Vergütung für das Erbbaurecht bei Ausübung des Heimfallanspruchs
dem Grundstück Nr.12 geführten damaligen Gewerbebetriebs genutzt werden sollte. Die betriebliche Anbindung
der Halle an das Stammgrundstück und die rechtliche
Sicherung dieses Bandes im Interesse des Betriebes waren
hier auch bestimmend für die wirtschaftliche Interessenlage
des Eigentümers beim Überbau schlechthin. Die nach ihrer
wirtschaftlichen Zweckbeziehung gegebene Zugehörigkeit
der Halle zum Grundstück Nr.12 wird zusätzlich dadurch
unterstrichen, daß im Gebäudeinneren ein Zugang zu der
Halle nur vom Hause Nr.12 aus vorhanden ist. Aus diesen
Umständen hat bereits das Landgericht im Ergebnis zutreffend entnommen, daß das Grundstück der Kläger Stammgrundstück des Eigengrenzüberbaues gewesen sei.
6.
Ausübung des Heimfallanspruchs)
Der Vergütungsanspruch aus
mit Erfüllung des Heimfallanspruchs durch Einigung und
Grundbucheintragung (insoweit Abweichung von dem
Senatsurteil vom 6.2.1976, V ZR 191174,
damit geht auch die Haftung für die durch ein Grundpfandrecht gesicherte persönliche Schuld des Erbbauberechtigten nach § 33 Abs.2 ErbbauVO auf den Grundstückseigentümer über.
BGH, Urteil vom 20.4.1990 — V ZR 301/88 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Der Beklagte bestellte durch notariellen Vertrag vom 31.1.1980 den
.Eheleuten A. ein Erbbaurecht, das sie im Jahre 1982 an F. veräußerten. F. belastete das Erbbaurecht zugunsten der Klägerin mit einer
Grundschuld von 310.000 DM. Daraus betrieb die Klägerin die
Zwangsversteigerung des Erbbaurechts und erhielt am 22.1.1986
gegen ein Gebot von 210.000 DM den Zuschlag. Das Erbbaurecht veräußerte sie weiter.Der Beklagte hatte nach Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens den ihm deswegen nach dem vertragsmäßigen Erbbaurechtsinhalt zustehenden Heimfallanspruch gegen F. geltend gemacht. Dieser wurde durch — rechtskräftiges — Versäumnisurteil
vom 6.11.1985 verurteilt, dem. Beklagten die im Erbbaugrundbuch verzeichnete „Parzelle" aufzulassen, Zug um Zug gegen Freistellung von
der für die Klägerin eingetragenen Grundschuld. Die Umschreibung
des Erbbaurechts auf den Beklagten unterblieb, weil er einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts nicht nachkam.
Die Klägerin ließ am 6.1.1987 wegen einer ihr gegen F. zustehenden
Restforderung von 100.000 DM dessen angebliche Ansprüche gegen
den Beklagten auf Heimfallvergütung „bzw." auf Freistellung von den
Verpflichtungen aus der für sie eingetragen gewesenen Grundschuld
und von den hierdurch gesicherten Forderungen pfänden und sich
zur Einziehung überweisen.
Die auf Zahlung von 100.000 DM nebst Zinsen gerichtete Klage ist in
den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Auch die Revision hat keinen
Erfolg.
Aus den Gründen:
1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch
des früheren Erbbauberechtigten F. gegen den Beklagten
auf Zahlung einer Heimfallvergütung.
Dem Erbbauberechtigten steht nach § 32 Abs.1 Satz 1
ErbbauVO eine Vergütung für das Erbbaurecht zu, wenn
der Grundstückseigentümer von dem Heimfallanspruch
Gebrauch macht. Der Senat ist in dem Urteil vom 6.2.1976,
V ZR 191/74,
entschiedenen Frage der Abtretbarkeit des Vergütungsanspruchs davon ausgegangen, daß dieser Anspruch schon
dann entsteht und fällig wird, wenn der Grundstückseigentümer den Heimfallanspruch geltend macht. Daran hält der
Senat nicht fest.
Die Vergütung wird nach
das Erbbaurecht" gewährt. Sie ist eine Entschädigung für
den Rechtsverlust, den der Erbbauberechtigte durch die
Übertragung des Erbbaurechts erleidet (Senatsurt. v.
6.2.1976, a.a.O.). Die Vergütung soll mithin den durch Erfüllung des Heimfallanspruchs eintretenden Vermögensnachteil ausgleichen. Daraus folgt, daß dem Erbbauberechtigten
der Vergütungsanspruch erst in dem Augenblick erwächst,
in dem er das Erbbaurecht an den Grundstückseigentümer
oder an einen von diesem gemäß
Heimfallanspruchs durch Einigung und Grundbucheintragung. Das ergibt sich auch aus § 32 Abs.2 Satz 3 ErbbauVO.
Denn danach ist Bezugswert für die Bemessung der Vergütung der Wert des Erbbaurechts im Zeitpunkt der Übertragung.
