Korrektur des Grundbuchs bei „Verschmelzung“ einer nicht rechtsfähigen Zweigniederlassung auf den Rechtsträger des Unternehmens
letzte Aktualisierung: 6.8.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.1.2021 – 3 Wx 253/20
GBO §§ 19, 29, 30
Korrektur des Grundbuchs bei „Verschmelzung“ einer nicht rechtsfähigen
Zweigniederlassung auf den Rechtsträger des Unternehmens
1. Rechtsträger der als Unternehmensteil nicht rechtsfähigen Zweigniederlassung (Privat- und
Firmenkundenbank AG) ist allein der Unternehmensträger („...Bank AG“), dem damit auch
sämtliche in der Zweigniederlassung begründeten Rechte und Pflichten zuzuordnen sind.
2. Aus dem allgemein anerkannten Grundsatz, wonach eine Handelsgesellschaft als Inhaberin eines
Rechts unter der von ihrer Hauptfirma abweichenden Firma einer Zweigniederlassung im
Grundbuch eingetragen werden kann, wenn das Recht dem Geschäftsvermögen der
Zweigniederlassung zuzuordnen ist, folgt, dass Änderungen der Zuordnung, wenn also ein Recht aus
dem Geschäftsvermögen einer Niederlassung herausgenommen und einer anderen bzw. der
Hauptniederlassung zugeordnet wird (hier: „Verschmelzung“ der Zweigniederlassung auf den
Rechtsträger des Unternehmens), die Unrichtigkeit des Grundbuchs nach sich ziehen.
3. Die Grundbuchunrichtigkeit infolge Änderung der Zuordnung ist nicht durch eine
Abtretungsvereinbarung zwischen Zweig- und Hauptniederlassung, sondern durch eine in der Form
der
Gründe
I.
Auf dem vorbezeichneten Grundstück ist in Abteilung III Nr. 2 eine Grundschuld von
165.000,00 € zugunsten der … AG eingetragen. Mit Abtretungserklärung vom 16. April
2020 trat die … AG das Recht an die .. Bank – eine Niederlassung der … Privat- und
Firmenkundenbank AG ab.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 2. April 2020 wurde die Verschmelzung der … Privat- und
Firmenkundenbank AG auf die … Bank AG vereinbart, die mit Eintragung im
Handelsregister am 15. Mai 2020 wirksam wurde.
Die Beteiligte hat die Eintragung der Abtretung zu Gunsten der … Bank AG als
Hauptniederlassung beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2020 hat das Grundbuchamt beanstandet,
dass eine Rechtsnachfolge der … Bank – eine Niederlassung der …Privat- und
Firmenkundenbank AG auf die … Bank AG nicht nachgewiesen sei.
Die Beteiligte hat darauf hingewiesen, dass Zweigniederlassungen das Schicksal des
Hauptgeschäfts teilten, so dass die … Bank – eine Niederlassung der …Privat- und
Firmenkundenbank AG als Teil der … Privat- und Firmenkundenbank AG auf die … Bank
AG übergegangen sei.
Mit Beschluss vom 21. Oktober 2020 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen.
Es hat ausgeführt, mit ihrer Niederlassung nehme die Handelsgesellschaft selbständig und
für die von der Zweigniederlassung aus betriebenen Geschäfte am Rechtsverkehr teil. Das
ermögliche für den Unternehmensteil der Zweigniederlassung auch die
Grundbucheintragung unter deren Firma und dem Ort der Niederlassung. Grundlage für
die Eintragung einer Handelsgesellschaft mit der Firma ihrer Haupt- oder ihrer
Zweigniederlassung sei deren Bezeichnung in der Eintragungsbewilligung. Mit der
Eintragung unter der Firma der Zweigniederlassung sei die Berechtigte korrekt bezeichnet.
Grundbuchberichtigung mit Eintragung der Hauptniederlassung anstelle der
Zweigniederlassung sei daher nicht möglich. Die Übertragung der Berechtigung erfordere
eine Verfügung über das Recht (Abtretung). Eine solche sei hier nicht nachgewiesen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie macht geltend, da die
Zweigniederlassung kein eigenes Rechtssubjekt sei, wirkten ihre Erklärungen stets für und
gegen die Hauptniederlassung. Aufgrund fehlender Rechtsfähigkeit sei die
Zweigniederlassung nicht grundbuchfähig. Zwar könne dennoch ein der
Zweigniederlassung zugeordnetes Grundstück auf deren Namen eingetragen werden.
Dies sei aber nicht zwingend. Das bedeute, dass die …-Bank – eine Zweigniederlassung
der … Privat- und Firmenkundenbank AG zwar im Rechtsverkehr als Zweigniederlassung
den Abtretungsvertrag habe abschließen dürfen. Mangels Rechtsfähigkeit habe aber nicht
sie, sondern die … Privat- und Firmenkundenbank AG als Hauptniederlassung die
abgetretene Grundschuld erlangt. Nach Verschmelzung der … Privat- und
Firmenkundenbank AG sei das Recht auf die … Bank Aktiengesellschaft übergegangen,
die somit als Rechtsträgerin als Grundschuldgläubigerin in das Grundbuch eingetragen
werden könne.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht
zur Entscheidung vorgelegt. Es hat dabei im Wesentlichen seine Begründung der
angefochtenen Entscheidung wiederholt und ergänzt, Änderungen der betriebsinternen
Vermögensumschichtung begründeten keine Grundbuchunrichtigkeit.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Senat gibt die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das
Amtsgericht zurück, da dessen Verfahrensweise nicht den an diesen Verfahrensabschnitt
zu stellenden Mindestanforderungen genügt.
