LG Krefeld 26. November 1980
3 T 44/80
KostO § 147

Fälligkeitsbestätigung und Kaufpreisüberwachung

Nach § 156 Abs. 3 Satz 2 KostO ist allerdings die Einwendung
zulässig, der Kostenanspruch sei nach Zustellung der Kostenrechnung verjährt. Eine Verjährung ist aber nicht eingetreten,
weil aufgrund der rechtskräftig festgestellten Versäumung
der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO entsprechend § 218
BGB eine 30jährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat.
Die h, M. steht allerdings auf dem Standpunkt, daß § 218 BGB
nicht entsprechend angewendet werden kann, wenn der
Notar eine Kostenberechnung zugestellt hat und zwar auch
dann nicht, wenn die Frist zur Einlegung der Beschwerde
nach § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO verstrichen ist (KG NJW 1955,
633 m. Anm. Marpen; NJW 1955, 1190DNotZ 1955, 269
m. Anm. Bühling; OLG Hamm Rpfleger 1957, 421 m. Anm.
Rohe; OLG Stuttgart DNotZ 1959, 325 m. Anm. Ackermann;
GöttlIch/Mümmler, KostO. 6. Aufl., Stichw.: „Verjährung" 2.2;
von Feldmann/MüKo, § 218 BGB, Rd.-Nr. 2; Erman/Hefermehl, 6. Aufl., § 218 BGB, Rd.-Nr. 3 i, V. in, § 196 BGB, Rd.Nr. 20; a. Staudinger/Dilcher, 12. Aufl., § 218 BGB, Rd.Nr. 13; Johannsen/BGB-RGRK, 12. Aufl., § 218 BGB, Rd.-Nr. 3;
Soergel/Augustin, 11. Aufl., § 218 BGB, Rd.-Nr. 7; Rohs/Wedewer, § 143 KostO bei Fn. 11; Beushausen/Küntzel/KerstanlBühling 5. Aufl., § 143 KostO, Anm. 3 Ackermann, a.a.O.;
Rohs a.a.O.; Quardt, JurBüro 1959, 446; ohne eindeutige
Stellungnahme: Korintenberg/Ackermann/Lappe-KAL—,
9. Aufl., § 143 KostO, Rd.-Nr. 10; Palandt/Heinrichs, 39, Aufl.,
§ 218 BGB, Anm. 1). Der Senat vermag der herrschenden
Ansicht nicht zu folgen. Nach Ablauf der Beschwerdefrist des
§ 156 Abs. 3 Satz 1 KostO steht fest, daß Einwendungen
gegen die Richtigkeit der Kostenberechnung nur noch
geltend gemacht werden können, soweit die Gründe nach
Zustellung der Rechnung entstanden sind. Der Anspruch des
Notars ist insoweit ebenso wie ein rechtskräftig festgestellter
Anspruch der Nachprüfung entzogen. Dieser Gesichtspunkt
rechtfertigt die entsprechende Anwendung des § 218
BGB. Der Grund für die in dieser Vorschrift normierte 30jährige Verjährungsfrist liegt nicht etwa darin, daß der Anspruch
durch eine neutrale Stelle geprüft oder vorn Schuldner
anerkannt ist (so aber die Vertreter der herrschenden Meinung), sondern darin, daß In den Fällen des § 218 Abs. 1 BGB
eine Nachprüfung der Grundlagen des Anspruchs nur noch
beschränkt möglich ist (RG JW 1938, 1137). Das ergibt sich
aus den Motiven zu § 177 des Entwurfs (Motive I, S. 337), in
denen ausgeführt ist: „So verschiedenartig die Gründe sind,
welche zu einer Abkürzung der Verjährung im einzelnen
führen: Im allgemeinen stimmen sie darin überein, daß die
besondere Gestaltung der betreffenden Rechtsverhältnisse
die alsbaldige Ordnung und Abwicklung derselben notwendig
oder wenigstens wünschenswert erscheinen läßt. Für die
rechtskräftig festgestellten Ansprüche verliert dieser Gesichtspunkt wesentlich an Gewicht. Das ursprüngliche
Rechtsverhältnis tritt gegenüber der in dem Urteil erstrittenen
neuen Grundlage zurück; der Rechtsfriede ist gewahrt, die
Verdunkelung des Sachstandes für lange Zeit ausgeschlossen." Dieser Gesichtspunkt trifft auch für die Forderung des
Notars zu, die nach Fristablauf nicht mehr deshalb angefochten werden kann, weil dem Notar „an sich" nichts geschuldet
werde. Im übrigen hat schon die Zivilkammer richtig darauf
hingewiesen, daß seit der Neuregelung des Mahnverfahrens
ein Anspruch durch Vollstreckungsbescheid rechtskräftig
festgestellt werden kann, ohne daß eine neutrale Stelle auch
nur die Schlüssigkeit des Vorbringens des Gläubigers geprüft
hat.
