OLG München 30. Juni 2006
1 Lw U 5104/05
EU-Agrarprämien; BGB §§ 593, 596

Änderungskündigung landwirtschaftlicher Pacht zur Verpflichtung des Pächters zurÜbertragung von Zahlungsansprüchen auf EU-Agrarförderung bei Pachtende unzulässig

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Dokumentnummer: 1lwu5104_05
letzte Aktualisierung: 14.03.2007
OLG München, 30.06.2006 - 1 Lw U 5104/05
EU-Agrarprämien; BGB §§ 593, 596
Änderungskündigung landwirtschaftlicher Pacht zur Verpflichtung des Pächters zur
Übertragung von Zahlungsansprüchen auf EU-Agrarförderung bei Pachtende unzulässig


Gründe:
I.
Mit Landpachtvertrag vom 01.01.1998 verpachteten die Antragsteller an den Antragsgegner
jeweils Teilflächen aus den Wiesengrundstücken der Gemeinde ... - gelegen im Bezirk des
Landgerichts Passau – Fl-Nr. ... mit einer Größe von 0,25 h, Fl-Nr. ... mit einer Größe von
1,3178 h und Fl-Nr. ... mit 1,6428 h, insgesamt 3,2106 h. Das Pachtverhältnis hatte eine
Laufzeit von 5 Jahren und wurde am 01.01.2003 um weitere 5 Jahre bis zum 31.12.2007
verlängert. Zum gleichen Zeitpunkt vereinbarten die Parteien einen jährlichen Pachtzins von
375,- EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten des Einheitslandpachtvertrags wird auf den
beigefügten Pachtvertrag verwiesen.
Nach der VO (EG) Nr.- 1782/2003 des Rates vom 29.09.2003 und der nationalen Regelung
durch das Betriebsprämiendurchführungsgesetz in der Fassung vom 26.07.2004 legten die
Antragsteller am 13.12.2004 dem Antragsgegner eine „Anderungskündigung im Hinblick auf
die Agrarreform” vor. Danach sollte sich der Antragsgegner verpflichten, die Betriebsprämien
im Jahr 2005 fristgemäß für die gesamt Pachtfläche zu beantragen, die Zahlungsansprüche
entsprechend den rechtlichen Vorgaben zu nutzen und die der Flächengröße der Pachtfläche
entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen bei Beendigung dieses Pachtverhältnisses auf
den Verpächter oder auf eine vom Verpächter genannte Person zu übertragen. Der
Antragsgegner stimmte der Vertragsänderung nicht zu. Daraufhin kündigten die Antragsteller
mit Schriftsatz vom 28.12.2004 den Landpachtvertrag zum Ablauf des 31.12.2004, hilfsweise
und vorsorglich zum Ablauf des 30.04.2005. Hinsichtlich der Einzelheiten der Schriftstücke
vom 13.12.2004 und 28.12.2004 wird auf die beigefügten Anlagen verwiesen.
Mit Klageschnft vom 15.03.2005 an das Amtsgericht Passau beantragten die Antragsteller
ursprünglich die Feststellung, dass das zwischen den Parteien geschlossene Pachtverhältnis in
Folge außerordentlicher Kündigung vom 28.12.2004 zum Ablauf des 31.12.2004 beendet ist.
Mit weiterem Schriftsatz vom 30.05.2005 stellten sie hilfsweise den Antrag auf Feststellung,
dass der Beklagte verpflichtet ist bei Ablauf das zwischen den Parteien am 01.01.1998 auf 5
Jahre geschlossenen und am 01.01.2003 auf weitere 5 Jahre verlängerten Pachtverhältnisses
bezüglich der folgenden Grundstücke
1.
Gemarkung ... Flur-Nr. ..., Wiese 0,25 h, Teilfläche
2.
Gemarkung ... Flur-Nr. ..., Wiese 1,3178 h, Teilfläche
3.
Gemarkung ... Flur-Nr. ..., Wiese, 1,6428 h, Teilfläche
die der Flächengröße der Pachtfläche entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen auf den
Verpächter oder auf eine vom Verpächter genannte Person zu übertragen.
Aufgrund der beharrlichen Weigerung des Pächters, die Änderungskündigung zu akzeptieren
seien sie zur Kündigung des Pachtverhältnisses berechtigt. Der Verfall der dem Verpächter in
der Zukunft zustehenden Zahlungsansprüchen stelle eine unbillige Härte dar. Auch sei die
Kündigung des Pachtverhältnisses nach den Gesichtspunkten des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage gerechtfertigt, da neue, für das bestehende Pachtverhältnis wesentliche
Umstände eingetreten seien. Die GAP Reform stelle einen enteignungsgleichen Eingriff
hinsichtlich der Flächen dar, die im maßgeblichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.10.2005
aufgrund einer Verpachtung nicht durch den Eigentümer bewirtschaftet werden. Dies hätte zur
Folge, dass der Verpächter mindestens berechtigt sei vom Pächter die Übertragung der
Zahlungsansprüche bei Beendigung des Pachtverhältnisses zu verlangen. Bei Abschluss des
Pachtvertrags zum 01.01.2003 sei nicht absehbar gewesen, dass eine Reform zur gemeinsamen
Agrarpolitik im Sommer 2003 einen Systemwechsel für die Gewährung von Direktzahlungen
einleiten würde. Die Kläger hätten einen derartigen Pachtvertrag im Hinblick auf die damit
verbundenen Rechtsfolgen und Vermögensverluste mit dem Beklagten nicht abgeschlossen,
insbesondere angesichts des vereinbarten Pachtzinses von lediglich 375,- EUR.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2005 vor dem Amtsgericht Passau —
Landwirtschaftsgericht - änderten die Antragsteller ihren Antrag und begehrten nunmehr:
„Der Beklagte wird verurteilt, zuzustimmen, dass der am
01.01.1998 betreffend die Grundstücke Gemarkung ... Flur-Nr.