Die Nichtabhilfe gemäß
treffende und den Beteiligten bekannt zu gebende Sachentscheidung (OLG München,
Beschluss – 34 Wx 9/10 – vom 18. Februar 2010). Die Anforderungen an
Begründungsumfang und –dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Jedenfalls muss
der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss erkennen lassen,
dass der Erstrichter/Rechtspfleger das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet und
seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist
(Senat
Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensweise des Amtsgerichts nicht. Die
Begründung des Amtsgerichts lässt nicht erkennen, dass es das Beschwerdevorbringen
zur Kenntnis genommen und sich damit auseinander gesetzt hat. Insbesondere hat es sich
nicht mit der Argumentation der Beteiligten befasst, die Eintragung der Grundschuld unter
der Firma der Zweigniederlassung sei zwar möglich, aber nicht zwingend. Da die
Erklärung der Zweigniederlassung stets für und gegen die Hauptniederlassung wirkten,
könne diese als Rechtsträgerin in das Grundbuch eingetragen werden. Stattdessen hat
sich das Amtsgerichtdarauf beschränkt, trotz umfassender Ausführungen der
Beschwerdebegründung seine Begründung der angefochtenen Entscheidung im
Wesentlichen zu wiederholen.
Das Nichtabhilfeverfahren weist danach so schwerwiegende Verfahrensmängel auf, dass
von einer Rückgabe der Sache an das Amtsgericht zur erneuten Durchführung des
Abhilfeverfahrens nicht abgesehen werden konnte.
Vorsorglich sei in der Sache – ohne Bindungswirkung – bemerkt:
Die Zweigniederlassung ist als Unternehmensteil nicht rechtsfähig. Rechtsträger ist allein
der Unternehmensträger, dem damit auch sämtliche in der Zweigniederlassung
begründeten Rechte und Pflichten zuzuordnen sind (OLG Hamm
Koch, in: Staub, Handelsgesetzbuch Großkommentar, 5. Auflage 2009, § 13 Rn. 79).
Dennoch ist allgemein anerkannt, dass eine Handelsgesellschaft als Inhaberin eines
Rechts unter der von ihrer Hauptfirma abweichenden Firma einer Zweigniederlassung im
Grundbuch eingetragen werden kann, wenn das Recht dem Geschäftsvermögen der
Zweigniederlassung zuzuordnen ist (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage
2020, Rn. 243).
Daraus folgt, dass Änderungen der Zuordnung, wenn also ein Recht – wie hier – aus dem
Geschäftsvermögen einer Niederlassung herausgenommen und einer anderen bzw. der
Hauptniederlassung zugeordnet wird, die Unrichtigkeit des Grundbuchs nach sich ziehen
(aA Schöner/Stöber, a.a.O.). Denn der Inhalt des Grundbuchs ist dann geeignet, den
Geschäftsverkehr über die Zuordnung des Grundstücksrechts zum Geschäftsvermögen
der Zweig- bzw. der Hauptniederlassung zu täuschen. Dass es dabei nicht allein um
firmeninterne Vorgänge geht, zeigt
auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen eines Geschäftsinhabers erlaubt,
wenn diese unter verschiedenen Firmen betrieben werden (vgl. OLG Hamm a.a.O.; Koch,
a.a.O., Rn. 82). Im Hinblick auf mögliche Verfügungen über das Grundstücksrecht könnte
ein gutgläubiger Dritter getäuscht werden, wenn die Zuordnung des Rechts zu einer
Zweigniederlassung bzw. der Hauptniederlassung geändert worden wäre (zum
umgekehrten Fall einer Umschreibung von der Firma der Hauptniederlassung auf die der
Zweigniederlassung: KG JW 1937, 1743).
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Änderung der Zuordnung keinen
Berichtigungsanspruch gem.
Betroffenen und dem Berichtigungsschuldner um dieselbe juristische Person handelt.
Denn dies ist eine Folge einer Eintragung der an sich nicht rechts- und grundbuchfähigen
(vgl. Krafka, in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Auflage 2021, § 13 Rn. 21)
Zweigniederlassung in das Grundbuch (vgl. KG a.a.O.). Lässt man eine derartige
Eintragung zu, folgt hieraus die Notwendigkeit, das Grundbuch zu berichtigen, wenn
eingetragene Grundstücksrechte aus dem Geschäftsbereich der Zweigniederlassung
herausgenommen werden.
Die Änderung der Zuordnung erfordert entgegen der Auffassung des Grundbuchamts
keine Abtretung. Eine derartige Vereinbarung zwischen Zweig- und Hauptniederlassung
wäre mangels Rechtsfähigkeit der Zweigniederlassung gar nicht möglich (vgl. Koch,
a.a.O., Rn. 81). Vielmehr bedarf es einer Erklärung des Geschäftsinhabers (OLG Hamm
a.a.O.), die, da es sich um eine zur Eintragung erforderliche Erklärung handelt, in der Form
der
die Beteiligte bislang nicht vorgelegt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:15.01.2021
Aktenzeichen:3 Wx 253/20
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 894; GBO §§ 29, 30