BGH 21. März 2024
I ZR 185/22
BGB §§ 242, 656c, 656d, 810

Doppelbeauftragung des Maklers; Auskunftspflicht des Maklers aus Treu und Glauben; Anspruch auf Vorlage des Maklervertrags mit anderem Maklerkunden

letzte Aktualisierung: 24.6.2024
BGH, Urt. v. 21.3.2024 – I ZR 185/22

BGB §§ 242, 656c, 656d, 810
Doppelbeauftragung des Maklers; Auskunftspflicht des Maklers aus Treu und Glauben;
Anspruch auf Vorlage des Maklervertrags mit anderem Maklerkunden

a) § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise,
dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten
Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe
der restlichen Hälfte.
b) Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und
Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung
und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.
c) Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers
diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen
Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.
d) Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede
erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der
Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des
Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des
Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug)
gemäß § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle
einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von
Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gemäß § 810 Fall 2
BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags
abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat den Provisionsanspruch für begründet erachtet
und hierzu ausgeführt:

Der Klägerin stehe Maklerlohn in verlangter Höhe zu.

Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestehe nicht. Eine Auskunftspflicht
des Maklers, der für beide Kaufvertragsparteien tätig sei, in Form der Vorlage
von Unterlagen sehe § 656c BGB nicht vor. Die umstrittene Frage, ob der
Kunde einen Anspruch gegen den Makler darauf habe, dass dieser ihn über die
Konditionen aufkläre, die er mit dem anderen Kunden vereinbart habe, sei richtigerweise
zu verneinen. Dem Gesetz selbst sei in den §§ 656c oder 656d BGB
ein solcher Anspruch nicht zu entnehmen. Infolgedessen könne ein Anspruch nur
aus allgemeinen Regeln, insbesondere aus § 242 BGB oder einer vertraglichen
Nebenpflicht hergeleitet werden. Für eine Rechtsfortbildung anhand von § 242
BGB bestehe keine Rechtfertigung. Der Umstand, dass die praktische Durchsetzbarkeit
der Rechte des Kunden erheblich gefährdet sei, wenn ihm ein derartiger
Anspruch nicht zugebilligt werde, reiche zur Annahme eines Auskunftsanspruchs
nicht aus. Ein solcher könne auch nicht mit einer Parallele zu § 656d
BGB begründet werden. Von dieser Norm unterscheide § 656c BGB sich, weil
letztere Vorschrift keine Vorgabe über die Fälligkeit der Provision enthalte. Die
Fälligkeitsvorschrift in § 656d BGB beruhe darauf, dass eine Seite die Vereinbarungen
mit dem Makler getroffen habe und sodann die Forderung teilweise auf
ihren Vertragspartner übertrage. So sei eindeutig bestimmt, wer zunächst zur
Leistung verpflichtet sei. Für § 656c BGB gelte diese Überlegung nicht, weil beide
Seiten einen Vertrag mit dem Makler geschlossen hätten und in diesem die Fälligkeit
hätten regeln können.

Eine Auskunftspflicht in der vom Beklagten begehrten Form ergebe sich
auch nicht aus § 260 BGB. Nur soweit dies vertraglich vereinbart oder gesetzlich
festgelegt sei, seien mit der Auskunft Belege vorzulegen. Der Beklagte habe sich
auch nicht in entschuldigter Weise im Ungewissen über Bestehen oder Umfang
seines Rechts befunden, da er von Anfang an gewusst habe, dass die Klägerin
eine Doppeltätigkeit ausgeübt habe.

Hinzu komme, dass die Klägerin dem Beklagten schriftlich eine vollständige
Auskunft über die Doppeltätigkeit und über den Zahlungstermin nach Rechnungsstellung
erteilt habe. Eine Auskunftsverpflichtung nach § 242 BGB umfasse
grundsätzlich nicht die Vorlage von Belegen.