..., ... und ..., jeweils Teilfläche, geschlossene Pachtvertrag dahin
ergänzt wird, dass die der Pachtfläche entsprechende
Zahlungsansprüche am Ende der Pachtzeit auf den Kläger
übertragen werden”.
Der Antragsgegner stimmte der Klageänderung zu und beantragte Klageabweisung.
Es bestehe keine Herausgabepflicht nach § 596 BGB. Kernstück der Agrarreform des Jahres
2003 sei die Entkoppelung der Prämienzahlung von Flächen und Produktion. Eine
Flächenakzessorietät bestünde nicht mehr. Die Zahlungsansprüche stünden allein dem
Betriebsinhaber zu. Dies wirke auch über das Pachtverhältnis hinaus. Mit Endurteil vom
28.09.2005 wies das Amtsgericht Passau — Landwirtschaftsgericht — die Klage
kostenpflichtig ab. Das Endurteil wurde versehen mit einer Rechtsmittelbelehrung den
Antragstellern am 04.10.2005 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 31.10.2005, am gleichen Tag eingegangen' bei dem Oberlandesgericht
München legten die Antragsteller gegen das Endurteil des Amtsgericht Passau vom 28.09.2005
Berufung ein, mit der sie nunmehr beantragten:
1.
Das Endurteil des Amtsgericht Passau vom 28.09.2005 (Az.: I XV 003/05) wird
aufgehoben.
2.
Der Beklagte wird verurteil, zuzustimmen, dass der am 01.01.1998 zwischen den Parteien
geschlossene Pachtvertrag dahin ergänzt wird, dass die der Pachtfläche entsprechenden
Zahlungsansprüche am Ende der Pachtzeit auf den Kläger übertragen werden.
Richtig seien die Erwägungen des Amtsgerichts Passau, dass die nunmehrige gesetzliche
Regelung durch das Betriebsprämiendurchführungsgesetz eine Übergangsregelung nicht
vorsieht und die Prämien dem tatsächlichen Betriebsinhaber und nicht mehr dem
Grundstückseigentümer zustehen sollen. Daraus ergebe sich jedoch ein Anspruch nach § 596
BGB auf Übertragung der Ansprüche bei Beendigung des Pachtverhältnisses, da zur
Rückgabeverpflichtung auch Rechtsansprüche gehörten, die.. während des Pachtverhältnisses
entstehen oder sich ändern. EineÄnderung der Geschäftsgrundlage liege auch darin, dass die
Verpächter sich nun nicht mehr an den Handel mit Zahlungsansprüchen hinsichtlich der
streitgegenständlichen Grundstücke beteiligen könnten. Aus § 11 a des Landpachtvertrages sei
ersichtlich, dass die Parteien den Pächter eben nur für die Dauer des Pachtvertrages staatliche
Leistungen zukommen lassen wollten und nicht über die Dauer des Pachtvertrags hinaus.
Desweiteren trugen die Antragsteller vor, dass sie 50 Bienenvölker halten und auf nicht
verpachteten Grundstücken landwirtschaftliche Bewirtschaftung mit Obstertrag betreiben. Sie
erzielten Umsätze zwischen 8.000 und 12.000 Euro jährlich. Ihnen stünden gemäß Bescheid
vom 16.02.2006 Zahlungsansprüche in Höhe von 88,34 EUR zu. Es bestünde ein erhebliche
Missverhältnis zwischen der Pachtzahlung von 375,-EUR jährlich und den jetzigen
Fördergeldern von ca. 80,- EUR je Hektar, die sich bis zum Jahr 2013 auf 300,- EUR je Hektar
steigern könnten, wonach der Pachtzins um das zweifache überschritten sei. Das Missverhältnis
zwischen Leistungen und Gegenleistung zeige sich auch aus der Länge der noch bestehenden
Laufzeit von 2,5 Jahren, in dem der Verpächter Anspruch auf Fördergelder für die Zukunft in
mehrfacher Höhe des Pachtzinses verliere.
Die Antragsteller erklären, dass ihr Antrag als Antrag nach § 593 Abs. 4 BGB aufzufassen sei.
Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Der Antrag der Antragsteller sei unzulässig, da die Art der zu übertragenden
Zahlungsansprüche ungeklärt sei. Die Antragsteller erfüllten die Legaldefinition eines
Betriebsinhaber in Ziff. a bis c des Art. 2 der Verordnung (EG) 1782/2003 nicht. Gemäß Art.
20 und 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 795/04, die in Deutschland in § 14 und § 16 der
Betriebsprämiendurchführungsverordnung durchgeführt sind, besteht keine Verpflichtung des
Pächters bei Beendigung des Pachtverhältnisses nach § 596 BGB die ihm zugewiesenen
Zahlungsanprüche an den Verpächter zu übertragen. § 11 a des Pachtvertrags finde keine
Anwendung, da die Zahlungsansprüche von der Fläche entkoppelte Betriebsprämien darstellen
und nicht Ansprüche aus „Staatlichen Extensivierungsprogrammen oder sonstigen
flächengebundenen Förderprogrammen”.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze
samt Anlagen verwiesen.