Eine entsprechende Anwendung des § 218 BGB ist auch aus
praktischen Erwägungen geboten. Der Notar hat nicht die
Möglichkeit, seine Kosten einzuklagen und dadurch einen
Titel nach § 218 Abs. 1 BGB zu schaffen, weil eine Klage
wegen der Möglichkeit, die Forderung selbst zu titulieren,
mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig wäre. Es erscheint auch nicht sachgerecht, den Notar jeweils darauf zu
verweisen, die Verjährung durch Vollstreckungshandlungen
nach § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB zu unterbrechen. § 218 BGB ist
gerade auch zu dem Zweck geschaffen worden, um den
Gläubiger einer der kurzen Verjährung unterliegenden
Forderung nicht zu nötigen, auch gegenüber einem zeitweilig
vermögenslosen Schuldner in kurzen Zwischenräumen zur
Verjährungsunterbrechung voraussichtlich erfolglose Vollstreckungshandlungen vornehmen zu lassen (Motive 1,
S. 338). Die Möglichkeit, die Verjährung nach §§ 141, 17 Abs. 3
Satz 2 KostO durch Aufforderung zur Zahlung oder durch eine
dem Schuldner mitgeteilte Stundung zu unterbrechen, reicht
entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart (a.a.O.) nicht aus,
weil die Verjährung durch Zahlungsaufforderung nicht
wiederholt unterbrochen werden kann (OLG Celle ONotZ
1976. 759 — JurBüro 1976, 1542; KAL, aa.O., § 143 KostO,
Rd.-Nr. 7; Rohs/Wedewer, a.a.O., § 143 KostO bei Fn. 5e).
Eine entsprechende Anwendung ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil die vollstreckbare Notarkostenrechnung In § 218 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich erwähnt ist. Die
Aufzählung in § 218 Abs. 1 BGB ist nicht abschließend (Staudinger/Dilcher, a.a.O.). Zur Zeit des Inkrafttretens des BGB
hatten die Gebührennotare noch nicht die Möglichkeit, sich
selbst einen vollstreckbaren Titel zu schaffen. Daraus, daß bei
Erlaß des Kostenänderungsgesetzes vom 26.7. 1957 die
Frage nicht ausdrücklich geregelt wurde, läßt sich — entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (a.a.O.) nichts schließen, weil diese Frage bei den Beratungen des Kostenänderungsgesetzes nicht zur Erörterung stand (Ackermann,
DNotZ 1959, 328 zu 3).
Auch die übrigen von der Gegenmeinung gebrachten Gründe
vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Soweit darauf
abgestellt wird (KG und OLG Hamm, a.a.O.), daß § 218 Abs, 1
als Ausnahmevorschrift einer analogen Anwendung nicht
fähig sei, ist darauf hinzuweisen, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung — der sich der Senat anschließt — auch
eine Ausnahmevorschrift analog angewendet werden kann
(BGHZ 26, 78, 83; BAG NJW 1969, 74, 75). Auch der Hinweis
auf § 156 Abs. 3 Satz 2 Kost() (KG, OLG Hamm, OLG Stuttgart,
aa.O.) ist nicht stichhaltig. Nach dieser Vorschrift können
Einwendungen gegen die Kostenrechnung auch nach Ablauf
der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO gebracht werden,
wenn sie auf Gründen beruhen, die nach der Zustellung der
vollstreckbaren Ausfertigung entstanden sind. Die Vorschrift
besagt nur, daß eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene
Verjährung beachtlich ist. Aus ihr kann aber nicht entnommen
werden, daß die Verjährungsfrist sich durch die Zustellung der
Kostenberechnung und den Fristablauf nach § 156 Abs. 3
Satz 1 KostO nicht ändern könne.
