Vormerkungsschutz in der Insolvenz bei (teilweise) unentgeltlichem Grundgeschäft; Anfechtung bei unentgeltlicher Leistung; maßgeblicher Zeitpunkt; Vorsatzanfechtung
letzte Aktualisierung: 29.4.2021
BGH, Urt. v. 25.3.2021 – IX ZR 70/20
BGB § 883 Abs. 1 S. 2; AnfG §§ 4, 8 Abs. 2 S. 2; InsO § 106 Abs. 1
Vormerkungsschutz in der Insolvenz bei (teilweise) unentgeltlichem Grundgeschäft;
Anfechtung bei unentgeltlicher Leistung; maßgeblicher Zeitpunkt; Vorsatzanfechtung
1. Die Rechtshandlung gilt, sofern die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Eintragung der
Vormerkung erfüllt sind, auch dann mit dem Zeitpunkt der Antragstellung als vorgenommen, wenn
mit der Vormerkung lediglich ein künftiger, auf einem unentgeltlichen Grundgeschäft beruhender
Auflassungsanspruch gesichert wird.
2. Hat der Schuldner dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung früher als vier Jahre vor
der Anfechtung gewährt, kann diese der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn der Schuldner das
Grundgeschäft mit dem dem anderen Teil bekannten Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu
benachteiligen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
(
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif
ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
I.
Die Revision ist kraft Zulassung gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unbeschränkt
zulässig. Begründet hat das Berufungsgericht die Zulassung mit der
grundsätzlichen und noch nicht geklärten Frage, ob auch im Falle eines durch
Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs auf (teilweise) unentgeltliche
Grundstücksübertragung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG der Antrag auf Eintragung
der Auflassungsvormerkung maßgebend für den Beginn der Vierjahresfrist
des
für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung
des Rechtsmittels auszugehen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 IX
ZR 232/17,
II.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
Dem im Ausgangspunkt entstandenen Anspruch der Kläger auf Zustimmung
zur Löschung der Zwangssicherungshypotheken könnten die Beklagten
mit Erfolg die Anfechtbarkeit der Eigentumsübertragung nach
einredeweise entgegenhalten.
Eine fruchtlose Zwangsvollstreckung der Beklagten im Sinne des § 2
Fall 1 AnfG liege mit dem Betreiben der Eintragung der Zwangssicherungshypotheken
vor. Jedenfalls seien die Voraussetzungen des § 2 Fall 2 AnfG erfüllt; es
sei nicht ersichtlich, wie der Schuldner seit Abgabe der Vermögensauskunft im
Jahr 2015 in den Stand versetzt worden sein könne, die beträchtlichen Forderungen
der Beklagten zu begleichen.
Es liege eine objektiv gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des
Schuldners vor. Das Grundstück sei nicht wertausschöpfend belastet gewesen.
Das im Vorprozess eingeholte Gutachten des Sachverständigen R. sei gemäß
§ 411a ZPO verwertbar. Danach habe der Wert des Hausgrundstücks zum
30. November 2012 bei 770.000 € gelegen. Dieser Erlös sei auch in einem
Zwangsversteigerungsverfahren unzweifelhaft erzielbar gewesen.
In der Eigentumsübertragung an die Kläger liege eine teilweise unentgeltliche
Leistung des Schuldners. Die Kläger hätten Belastungen übernommen, die
nach ihrer Darstellung Ende des Jahres 2012 in Höhe von 457.434,78 € valutiert
hätten. Die Differenz dieses Entgelts zum wahren Wert betrage rund 312.500 €;
jedenfalls in dieser Höhe sei die Leistung objektiv unentgeltlich. An einer beiderseitigen
Fehlvorstellung der Vertragsparteien über den Wert des Hausgrundstücks
habe es gefehlt.
Die Anfechtung sei mit der Widerklage vom 29. Juni 2018 rechtzeitig innerhalb
der Vierjahresfrist des
Wortlautes des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG sei für die Fristberechnung
der Zeitpunkt der Auflassung maßgeblich, weil die Kläger zu einem früheren Zeitpunkt
keine gesicherte Rechtsstellung erlangt hätten. Liege dem vormerkungsgesicherten
Anspruch wie hier ein
unentgeltliches Grundgeschäft zugrunde,
sei der Anspruch nicht nach § 106 Abs. 1 Satz 1 InsO insolvenzfest.