II.
1.
Über die zulässige Berufung ist durch Beschluss zu entscheiden. Die Antragsteller
begehren zuletzt Aufhebung des Endurteil des Amtsgericht Passau —
Landwirtschaftsgericht vom 28.09.2005 und die „Beklagten” zu verurteilen zuzustimmen,
dass der am 01.01.1998 zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag dahin ergänzt
wird, dass die der Pachtfläche entsprechenden Zahlungsansprüche am Ende der Pachtzeit
auf den „Kläger übertragen werden”. Dieses Begehren auf Ergänzung des Pachtvertrags
bedeutet inhaltlich die Anderung des bestehenden Landpachtsvertrags. Entsprechend haben
die Antragsteller auch zu Protokoll am 07.04.2006 vor dem Oberlandesgericht München
erklärt, dass es sich um einen Antrag nach § 593 Abs. 4 BGB handle. Dieser Antrag ist
nicht im Prozessverfahren geltend zu machen, sondern im Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit gern. § 1 Nr. 1 LwVG i. V. m. § 9 LwVG.
Das Amtgericht Passau — Landwirtschaftsgericht — hat formell unrichtig durch Endurteil
entschieden und die „Klage” abgewiesen. Richtigerweise hätte eine Entscheidung durch
begründeten Beschluss erfolgen müssen (§§ 1 Nr. 1, 9 und 21 Abs. 1 LwVG). Zulässiges
Rechtsmittel gegen den in der Hauptsache erlassenen Beschluss nach § 21 Abs. 1 LwVG
ist grundsätzlich die sofortige Beschwerde gern. § 22 LwVG. Die Frist hierfür beträgt gern.
§ 22 Abs. 1 Satz 1 FGG 2 Wochen.
Hat das Landwirtschaftgericht jedoch durch Urteil statt durch Beschluss entschieden, so
darf den Beteiligten dadurch keine verfahrensmäßigen Nachteile entstehen. Nach dem
Grundsatz der Meistbegünstigung stehen daher den Beschwerten neben den für das
Verfahren korrekten Rechtsmittel auch dasjenige Rechtsmittel zu, welches nach der Art der
tatsächlichen gefällten Entscheidung statthaft ist. Die Antragsteller konnten deshalb gegen
das Endurteil, wie geschehen, form- und fristgemäß Berufung einlegen.
Der Grundsatz der Meistbegünstigung führt aber nicht dazu, dass der Senat auf den von
dem Amtsgericht Passau Landwirtschaftsgericht — eingeschlagenen falschen Weg
weitergehen müsste; vielmehr ist das Verfahren so weiter zu führen, wie dies bei richtiger
Entscheidung durch die Vorinstanz und das danach gegebene Rechtsmittel geschehen
würde (vgl. BGH Senat für Landwirtschaftssachen, Beschluss vom 19.07.1991, Az. LwZR
3/90).
2.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Amtsgericht Passau — Landwirtschaftsgericht — hat den Antrag auf Zustimmung zur
Ergänzung des am 01.01.1998 zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrag zu Recht
zurückgewiesen.
a) Zutreffend geht das Amtsgericht Passau Landwirtschaftsgericht — davon aus, dass ein
gesetzlicher Anspruch nach §§ 585, 596 BGB auf Übertragung der
Zahlungsansprüche, die dem Pächter aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003
vom 29. September 2003 sowie dem nationalen Betriebsprämiendurchführungsgesetz
Deutschlands, dass das EG-Recht ergänzt und durchführt, zustehen, nicht gegeben ist.
Die seit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP-Reform) neu geregelten EUDirektzahlungen stellen keine Rechte dar, die sich aus der ordnungsgemäßen
Bewirtschaftung der Landpachtfläche ergeben. § 596 Abs. 1 BGB verpflichtet den
Pächter dazu, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand
zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen
Bewirtschaftung entspricht. Die nach der GAP-Reform entstehenden
Zahlungsansprüche sind jedoch rein personenbezogene Rechte, nicht dagegen auf der
Fläche ruhende, d.h. flächenakzessorische Ansprüche.
Mit der in den Ratsverordnungen EG-Nr. 1782/2003 und den EGDurchführungsverordnungen (EG-Nr. 795/2004 und EG-Nr. 796/2004) eingeführten
Betriebsprämienregelung wurde eine völlig neue Direktzahlung geregelt. Dabei steht
im Mittelpunkt der Reform die Entkoppelung des größtenteils der bislang als Flächenoder Tierprämien bekannten Direktzahlungen von der landwirtschaftlichen Produktion
(siehe Titel 3 Betriebsprämienregelung der Verordnung EG Nr. 1782/2003). Im Gesetz
zur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik vom 21. Juli 2004
(Betriebsprämiendurchführungsgesetz) hat Deutschland die konkrete Durchführung
dieser Betriebsprämienregelung geregelt. Danach setzen sich die Zahlungsansprüche
für die Betriebsinhaber nach dem sogenannten Kombinationsmodell zusammen (Art.