Da nach Ablauf der Frist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO entsprechend § 218 BGB die Kostenforderung des Notars erst
nach 30 Jahren verjährt, dringt der Schuldner mit seiner
Verjährungseinrede nicht durch.
15. Kostenrecht — Fälligkeitsbestätigung und Kaufpreisüberwachung
(LG Krefeld, Beschluß vom 26. 11. 1980 — 3 T 44/80 — mitgeteilt von Notar Dr. Hubert Querling, Krefeld)
KostO § 147
1. Dem Notar steht jeweils eine Gebühr für die Feststellung
der Fälligkeit sowie eine Gebühr dafür zu, daß er die
Eigentumsumschreibung nach dem Nachweis der Kaufprelezahlung überwacht Beide Gebühren berechnen
sich nach dem vollen Geschäftewert
2. Zur Verpflichtung des Notars mit den Vertragsparteien
Fragen der Kostentragung zu erörtern.
(Leitsätze nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
Der Notar hat einen Vertrag beurkundet, durch den zwei Miteigentümer Ihr Hausgrundstück an die Kostenschuldner veräußern.
22 Heft Nr, 1/2 MittRhNotK Januer/Februat 1981


In dem Vertrag ist u- vereinbart, daß die Käufer einen Teilbetrag
anzahlen. Dieser Betrag sollte fällig sein, nachdem der Notar mitgeteilt hat, daß die von den Vertragsparteien bewilligte Auflassungsvormerkung beantragt ist, alle erforderlichen Genehmigungen oder
Negativbescheinigungen vorliegen und die Gemeinde mitgeteilt hat,
daß ein gesetzliches Vorkaufsrecht nicht vorliegt oder von Ihr
nicht ausgeübt wird.
Der Restkaufpreis sollte fällig sein, sofern die Löschungsunterlagen
von in Abteilung des Grundbuchs eingetragenen Belastungen dem
Notar auflagenfrei vorliegen, die Fälligkeitsvoraussetzungen der
ersten Rate vorliegen und der Notar die Beteiligten hierüber informiert hat, sowie wenn die Verkäufer das Grundstückgeräumt haben.
Die Anzahlung des Kaufpreises sollte den Verkäufern u. a. dazu
dienen, die In Abteilung III eingetragenen Grundpfandrechte abzulösen. Um dies zu bewirken, heben die Vertragsparteien einen Teilbetrag der zweiten Rate der Spar- und Darlehnskasse N, abgetreten.
Die Eigentumsurnschreibung sollte von dem Notar nicht eher
veranlaßt werden, bis ihm die Zahlung des gesamten Kaufpreises
nachgewiesen war.
Die Kosten des Vertrages und seiner Durchführung sollten die Käufer
tragen. mit Ausnahme der Kosten der Löschung bzw. der Pfandfreigabe, die die Verkäufer übernehmen sollten.
Die den Käufern erteilte Kostenrechnung enthält Je zwei Gebühren
nach § 147 KostO. sowie eine Gebühr nach § 36 KostO bezüglich der
Abtretung.
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Durch die Beurkundung des Kaufvertrages sind zwei Gebühren nach § 147 KostO jeweils nach dem vollen Streitwert
angefallen. Dagegen ist die Gebührenforderung des Notars
nach § 36 Abs. 2 KostO durch Aufrechnung mit. einer Schadenersatzforderung der Käufer in derselben Höhe erloschen.
1. Der Ansatz von zwei Gebühren nach § 147 KostO ist
gerechtfertigt Dem Notar steht jeweils eine Gebühr für die
Feststellung der Fälligkeit sowie eine Gebühr dafür zu, daß er
die Eigentumsumschreibung nach dem Nachweis der Kaufpreiszahlung überwacht hat. Der Notar übt Insoweit zwei
getrennte Tätigkeiten aus, die keine gebührenfreie Nebengeschäfte im Sinne des § 35 der KostO darstellen (OLG DüsselRpfleger 1978, 72 ff,; LG
dorf MittRhNotK 1977, 183 ff.