Da die Anfechtung bereits nach
ob die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 3 Abs. 1, Abs. 2
AnfG hinsichtlich beider Kläger gegeben seien.
Im Hinblick auf die anfechtbare Grundstücksübertragung stehe den Beklagten
der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Duldung der
Zwangsvollstreckung zu.
III.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand.
1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein
Anspruch der vorrangig vormerkungsgesicherten Kläger auf Zustimmung zur Löschung
der Zwangssicherungshypotheken gemäß § 883 Abs. 2, § 888 Abs. 1
BGB entstanden ist.
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich jedoch eine Anfechtbarkeit
der Eigentumsübertragung, die dem Anspruch der Kläger einredeweise
entgegengehalten werden könnte (§ 9 AnfG), nicht bejahen.
a) Auf den Streitfall findet das Anfechtungsgesetz in der ab dem 5. April
2017 geltenden Fassung Anwendung, weil die Anfechtbarkeit erst mit der am
9. Juli 2018 zugestellten Widerklage vom 29. Juni 2018 gerichtlich geltend gemacht
worden ist (vgl. § 20 Abs. 4 AnfG).
b) Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender
Weise eine Anfechtungsberechtigung der Beklagten mit selbständig tragender
Begründung gemäß § 2 Fall 2 AnfG bejaht. Dabei hat es erkannt, dass die Voraussetzungen
des § 2 AnfG zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
der Tatsacheninstanz vorliegen müssen (vgl. Huber, AnfG, 11. Aufl., § 2 Rn. 6;
MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 2 Rn. 10, 56).
Die Revision nimmt die Feststellung des Berufungsgerichts hin, das Hausgrundstück
sei Anfang des Jahres 2015 der einzige verbliebene Vermögenswert
des Schuldners gewesen. An die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, der
Schuldner habe nach Abgabe der Vermögensauskunft im Jahr 2015 seine wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit nicht und
erst recht nicht in dem zur Begleichung
der ganz erheblichen Forderungen der Beklagten nötigen Umfang wiedererlangt,
ist das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Es kann lediglich
überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des
mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich
möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (ständige
Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 I
ZR 19/14,
ZR 22/17,
Beweiswürdigung des Berufungsgerichts hält diesen Anforderungen stand.
c) Gegenstand der anfechtungsrechtlichen Beurteilung ist die in Vollzug
des notariellen Kaufvertragsangebotes vom 13. November 2012 erfolgte Übertragung
des Eigentums an dem Hausgrundstück. Da die Einzelgläubigeranfechtung
lediglich die Wiedererschließung der Zugriffslage für einen einzelnen Gläubiger
und nicht das Zusammenhalten einer Masse bezweckt, kann eine Rechtshandlung
nicht für sich betrachtet werden, sondern nur im Rahmen des Gesamtvorganges,
der die Weggabe des Gegenstandes aus dem Schuldnervermögen
und damit die Vereitelung einer Zugriffsmöglichkeit betrifft. Gegenstand der Anfechtung
ist also der gesamte, diesen Rechtserfolg auslösende Vorgang (vgl.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 IX
ZR 202/07,
vom 11. März 2010 IX ZR 104/09,
AnfG, 11. Aufl., § 1 Rn. 12 f und § 4 Rn. 23; Kindl/Meller-Hannich/Haertlein,
Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 1 AnfG Rn. 7). Dieser begann
mit der Abgabe des notariellen Kaufvertragsangebotes durch den Schuldner
am 13. November 2012 und endete mit der Eintragung der Kläger als Eigentümer
im Grundbuch am 21. Oktober 2015.
d) Das Berufungsgericht hat sich allein auf
ausdrücklich dahinstehen lassen, ob auch die Voraussetzungen für eine Vorsatzanfechtung
nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 AnfG erfüllt sind. Die Anfechtung der Eigentumsübertragung
gemäß
weil die Anfechtung der Beklagten außerhalb der Vierjahresfrist erfolgt ist. Der
nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG maßgebliche Zeitpunkt war entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts nicht der Zeitpunkt der Auflassung am 18. Dezember
2014, sondern (spätestens) derjenige der Eintragung der Vormerkung am
20. November 2012. Damit erfolgte die nach
den insoweit nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts erstmalige
Geltendmachung der Anfechtbarkeit
(vgl. § 7 Abs. 1 AnfG) mit der Widerklage vom 29. Juni 2018 zu spät.