Der Provisionsanspruch der Klägerin sei nicht wegen eines unterbliebenen
Hinweises auf die Doppeltätigkeit der Klägerin nach § 654 BGB verwirkt. Der Beklagte
habe bereits aufgrund des Inhalts des Exposés und auch des Maklervertrags
gewusst, dass die Klägerin für beide Seiten tätig ist. Die Behauptung des
Beklagten, das Exposé nicht erhalten zu haben und auch über einen Internetlink
keinen Zugriff darauf genommen zu haben, sei nicht glaubhaft. Die Doppeltätigkeit
sei mithin vertraglich erlaubt gewesen. Der Beklagte trage die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass der Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 2 Satz 1 und
Satz 2 BGB in Verbindung mit § 654 BGB nichtig sei. Er müsse also beweisen,
dass mit der anderen Seite ebenfalls eine Vereinbarung abgeschlossen worden
sei und dass diese eine abweichende Provisionshöhe oder gar Unentgeltlichkeit
vorsehe. Eine Reduktion oder einen Erlass der mit dem anderen Vertragsteil vereinbarten
Provision (§ 656c Abs. 1 Satz 3 BGB) müsse gleichfalls der Beklagte
beweisen. Auch insoweit stehe ihm richtigerweise kein Auskunftsanspruch zur
Verfügung. Beweise habe der Beklagte jedoch nicht angeboten.

B. Die zulässige Revision des Beklagten hat Erfolg.

Sofern sich die Klägerin - wie diese geltend macht - zunächst vom Verkäufer
eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision von
7,14 % des Verkaufspreises, also 3,57 %, hat versprechen lassen und sodann
von dem Beklagten eine Provision in Höhe der restlichen 3,57 %, steht dies der
Wirksamkeit des mit dem Beklagten geschlossenen Maklervertrags unter dem
Gesichtspunkt des § 656c Abs. 2 in Verbindung mit § 656c Abs. 1 Satz 1 und 2
BGB nicht entgegen (dazu nachfolgend B I). Der Provisionsanspruch der Klägerin
ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 656c Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit
§ 654 BGB verwirkt (dazu nachfolgend B II). Dem Beklagten steht jedoch gegen
den etwaigen Provisionsanspruch der Klägerin ein zur Abweisung der Klage führendes
Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu (dazu nachfolgend
B III).

I. Sofern sich die Klägerin - wie diese geltend macht - zunächst vom Verkäufer
eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision von
7,14 % des Verkaufspreises, also 3,57 %, hat versprechen lassen und sodann
von dem Beklagten eine Provision in Höhe der restlichen 3,57 %, steht dies der
Wirksamkeit des mit dem Beklagten geschlossenen Maklervertrags nicht entgegen.
§ 656c Abs. 2 in Verbindung mit § 656c Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB hindert
eine solche sukzessive Doppelbeauftragung nicht.

1. Nach § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich der Makler von beiden Parteien
eines Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen
Maklerlohn nur in der Weise versprechen lassen, dass sich beide Parteien in
gleicher Höhe verpflichten. Nach § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Maklervertrag,
der hiervon abweicht, unwirksam.

2. Der sachliche, persönliche und zeitliche Anwendungsbereich des
§ 656c BGB ist eröffnet.

a) Der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet, weil es sich bei der vom
Beklagten erworbenen Doppelhaushälfte um ein Einfamilienhaus im Sinne des
§ 656c Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB handelt. Ein solches ist ein Gebäude, das in
erster Linie dazu bestimmt ist, Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen
Haushalts zu dienen (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Verteilung
der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und
Einfamilienhäuser, BT-Drucks. 19/15827, S. 18). Eine Doppelhaushälfte dient
der Beherbergung der Mitglieder eines einzelnen Haushalts.

b) Auch der persönliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist eröffnet.
Gemäß § 656b BGB gelten die §§ 656c und 656d BGB nur, wenn der Käufer ein
Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Dies ist hier unstreitig der Fall.
c) Die Vorschrift des § 656c BGB ist auch zeitlich anwendbar. Hierfür genügt
es, wenn der Maklervertrag, auf den der geltend gemachte Provisionsanspruch
gestützt wird, mit dem Verbraucher nach dem Inkrafttreten der Vorschrift
geschlossen worden ist.

