Teilung eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks nach WEG
letzte Aktualisierung: 5.9.2023
OLG München, Beschl. v. 24.8.2023 – 34 Wx 202/23 e
Teilung eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks nach WEG
Ein an dem betreffenden Grundstück bestehendes Erbbaurecht hindert den Vollzug einer
Teilungserklärung nach
Gründe
I.
Die Beteiligten begehren die Eintragung der Aufteilung eines mit Wohnungs- und Teilerbbaurechten
belasteten Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum.
An dem verfahrensgegenständlichen Grundstück wurde 1959 ein Erbbaurecht für die Dauer von 75 Jahren
bestellt. Das Grundstück ist mit Mehrfamilienhäusern bebaut. An den einzelnen Einheiten besteht nach der
Aufteilung des ursprünglichen Erbbaurechts 1961 jeweils ein Wohnungs- und Teilerbbaurecht. Die Beteiligten
waren im Grundbuch gemeinschaftlich als Eigentümer zu Bruchteilen eingetragen.
Mit notarieller Urkunde vom 10.5.2022 veräußerten die Beteiligten ihre Miteigentumsanteile an dem
Grundstück unter weiterer Aufspaltung an verschiedene Wohnungs- und Teilerbbauberechtigte. Außerdem
erklärten sie die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum. Dabei wurde jedem künftigen Miteigentümer
mit seinem Miteigentumsanteil am bisherigen Wohnungs- und Teilerbbaurecht das Sondereigentum an der
Einheit verbunden, die er bis dahin als Wohnungs- und Teilerbbauberechtigter innehatte; hinsichtlich der
Wohnungs- und Teilerbbaurechte, deren Inhaber keinen Miteigentumsanteil am Grundstück erwarben,
sondern bei denen der Anteil anderweitig veräußert wurde, erfolgte die Einräumung von entsprechendem
Sondereigentum mit dem betreffenden Miteigentumsanteil des Erwerbers.
Den über den Urkundsnotar gestellten Antrag der Beteiligten auf Vollzug wies das Grundbuchamt hinsichtlich
der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum mit Beschluss vom 12.7.2023 zurück. Es folge der
Argumentation des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wonach der Eigentümer eines mit einem Erbbaurecht
belasteten Grundstücks nicht befugt sei, über das Bauwerk zu verfügen, da dieses gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1
ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts gelte.
Mit Schriftsatz vom 20.7.2023 legte der Urkundsnotar gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Die
Argumentation des Oberlandesgerichts Karlsruhe gehe fehl; sie entspreche auch nicht – soweit ersichtlich –
der herrschenden Ansicht in der Literatur. Inwieweit hier ein Unterschied zur sogenannten Vorratsteilung
bestehe, bei der nach gängiger Praxis ein unbebautes Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt
und dann im Zuge der Bebauung aus der Anwartschaft reales Sondereigentum werde, erschließe sich nicht.
Gegenstand der Aufteilung sei nicht Begründung von Sondereigentum am Gebäude; aus der Urkunde sei zu
entnehmen, dass das Eigentum am Bauwerk Bestandteil des Erbbaurechts sei und bleibe. Im zu
entscheidenden Fall fehle zunächst lediglich am Gegenstand des Sondereigentums im Sinne eines
Gebäudes, solange das Erbbaurecht fortbestehe. Mit dessen Ende werde das Gebäude gemäß § 12 Abs. 3
ErbbauRG wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Bei der Begründung von Sondereigentum an einem
unbebauten Grundstück stehe die Entstehung des Gegenstands von Sondereigentum als zukünftiges
ungewisses Ereignis im Raum und sei bis dahin substanzlos. Bei einem vorhandenen Erbbaurecht sei die
Entstehung des Gegenstands von Sondereigentum hingegen lediglich befristet, nämlich solange das
Erbbaurecht Bestand habe.