Dementsprechend ist auch die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Widerklage
rechtsfehlerhaft.
aa) Für die Fristberechnung nach
der Vornahme der Rechtshandlung an (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof,
§ 4 Rn. 26).
(1) Nach
vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Absatz 2 dieser Vorschrift
verlegt bei Registergeschäften den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung
vor und begünstigt hierdurch die Rechtsstellung des Anfechtungsgegners
(vgl. Huber, AnfG, 11. Aufl., § 8 Rn. 4).
(2) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 AnfG gilt ein Rechtsgeschäft, für dessen Wirksamwerden
die Eintragung im Grundbuch erforderlich ist, als vorgenommen, sobald
die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung
des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil
den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. § 8 Abs. 2 Satz 2
AnfG lässt für den Eintritt der in § 8 Abs. 2 Satz 1 AnfG beschriebenen Wirkung
bereits den Antrag auf Eintragung einer Vormerkung genügen. Eine bindende
Auflassungserklärung ist für die Vorverlagerung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG
nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 IX
ZR 203/06,
voraus, dass auch die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Eintragung
der Vormerkung gegeben sind (vgl. zu § 140 InsO: Gehrlein in
Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 4. Aufl., § 140 Rn. 19). Im Hinblick
auf den Grundsatz der strengen Akzessorietät ist mithin das Vorhandensein eines
zu sichernden schuldrechtlichen Anspruchs auf eine eintragungsfähige dingliche
Rechtsänderung notwendig (vgl. Gehrlein, aaO). Hierbei steht es der Anwendbarkeit
des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG nicht entgegen, dass durch die Vormerkung
wie hier lediglich ein künftiger Anspruch gesichert wird, sofern der
Rechtsboden für seine Entstehung soweit vorbereitet ist, dass die Entstehung
des Anspruches nur noch vom Willen des künftigen Anspruchsinhabers abhängt
(vgl. zu § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO: Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 140
Rn. 37, 38; Bartels in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2020, § 140 Rn. 168; Michel in
Cranshaw/Paulus/Michel, Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, 3. Aufl., § 140
Rn. 97; MünchKomm-InsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 140 Rn. 56; noch zur
KO: Denck,
2001 V ZR 231/00,
ZR 11/05,
(3) Bei auf den Wortlaut gestützter Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG
gilt die Rechtshandlung nämlich
die in Vollzug des notariellen Kaufvertragsangebotes
erfolgte Eigentumsübertragung als
spätestens am 20. November 2012
vorgenommen. Mit der Eintragung der Vormerkung an diesem Tag haben die
Kläger die von § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG vorausgesetzte sichere Rechtsstellung
erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 IX
ZR 67/02,
bb) Das Berufungsgericht hat eine teleologische Reduktion des § 8 Abs. 2
AnfG für den nach
seinen Feststellungen gegebenen Fall
vorgenommen, dass der Auflassungsvormerkung ein unentgeltliches Grundgeschäft zugrunde liegt.
Nicht der Zeitpunkt des Antrages auf Eintragung einer Vormerkung, sondern frühestens
der Zeitpunkt der Auflassung soll maßgeblich sein. Dieser Auffassung
ist aus den nachfolgenden Erwägungen nicht zu folgen.
(1) Schon der Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG differenziert im Hinblick
auf den Beginn der Anfechtungsfrist nicht nach der Causa der Vormerkung. § 8
AnfG bestimmt für alle Anfechtungstatbestände einheitlich und verbindlich, wann
eine Rechtshandlung als vorgenommen gilt. Die Vorschrift dient der Rechtssicherheit
und Rechtsklarheit (vgl. Huber, AnfG, 11. Aufl., § 8 Rn. 1; zum gleichlautenden
§ 140 InsO: MünchKomm-InsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 140
Rn. 1; Leithaus/Andres/Leithaus, InsO, 4. Aufl., § 140 Rn. 1).
(2) Auch die mehrstufige Systematik des § 8 AnfG spricht für eine uneingeschränkte
Privilegierung vormerkungsgesicherter Ansprüche. Absatz 1 und 2
der Norm stehen in einem Regel-/Ausnahmeverhältnis. Absatz 1 bestimmt als
Zeitpunkt der Vornahme des anfechtbaren Rechtsgeschäfts denjenigen, in dem
seine rechtlichen Wirkungen eintreten. Absatz 2 schränkt dies in Satz 1 für Registergüter
generell wieder ein und vertieft diese Einschränkung in Satz 2 bei
vormerkungsgesicherten Ansprüchen, ohne weitergehende Differenzierungen
vorzunehmen.
