OLG Düsseldorf 25. Mai 2022
3 Wx 59/22
WEG §§ 4 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 2

Anforderungen an Teilungserklärung im Hinblick auf Bestimmtheitsgrundsatz

letzte Aktualisierung: 17.8.2022
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.5.2022 – 3 Wx 59/22

WEG §§ 4 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 2
Anforderungen an Teilungserklärung im Hinblick auf Bestimmtheitsgrundsatz

Die in einer notariell beurkundeten Teilungserklärung aufgenommene Bestimmung: „Sollten die zu
Sondereigentum erklärten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein, so sind sie den jeweils
zugehörigen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung zugewiesen und hinsichtlich der
Instandhaltungspflichten und etwaiger Betriebskosten wie Sondereigentum zu behandeln“ verstößt
nicht gegen den im Grundbuchrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz.

Gründe:

I.
Die Beteiligte ist die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin des
verfahrensgegenständlichen, mit einem Wohngebäude bebauten Grundbesitzes. Mit
notarieller Urkunde vom 15. September 2021 erklärte sie die Aufteilung des Grundstücks
in Wohnungs- und Teileigentum. In Absatz (2) a) der Urkunde bestimmte sie, welche
Räume und Bestandteile zum Sondereigentum gehören. Der Absatz schließt mit folgender
Erklärung:

„Sollten die zu Sondereigentum erklärten Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein,
so sind sie den jeweils zugehörigen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung
zugewiesen und hinsichtlich der Instandhaltungspflichten und etwaiger Betriebskosten wie
Sondereigentum zu behandeln.“

Mit Zwischenverfügung vom 7. Februar 2022 wies das Grundbuchamt die Beteiligte darauf
hin, dass die vorstehend wiedergegebene Vereinbarung nicht dem
Bestimmtheitsgrundsatz entspreche und nicht eintragungsfähig sei. Bei Eintragung müsse
feststehen, was zum Gemeinschaftseigentum und was zum Sondereigentum gehöre.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Eingabe vom 24. Februar 2022 sowie mit
ihrer als Erinnerung bezeichneten Schrift vom 15. März 2022. In der Teilungserklärung sei
genau definiert, was zum Sondereigentum gehöre. Wäre aber die Zuweisung (idR
aufgrund von Rechtsprechung) nicht möglich, sei aus Gründen der Rechtssicherheit
hilfsweise geregelt, dass es sich dann wegen der Kostentragung insoweit um ein
Sondernutzungsrecht handele. Für die Zulässigkeit der Regelung spreche, dass eine
unzulässige Begründung von Sondereigentum auch in eine Ausweisung von
Sondernutzungsrechten umgedeutet werden könne.

Das Grundbuchamt hat unter dem 6. April 2022 einen Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss
erlassen. Der beanstandete Passus stelle es in das Ermessen des Grundbuchamtes, was
tatsächlich zum Sondereigentum gehöre und was „nur“ Sondernutzungsrecht werden solle.
Es ergebe sich gerade nicht aus dem Gesetz, ob die Gegenstände im Sondereigentum
stünden; je nachdem welcher Meinung sich das Grundbuchamt anschließe, würde es
durch sein Ermessen Gegenstände zum Sondereigentum deklarieren oder
Sondernutzungsrechte daran begründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten verwiesen.

II.
Das als unbefristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten gegen die
Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 7. Februar 2022, §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 71
Abs. 1 GBO, ist begründet.

Das vom Grundbuchamt gesehene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Erklärungen in
Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung vom 15. September 2021 genügen dem im
Grundbuchrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz.

Ganz allgemein formuliert besagt der Bestimmtheitsgrundsatz, dass das Grundstück, über
das durch Rechtsgeschäft verfügt werden soll, sowie Berechtigter und Inhalt eines an
einem Grundstück eintragungsfähigen Rechts klar und eindeutig feststehen müssen (vgl.
statt aller: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 18).
Für den hier in Rede stehenden Sachverhalt der Begründung von Wohnungseigentum gilt,
dass die Miteigentumsanteile an dem gesamten Grundstück sowie die jeweils
verbundenen Sondereigentumsrechte im Grundbuch eingetragen werden, § 7 Abs. 1 Satz
2 WEG. Die Eintragung sowohl des Gegenstandes als auch des Inhaltes des
Sondereigentums erfolgt regelmäßig durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung
(Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl. 2021, § 7 Rn. 8). Darüber hinaus
können auch Sondernutzungsrechte, bei denen es sich zwar nicht um ein dingliches
Recht, sondern um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer (§ 10 WEG) bzw. eine
einseitige Erklärung des teilenden Alleineigentümers (§ 8 WEG) handelt, im Grundbuch
eingetragen werden, § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG; die Eintragung erfolgt als ausdrückliche
Eintragung des Sondernutzungsrechts oder durch Bezugnahme auf die zugrundeliegende
Vereinbarung der Wohnungseigentümer bzw. die Teilungserklärung (vgl. Hügel/Elzer,
a.a.O., § 7 Rn. 17 ff.).

Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 WEG kann Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder
einer Befristung eingeräumt werden. Das entspricht der Rechtslage bei Übertragung des
Eigentums an einem Grundstück, § 925 Abs. 2 BGB. Ausgeschlossen sind deshalb sowohl
aufschiebende als auch auflösende Bedingungen (§ 158 BGB) (Hügel/Elzer, a.a.O., § 4
Rn. 20; vgl. für § 925 BGB: MüKoBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl. 2020, § 925 Rn. 30). Sinn und
Zweck der gesetzlich angeordneten Bedingungsfeindlichkeit der Einräumung von
Sondereigentum bzw. der Übertragung von Grundeigentum ist der Ausschluss möglicher
Zweifel über die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsaktes im Interesse der Sicherheit des
Grundstückverkehrs. Zulässig sind hingegen Rechtsbedingungen, sog. condicio iuris
(MüKoBGB/Ruhwinkel, a.a.O., § 925 Rn. 31; BeckOGK/Reymann, BGB, Stand: 1. März
2022, § 158 Rn. 39.3). Eine Rechtsbedingung ist eine unechte Bedingung und liegt vor,
wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts die Wirksamkeit ihrer Erklärungen davon
abhängig machen, dass eine bestimmte gesetzliche Voraussetzung für das
Zustandekommen oder die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts erfüllt ist. Dass die Erklärung
bzw. das Geschäft (ggfs. zunächst) keine Wirkungen entfaltet, beruht also nicht auf dem
Willen des oder der Erklärenden, sondern auf dem Willen des Gesetzes. Der bei einer
Rechtsbedingung entstehende Schwebezustand entspricht somit genau der Lage, die
besteht, wenn der Erklärende bzw. die Parteien gar keine Kenntnis von dem gesetzlichen
Wirksamkeitserfordernis haben und keine Rechtsbedingung vereinbaren (vgl.
MüKoBGB/Westermann, 9. Aufl. 2021, § 158 Rn. 54, BeckOGK/Reymann, a.a.O., § 158
Rn. 38 ff.).

Das vorausgeschickt erweisen sich die in Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung
getroffenen Bestimmungen als wirksam; die im letzten Satz des Abschnitts erklärte
Zuweisung zur Sondernutzung für den Fall der fehlenden Sondereigentumsfähigkeit der
zuvor bezeichneten Gebäudeteile führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit der
Teilungserklärung.

Die im letzten Satz des Abschnitts (2) a) der Teilungserklärung enthaltene Regelung ist
eine Rechtsbedingung im vorstehend definierten Sinne. Zunächst ist in Abschnitt (2) a)
bestimmt, welche Gebäudeteile zum Sondereigentum gehören sollen. Im letzten Satz ist
sodann geregelt, was gelten soll, wenn die genannten Gebäudeteile nicht
sondereigentumsfähig sein sollten; dann nämlich sollen sie – wenigstens – zur
Sondernutzung zugewiesen sein. Das zeigt, dass die Zuweisung von Sondereigentum
davon abhängig sein soll, dass die Sondereigentumsfähigkeit der ausdrücklich genannten
Gebäudeteile verneint wird. Die also nach dem Inhalt der Teilungserklärung maßgebliche
Frage der Sondereigentumsfähigkeit der ausdrücklich genannten Gebäudeteile ist eine
Rechtsfrage. Sie stellt sich nicht nur im hier zu entscheidenden Einzelfall, sondern immer,
wenn der Eigentümer eines Grundstücks dessen Teilung erklärt und die Eintragung von
Wohnungseigentum beantragt. Die Sondereigentumsfähigkeit von Gebäudeteilen richtet
sich nach § 5 WEG, der die Abgrenzung von Gemeinschaft- und Sondereigentum regelt.
Die Norm definiert den Begriff Sondereigentum, wobei Abs. 1 der Vorschrift positiv
umschreibt, was Sondereigentum sein kann, und Abs. 2 negativ festlegt, welche
Gebäudeteile auf keinen Fall sondereigentumsfähig sind. Die Regelungen sind zwingend
(BeckOK WEG/Leidner. 48. Edition, Stand: 1. März 2022, § 5 Rn. 1).