aa) § 656c BGB wurde durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes über die Verteilung
der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und
Einfamilienhäuser vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1245) eingefügt, das nach Art. 3
des Gesetzes am 23. Dezember 2020 in Kraft getreten ist. Nach der Übergangsvorschrift
Art. 229 § 53 EGBGB sind auf Rechtsverhältnisse, die vor dem 23. Dezember
2020 entstanden sind, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in
der bis zu diesem Tag geltenden Fassung weiter anzuwenden.

bb) Zu der Frage, wie die Konstellation zu behandeln ist, dass bei einer
Doppeltätigkeit des Maklers einer der Maklerverträge vor dem 23. Dezember
2020 geschlossen worden ist - wie hier im Juli 2020 mit dem Verkäufer des
Hauptvertrags -, der andere Maklervertrag aber nach dem Stichtag - wie hier im
Februar 2021 mit dem Beklagten als Käufer des Hauptvertrags und Verbraucher
-, werden in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedliche Auffassungen
vertreten.

(1) Einer Auffassung zufolge ist der Anwendungsbereich des § 656c BGB
nur eröffnet, wenn beide Maklerverträge nach neuem Recht abgeschlossen werden
(Wistokat, NZM 2021, 905, 915; Greiner, ZMR 2022, 844 f.; Grüneberg/Retzlaff,
BGB, 83. Aufl., Art. 229 EGBGB, § 53 Rn. 1).

(2) Nach anderer Auffassung reicht es für die Anwendung von § 656c BGB
aus, dass der Maklervertrag nur mit einer der Parteien des Hauptvertrags nach
dem 23. Dezember 2020 abgeschlossen worden ist (LG Tübingen, ZMR 2022,
842 [juris Rn. 33]; LG München II, Urteil vom 30. Januar 2023 - 2 O 4028/21, juris
Rn. 20; Staudinger/Arnold, BGB [2021], § 656c Rn. 1; D. Fischer, Maklerrecht,
7. Aufl., Kap. XII Rn. 70; ders., NJW 2020, 3553 Rn. 34 und NJW 2023, 1178
Rn. 21).

cc) Der letztgenannten Auffassung ist jedenfalls für die im Streitfall gegebene
Fallgestaltung beizutreten, in der der Vertrag des Käufers mit dem Makler
nach dem 23. Dezember 2020 geschlossen worden ist.

(1) Für die Anwendung der neuen Regelung auf die Fallgestaltung, in der
der Maklervertrag nur mit einer der Parteien des Hauptvertrags nach dem 23. Dezember
2020 abgeschlossen worden ist, spricht maßgeblich die damit verbundene
effektive Durchsetzung des mit der Neuregelung beabsichtigten Verbraucherschutzes
(s. dazu BT-Drucks. 19/15827, S. 11 f.). Der Wortlaut des Art. 229
§ 53 EGBGB steht dem nicht entgegen. Die Verwendung der pluralischen Form
"Rechtsverhältnisse" kann sich auch schlicht auf sämtliche vor dem Stichtag geschlossene
Maklerverträge (mit oder ohne Doppeltätigkeit) beziehen.

(2) Die Anwendung des § 656c BGB auf einen nach seinem Inkrafttreten
geschlossenen Maklervertrag des Käufers im Falle eines vor seinem Inkrafttreten
geschlossenen Maklervertrags des Verkäufers ist auch mit Blick auf das verfassungsrechtliche
Rückwirkungsverbot zulässig.