58 i. V. m. Art. 59 Abs. 3 der Ratsverordnung vom 29. September 2003), wobei sich
in den Jahren 2010 bis 2013 stufenweise die Ansprüche in ein reines Regionalmodell
mit regional einheitlich hohen Zahlungsansprüchen überführen (Art. 63 Abs. 3 der
Ratsverordnung vom 29. September 2003). Gemäß § 5 Abs. 1 des
Betriebsprämiendurchführungsgesetzes wird der Referenzbetrag der einheitlichen
Betriebsprämie für jeden Betriebsinhaber aus einem betriebsindividuellen Betrag und
einem flächenbezogenen Betrag festgesetzt. Die Höhe des betriebsindividuellen
Betrages errechnet sich aus bestimmten Direktzahlungen, die der jeweilige Betrieb in
Bezugszeitraum 2000 bis 2002 durchschnittlich erhalten hat bzw. der verfügbaren
Milchreferenzmenge am 31.03.2005 (§ 5 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 und 4 a sowie Abs. 2
Betriebsprämiendurchführungsgesetz). Ausgangspunkt für den betriebsindividuellen
Betrag eines Betriebsinhabers ist demnach die ihm gewährte frühere Direktzahlung.
Zur Berechnung des flächenbezogenen Betrages wird sodann das nach Abzug der
betriebsindividuellen Verträge verbleibende Prämienvolumen aus der jeweiligen
regionalen Obergrenze (§ 5 Abs.3 Nr. 2 Betriebsprämiendurchführungsgesetz)
herangezogen und gleichmäßig auf die von den Antragstellern im Jahr 2005
gemeldeten beihilfefähigen Flächen der entsprechenden Region verteilt. Im deutschen
Entkoppelungsmodell wird dabei noch eine Differenzierung zwischen Dauergrünland
und Ackerland vorgenommen (Art. 61 der Ratsverordnung vom 29. September 2003).
Die Zahl der Zahlungsansprüche eines Betriebsinhabers bestimmt sich sodann nach
der Hektarzahl seiner beihilfefähigen Fläche im ersten Jahr der Anwendung der
Betriebsprämienregelung (Art. 59 Abs. 4 Ratsverordnung). Der Wert des
Zahlungsanspruch errechnet sich, indem der festgestellte individuelle Betrag eines
Betriebsinhabers durch seine beihilfefähige Hektarzahl im ersten Jahr der Anwendung
der Betriebsprämienregelung abzüglich der der Stilllegung unterliegenden Hektarzahl
geteilt wird und dieser Betrag je Hektar mit dem flächenbezogenen Betrag je Hektar
zu einem Zahlungsanspruch addiert. Dabei ist es nach der Verordnung (EG) Nr.
17822003 und dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz unerheblich, ob es sich bei
der beihilfefähigen Fläche um Eigentum- oder Pachtflächen handelt. Entscheidend ist
allein, wer die Fläche zum Stichtag bewirtschaftet. Der sich aus den entsprechenden
früheren Direktzahlungen errechnete betriebsindividuelle Betrag wird folglich
gleichmäßig auf alle vorhandenen Zahlungsansprüche des Betriebes aufgeteilt. Es wird
dabei kein Unterschied zwischen Zahlungsansprüchen für Ackerland und
Dauergrünland gemacht. Der flächenbezogene Betrag verschmilzt mit dem
betriebsindividuellen Betrag zu einem nicht trennbaren Gesamtwert des
Zahlungsanspruchs.
Gemäß Art. 33 Abs. 1 i. V. m. Art. 34 Abs. 3 und Art. 59 Abs. 1 der Ratsverordnung
vom 23. September 2003 werden grundsätzlich die so errechneten Zahlungsansprüche
den Betriebsinhabern zugewiesen. Der Begriff des Betriebsinhabers definiert sich nach
Art. 2 der Ratsverordnung. Danach ist Betriebsinhaber eine natürliche oder juristische
Person ... deren Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft ... befindet und die eine
landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Betrieb ist dabei die Gesamtheit der vom
Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten. Die landwirtschaftliche Tätigkeit
definiert sich als die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher
Erzeugnisse. Gemäß dieser Definition ist für die Inhaberschaft der Zahlungsansprüche
allein ausschlaggebend, wer zum maßgeblichen Zeitpunkt landwirtschaftliche Flächen
bewirtschaftet hat, nicht dagegen, wer Eigentümer dieser Flächen war. Die künftig
untrennbare Verschmelzung zwischen dem betriebsindividuellen und dem
flächenbezogenen Betrag ergibt sich für das in Deutschland bestehende
Kombinationsmodell aus Art. 59 Abs. 3 der Ratsverordnung.
Aus der untrennbaren Verschmelzung des betriebsindividuellen und des
flächenbezogenen Betrages zu einem einheitlichen, in der Zukunft gültigen Betrag, der
den durch Art. 2 der Ratsverordnung definierten Betriebsinhaber zugewiesen ist, ist zu
erkennen, dass der EU-Gesetzgeber davon ausging, dass die Zahlungsansprüche nicht
flächen akzessorisch, d.h. an das Eigentum der Fläche gebunden sind, sondern
personenbezogene Rechte des Bewirtschafters darstellen.
Dies ergibt sich desweiteren aus der Regelung nach Art. 46 der Ratsverordnung.
Danach ist der Betriebsinhaber befugt, über die Zahlungsansprüche weitgehend frei zu
verfügen. Er kann diese Zahlungsansprüche mit oder ohne Flächen verkaufen oder
anders endgültig übertragen, mit Flächen verpachten oder anders befristet übertragen.