Entscheidend für die von der Beteiligten beantragte Eintragung im Grundbuch ist also die
Rechtsfrage, ob die in der Teilungserklärung in erster Linie gewollte Zuweisung der
genannten Gebäudeteile zum Sondereigentum wirksam ist. Die Beantwortung dieser
Frage hängt nicht vom Willen der Beteiligten ab, sondern davon, ob die Voraussetzungen
des § 5 Abs. 1 WEG gegeben sind. Diese – im Einzelfall möglicherweise schwierige und
streitige – rechtliche Frage hat das Grundbuchamt vor der Eintragung zu prüfen; ein
Ermessen steht ihm – entgegen der Argumentation im Nichtabhilfebeschluss – insofern
nicht zu.

Der im letzten Satz des Abschnitts (2) a) der Teilungserklärung getroffenen Bestimmung,
nämlich der Zuweisung der rechtlich nicht als sondereigentumsfähig zu bewertenden
Gebäudeteile zur Sondernutzung, kommt also allein die Bedeutung zu, vorsorglich und
hilfsweise bereits in der Teilungserklärung den Willen des teilenden Eigentümers dahin
festzuhalten, dass an den fraglichen Gebäudeteilen wenigstens in rechtlicher Hinsicht ein
Sondernutzungsrecht bestehen soll. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Regelung
ergeben sich auch deshalb nicht, da in der Rechtsprechung und in der überwiegenden
Literatur anerkannt ist, dass die unwirksame Begründung von Sondereigentum in die
Bestellung eines Sondernutzungsrechts umgedeutet werden kann, § 140 BGB (Senat,
NJW-RR 1998, 515; OLG Karlsruhe ZMR 2010, 873 ff.; BeckOK WEG/Leidner, a.a.O., § 5
Rn. 63; BeckOKG/Monreal, Stand: 1. Dezember 2021, § 5 WEG Rn. 63). Auch die
Umdeutung hat den Zweck, den von den Parteien erstrebten wirtschaftlichen Erfolg auch
dann zu verwirklichen, wenn das rechtliche Mittel, das sie dafür gewählt haben, unzulässig
ist, jedoch ein anderer, rechtlich gangbarer Weg zur Verfügung steht, der zum annähernd
gleichen wirtschaftlichen Ergebnis führt (BGHZ 68, 204, 206). Die im Kommentar von
Schöner/Stöber (a.a.O., Rn. 2917) angeführte Erwägung, der Eintragungsantrag und die
Eintragungsbewilligung müssten klar und bestimmt sein, weshalb im Eintragungsverfahren
eine Umdeutung nicht hinnehmbar sei, verfängt im hier zu beurteilenden Fall nicht. Wie
ausgeführt, ist die hiesige Teilungserklärung klar und bestimmt: gewollt ist die Begründung
von Sondereigentum an allen im Abschnitt (2) a) genannten Gebäudeteilen. Die
Teilungserklärung wird nicht dadurch unklar, dass zugleich erklärt ist, welche Folgen nach
dem Willen des teilenden Eigentümers daran geknüpft sein sollen, sollte die Begründung
von Sondereigentum rechtlich unzulässig sein; das Gegenteil ist der Fall, denn nach dem
eindeutigen Inhalt der Teilungserklärung soll dann ein Sondernutzungsrecht bestehen.
Demzufolge entsteht auch für das Grundbuchamt keine Unklarheit, welche Eintragungen
beantragt sind: beantragt ist, die Eintragung der in Abschnitt (2) a) genannten
Gebäudeteile als Sondereigentum, hilfsweise sollen Sondernutzungsrechte eingetragen
werden. Ein Fall der Umdeutung einer Erklärung ist das nicht.

Ist demnach die im letzten Satz von Abschnitt (2) a) der Teilungserklärung hilfsweise
erklärte Begründung von Sondernutzungsrechten rechtlich nicht zu beanstanden (eine
entsprechende Regelung in einer Teilungserklärung wird auch von Leidner in BeckOK
WEG, a.a.O., § 5 Rn. 63.1 vorgeschlagen), ist die angefochtene Zwischenverfügung
aufzuheben und die Sache dem Grundbuchamt zur erneuten Bescheidung des
Eintragungsantrages zurückzugeben.

III.
Mit Blick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung des Senats,
noch eine Wertfestsetzung veranlasst. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erübrigt sich
ebenfalls.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

25.05.2022

Aktenzeichen:

3 Wx 59/22

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
WEG

Normen in Titel:

WEG §§ 4 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 2