Das Grundbuchamt hat mit weiterem Beschluss vom 24.7.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
a) Gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1
GBO eröffnet (BeckOK GBO/Kramer Stand 1.8.2023 § 71 Rn. 104).
b) Analog § 15 Abs. 2 GBO gilt der Urkundsnotar als ermächtigt, gegen die auf seinen Eintragungsantrag hin
ergangene Entscheidung für den Berechtigten, in dessen Namen er den Antrag gestellt hat, Rechtsmittel
einzulegen (Senat
c) Als antrags- und damit beschwerdeberechtigt sind vorliegend die Beteiligten anzusehen. Zwar spricht das
Oberlandesgericht Karlsruhe in der vom Grundbuchamt zitierten Entscheidung – von seinem Standpunkt aus
konsequent – den dortigen Antragstellern mangels Berechtigung zur Verfügung über das Bauwerk bereits die
Antragsbefugnis nach
jedoch um eine doppeltrelevante Tatsache, die auch Gegenstand der Begründetheitsprüfung ist. Im Rahmen
der Zulässigkeitsprüfung reicht aus, dass die ernsthafte Möglichkeit der Rechtsbeeinträchtigung besteht
(Senat
Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu unterstellen.
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte Eintragung durfte nicht mit der angegebenen
Begründung verweigert werden.
Gemäß
Grundbuchamt das Eigentum an einem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit
jedem Anteil Sondereigentum verbunden ist. Die vorliegend an den Gebäuden begründeten Wohnungs- und
Teilerbbaurechte stehen dem hier nicht entgegen.
a) Gemäß
der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, – sogenannte wesentliche
Bestandteile – nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Ein aufgrund eines Erbbaurechts errichtetes
Bauwerk gilt allerdings gemäß
Grundstücks, sondern des Erbbaurechts. Letzteres wiederum kann nach
zur ausschließlich ersten Rangstelle bestellt werden. Die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung und
Teile der Literatur ziehen aus Vorstehendem den Schluss, ein bestehendes Erbbaurecht hindere den Vollzug
einer Teilungserklärung gemäß
1999, 234; Bärmann/Armbrüster WEG 15. Aufl. § 1 Rn. 167; BeckOGK/Mössner BGB Stand 1.5.2023 § 93
Rn. 41; BeckOGK/Müller WEG Stand 1.6.2023 § 3 Rn. 44; BeckOK WEG/Kral Stand 3.7.2023 § 8 Rn. 6;
Winkler/Schlögel ErbbauR-Hdb. 7. Aufl. § 3 Rn. 102;
194). Mit dem Fall der Vorratsteilung eines bislang unbebauten Grundstücks nach
dadurch entstehenden substanzlosen Sondereigentums sei diese Konstellation sachenrechtlich nicht ohne
Weiteres vergleichbar. Denn in jenem Fall treffe der Eigentümer eine Verfügung über sein eigenes
Grundstück. Er sei in seiner Verfügungsbefugnis nicht beschränkt. Bei bestehendem Erbbaurecht hingegen
sei der Eigentümer nicht befugt, über das Bauwerk zu verfügen (OLG Karlsruhe
b) Der Senat folgt dem in Übereinstimmung mit anderen Stimmen in der Literatur (Staudinger/Rapp BGB
Neubearb. 2021 ErbbauRG § 1 Rn. 15b; Bernert
Forschner
auch ein erst zu errichtendes Gebäude erfasst, ergibt sich, dass – was ebenso von der Gegenansicht
anerkannt wird (OLG Karlsruhe
8 Rn. 6) – die Begründung substanzlosen Sondereigentums möglich ist. In der Praxis stellt die Aufteilung vor
Errichtung des Gebäudes insbesondere im Bauträgerwesen sogar einen relativ häufigen Fall dar. In dieser
Konstellation ist die Teilung aber nicht einmal dann unwirksam, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das
Gebäude überhaupt nicht errichtet wird (Bernert