Düsseldorf MittRhNotK 1980, 116 f.; LG Wuppertal MittRhNotK 1978, 60 f.). Sowohl die Feststellung und Mitteilung der
Fälligkeit als auch die Überwachung der Eigentumsumschreibung sind zwei gesonderte Tätigkeiten, weil der Notar hierbei
über den Vollzug des beurkundeten Kaufvertrages hinaus
Leistungen erbringt, den Erfolg des abgeschlossenen Vertrages durch eine besondere Tätigkeit fördert und beiden
Vertragsparteien hilft, die beiderseitigen vertraglichen Leistungen abzusichern.
So ist der Notar von den Vertragsparteien ausdrücklich
beauftragt, alle Genehmigungen und Negativbescheinigungen einzuholen und das Vorkaufsrecht mit der Gemeinde
abzuklären, Er muß prüfen, ob die Löschungsunterlagen zu
den in Abteilung III eingetragenen Belastungen vorliegen.
Ferner muß er prüfen, ob die Verkäufer den Grundbesitz
geräumt haben. Nach Prüfung dieser Voraussetzungen muß
er den Vertragsparteien für beide Kaufpreisraten jeweils die
Fälligkeit mitteilen. Dem Notar obliegt hierbei eine besondere
Prüfungspflicht, die nicht durch die Beurkundung des Kaufvertrages abgegolten ist und die nicht bloß dem Vollzug des
Amtsgeschäftes dient,
Der Notar muß sich ferner vor der Eigentumsumschreibung
vergewissern, ob der Kaufpreis gezahlt ist. Das kann -zu
umfangreichen Ermittlungen und Überlegungen führen, z. B.
dann, wenn die Aufrechnung gegen den Kaufpreis oder eines
Teils des Kaufpreises erklärt worden ist.
2. a) Beide Gebühren nach § 147 KostO berechnen sich im
vorliegenden Fall nach dem vollen Geschäftswert. Dieser
Geschäftswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 KostO. Aufgrund
dieser Vorschrift ist der Geschäftswert nach freiem Ermessen
zu bestimmen, da es sich um eine vermögensrechtliche
Heft Nr. 1/2 MittRhNotK Januar/Februar 1981
Angelegenheit handelt und eine besondere gesetzliche
Regelung nicht besteht Der Geschäftswert ist deshalb nach
der Art und dem Umfang der Tätigkeit, die dem Notar obliegt,
sowie dem Ausmaß der Verantwortung, die für ihn• mit der
Tätigkeit verbunden ist, festzusetzen. Dabei kann der Geschäftswert höchstens den vollen Wert des betroffenen
Wirtschaftsgutes erreichen (OLG Düsseldorf, a.a.O., KG
MittRhNotK 1980, 93 f.; LG Düsseldorf, a.a0., LG Wuppertal,
a.a.O., Korintenberg/WenzfAckermann/Lappe, § 147 KostO
Anm. 10).
Der bereits genannte Umfang der Tätigkeit und vor allem das
Haftungsrisiko des Notars rechtfertigen den Ansatz des
vollen Geschäftswertes. Bei der Fälligstellung der beiden
Kaufpreisraten traf den Notar eine besondere Verantwortlichkeit. Er haftete den Käufern dafür, daß die Zahlungsvoraussetzungen tatsächlich vorlagen und die Käufer bei Zahlung der
Kaufpreisraten gesichert waren. Bei einer fehlerhaften
Fälligkeitsmitteilung hätte der Notar die volle Verantwortung
tragen müssen.