(3) Nach Sinn und Zweck des § 8 AnfG ist eine einschränkende Auslegung
nicht geboten.
(a) § 8 AnfG folgt ebenso wie der gleichlautende § 140 InsO ausnahmslos
dem Rechtsgedanken, dass sich der Vornahme- und Wirkungszeitpunkt einer
angefochtenen Rechtshandlung danach bestimmt, wann der Anfechtungsgegner
durch sie eine gesicherte Rechtsstellung erlangt hat, die im Falle der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (vgl. BT-Drucks. 12/2443,
S. 166; BGH, Urteil vom 23. März 2006 IX
ZR 116/03,
vom 11. Dezember 2008 IX ZR 194/07,
2009 IX ZR 203/06,
(b) Mit diesem Rechtsgedanken steht die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2
AnfG in Einklang, denn ein vormerkungsgesicherter Anspruch ist grundsätzlich
gemäß
kann der Vertragspartner einen vormerkungsgesicherten Anspruch
nach
das Recht, auf das der vormerkungsgesicherte Anspruch gerichtet
ist, als Haftungsobjekt entziehen. Eine Verfügung des Insolvenzverwalters über
diesen Bestandteil des Schuldnervermögens ist dem Vormerkungsberechtigten
gegenüber unwirksam, soweit sie den vormerkungsgesicherten Anspruch vereitelt
oder beeinträchtigt (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB).
dem vormerkungsgesicherten Verschaffungsanspruch Aussonderungskraft (vgl.
BGH, Urteil vom 14. September 2001 V
ZR 231/00,
vom 13. März 2008 IX ZB 39/05,
der Sicherungswirkung der Vormerkung die Anwendung des § 103 InsO aus
(vgl. Uhlenbruck/Wegener, InsO, 15. Aufl., § 106 Rn. 33; HK-InsO/Marotzke,
10. Aufl., § 106 Rn. 1). Da auch künftige Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert
werden können (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB), unterfallen diese ebenfalls
dem Anwendungsbereich des
für die Entstehung des Anspruchs vorbereitet ist (vgl. BGH, Urteil vom
14. September 2001 V ZR 231/00,
4. Aufl., § 106 Rn. 8; Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 106 Rn. 10 f; Uhlenbruck/
Wegener, aaO § 106 Rn. 5). Die wirksame Vormerkung vermittelt ihrem
Inhaber bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung den durch
gewährten Schutz. Das gilt auch dann, wenn sich der künftige vormerkungsgesicherte
Anspruch erst nachträglich in einen existenten umwandelt (vgl. BGH, Urteil
vom 14. September 2001, aaO S. 5 f; Uhlenbruck/Wegener, aaO Rn. 6; Obermüller,
noch vollenden kann (vgl. Nerlich/Römermann/Balthasar, InsO, 1999,
§ 106 Rn. 8). Auf den Entstehungszeitpunkt des Anspruchs kommt es für den
Insolvenzschutz nach
aaO). Die Sicherungswirkung kann zwar erst nach der Entstehung des Anspruchs
geltend gemacht werden, dann jedoch mit rückwirkender Kraft ab Eintragung
der Vormerkung (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1980 V
ZR 95/79,
1010 f).
(c) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hängt die Schutzwirkung
des
ab.
(aa) In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, der Vormerkungsschutz
des
(MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl., § 129 Rn. 61;
Andres/Leithaus/Andres, InsO, 4. Aufl., § 106 Rn. 3; Uhlenbruck/Borries/Hirte,
InsO, 15. Aufl., § 140 Rn. 38; Jaeger/Henckel, InsO, § 134 Rn. 65; Häsemeyer,
Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rz. 21.95; Cranshaw/Hinkel, Gläubigerkommentar Anfechtungsrecht,
2. Aufl.,
Insolvenzanfechtung, 3. Aufl., § 134 G 119; zu §§ 24, 32, 39 KO: Pape, EWiR
1988, 697 f). Im Kern wird argumentiert,
die Vernichtung einer solchen Forderung nach Maßgabe der §§ 103 ff InsO,
könne aber ihre Wirkung nicht über die allgemeinen insolvenzrechtlichen Grenzen
insbesondere des § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO hinaus
verstärken (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg; Jaeger/Henckel jeweils aaO). Andernfalls
wäre der Schuldner geradezu eingeladen, seine Immobilie rechtzeitig durch vormerkungsgesicherte
Schenkungsversprechen zugunsten Nahestehender zu erhalten,
die intern erst im Insolvenzfall des Schuldners davon Gebrauch machen
dürften (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, aaO).