anders behandelt werden sollte, ist nicht ersichtlich. In beiden Konstellationen fehlt jedenfalls zunächst ein
Gegenstand, auf den sich das Sondereigentum bezieht (Forschner
dies auf tatsächlichen, im anderen auf rechtlichen Gründen. Ein relevanter Unterschied, der Anlass für eine
differenzierte Beurteilung gäbe, ist nicht zu erkennen (Bernert
129/131; Forschner
nach dieser Bestimmung das aufgrund des Erbbaurechts errichtete Gebäude wesentlicher Bestandteil des
Erbbaurechts ist und deshalb, solange letzteres nicht erloschen ist, nicht Gegenstand von mit einem
Miteigentumsanteil am Grundstück verbundenem Sondereigentum sein kann, ist zwar richtig. Die
Teilungserklärung stellt aber gerade keine Verfügung über das Eigentum am Gebäude dar. Vielmehr handelt
es sich nach ganz herrschender Meinung, der auch der Senat folgt, um eine Änderung des Inhalts des
Eigentums am Grundstück (
WEG/Leidner § 3 Rn. 39; Staudinger/Rapp BGB Neubearb. 2018 WEG § 4 Rn. 3; Bernert DNotZ 2023,
464/465; Forschner
Sondereigentum als inhaltliche Ausgestaltung des Grundstückseigentums ist ein reiner Rechtsakt, für dessen
Zulässigkeit und Wirksamkeit die Existenz eines Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks bei
der Vorratsteilung nach
nach der Aufteilung errichtet, so wird das vormals substanzlose Sondereigentum damit zum
substanzhaltigen. Genauso verhält es sich in der hier verfahrensgegenständlichen Konstellation, sobald das
Erbbaurecht erlischt, weil dann gemäß
errichtete Gebäude gemäß
des Sondereigentums wird (Bernert
ebenfalls richtig, aber unergiebig ist schließlich die Feststellung, das Erbbaurecht könne gemäß § 10 Abs. 1
Satz 1 ErbbauRG nur an erster Rangstelle bestellt werden. Denn die Aufteilung in Sondereigentum ist als
Inhaltsänderung des Eigentums nicht rangfähig (Forschner
10 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG stehen der Aufteilung nicht entgegen. Die Vorschrift soll verhindern, dass das
Erbbaurecht in der Zwangsvollstreckung in das betreffende Grundstück aus im Rang vorgehenden Rechten
gefährdet wird (BeckOGK/Toussaint ErbbauRG Stand 1.6.2023 § 10 Rn. 2; BeckOK BGB/Maaß Stand
1.5.2023 ErbbauRG § 10 Rn. 1; Nagel/Nagel ErbbauRG 1. Aufl. § 10 Rn. 2; Staudinger/Rapp ErbbauRG §
10 Rn. 1a; Winkler/Schlögel § 5 Rn. 191). Eine Zwangsvollstreckung in das Sondereigentum gefährdet das
Erbbaurecht aber genauso wenig wie eine solche in das Grundstückseigentum (Forschner
3. Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nicht veranlasst, da die Beteiligten als
Rechtsmittelführer diese zunächst gemäß
diesbezügliche Haftung aufgrund des Erfolgs der Beschwerde gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG wiederum von
Gesetzes wegen erloschen ist. Daher bedurfte es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.
4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 GBO vor, jedoch könnte von keinem der Beteiligten dieses Rechtsmittel zulässigerweise eingelegt werden,
da ihnen sämtlich die Beschwerdeberechtigung fehlt. Denn selbst wenn die Entscheidung des Senats
unrichtig wäre, wären die Beteiligten jedenfalls nicht durch diese in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt (vgl.
OLG Düsseldorf
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:24.08.2023
Aktenzeichen:34 Wx 202/23 e
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
Erbbaurecht
BGB § 93; WEG § 8 Abs. 1; ErbbauRG § 12 Abs. 1