b) Auch dafür, daß das Eigentum am Grundstück nicht vor
dem Nachweis der Kaufpreiszahlung umgeschrieben wurde,
hat der Notar das volle Risiko übernommen. Zwar hat die
Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Notar die Eigentumsumschreibung nur auf eine Mitteilung des Verkäufers hin
zu veranlassen hatte, einen erheblich unter dem vollen
Geschäftswert liegenden Wert angenommen, weil eine
eigene Überwachungspflicht des Notars für die Zahlung des
Kaufpreises nicht bestand (OLG Düsseldorf, DNotZ 1975,
374). Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß
grundsätzlich der Wert für die Überwachungsgebühr unter
der des Kaufpreises liegt. Vielmehr Ist auf die besonderen
Umstände des Einzelfalles abzustellen. Entsprechend diesen
Umständen kann auch der volle Geschäftswert erreicht
werden (OLG Düsseldorf MittRhNotK 1980.93 f.). Dies ist hier
der Fall. Das Haftungsrisiko bei der Eigentumsumschreibung
war für den Notar bei der vorliegenden Vertragsgestaltung
erheblich. Er brauchte nicht bloß die Mitteilung der Verkäuferinnen über die Zahlung des Kaufpreises abzuwarten, auch
wenn er sich im besonderen Fall mit einer solchen Mitteilung
hätte begnügen können. Nach der Vertragsgestaltung mußte
er sich vielmehr vergewissern, ob der Kaufpreis tatsächlich
gezahlt war. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Käufer
insgesamt fünf Einzelzahlungen zu leisten hatten, unter
anderem auch einen Teilbetrag der zweiten Rate als Abtretungsbetrag an die Spar- und Darlehnskasse N. Das Haftungsrisiko für den gesamten Kaufgegenstand und die Umstände
des Vertrages rechtfertigen es deshalb, den vollen Geschäftswert für die Berechnung der Gebühr nach § 147 KostO
anzusetzen.
3. Eine Gebühr für die Beurkundung der Abtretungserklärung steht dem Notar dagegen nicht zu, weil diese Gebühr
durch Aufrechnung der Kläger mit einer Schadenersatzforderung in gleicher Höhe erloschen ist (§ 19 Abs. 1 S. 1 BNotO,
§§ 387. 389 BGB). Der Notar hat gegen seine Pflicht verstoßen, den Willen der Parteien zu erforschen und das von den
Vertragspartnern wirklich Gewollte zu beurkunden (§ 17
BeurkG). Zwar ist der Notar grundsätzlich nicht verpflichtet.
mit den Vertragsparteien Gebührenfragen zu erörtern. Die
Ausgestaltung dieses Vertrages verpflichtete hier jedoch den
Notar, die Kostenregelung zwischen den Vertragsschließenden zu erörtern. Wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts ausschließlich im Interesse des Verkäufers liegt, weil dieser sonst
seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nachkommen könnte, so Ist grundsätzlich davon auszugehen, daß ihm
auch die anteiligen Kosten aufzuerlegen sind und er auch
bereit ist, diese Kosten zu tragen. Dieser Wille der Verkäufer
ergibt sich aus der Vereinbarung der Parteien, daß die Verkäufer einen Teil der Kosten, nämlich die der Löschung bzw. der
Pfandfreigabe übernehmen. Im Zweifel ist davon auszugehen, daß die Verkäufer, da sie diesen Teil der Kosten übernehmen wollen, auch bereit gewesen wären, die Kosten der
Abtretung zu tragen, weil diese Abtretung ausschließlich in
ausgehen, daß den Vertragsparteien bekannt war, daß für die
Abtretung eine zusätzliche Gebühr anfällt. Oer Notar hätte
deshalb die Käufer darüber befragen müssen, ob sie die
Kosten der Abtretung übernehmen wollen. Da er dies nicht
getan und ohne Beratung die Kostentragungspflicht der
Käufer, soweit nicht die Verkäufer die Kosten übernommen
haben, beurkundet hat, hat er eine Pflichtverletzung begangen und hierfür den Käufern gegenüber einzustehen. Da den
Käufern durch diese Pflichtverletzung des Notars ein Schaden in Höhe der von dem Notar angesetzten Gebühr entstanden ist, durften sie die Aufrechnung mit ihrer Schadenersatzforderung in gleicher Höhe erklären (Schneider, Notarkastenbeschwerde, 1966, S. 78).