(bb) Die Gegenmeinung (Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014,
§ 106 Rn. 36 f; Reul in Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis,
2. Aufl., § 2 Rn. 123; Jaeger/Jacoby, InsO, § 106 Rn. 15; zu § 24
KO: Gerhardt,
InsO bei einem unentgeltlichen Grundgeschäft nicht einschränken. Argumentiert
wird insbesondere mit dem Wortlaut der Norm und der aussonderungsgleichen
Wirkung der Vormerkung.
(cc) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Der Vormerkungsschutz
des
Damit hält der Senat zugleich an dem Grundsatz fest (vgl. BGH, Urteil
vom 14. September 2001 V
ZR 231/00,
IX ZR 11/05,
Anspruchs nach § 883 Abs. 1 BGB dessen Insolvenzfestigkeit nach § 106 Abs. 1
InsO folgt.
Schon der mit § 883 Abs. 1 BGB übereinstimmende Wortlaut des § 106
Abs. 1 Satz 1 InsO beschränkt seine Schutzwirkung weder auf Ansprüche aus
gegenseitigen Verträgen noch auf entgeltliche Verträge. Dadurch wird deutlich,
dass eine Vormerkung gemäß § 883 Abs. 1 BGB durch § 106 Abs. 1 Satz 1 InsO
geschützt und der gesicherte Anspruch dem Wahlrecht des Verwalters aus § 103
InsO entzogen werden soll (vgl. FK-InsO/Wegener, 9. Aufl., § 106 Rn 2). Indes
ist der Schuldgrund, auf dem der zu sichernde Anspruch beruht, für die Frage,
ob der Anspruch durch Eintragung einer Vormerkung gemäß § 883 Abs. 1 BGB
gesichert werden kann, gleichgültig (so bereits BGH, Beschluss vom 19. Januar
1954 V ZB 28/53,
2020, § 883 Rn. 70). Auch der Gesetzesbegründung zu dem mit
§ 120 RegE lässt sich kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung der mit
der Vormerkung verbundenen Schutzwirkung entnehmen. Es wird im Gegenteil
hervorgehoben, dass der Insolvenzverwalter auch bei einem gegenseitigen, von
beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllten Vertrag nicht die Möglichkeit erhalten
solle, die Erfüllung des Vertrages aus der Insolvenzmasse abzulehnen. Auf
diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Vormerkung auch im Insolvenzverfahren
"uneingeschränkt ihren Wert" behält (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 146).
Im Hinblick auf Gesetzessystematik und Telos erscheint es ebenfalls nicht
überzeugend, den Schutz des
Grundgeschäft durch § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO zu begrenzen. Zwar spiegelt sich in
§ 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO die allgemeine Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs
wider (vgl. MünchKomm-InsO/Ehricke/Behme, 4. Aufl., § 39 Rn. 9).
bewirkt aber, dass der Gegenstand des vormerkungsgesicherten Anspruchs
schon nicht Bestandteil der Insolvenzmasse wird; er unterfällt daher nicht dem
Anwendungsbereich des § 39 InsO (vgl. Jaeger/Jacoby, InsO, § 106 Rn. 15). Etwas
Anderes folgt auch nicht aus dem Grundsatz der Akzessorietät der Vormerkung.
Danach steht und fällt die dingliche Rechtsposition aus der Vormerkung
mit dem gesicherten Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1999 V
ZR 432/98,
ZR 203/00,
1706; vom 7. März 2002 IX
ZR 457/99,
Anspruch muss zunächst wirksam entstanden sein und im Zeitpunkt der Geltendmachung
auch noch wirksam bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1980
V ZR 163/79,
immer auch gleichzeitig selbst der Inhaber der gesicherten Forderung sein; die
Gläubigerstellung der Vormerkung und der Forderung kann nicht auseinanderfallen
(vgl. Schmidt/Ringstmeier, InsO, 19. Aufl., § 106 Rn. 13). Der Grundsatz
der Akzessorietät bezieht sich demnach nicht auf den wirtschaftlichen Charakter
des Grundgeschäfts.