Eingeschränkt ist diese Verfügungsbefugnis nur insoweit, als er mit Ausnahme der
Ubertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge die
Zahlungsansprüche nur an andere Betriebsinhaber innerhalb derselben Region oder
zwischen Regionen mit gleichen Zahlungsansprüchen pro Hektar übertragen kann
(Art. 46 Abs. 1, Art. 63 Abs. 1 der Ratsverordnung). Diese Verfügungsbefugnis steht
dem Betriebsinhaber, d.h. dem Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen zu,
unabhängig davon, ob er Eigentümer oder Pächter der Flächen ist. Die in Art. 46 Abs.
2 Satz 1 vorgesehene Regelung der Ubertragung der Zahlungsansprüche durch
Verkauf oder jede andere endgültige Ubertragung auch ohne Flächen wäre schlicht
ausgeschlossen, wenn nach dem Willen des Gesetzgebers Zahlungsansprüche
flächenakzessorisch sein sollen. Hat der Betriebsinhaber derart weitgehende alleinige
Verfügungsbefugnis über die Zahlungsansprüche, kann nicht gefolgert werden, dass
nach Beendigung des Pachtverhältnisses die Rückübergabe der Pachtsache mit
Zahlungsansprüchen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung im Sinne der Vorschrift
§ 596 BGB unterfällt.
Die konsequente Umsetzung der Bezogenheit der Zahlungsansprüche auf den
Betriebsinhaber und nicht auf den Eigentümer der Flächen lässt sich auch daran
erkennen, dass in der Ratsverordnung vom 23. September 2003 keinerlei
Pächterschutzvorschriften zu finden sind, dagegen aber Schutzvorschriften für den
Verpächter. Wäre der Gesetzgeber von einer Flächenbezogenheit ausgegangen, hätte
er zum Schutz des Pächters, der Ende der Pachtzeit die von ihm erwirtschafteten
betriebsindividuellen Beträge, die in den Zahlungsanspruch einfließen,
konsequenterweise auf den Verpächter übertragen müsste, die Regelung z. B. von
Ausgleichsansprüchen treffen müssen. Dies ergibt sich aus dem Urteil des
Europäischen Gerichtshof vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88. Diese
Entscheidung betraf die Milchreferenzmengenregelung. Der Europäische Gerichtshof
stellte fest, dass es mit den Erfordernissen des Grundrechtschutzes in der
Gemeinschaftsrechtsordnung unvereinbar wäre, wenn Regelungen für einen
möglichen Pächterschutz, der nach Ende der Pachtzeit die Milchreferenzmengen an
den Verpächter „verliert”, fehlen würde. Da nach der Ratsverordnung vom 23.
September 2003 jedoch die Betriebsprämien dem Pächter zu belassen sind, sind
folgerichtig auch Pächterschutzvorschriften für das Ende des Pachtverhältnisses nicht
erforderlich.
Hiergegen wurden' gern. Art. 42 Abs. 4 VO (EG 1782/2003 i. V. m. Art. 18 ff. VO
EG) 795/2004 unter engen Voraussetzungen Schutzvorschriften für bestimmte
Verpächter geschaffen, die im Bezugszeitraum ihre im Eigentum stehenden
landwirtschaftlichen Flächen infolge Verpachtung nicht selbst bewirtschaftet haben,
aber zu einem späteren Zeitpunkt die Bewirtschaftung selbst aufnehmen wollen. So
kann nach Art. 22 Abs. 2 VO (EG 795/2004) ein Betriebsinhaber, der im
Bezugszeitraum oder davor oder bis spätestens 15. Mai 2004 einen Betrieb oder
Betriebsteil, dessen Flächen im Bezugszeitraum verpachtet waren, mit der Absicht
gekauft hat, die landwirtschaftliche Tätigkeit innerhalb eines Jahres nach Auslaufen
der Pacht aufzunehmen oder auszuweiten Zahlungsansprüche für diese verpachteten
Flächen nach Ende des Pachtverhältnisses erhalten. Eine derartige Regelung wäre
nicht erforderlich, wenn der Gesetzgeber davon ausginge, dass Zahlungsansprüche
nicht personen- sondern flächenbezogen sind. Diese müssten dann nämlich entweder
durch den Pächter an den Verpächter nach Ende des Pachtverhältnisses übertragen
werden oder automatisch mit Rückgabe der Sache übergehen. Eine ebensolche
Regelung findet sich in Art. 20 VO (EG 795/2004), wonach auch ein Erbe oder ein
vorweggenommener Erbe eines (ehemaligen) Betriebsinhaber, dessen Betrieb im
Bezugszeitraum
verpachtet
war,
unter
bestimmten
Voraussetzungen
Zahlungsansprüche nach Ende des Pachtverhältnisses auf die Flächen, die er nunmehr
selbst bewirtschaften will, erhalten kann.
Letztlich folgt auch aus der Regelung gern. Art. 36 Abs. 1, 44 VO (EG 1782/2003),
dass die erworbenen Zahlungsansprüche dem Betriebsinhaber zustehen und nicht
flächengebunden sind. Nach den genannten Vorschriften kann der Betriebsinhaber
dem zum Stichtag eine bestimmte Anzahl von Zahlungsansprüchen zugewiesen
wurden, die Zahlung der Betriebsprämien auch für andere beihilfefähige Flächen
geltend machen, als für die Flächen, für die er die Prämien ursprünglich beantragt hat.