Dies bedeutet nicht, daß der Erbbauberechtigte zur Vorleistung gezwungen wäre. Der Anspruch auf Heimfallvergütung begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273
Abs.1 BGB, denn dafür genügt, daß der Gegenanspruch mit
Erfüllung der eigenen Leistung entsteht und fällig wird
(
LM BGB § 273 Nr.41).
Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt kann dem Beklagten entgegengehalten werden, er hätte aufgrund des gegen
den Erbbauberechtigten F. erwirkten Versäumnisurteils die
den Vergütungsanspruch auslösende Umschreibung des
Erbbaurechts auf sich herbeiführen müssen, bevor es die
Klägerin ersteigerte. Der Grundstückseigentümer ist nicht
verpflichtet, einen ihm zustehenden Heimfallanspruch auszuüben (G1a13/Scheidt, Erbbaurecht 2.Aufl., § 32 Anm.11 A a;
Weichhaus,
schon geltend gemachten Anspruch durchzusetzen. Eine
Verpflichtung zur Rücknahme des Erbbaurechts kann nur
durch schuldrechtliche Vereinbarung begründet werden, die
gemäß § 11 Abs.2 ErbbauVO,
Beurkundung bedarf. Ohne eine solche Vereinbarung konnte
der Beklagte nicht in Schuldnerverzug kommen, so daß auch
keine Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des
Erbbauberechtigten besteht. Ob der Beklagte mit der Rücknahme des Erbbaurechts in Gläubigerverzug war, ist unerheblich, weil sich daraus keine Schadensersatzpflicht
ergäbe.
2. Der frühere Erbbauberechtigte F. hat auch den von der
Klägerin gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen
Anspruch auf Freistellung von ihrer grundschuldgesicherten
Forderung nicht erworben.
a)
b) Die Vereinbarung in § 13-Abs.5 des Erbbaurechtsvertrages, wonach der Erbbauberechtigte eine Heimfallentschädigung mindestens in Höhe der noch bestehenden Grundpfandrechte verlangen kann, legt das Berufungsgericht unangegriffen als eine bloße Wiedergabe der Regelung des
Heimfall des Erbbaurechts darauf lastende Fremdgrundpfandrechte bestehen; zugleich geht bis zur Höhe des
242 MittBayNot 1990 Heft 4
Grundpfandrechts die davon gesicherte persönliche Verbindlichkeit des Erbbauberechtigten gemäß § 33 Abs.2
ErbbauVO auf den Grundstückseigentümer über. Diese
gesetzliche Schuldübernahme gilt im Innenverhältnis bis zur
Genehmigung durch den Gläubiger als Erfüllungsübernahme entsprechend § 415 Abs.3 BGB. Der sich daraus ergebende Freistellungsanspruch des Erbbauberechtigten
entsteht ebenso wie der Vergütungsanspruch, auf den die
übergehende Schuld nach § 33 Abs.3 ErbbauVO anzurechnen ist, nicht schon mit Geltendmachung des Heimfallrechts, sondern erst mit Übertragung des Erbbaurechts.
Denn vorher gibt es keinen Grund, die Haftung für die gesicherte Forderung dem Eigentümer aufzuerlegen. Er muß
den bisherigen Erbbauberechtigten von dessen persönlicher
Schuld nur zum Ausgleich dafür freistellen, daß dieser durch
den Heimfall das Erbbaurecht verloren hat. Vor Eintritt dieses Rechtsverlusts kann die Schuldübernahme auch deshalb nicht zum Zuge kommen, weil sie sich auf diejenigen
Verbindlichkeiten des Erbbauberechtigten bezieht, die durch
die bestehen bleibenden Grundpfandrechte gesichert sind.
Welche- Grundpfandrechte bestehen bleiben, ergibt sich
aber erst bei Übertragung des Erbbaurechts auf den Grundstückseigentümer und nicht schon im Zeitpunkt des Heimfallverlangens.
7. BGB §§ 158, 163, 883, 1992 (Zur Sicherung eines Anspruchs, der zunächst Ehegatten in Gütergemeinschaft und
später dem überlebenden Ehegatten zusteht)
Wird in einem Übergabevertrag vereinbart, daß der Übernehmer verpflichtet ist, auf Verlangen der Übergeber (= Eltern)
„oder des Überlebenden von ihnen" einen Teil des übertragenen Grundbesitzes zurückzuübertragen, so ist dies so auszulegen, daß mit dem Tod eines Elternteils der diesen gemeinsam in Gütergemeinschaft zustehende Rückübertragungsanspruch erlischt und für den überlebenden Elternteil
ein neuer, bisher aufschiebend bedingter Anspruch unabhängig von der Erbfolge nach dem Erstversterbenden entsteht. Es handelt sich also um zwei Ansprüche, die auch
durch zwei Vormerkungen gesichert werden müssen.
BayObLG, Beschluß vom 15.2.1990 — BReg. 2 Z 5/90 — mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Die Beteiligten zu 1 a, 2 und 3 sind Geschwister. Eine weitere
Schwester starb am 23.12.1985 und hinterließ vier Kinder.