Die Anwendung des § 656c BGB auf den nach Inkrafttreten der Regelung
abgeschlossenen Maklervertrag erweist sich unter dem Gesichtspunkt der unechten
Rückwirkung (auch: tatbestandliche Rückanknüpfung) als unproblematisch.
Hierunter wird die Konstellation verstanden, bei der die Rechtsfolgen eines
Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber
Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind
(BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 41] mwN). Solche Regelungen, die den Eintritt ihrer
Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig
machen, unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung
von Rechtsfolgen (dazu vgl. BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 40] mwN) und sind vorrangig
an den Grundrechten sowie den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen
des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit
zu messen (BVerfGE 92, 277 [juris Rn. 225]; BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 41]).

Um eine tatbestandliche Rückanknüpfung handelt es sich, soweit bei der Beurteilung
der Wirksamkeit des nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen
(zweiten) Maklervertrags ein vor dem Inkrafttreten abgeschlossener (erster) Maklervertrag
in die rechtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 656c
BGB einbezogen wird.

Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich hierbei auch dann nicht,
wenn ein Makler infolge der Nichtigkeit des zweiten Vertrags wegen Verstoßes
gegen § 656c BGB gänzlich leer ausgeht, weil im ersten Vertrag auf die Vereinbarung
einer Provision verzichtet worden ist. In der Regelung des § 656c BGB
liegt eine mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Berufsausübungsregelung,
die durch das Ziel gerechtfertigt wird, natürliche Personen beim Kauf von Wohnungen
oder Einfamilienhäusern vor einer unangemessenen Überbürdung fremder
Kosten und der Ausnutzung faktischer Zwangslagen zu schützen (s. BTDrucks.
19/15827, S. 13). Zur Erreichung dieses Ziels ist die Regelung auch
dann geeignet, erforderlich und im engeren Sinn verhältnismäßig, wenn sie allein
auf den (zweiten) nach ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Maklervertrag angewendet
wird. Schutzwürdiges Vertrauen der Makler wird nicht enttäuscht, weil
ihren durch die Neuregelung betroffenen Belangen durch den in Art. 3 des Gesetzes
vorgesehenen sechsmonatigen Aufschub des Inkrafttretens nach Verabschiedung
des Gesetzes Rechnung getragen wurde, der sie in die Lage versetzte,
ihr geschäftliches Handeln auf die neue Regelung einzustellen (s. BTDrucks.
19/15827, S. 20). Selbst wenn man also von einem "faktischen Eingriff"
in den mit dem Verkäufer vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen, keine
Provision vorsehenden Maklervertrag sprechen wollte, weil der Makler genötigt
sei, wegen der drohenden Nichtigkeit des mit dem Käufer geschlossenen Maklervertrags
erneut auf den Verkäufer mit dem Ziel der nachträglichen Provisionsvereinbarung
zuzugehen (so Greiner, ZMR 2022, 842), liegt keine Verletzung berechtigten
Vertrauens vor, weil das Gesetz dem Makler nach dem Inkrafttreten
der neuen Regelung hinreichend Zeit eingeräumt hatte, etwaige bestehende vertragliche
Regelungen anzupassen.

3. Die von der Klägerin vorgetragenen vertraglichen Vereinbarungen der
Parteien verstoßen nicht gegen § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Die Klägerin macht geltend, sie habe sich von beiden Parteien einen
Maklerlohn in gleicher Höhe, nämlich in Höhe von 3,57 % des Verkaufspreises
versprechen lassen.

b) Entgegen der Auffassung der Revision erlaubt es § 656c BGB im Falle
der sukzessiven Doppelbeauftragung des Maklers, zunächst mit einer Partei des
Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision
zu vereinbaren und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in
Höhe der restlichen Hälfte.

aa) Soweit die Revision sich gegen diese Vertragspraxis wendet, dringt
sie damit nicht durch. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach es unzulässig
sei, dass sich der Makler vom zweiten Vertragspartner nochmals eine Provision
in gleicher Höhe versprechen lasse, weil dies dem Halbteilungsgrundsatz
zuwider eine Provisionsverdoppelung bewirke (MünchKomm.BGB/Althammer,
9. Aufl., § 656c Rn. 16; Staudinger/Arnold aaO § 656c Rn. 6), verfängt nicht.