Entscheidend ist alleine, dass der Anzahl der Zahlungsansprüche eine entsprechende
Anzahl an Hektar zur Verfügung steht, unabhängig davon, um welche Art von Flächen
es sich handelt. Damit ist gewährleistet, dass der unterstützungswürdige Erzeuger
flexibel seine Produktion den jeweiligen Markterfordernissen anpassen kann. Dies
stellt die konsequente Umsetzung des Zieles der GAP-Reform, nämlich nicht mehr die
Erzeugung von Produkten zu fördern, sondern den jeweiligen Betreiber eines
landwirtschaftlichen Betriebes.
Nach alledem schließt das in Deutschland unmittelbar geltende EG-Recht nach den
Verordnungen (EG 1782/2003, EG 795/2004 und EG 796/2004) im Zusammenhang
mit
dem
Deutschen
Prämiendurchführungsgesetz
und
der
Prämiendurchführungsverordnung eine Flächenbezogenheit der Zahlungsansprüche
aus. Eine Übertragung dieser Zahlungsansprüche aufgrund des nationalen
Landpachtsrechts gern. §§ 596 Abs. 1 i. V. m. 586 Abs. 1 Satz 3 BGB ist demnach
nicht gegeben. Die während der Pacht von dem Pächter erworbenen
Zahlungsansprüche unterfallen nicht dem Zustand, der einer bis zur Rückgabe
fortgesetzten
ordnungsgemäßen
Bewirtschaftung
entspricht
(so
auch
Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 07.03.2006, Gz. 12 U 7/05).
Soweit Gegenmeinungen in der Rechtssprechung und Literatur (siehe Entscheidung
des AG Magdeburg, Urteil vom 20.09.2005, 12 Lw 4/04, abgedruckt in Agrar- und
Umweltrecht 12/2005, Seite 402/403 und Rechtsanwalt und Notar Kay Nikolaus
Janssen, Ass. Jur. Thomas Hannusch, Agrar- und Umweltrecht, August 2005, Seite
245/248) die Zahlungsansprüche entsprechend der Regelungen über die
Milchreferenzmengen und Zuckerrübenlieferrechte nach Ende des Pachtverhältnisse
an den Verpächter übertragen wissen wollen, ist dem nicht zu folgen. Die Regelungen
zu
den
Milchquoten
und
Zuckerrübenlieferrechten
sind
mit
den
Betriebsprämienregelungen der genannten Vorschriften nicht vergleichbar. Aus den
Vorschriften zur Milchreferenzmenge ergab sich insbesondere nach Art. 7 Abs. 1 und
Abs. 4 der Verordnung (EWG Nr. 857/84 und Art. 5 der Verordnung EWG Nr.
1371/84), dass der Gesetzgeber die Milchreferenzmenge nach Ablauf des
Pachtverhältnisses grundsätzlich dem Verpächter zukommen lassen wollte (so EuGH,
Urteil vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88, Rdnr. 13-15). Auch das
Bundesverwaltungsgericht hat 1989 (BVerwGE 84, 140 ff.) entsprechend der
Auslegung des EuGH festgestellt, dass aufgrund der oben genannten Vorschriften
nach Ablauf des Pachtverhältnisses die mit dem zurückgegebenen Betrieb oder den
zurückgegebenen Betriebsteilen erwirtschaftete Referenzmenge grundsätzlich dem
Verpächter, der wieder die Verfügungsgewalt über dem Betrieb erlangt, zugeordnet ist
und nicht dem ausscheidenden Pächter. Da in Art. 7 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 857/84
geregelt war, dass „für auslaufende Pachtverträge, bei denen der Pächter keinen
Anspruch auf Vertragsverlängerung unter entsprechenden •Bedingungen hat, die
Mitgliedstaaten vorsehen (können), dass die auf den Betrieb bzw. den gepachteten Teil
des Betriebs entfallene Referenzmenge ganz oder zum Teil dem ausscheidenden
Pächter gutgeschrieben wird, sofern er die Milcherzeugung fortsetzen will”, folgerte
auch das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung, dass die
Milchreferenzmengen „betriebsakzessorisch” sind. Eine derartige Regelung fehlt aber
gerade in den EG-Vorschriften zur Betriebsprämienregelung, sodass eine
Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.
Auch die Regelung der Zuckerrübenlieferrechte ist mit der neuen
Betriebsprämienregelung nicht vergleichbar. Nach Art. 1 der Zuckermarktordnung
(EG) Nr. 1260/2001 teilt der Mitgliedstaat den zuckererzeugenden Unternehmen
bestimmte Zuckerquoten zu. Entscheidend ist hierbei, dass nicht der jeweilige
landwirtschaftliche Betriebsinhaber eine Zuckerrübenquote erhält, sondern das
Verarbeitungsunternehmen eine solche für Zucker. Diese Unternehmen schließen
sodann mit den Rübenerzeugern sogenannte Lieferverträge über den Ankauf von
Zuckerrüben. Das EG-Recht regelt die Rahmenbedingungen für den Zuckerrübenkauf,
der allein das Verhältnis zwischen Hersteller von Zucker und dem Verkäufer von
Zuckerrüben betrifft. Weitere Bestimmungen, wem diese Rechte zustehen, enthalten
die EG-Verordnungen nicht. Demnach ist die Frage, wem diese
Zuckerrübenlieferrechte im Falle der Pacht zustehen, allein nach dem nationalen
Pachtrecht zu beurteilen. Da aus der Ratsverordnung zur Betriebsprämienregelung
hervorgeht, dass dem Pächter als wirtschaftenden Betriebsinhaber die
Zahlungsansprüche selbst und ohne Flächenbindung zugewiesen werden und er
hierüber die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis hat, liegt eine unmittelbar in
Deutschland geltende EG-Vorschrift vor, die durch das nationale Pachtrecht nicht
umgangen werden kann. Eine Vergleichbarkeit zur Rechtsprechung zu den
Zuckerrübenlieferrechten liegt somit ebenfalls nicht vor.