Die Eltern überließen mit notariell beurkundetem Ubergabevertrag
vom 19.12.1984 ihren Grundbesitz der Beteiligten zu 1 a; diese wurde
am 4.2.1985 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Seit
dem 14.11.1985 ist sie zusammen mit ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 1 b, als Eigentümerin in Gütergemeinschaft eingetragen.
Abschnitt VI D der notariellen Urkunde vom 19.12.1984 bestimmt:
„Die Ubernehmerin ist verpflichtet, auf jederzeitiges Verlangen der
Übergeber oder des Überlebenden von ihnen an die Übergeber oder
den Überlebenden von ihnen aus dem Grundstück Fist. Nr. 1970 die
im beigefügten Lageplan rot umrandete Teilfläche unentgeltlich
zurückzuübertragen.
Die Vertragsteile sind darüber einig, daß dieser Anspruch der Übergeber auf die Töchter C. und A. (Beteiligte zu 2 und 3) einzeln oder
gemeinsam oder deren Abkömmlinge übertragen oder vererbt
werden kann:`
In Abschnitt XIII bestellte und bewilligte die Beteiligte zu 1 a zur
Sicherung dieses Anspruchs eine Auflassungsvormerkung, die am
4.2.1985 zugunsten. der Eltern „in Gütergemeinschaft" in das Grundbuch eingetragen wurde.
MittBayNot 1990 Heft 4
Der Vater der Beteiligten zu 1 a, 2 und 3 starb am 14.3.1985, die Mutter
am 3.6.1989. Am 16.8.1989 haben die Beteiligten zu 1 beantragt, die
Vormerkung zu löschen; sie haben Löschungsbewilligungen der
Beteiligten zu 2 und 3 vorgelegt.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluß vom 15.11.1989 zurückgewiesen. Die Vormerkung könne nur auf Grund Nachweises der
Erbfolge nach der Mutter und Bewilligung aller Erben gelöscht
werden. Als Erben kämen auch die Kinder der verstorbenen Schwester in Frage. Das Landgericht hat das gegen den Beschluß gerichtete Rechtsmittel am 4.1.1990 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
Aus den Gründen:
Das Rechtsmittel hat Erfolg
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
a) Nach
eingetragenen Rechts (wozu auch Vormerkungen zu zählen
sind) im Wege der Berichtigung keiner Bewilligung, wenn die
Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird. Das
Grundbuch ist hinsichtlich der eingetragenen Auflassungsvormerkung unrichtig, wenn der durch sie gesicherte Anspruch erloschen ist. Denn die Vormerkung ist in jeder Hinsicht von dessen Bestand abhängig; mit dem gesicherten
Anspruch steht und fällt sie (vgl.
1981, 447/448 [=
Anm.1 b bb, Staudinger/Gursky BGB 12. Aufl. Rdnr. 9, jeweils
zu § 886).
b) Im Grundbuch ist nur eine Auflassungsvormerkung für
die beiden verstorbenen Ehegatten „in Gütergemeinschaft"
eingetragen. Diese Vormerkung ist zusammen mit dem gesicherten Anspruch durch den Tod des Ehemanns am
14.3.1985 erloschen. Die Voraussetzung dafür und damit die
Unrichtigkeit des Grundbuchs ist durch öffentliche Urkunden (Übergabevertrag und Sterbeurkunde) nachgewiesen.
Die Auflassungsvormerkung ist auf den Antrag der betroffenen Beteiligten zu 1 zu löschen.
(1) Das Landgericht hat die Vereinbarungen in Abschnitt VI
D des Übergabevertrags so ausgelegt, daß sich Unvererblichkeit und Erlöschen des gesicherten Anspruchs daraus
nicht mit Sicherheit ergäben und daß deshalb der Nachweis
der Erbfolge nach der Mutter und die Bewilligung etwaiger
weiterer Erben Voraussetzung für die Löschung der Auflassungsvormerkung seien. Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters;
das Gericht der weiteren Beschwerde kann sie nur auf
Rechtsfehler überprüfen (
Rechtsfehler liegt vor, wenn das Landgericht bei der Auslegung gegen den klaren Sinn der beurkundeten Erklärungen, gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemein anerkannte Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder
wenn es nicht alle für die Auslegung in Betracht kommenden Gesichtspunkte gewürdigt hat (
[=
4 b cc, jeweils mit weit. Nachw.).
(2) Das Landgericht hat übersehen, daß in dem Übergabevertrag zwei Rückübertragungsansprüche vereinbart sind —
der Anspruch der Ehegatten in Gütergemeinschaft und der
Anspruch des Überlebenden von ihnen nach dem ersten
Todesfall — und daß nur der erste Anspruch im Grundbuch
durch Vormerkung gesichert worden ist. Das Landgericht
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:20.04.1990
Aktenzeichen:V ZR 301/88
Erschienen in: Normen in Titel:ErbbauVO §§ 32, 33