(d) Verleiht die Vormerkung auch bei einem unentgeltlichen Grundgeschäft
eine insolvenzfeste Rechtsstellung nach
auch Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG nicht zur Änderung des
anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunktes. In den Fällen der Gläubigeranfechtung
bedarf es einer
einer vormerkungsgesicherten Rechtsstellung nicht (BGH, Urteil vom
10. Dezember 2009 IX ZR 203/06,
setzt sich gemäß § 883 Abs. 2 Satz 2, § 888 Abs. 1 BGB gegen eine
nachrangige Zwangssicherungshypothek durch. Der Antrag auf Eintragung der
Vormerkung wahrt nach
ist die Auflassungsvormerkung durch die §§ 48, 52 Abs. 1 ZVG geschützt
und kann dem Ersteher gemäß § 888 Abs. 1 BGB entgegengehalten werden.
Schon die Grundstücksbeschlagnahme durch Anordnung der Zwangsversteigerung
ist gegenüber der älteren Auflassungsvormerkung entsprechend § 883
Abs. 2 BGB wirkungslos (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO).
Eine Verschiebung des anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunktes
kann nicht mit einer geringeren Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Erwerbs
gerechtfertigt werden. Es handelt sich um einen Umstand, den der Gesetzgeber
mit der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Neufassung des Anfechtungsgesetzes
im Rahmen des
zum Nachteil des Anfechtungsgegners in doppelter Hinsicht verschärft worden
(vgl. hierzu Huber, AnfG, 11. Aufl., § 4 Rn. 9). Während § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG aF
nur unentgeltliche Zuwendungen im letzten Jahr vor der Anfechtung erfasst und
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG aF diese Frist bei Ehegatten als Zuwendungsempfänger
auf zwei Jahre verlängert hat, beträgt die Anfechtungsfrist nach
einheitlich vier Jahre. Zudem wird die Vornahme der unentgeltlichen Leistung innerhalb
dieser Frist zu Lasten des Anfechtungsgegners vermutet. Vor diesem
Hintergrund weist die Revision zutreffend darauf hin, dass eine Abweichung von
§ 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG zum Nachteil des Anfechtungsgegners eine zusätzliche
Beeinträchtigung des unentgeltlichen Erwerbs bedeuten würde, die der Gesetzgeber
nicht vorgesehen hat.
(4) Der von dem Berufungsgericht vorgenommenen teleologischen Reduktion
des § 8 Abs. 2 Satz 2 AnfG steht schließlich auch die Entstehungsgeschichte
der Norm entgegen. Wann eine Rechtshandlung als vorgenommen gilt,
war weder im Anfechtungsgesetz in der Fassung vom 1. Oktober 1879 noch in
den Anfechtungsvorschriften der §§ 29 ff KO geregelt. Die damalige Rechtsprechung
stellte grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs
und bei Grundstücksgeschäften auf den Zeitpunkt der Eintragung ab (vgl. BGH,
Urteil vom 15. Januar 1964 VIII
ZR 236/62,
1986 IX ZR 11/86,
ZR 74/90,
§ 140 Rn. 2; Nerlich/Niehus, AnfG, § 8 Rn. 1; jeweils mwN). Diese Rechtsprechung
war dem Gesetzgeber bei der Schaffung des § 8 Abs. 2 AnfG bekannt; die
Vorverlagerung des anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunktes stellt eine
bewusste Abkehr dar (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 166 f). In der Gesetzesbe-
gründung heißt es hierzu, dass die damit verbundenen Einschränkungen der Anfechtbarkeit
im Vergleich zur geltenden Rechtsprechung hingenommen werden
müssten (BT-Drucks. 12/2443, S. 167). Eine Differenzierung nach dem wirtschaftlichen
Charakter des Grundgeschäfts bei vormerkungsgesicherten Ansprüchen
ist nicht vorgenommen worden.
e) Aufgrund des Ablaufs der Vierjahresfrist kann eine Anfechtung auch
nicht auf § 3 Abs. 4 AnfG gestützt werden.