(1) Dem Wortlaut des § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB lässt sich nicht entnehmen,
dass sich - bei einer sukzessiven Doppelbeauftragung des Maklers - der
zweite Vertragspartner zu einer hälftigen Übernahme der mit dem ersten Vertragspartner
vereinbarten Provision verpflichten müsste. Die Formulierung, "dass
sich beide Parteien in gleicher Höhe verpflichten", streitet dagegen, dass bei sukzessivem
Vertragsschluss die zunächst vereinbarte Provision zu halbieren wäre
(vgl. BeckOGK.BGB/Meier, Stand 1. Februar 2023, § 656c Rn. 9). Die Voraussetzung
einer Verpflichtung in gleicher Höhe ist nämlich auch dann erfüllt, wenn
die in beiden Maklerverträgen vorgesehenen Provisionen sich quantitativ entsprechen,
also im zweiten Vertrag nochmals die identische Courtage vereinbart
wird.

(2) Dies mag in der Praxis zwar dazu führen, dass die Summe beider sukzessiv
vereinbarter Courtagen nicht unterhalb bisher üblicher Provisionssätze
liegt oder diese sogar übersteigt, was der Absicht des Gesetzentwurfs der Bundesregierung,
die Kaufnebenkosten beim Immobilienerwerb zu senken (BTDrucks.
19/15827, S. 11), zuwiderliefe. Eine Deckelung der Höhe der Maklerprovision
hat der Gesetzgeber in § 656c BGB aber gerade nicht vorgesehen. Alternative
Gesetzentwürfe, die eine Begrenzung des Maklerlohns der Höhe nach vorsahen
(Entwurf eines Gesetzes über die Reduktion der Kaufnebenkosten bei der
Vermittlung von Kaufverträgen über Immobilien, BT-Drucks. 19/17120, S. 7 f.;
Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung von Verbrauchern beim Kauf und Verkauf
von Wohnimmobilien [Makler-Bestellerprinzip- und Preisdeckelgesetz], BTDrucks.
19/4557, S. 3 f.), wurden nicht beschlossen. Die Höhe der Gesamtprovision
ist vielmehr der Vertragsfreiheit der Beteiligten überlassen. Einer unangemessenen
Überhöhung der Provision kann dadurch entgegengewirkt werden,
dass bei der Beurteilung der Angemessenheit nach § 655 BGB oder der Sittenwidrigkeit
nach § 138 Abs. 2 BGB die Gesamtprovision in den Blick genommen
wird (vgl. MünchKomm.BGB/Althammer aaO § 656c Rn. 16).

II. Der Anspruch auf Maklerlohn ist nicht wegen Verstoßes gegen § 656c
Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 654 BGB verwirkt. Die Revision wendet sich
nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte von der Doppeltätigkeit
der Klägerin bereits aus dem Exposé und aufgrund des abgeschlossenen
Maklervertrags jedenfalls vor dem Notartermin erfahren hat. Rechtsfehler
sind insoweit auch nicht ersichtlich.

III. Dem Beklagten steht gegen den von der Klägerin geltend gemachten
Anspruch auf Maklerlohn ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB
zu. Zwar ist der dem Beklagten gemäß § 242 BGB zustehende Auskunftsanspruch
durch Erfüllung untergegangen (dazu nachfolgend B III 1). Der Beklagte
hat jedoch darüber hinaus gemäß § 810 BGB Anspruch auf Vorlage des vom
Kläger mit dem Verkäufer abgeschlossenen Maklervertrags (dazu nachfolgend B
III 2).