16. Steuerrecht/Grunderwerbsteuer — Erwerb eines mit
einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den
Erbbauberechtigten
(BFH. Urteil vom 2. 7. 1980— II R 132/79— BSt81.111980. 729)
GrEStElgWoG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 4
Erwirbt jemand ein Erbbaurecht steuerfrei gemäß § 1 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 GrEStElgWoG, so Ist der gleichzeitig oder nachfolgende Erwerb des mit dem Erbbaurecht belasteten
Grundstücks auch dann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
GrEStEigWoG steuerfrei, wenn der Erwerber nicht bereits
bei Abschluß des Grundstückskaufvertrages eine Wohnung
des aufstehenden Hauses bewohnt; es genügt, daß der
Erwerber diese Wohnung nach seiner glaubhaften Eridärung
spätestens innerhalb von fünf Jahren — gerechnet seit dem
Erwerb des Erbbaurechts — bewohnen wird.
Zum Sachverhalt:
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 25. 4. 1978 erwarben die
Kläger von den Eheleuten lt zu je 92 ein Erbbaurecht mit Zweifamilienhaus für 170 000 DM. Durch einen weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom selben Tage erwarben sie auch das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück von dem Landwirt E für 11 460 DM.
Den Erwerb des Erbbaurechtes ließ das FA gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 GrEStEigWoG grunderwerbsteuerfrel. Für den Erwerb des mit
dem Erbbaurecht belasteten Grundstückes setzte es Grunderwerbsteuer fest.
Nach erfolglosem Einspruch hob das FG auf die Klage die Steuerbescheide und die Einspruchsentscheidung auf_ Der Erwerb des
Grundstückes bilde zusammen mit dem Erwerb des Erbbaurechtes
einen einheitlichen Vorgang und sei daher ebenfalls gemäß § 1 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 GrEStElgWoG steuerfrei,
Aus den Gründen:
Die vom FG zugelassene Revision des FA ist teilweise begründet
1. Der Erwerb des Grundstückes ist steuerfrei gemäß § 1
Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStEigWoG.
Das erworbene Grundstück war — wie die genannte Vorschrift voraussetzt — bei Abschluß des Kaufvertrages vom
25. 4. 1978 mit einem Erbbaurecht belastet, dessen wesentlicher Bestandteil das aufstehende, zu mehr als 68 2/3 vom
Hundert Wohnzwecken dienende Zweifamilienhaus war.
Erbbauberechtigte waren die Kläger. Daß sie schon als
Erbbauberechtigte im Erbbaugrundbuch eingetragen waren,
ist nicht erforderlich. Für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 GrEStEigWoG muß es genügen, daß die Kläger mit
Vertrag vom selben Tage das Erbbaurecht erworben hatten.
Denn das Grunderwerbsteuerrecht steilt Wandsätztich auf
das Verpflichtungsgeschäft und nicht auf den dinglichen
Erwerb ab und es ist kein Grund ersichtlich, hier von diesem
Prinzip abzuweichen.
Erforderlich Ist außerdem, daß eine Wohnung des Zweifamilienhauses von den Klägern „bewohnt wird". Diese Vorschrift
könnte für sich betrachtet dahin verstanden werden, daß der
Erwerber des Grundstücks oder seine Verwandten im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks bereits in dem Haus
wohnen müssen, das Bestandteil des Erbbaurechts ist. Diese
Auslegung würde jedoch den Sinnzusammenhang der Nr. 4
mit den Nm. 1 bis 3 nicht beachten. Wenn das Gesetz neben
dem Erwerb des Erbbaurechts auch den Erwerb des mit dem
Erbbaurecht belasteten Grundstücks begünstigt, so muß
daraus entnommen werden, daß es den begünstigten Erwerb
des Eigentums an Wohnraum erst mit der Vereinigung von
Erbbaurecht und Grundstückseigentum in einer Person als
vollendet ansieht. Die Nrn. 1 bis 3 einerseits und die Nr. 4
andererseits bilden demnach zwar selbständige Tatbestände, erfassen aber trotzdem nur Teile eines nach Auffassung des Gesetzgebers einheitlichen Vorganges. Aus dieser
Sicht muß die Nr. 4 ausgelegtwerden. Genügt es im vorliegenden Fall für die vorläufige Steuerbefreiung des Erbbaurechtserwerbes gemäß Nr. 2, daß eine Wohnung des Hauses von
den Klägern künftig (binnen fünf Jahren) ein Jahr lang „bewohnt wird", so muß dieses künftige Bewohnen binnen fünf
Jahren seit Erwerb des Erbbaurechtes daher auch für die
Anwendung der Nr. 4 genügen. Dabei ist allerdings für die
Anwendung der Nr. 4 nicht erforderlich, daß die Kläger die
Wohnung ein Jahr lang bewohnen werden. Der Wortlaut der
Nr. 4 ist insoweit nicht auslegungsfähig, Der Gesetzgeber hat
bei dem gesonderten Erwerb von Erbbaurecht und Grundstück offensichtlich darauf verzichtet, die Steuervergünstigung für den Grundstückserwerb von einer bestimmten
Dauer der Eigennutzung abhängig zu machen.