b) Der begehrte Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsergänzung kann sich auch nicht
aus den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs ergeben. Ein
enteignungsgleicher Eingriff liegt dann vor, wenn rechtswidrig durch hoheitliche
Maßnahmen in einem geschützten Gegenstand eingegriffen wird und dadurch dem
Berechtigten ein Sonderopfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (siehe Palandt,
BGB, 65. Aufl. 2006, Uberbl vor 903, Rdnr. 14). Die Verweigerung des
Antragsgegners, der Vertragsergänzung zuzustimmen, ist jedenfalls kein hoheitlicher
Eingriff.
Zudem
ist
der
Antragsgegner
nicht
passiv
legitimiert.
Entschädigungspflichtig wäre stets der Hoheitsträger, nicht jedoch eine begünstigte
Privatperson (BGH 40, 49).
c) Ebenso wenig ergibt sich ein Anspruch aus § 11 a Abs. 1 des Pachtvertrags vom
11.02.1998, verlängert am 01.01.2003. Diese Regelung beinhaltet die Berechtigung
des Pächters an staatlichen Extensivierungsprogrammen oder sonstigen
flächengebundenen Förderprogrammen teilzunehmen, sofern diese nicht über die
vereinbarte Pachtzeit hinauswirken und keine Bewirtschaftungsnachteile entgegen §
596 BGB bei der Rückgabe der Pachtsache zur Folge haben. Wie dargelegt, ist die
infolge der GAPReform getroffene Betriebsprämienregelung weder ein staatliches
Extensivierungsprogramm noch ein sonstiges flächengebundenes Förderprogramm.
Die Betriebsprämienregelung stellt die Umstellung auf Direktzahlungen an
landwirtschaftliche Betriebsinhaber dar. Sie sind nicht flächenbezogen und unterfallen
somit nicht der einzelvertraglichen Regelung des § 11 a.
d) Letztlich besteht auch kein Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung der
Zahlungsansprüche am Ende des Pachtverhältnisses im Wege der Ergänzung des
Pachtvertrages zwischen den Beteiligten gem. § 593 Abs. 1 Abs. 4 BGB. Unabhängig
davon, dass das Verfahrenserfordernis der §§ 2 und 9 LPachtVG für die
Verlängerungsvereinbarung bzgl. des Pachtverhältnisses vom 21.01.2003 nicht
gegeben ist, liegen die Voraussetzungen einer Vertragsänderung nach § 593 Abs. 1
BGB nicht vor.
Die Änderung setzt voraus, dass nach Pachtabschluss eine wesentliche und nicht nur
vorübergehende Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist und
dass dadurch Pachtpreis oder sonstige zu erbringende Leistungen nicht mehr in einem
angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen, der bei objektiver Bewirtschaftung aus
dem Pachtobjekt zu erzielen ist. Insgesamt muss ein grobes Missverhältnis der
beiderseitigen Leistungen feststellbar sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom
09.01.1990, Az. 3 W 196/89). Die Antragsteller tragen hierzu im Wesentlichen vor,
dass zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung ab 01.01.2003 eine Reduzierung des
Pachtzinses auf 375,-- EUR pro Jahr vereinbart worden sei, bei einer Größe von
2,6008 Hektar. Dies entspräche einem Betrag von 144,19 EUR pro Hektar im Jahr.
Dahingehend könnten Fördergelder von 80,--EUR je Hektar im Jahr derzeit
beansprucht werden, d.h. ca. 55 % des Pachtzinses. Im Jahr 2013 dürften diese
Fördergelder den Pachtzins um das zweifache überschreiten. Dies sei vor allem
deshalb unangemessen, da der Antragsgegner derartige Ansprüche auf Fördergelder
für die Zukunft erhalte für einen Pachtzeitraum von noch ca. 2,5 Jahren. Mit diesem
Vortrag sind die Antragsteller ihrer Darlegungspflicht zur wesentlichen und
nachhaltigen Anderung der Verhältnisse nicht nachgekommen. Das Gefüge von
Leistung und Gegenleistung im Landpachtvertrag beruht auf Unterlagen tatsächlicher
und rechtlicher Art, von denen die Beteiligten bei Vertragsschluss ausgehen. Erst
wenn sich diese Grundlagen im Laufe des Pachtverhältnis wesentlich und nachhaltig
ändern, sodass ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
entsteht, kann eine Vertragsanpassung gefordert werden. Um zu klären, ob eine
derartig wesentliche Anderung eingetreten ist, ist erforderlich darzulegen, von welchen
Grundlagen Pächter und Verpächter bei Abschluss des Vertragsverhältnisses bzw. zum
Verlängerungszeitpunkt ausgingen. Entscheidend ist hier die Darlegung, ob die
Parteien im Rahmen der Vereinbarung des Pachtzinses neben den tatsächlichen
Gegebenheiten auch agrarrechtliche Subventionsmöglichkeiten berücksichtigten. Die
Höhe des Pachtzinses im landwirtschaftlichen Bereich wird gerade durch die
Möglichkeiten Fördergelder, sei es über Regionalprogramme, Milchreferenzmengen
oder sonstige Stützungszahlungen zu erhalten, bestimmt.