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stand dem Beklagten
zunächst ein Anspruch auf Auskunft gegen die Klägerin über das Bestehen eines
Maklervertrags mit dem Verkäufer bezüglich desselben Erwerbsobjekts und ergänzend
über die Höhe des sich daraus ergebenden Provisionsanspruchs zu.
Dieser Auskunftsanspruch ist jedoch durch Erfüllung erloschen.

a) Die Frage, ob der Makler gegenüber dem Kunden zur wirksamen Durchsetzung
von dessen Recht auf Einhaltung des Halbteilungsgrundsatzes auskunftspflichtig
ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.

aa) Nach einer Auffassung ist der Makler verpflichtet, dem Kunden auf
Verlangen über die Höhe der Provision des anderen Teils des Hauptvertrags und
über etwaige Erlassabsprachen Auskunft zu erteilen (BeckOK.BGB/Kneller,
67. Edition [Stand 1. August 2023], § 656c Rn. 8; Mansel in Jauernig, BGB,
19. Aufl., § 656c Rn. 5; MünchKomm.BGB/Althammer aaO § 656c Rn. 4;
D. Fischer in Erman, BGB, 17. Aufl., § 656c Rn. 12; ders., IMR 2021, 88, 92;
ders., NJW 2021, 1202 Rn. 3; ders., NJW 2023, 1178, 1181 Rn. 20; ders., ZAP
2023, 69, 80; Wistokat, NZM 2021, 905, 914; Staudinger/Arnold aaO § 656c
Rn. 6; jurisPK.BGB/Würdinger, Stand 1. Februar 2023, § 656c Rn. 12; Palandt/
Sprau, BGB, 80. Aufl., § 656c Rn. 6; Grüneberg/Retzlaff aaO § 656c Rn. 8;
Lindner, ZMR 2021, 24, 26; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar
2023 - 18 U 6/23, juris Rn. 21).
-
bb) Die Gegenauffassung wendet ein, mangels expliziter gesetzlicher
Regelung sei weder im Wege der Vertragsauslegung noch der Rechtsfortbildung
Raum dafür, dem Maklerkunden einen derartigen Anspruch zuzubilligen
(BeckOGK.BGB/Meier aaO § 656c Rn. 14 bis 16; ders. ZfIR 2020, 765, 773).
b) Der erstgenannten Auffassung ist der Vorzug zu geben.

aa) Ein Auskunftsanspruch des Maklerkunden gegen den Makler ist in
§ 656c BGB nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Regelung des § 656d Abs. 1
Satz 2 BGB, wonach zum Schutz von Umgehungen (BT-Drucks. 19/15827,
S. 20) der Anspruch aus einer Vereinbarung nach § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB
- zur anteiligen Übernahme der Maklerkosten durch die Partei, die in keinem Vertragsverhältnis
zu dem Makler steht - erst fällig wird, wenn der ursprüngliche Vertragspartner
des Maklers die Erfüllung seiner Provisionsverpflichtung beziehungsweise
die Zahlung seines Anteils nachgewiesen hat, findet in § 656c BGB
keine Entsprechung.

bb) Eine analoge Anwendung von § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB auf Fälle der
Doppeltätigkeit kommt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat -
nicht in Betracht. Zwar stellt sich auch bei der praktisch besonders relevanten,
weil weithin üblichen Fallgestaltung einer einvernehmlichen Doppeltätigkeit des
Maklers (vgl. BT-Drucks. 19/15827, S. 12) im Sinne von § 656c BGB jedenfalls
in gleichem Maße wie bei § 656d BGB die Frage, wie Umgehungen vermieden
und Kundenrechte praktisch wirksam durchgesetzt werden können (vgl. Jeep,
notar 2020, 225, 228; Wistokat, NZM 2021, 905, 914). Eine Analogie setzt aber
voraus, dass die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten
Fall nicht durch eine gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen ist, also
eine planwidrige Lücke besteht (BGH, Urteil vom 28. November 2019
- IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 [juris Rn. 16]; Urteil vom 24. Februar 2021
- VIII ZR 36/20, BGHZ 229, 59 [juris Rn. 38]).