Der Senat folgt damit weitgehend den Gedankengängen des
FG, das den Erwerb des Erbbaurechtes und des Grundstükkes als einheitlichen Vorgang angesehen hat. Die Auffassung
des FG, daß ein solcher Vorgang insgesamt nach § 1 Abs, 1
Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG steuerbegünstigt sei, setzt jedoch
voraus, daß die Nr. 4 erst dann eingreift, wenn der Erwerber
oder seine Verwandten eine Wohnung des Hauses beim
Grundstückserwerb schon bewohnen. Diese Betrachtungs•
weise könnte aber zu willkürlichen Ergebnissen führen, wenn
die Gegenleistungen für Erbbaurecht und Grundstück
zusammen die Grenze von 250 000 DM nach § 1 Abs. 2 Nr. 1
GrEStEigWoG übersteigen. Der zusätzliche Freibetrag von
100 000 DM nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 GrEStEigWoG stünde dem
Erwerber nur dann zu, wenn er oder seine Verwandten
(zufällig) eine Wohnung des Hauses bei Abschluß des Grundstückskaufvertrages schon bewohnen. Der Senat zieht daher
eine Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStEigWoG vor,
welche diese zufälligen Ergebnisse vermeidet Es hängt
häufig nicht vom Willen des Erbbauberechtigten ab, ob und
zu welchem Zeitpunkt er das Grundstückseigentum erwerben kann.
Daß der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 GrEStEigWoG
allgemein diejenigen Fälle begünstigt. in denen der Erwerb
des Eigentums an Wohnraum in den Erwerb von Erbbaurecht
und Grundstückseigentum aufgespalten wird, also auch Fälle,
in denen der Erwerb des Erbbaurechtes nicht grunderwerbsteuerbegünstigt war, muß hier außer Betracht bleiben.
2. Nach den vorstehenden Ausführungen istder Erwerb des
Grundstückes durch die Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
GrEStEIgWoG nur dann steuerfrei, wenn die Kläger entsprechend ihrer glaubhaften Erklärung innerhalb der nach Nr, 2
maßgebenden Fünfjahresfrist eine Wohnung in dem aufstehenden Haus bewohnen werden. Da § 3 GrEStElgWoG für die
Fälle des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht gilt, muß das FA die
Kläger nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig von der Steuer
freistellen. Der Senat legt den Klageantrag dahin aus, daß er
auch diese vorläufige Freistellung als das Geringere gegenüber der beantragten ersatzlosen Aufhebung der Steuerbescheide und der Einspruchsentscheidung mit einschließt
Da die Kläger statt der uneingeschränkten Aufhebung der
Steuerbescheide und der Einspruchsentscheidung nur die
Aufhebung dieser Verwaltungsakte unter Verpflichtung des
FA zur vorläufigen Freistellung erreicht haben und die Klage
Heft Nr. 112 MIttehNotK Jaeuer/Februer

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Krefeld

Erscheinungsdatum:

26.11.1980

Aktenzeichen:

3 T 44/80

Erschienen in:

MittRhNotK 1981, 22-24

Normen in Titel:

KostO § 147