Die Antragsteller äußerten sich nicht dazu, welche Bedingungen bei der Vereinbarung
der Höhe des Pachtzinses insgesamt miteingeflossen sind, insb. ob die Parteien den
Erhalt von Fördergeldern in ihre Pachtvereinbarung miteingeschlossen hatten. Werden
schon die Determinanten zu Beginn des Vertragsverhältnisses nicht genannt, kann
nicht gefolgert werden, ob Anderungen eingetreten sind und ob diese Anderungen die
Aquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung nachhaltig beeinflussen könnten.
Auch soweit die Antragsteller angeben, die Geschäftsgrundlage sei deshalb
weggefallen, da sie sich nicht mehr am Handel mit Zahlungsansprüchen beteiligen
könnten, kann dies eine Vertragsanpassung nicht rechtfertigen. Zum einen betrifft
diese Argumentation nicht die Aquivalenz während des bestehenden Vertrages, da die
Möglichkeit des Handels jedenfalls für die Antragsteller erst nach Beendigung des
Pachtverhältnisses eintreten könnte. Zum Anderen bestand auch bei Beginn des
Vertrages diese Möglichkeit nicht, da die von der Fläche losgelöste
Verfügungsbefugnis über Zahlungsansprüche erst mit der GAPReform des Jahres
2003 geschaffen wurde.
Des weiteren bestimmt § 593 Abs. 1 Satz 2, dass Verbesserungen oder
Verschlechterungen, die in Folge der Bewirtschaftung der Pachtsache durch den
Pächter eintreten, keine Anderung des Pachtzinses rechtfertigt. Grundsätzlich bleiben
also Anderungen, die sich aus der Risikosphäre des Pächters ergeben, diesem allein
zugerechnet . Wie oben ausgeführt, errechnen sich die Zahlungsansprüche nach der
Betriebsprämienregelung nach den betriebsindividuellen Betrags des Betriebsinhabers
bezogen auf die benutzte Fläche. Maßzahl ist in erster Linie die Art der
Bewirtschaftung durch den Pächter im Berechnungszeitraum. Die personenbezogene
Regelung der künftigen Zahlungsansprüche bleibt im Risikobereich des Pächters,
wonach die begehrte Vertragsergänzung nach § 593 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenfalls
ausgeschlossen ist. Die Verpflichtung zur Zustimmungsübertragung im Wege einer
Vertragsergänzung würde letztlich die im EG-Recht ausdrücklich geregelte
Personenbezogenheit der Zahlungsansprüche obsolet machen und dem Regelungswerk
widersprechen.
Soweit die Antragsteller auf eine Äquivalenzstörung abstellen, die nach Beendigung
des Pachtverhältnisses eintritt, ist bisher nicht vorhersehbar, ob tatsächlich ein derart
grobes Missverhältnis eintreten wird. Es steht nicht fest, ob die Antragsteller eine
Wertminderung ihrer landwirtschaftlich verpachteten Grundstücke dadurch erleiden,
dass sie nach Beendigung des Pachtverhältnisses Flächen zurückerhalten, für die ihnen
keine Zahlungsansprüche zugewiesen sind. Nach der in Deutschland erfolgten
Umsetzung der Ratsverordnung wurde die Betriebsprämienregelung derart
ausgestaltet, dass von Beginn an eine möglichst gleich hohe Zahl von
Zahlungsansprüchen und begünstigungsfähiger Fläche erreicht werden sollte. Es war
das Ziel ein möglichst ausgewogenes Verhältnis fir Zahlungsansprüche und
landwirtschaftliche Flächen zu erreichen. Da Pächter, denen Zahlungsansprüche
zugewiesen worden sind, zur Aktivierung dieser Ansprüche darauf angewiesen sind
wiederum Flächen zu erhalten, wird ein Bedarf an Flächen von Verpächtern bestehen,
die ihrerseits keine Zahlungsansprüche mitverpachten können. Da nach der bisherigen
Entwicklung auch ausgegangen werden kann, dass die Anzahl von beihilfefähigen
Flächen sich verringert, könnte sogar ein Mehr an Zahlungsansprüchen im Vergleich
zu beihilfefähigen Flächen entstehen, was den Verpächtern zu Gute käme. Die
tatsächliche marktwirtschaftliche Entwicklung über den Zeitraum von 2008 hinaus ist
bisher jedoch nicht konkret feststellbar. Jedenfalls kann nicht von einem schon jetzt
existierenden groben und nachhaltigen-Missverhältnis ausgegangen werden.
III.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 34 Abs. 1, 44 und 45 LwVG.
IV.
Die Rechtsbeschwerde war nach § 24 Abs. 1 zuzulassen, da die Entscheidung über die
Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. Bisher ist die Frage der Übertragung von
Zahlungsansprüchen von dem Pächter auf den Verpächter zum Ende des Pachtverhältnisses
nicht höchstrichterlich geklärt.
V.
Der Geschäftswert bemisst sich nach §§ 34 Abs. 2, 35 Abs. 1 Nr. 2 a LwVG. Ausgegangen
wurde von dem Wert eines Zahlungsanspruches von 88,- EUR pro Hektar. Nachdem
Zahlungsansprüche für 3 Hektar Land betroffen sind, errechnet sich der Geschäftswert auf
264,- EUR.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

30.06.2006

Aktenzeichen:

1 Lw U 5104/05

Rechtsgebiete:

Miete

Normen in Titel:

EU-Agrarprämien; BGB §§ 593, 596