen. Ein solcher Anspruch kommt hier in
Betracht (vgl. etwa BGHZ 20, 270, 275; 22, 395, 400), ist jedoch aus verschiedenen Gründen noch nicht zur Entscheidung reif.
Die Baulast ist kein Rechtsgrund für eine unentgeltliche Inanspruchnahme der Tiefgaragenzufahrt durch die Mieter
des Beklagten. Aus der Tatsache, daß die baulastbetroffenen Grundstücke bauordnungsrechtlich als Einheit zu behandeln sind, die Stellplatzverpflichtung (vgl. § 71 Abs. 2
LBauO RhPf) durch eine einheitliche Tiefgarage erfüllt wird,
zu der es nur eine Zufahrt gibt, mag sich öffentlich-rechtlich.
ergeben, daß diese Zufahrt allen befugten Benutzern der
Tiefgarage offen stehen muß, mit der Folge, daß die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich diesen Inhalt der Baulast im
Wege einer Ordnungsverfügung durchsetzen könnte (vgl.
OVG Lüneburg NJW 1984, 380). Privatrechtlich gewährt indessen die Baulast dem dadurch Begünstigten weder einen
Nutzungsanspruch noch verpflichtet sie den Eigentümer,
die Nutzung zu dulden. Der Senat hat dies für eine durch
Baulast begründete Stellplatzverpflichtung mit notwendigem Geh- und Fahrweg bereits entschieden (BGHZ 88, 97,
99 ff [= DNotZ 1984, 176]). Im vorliegenden Fall gilt nichts
anderes.
Auch wenn nur die Mieter des Beklagten die Tiefgaragenzufahrt nutzen, kann der Beklagte Bereicherungsschuldner
sein, wenn er „in sonstiger Weise" (sog. Eingriffskondiktion)
etwas auf Kosten der Kläger erlangt. Die sogenannte Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung (vgl. BGH Urt. v.
31. März 1977, VII ZR 336/75, NJW 1977, 1287) dient nach heutiger Auffassung u. a. dazu, die Parteien der Nichtleistungskondiktion festzulegen und die Herausgabeverpflichtung
auf den durch den Eingriff unmittelbar Begünstigten zu beschränken (vgl. Erman/Westermann, BGB 7. Aufl. § 812
Rdnr. 64; MünchKomm/Lieb § 812 Rdnr. 16-18; Jauernig/
Schlechtriem, BGB 3. Aufl. § 812 Anm. II 1 d; Palandt/Thomas, BGB 44. Aufl. § 812 Anm. 5, insbesondere unter B). Unmittelbar begünstigt aus der Nutzung der Tiefgaragen.
zufahrt ist der Beklagte, wenn er die Tiefgaragenplätze vermietet hat und auch die hierfür nötige Zufahrt schuldet. Sein
Vermögensvorteil besteht dann in den ersparten Aufwendungen für die möglicherweise unberechtigte Nutzung des
Eigentums der Kläger. Ihr etwaiger Anspruch daraus läßt
sich allerdings nicht nach einem Bruchteil des Wertes der in
Anspruch genommenen Zufahrtsfläche berechnen.
Das Berufungsgericht hat sich jedoch bislang nicht mit der
Frage befaßt, ob im Verhältnis der Parteien ein schuldrechtlicher Rechtsgrund für die Nutzung der Tiefgaragenzufahrt
besteht. Zu prüfen wird sein, ob sich die Vereinbarung zwischen der A-Bau und dem Beklagten vom 7. Juni 1979 als
Mietvertrag über die Zufahrtsfläche darstellt, in den die Kläger nach § 571 oder § 578 BGB eingetreten sein könnten. Unabhängig davon könnte sich unter Umständen im Wege der
Auslegung aus den Kaufverträgen zwischen A-Bau und den
Klägern ergeben, daß diese eine schuldrechtlich vereinbarte
Nutzungsberechtigung hinsichtlich der Tiefgaragenzufahrt
übernommen haben.
Zur Höhe eines etwaigen Bereicherungsanspruchs wird das
Berufungsgericht berücksichtigen müssen, daß aus der Tatsache einer einheitlichen Tiefgarage (auf einer öffentlichrechtlichen Grundstückseinheit) nicht nur der Beklagte
durch Nutzung der Zufahrt Vorteile zieht, sondern auch die
Kläger Vorteile daraus haben. Nach dem Vortrag des Beklagten sollen sie insbesondere sein Grundstück auch dafür in
Anspruch nehmen, um auf ihre Tiefgaragenplätze zu gelangen.
Da mithin weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich
sind, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
6. BGB §§ 1090, 1018 (Biervertriebsdienstbarkeit)
Aus einer auf „immerwährende Zeiten" und ohne entsprechende Bierbezugsverpflichtung eingeräumten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (hier: ausschließliches
Recht, auf dem belasteten Grundstück Biersorten jeder Art
zu vertreiben oder vertreiben zu lassen) kann der Rechtsinhaber Unterlassung des Biervertriebs verlangen, auch
wenn er damit nur das Ziel verfolgt, den Grundstückseigentümer zum Abschluß eines inhaltlich zulässigen Bierbezugsvertrages zu veranlassen.
BGH, Urteil vom 3. 5. 1985 — V ZR 55/84 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Den Beklagten gehört ein Hausgrundstück, auf dem sie ein Hotel und
eine Gaststätte betreiben. Voreigentümerin war die Brauerei KoHG, die das Grundstück aufgrund notariellen Kaufvertrages im
Jahre 1979 an die Beklagten veräußerte. Die K— oHG bestellte 1972
zugunsten der Klägerin an diesem Grundstück eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die als „Biervertriebsrecht für die Firma L. in
M" in das Grundbuch eingetragen wurde. Die dazu in Bezug genommene Eintragungsbewilligung vom 21. September 1972 lautet wie.
folgt:
„Die Firma L. (die Klägerin) hat das ausschließliche Recht, auf
dem belasteten Grundstück Biersorten jeder Art zu vertreiben
oder durch Dritte vertreiben zu lassen mit der Maßgabe, daß die
Ausübung des Rechtes Dritten überlassen werden kann. Dieses
Recht wird auf immerwährende Zeiten eingeräumt"
Die Beklagten vertreiben auf dem erwähnten Grundstück Bier der
Brauerei Me. Zwischen den Parteien ist ein Bierlieferungsvertrag
nicht zustande gekommen. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten
zur Unterlassung der Beeinträchtigung ihres (der Klägerin) ausschließlichen Biervertriebsrechts auf dem Grundstück zu verurteilen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der
Kläger hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
Die Beklagten dürfen ohne Zustimmung der Klägerin auf
dem Grundstück kein Bier vertreiben (§§ 1090 Abs. 2, 1027,
1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
MittBayNot 1985 Heft 415

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.04.1985

Aktenzeichen:

V ZR 152/83

Erschienen in:

MittBayNot 1985, 188-190
MittRhNotK 1986, 98-100

Normen in Titel:

BGB §§ 917, 812