IV.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Nach dem revisionsrechtlich
zu unterstellenden Vortrag der Beklagten kommt eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1
AnfG in Betracht. Das Berufungsgericht wird daher die von seinem Rechtsstandpunkt
nicht erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung
nachzuholen haben.
1. Eine Anfechtbarkeit nach
ausgeschlossen.
a) Die Vorschrift des § 3 AnfG ist ebenso wie diejenige des § 133 InsO
durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach
der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz vom 29. März 2017
(BGBl. I S. 654) mit Wirkung zum 5. April 2017 neu gefasst worden. Absatz 1 ist
auch hinsichtlich der zehnjährigen Anfechtungsfrist unverändert
geblieben.
Die Absätze 2 und 3 wurden neu eingefügt. Nach § 3 Abs. 2 AnfG beträgt nun
die Anfechtungsfrist bei Sicherungen und Befriedigungen abweichend von § 3
Abs. 1 AnfG nur noch vier Jahre. Bei der Regelung des Absatz 2 handelt es sich
um eine lex specialis zu Absatz 1, so dass Deckungshandlungen außerhalb des
Vierjahreszeitraumes des Absatzes 2 nicht gemäß
sind (vgl. BT-Drucks. 18/7054, S. 13; zu § 133 InsO: Braun/de Bra, InsO, 8. Aufl.,
§ 133 Rn. 32).
b) Der Gesetzgeber verfolgt mit der Verkürzung der Anfechtungsfrist das
von ihm vorrangig zu § 133 Abs. 2 InsO erörterte und ausdrücklich auf § 3 Abs. 2
AnfG übertragene Ziel, die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen "maßvoll
zurückzunehmen" (BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21) und hierdurch die Praxis
der Vorsatzanfechtung für den Geschäftsverkehr kalkulier- und planbarer zu machen
(BT-Drucks. 18/7054, S. 2, 21). Damit solle einer Entwicklung entgegengesteuert
werden, in der vermehrt auch Erfüllungsleistungen der Anfechtung unterworfen
seien, die von ihrer äußeren Erscheinungsform nicht ohne weiteres den
Verdacht begründeten, anderen Gläubigern werde in ungebührlicher Weise die
Haftungsgrundlage entzogen (BT-Drucks. 18/7054, S. 10, 21). § 3 Abs. 2 AnfG
soll sowohl für kongruente als auch für inkongruente Deckungshandlungen gelten
(BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21). Hingegen will der Gesetzgeber "die paradigmatischen
Fälle der Vorsatzanfechtung wie z.B. Bankrotthandlungen und Vermögensverschiebungen"
unverändert der langen Frist des
(BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21).
c) Die Bewilligung der Vormerkung zugunsten der Kläger stellt die Gewährung
einer Sicherung im Sinne von § 3 Abs. 2 AnfG dar. Eine Sicherung ist eine
Rechtsposition, die geeignet ist, die Durchsetzung des Anspruchs, für den sie
eingeräumt ist und der fortbesteht, zu erleichtern. Unter diesen weit zu verstehenden
Begriff fallen sämtliche Arten von Sicherheiten, gleichgültig, ob gesetzlich
oder vertraglich begründet (zu § 130 InsO: MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg,
4. Aufl., § 130 Rn. 8; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013,
§ 130 Rn. 21; Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 130 Rn. 9). Darunter
fällt auch die Gewährung einer Vormerkung nach §§ 883 ff BGB. Entscheidend
sind Wirkung und Zweck der Vormerkung, die darauf abzielt, dem Gläubiger für
seinen bloß schuldrechtlichen Anspruch eine Rechtsposition zu verschaffen, die
seinen späteren Rechtserwerb vor Beeinträchtigungen schützt (vgl. Schoppmeyer
in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 130 Rn. 23 mwN).
d) Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, die paradigmatischen
Fälle der Vorsatzanfechtung unverändert der zehnjährigen Anfechtungsfrist zu
unterwerfen (vgl. BT-Drucks.18/7054, S. 13) muss bei der Anfechtung einer Sicherung
in den Blick genommen werden, ob der Rechtsgrund der gewährten Sicherung
seinerseits in einer die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erfüllenden
Weise begründet worden ist. Daher ist der Anwendungsbereich des § 3
Abs. 1 AnfG hinsichtlich der gewährten Deckung auch jenseits des Vierjahreszeitraumes
jedenfalls dann eröffnet, wenn das der angefochtenen Leistung zugrundeliegende
Grundgeschäft die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung
nach
e) Gemessen hieran kann die verkürzte Frist des § 3 Abs. 2 AnfG nach
dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten der Anfechtung
nicht entgegengehalten werden. Revisionsrechtlich ist davon auszugehen, dass
der Schuldner bereits bei Abgabe des Kaufvertragsangebotes die Absicht hatte,
das nicht wertausschöpfend belastete Grundstück dem Zugriff seiner Gläubiger
insbesondere den Beklagten zu entziehen und sich nur zu diesem Zweck verpflichtet
hat, das Grundstück auf die Kläger zu übertragen. Von dieser Absicht
sollen die Kläger nach der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten
schon bei Abgabe des Kaufvertragsangebotes durch den Schuldner Kenntnis gehabt
haben. Auch die Annahmeerklärung haben die Kläger danach nur abgegeben,
um dem Schuldner dabei zu helfen, seinen Gläubigern das Grundstück zu
entziehen. Auf dieser Grundlage lässt sich eine Anfechtbarkeit der Grundstücksübertragung
nach
2. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat
kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sich das Berufungsgericht noch
nicht mit den Berufungsangriffen der Beklagten dagegen befasst hat, dass die
Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts keine Kenntnis von einem
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hatten.
V.
Für die wiedereröffnete Berufungsinstanz weist der Senat auf Folgendes
hin:
1. Das Berufungsgericht wird sich erneut mit der Frage einer wertausschöpfenden
Belastung des Grundbesitzes befassen müssen, weil hiervon abhängt,
ob durch die Eigentumsübertragung eine objektive Gläubigerbenachteiligung
eingetreten ist (vgl.
ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der Eigentumsübertragung eine
unentgeltliche Leistung des Schuldners gelegen hat. Im Rahmen der vorzunehmenden
Gesamtbetrachtung kann die Unentgeltlichkeit ebenso
wie ein etwaiges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indizielle
Bedeutung bei der Feststellung der subjektiven Voraussetzungen des
wenn es sich wie hier um einen Vertrag zwischen nahestehenden Personen
handelt. Insoweit wird sich das Berufungsgericht auch erneut mit dem Gutachten
des Sachverständigen R. und dem von den Klägern vorgelegten Privatgutachten
auseinandersetzen und sie einer kritischen Würdigung unterziehen
müssen. Da lediglich eine pauschale Bezugnahme auf schriftliche Unterlagen
und Protokolle erfolgt ist, lässt die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entgegen
stattgefunden hat. Warum das Berufungsgericht insbesondere mit dem
Sachverständigen R. davon ausgeht, dass der Verkehrswert dem im
Zwangsversteigerungsverfahren erzielbaren Erlös "unzweifelhaft" entspricht,
wird nicht in revisionsrechtlich überprüfbarer Weise begründet. Von einer Übereinstimmung
beider Werte kann aber nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.
2. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls die Angaben der Kläger erneut
zu würdigen haben, um feststellen zu können, ob ein beiderseitiger Irrtum
über die Werthaltigkeit der im Kaufvertrag vereinbarten Gegenleistung vorgelegen
hat. Hierbei wird allein aus der Erklärung der Klägerin zu 1, sie habe sich
keine Gedanken über den Wert des Hausgrundstücks gemacht, nicht ohne Weiteres
der Schluss gezogen werden können, von ihrem Vorstellungsbild sei damit
auch das vom Berufungsgericht bislang angenommene extreme Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung umfasst gewesen. Das Berufungsgericht
wird auch erneut zu überprüfen haben, ob eine Vernehmung des von Klägerseite
benannten Zeugen B. veranlasst ist. Hat der Schuldner in Abstimmung mit
den Klägern den behaupteten ergebnisoffenen Auftrag zur Wertermittlung erteilt,
waren sämtliche oder einzelne Vertragsparteien möglicherweise der Auffassung,
das Grundstück werde zu einem marktgerechten Preis veräußert. Zumindest
wäre ein solcher Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:25.03.2021
Aktenzeichen:IX ZR 70/20
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Vormerkung
Insolvenzrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 883 Abs. 1 S. 2; AnfG §§ 4, 8 Abs. 2 S. 2; InsO § 106 Abs. 1