An einer planwidrigen Regelungslücke fehlt es hier. Der Gesetzgeber hat
bewusst beide Fallgestaltungen differenziert und einen Nachweis der Maklerlohnzahlung
gegenüber dem Maklerkunden ausdrücklich nur in den CourtageÜberwälzungsfällen
des § 656d BGB, nicht aber in den Fällen der Doppeltätigkeit
in § 656c BGB vorgesehen, so dass von einer Planwidrigkeit der Regelungslücke
nicht auszugehen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2023
- 18 U 6/23, juris Rn. 23).

cc) Ein Auskunftsanspruch des Maklerkunden gegen den Makler ergibt
sich aber aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.

(1) In Fällen, in denen ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Verpflichteten
die Rechtsverfolgung in hohem Maße erleichtert, oft überhaupt erst möglich
macht, ist - auch ohne Vorliegen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses - nach
den Grundsätzen von Treu und Glauben dem Berechtigten ein Anspruch auf Auskunft
bei Rechtsverhältnissen zu gewähren, deren Wesen es mit sich bringt, dass
der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines
Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche
Auskunft zu erteilen und dadurch nicht unbillig belastet wird (RG, Urteil vom
4. Mai 1923 - II 310/22, RGZ 108, 1, 7; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1953
- II ZR 149/52, BGHZ 10, 385 [juris Rn. 24]; Urteil vom 17. Mai 2001
- I ZR 291/98, BGHZ 148, 26 [juris Rn. 29] - Entfernung der Herstellungsnummer
II; Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 141/20, GRUR 2022, 1427 [juris Rn. 124]
= WRP 2022, 1125 - Elektronischer Pressespiegel II, mwN).

Auf dieser Grundlage wird dem Makler ein Anspruch auf Auskunft gegen
den Maklerkunden über die für die Entstehung und Berechnung seines Provisionsanspruchs
maßgeblichen Umstände zuerkannt (BGH, Urteil vom 8. Oktober
1986 - IVa ZR 20/85, NJW-RR 1987, 173 [juris Rn. 6]; Urteil vom 7. Februar 1990
- IV ZR 314/88, NJW-RR 1990, 1370 [juris Rn. 7]; Beschluss vom 27. Juli 2000
- III ZR 279/99, NJW-RR 2001, 705 [juris Rn. 7]).

(2) Durch die zwingende Regelung des Halbteilungsgrundsatzes in § 656c
BGB ist eine vergleichbare Fallkonstellation geschaffen worden (vgl. D. Fischer,
NJW 2021, 1202, 1203).

Um der gesetzgeberischen Intention - den Verbraucher als Käufer von
Wohnungen und Einfamilienhäusern vor einer vollständigen Abwälzung der Maklerkosten
auf ihn zu schützen - praktische Wirkung zu verleihen, ist der Käufer
darauf angewiesen, zu erfahren, ob der Verkäufer tatsächlich seinerseits zur Zahlung
von 50 % des insgesamt zu entrichtenden Maklerlohns verpflichtet ist. Der
Käufer ist in dem Fall, dass der Makler sowohl mit dem Verkäufer als auch mit
dem Käufer über einen Maklervertrag verbunden ist, auf die Auskunft des Maklers
angewiesen, um festzustellen, ob und in welcher Höhe er provisionspflichtig
ist. Ohne die Möglichkeit der Durchsetzung eines Auskunftsbegehrens für den
Maklerkunden wäre die Verwirklichung des verbraucherschützenden Normzwecks
von § 656c BGB nicht gewährleistet und drohte leerzulaufen. Eine solche
Auskunft kann der Makler unschwer erteilen. Eine unbillige Belastung des Maklers
ist damit nicht verbunden und Belange des Datenschutzes dürften regelmäßig
nicht tangiert sein, zumal die Identität des Erwerbsobjekts und der anderen
Partei dem jeweiligen Vertragspartner aus dem Hauptvertrag ohnehin bereits bekannt
ist.

Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen dem nicht entgegen. Soweit
eingewandt wird, der Gesetzgeber habe dem Halbteilungsgrundsatz gemäß
§ 656c BGB bewusst kein Auskunftsrecht zur Seite gestellt, was durch Anwendung
der Generalklausel des § 242 BGB im Wege der Rechtsfortbildung nicht
konterkariert werden dürfe (BeckOGK.BGB/Meier aaO § 656c Rn. 15), verfängt
dies nicht. Die Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen
durch schöpferische Rechtsfortbildung aufgrund der Generalklausel des § 242
BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz anerkannt (BVerfGE 138, 377 [juris
Rn. 39]). Die privatrechtlichen Generalklauseln bieten den Zivilgerichten nicht zuletzt
die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen
(vgl. BVerfGE 97, 169 [juris Rn. 34 f.]; st. Rspr.) und die Schutzintention des Gesetzgebers
zu ergänzen. Eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung
in Form einer mit der Auskunftsverpflichtung des Maklers einhergehenden
Grundrechtsbeeinträchtigung ist nicht ersichtlich.

c) Dem Beklagten stand somit ursprünglich ein Auskunftsanspruch gegen
die Klägerin über alle Umstände zu, die für die Entstehung und das Fortbestehen
des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind. Die Klägerin hat diesen Anspruch
jedoch bereits erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen,
dass dem Beklagten spätestens mit Schreiben der Klägerin vom
7. Juli 2021 eine vollständige Auskunft über die Doppeltätigkeit, über den Abschluss
des Verkäufermaklervertrags, den vereinbarten Provisionssatz, die
Rechnungsstellung an die Verkäuferseite und den Geldeingang erteilt worden ist.
Dagegen erinnert die Revision nichts.

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts,
dem Beklagten stehe gegenüber der Klägerin kein Anspruch auf
Vorlage des zwischen dieser und der Verkäuferseite des Hauptvertrags abgeschlossenen
Maklervertrags zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 810 Fall 2
BGB. Die Geltendmachung des auf diesen Anspruch gestützten Zurückbehaltungsrechts
führt zur Abweisung der Klage.

a) Gemäß § 810 Fall 2 BGB kann jedermann die Gestattung der Einsicht
in eine Urkunde von deren Besitzer verlangen, wenn in der Urkunde ein zwischen
dem Anspruchsteller und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet
ist und der Anspruchsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtsgewährung
hat.

aa) Nach dem hier zugrunde zu legenden zivilprozessualen Urkundenbegriff
(vgl. §§ 422 f. ZPO) sind Urkunden durch Niederschrift verkörperte Gedankenerklärungen,
die Aussagen über Rechtsgeschäfte oder Rechtsverhältnisse
zum Inhalt haben, gleichgültig, in welcher Weise die Niederschrift erfolgt (BGH,
Urteil vom 28. November 1975 - V ZR 127/74, BGHZ 65, 300 [juris Rn. 6]; Urteil
vom 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 22]).

bb) Bei dem beurkundeten Rechtsverhältnis muss es sich nicht um ein
zwischen dem Anspruchsteller und dem Besitzer der Urkunde bestehendes
Rechtsverhältnis handeln. Im Sinne der gebotenen weiten Auslegung des § 810
BGB (dazu vgl. RG, Urteil vom 28. Juni 1927 - II 464/26, RGZ 117, 332, 333;
BGH, WM 1971, 565 [juris Rn. 9]) genügt es, dass die Urkunde eine objektive
und unmittelbare Beziehung zu dem Rechtsverhältnis aufweist, an welchem der
die Vorlegung Begehrende beteiligt ist (BGH, Urteil vom 16. April 1962
- VII ZR 252/60, WM 1962, 706 = BeckRS 2012, 8206 Rn. 55). Auf ein rechtliches
Interesse an der Urkundsvorlage kann sich jeder berufen, der die Einsichtnahme
in eine Urkunde zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten
Interessen benötigt (BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13,
NJW 2014, 3312 [juris Rn. 21]).

So kann, wer Anspruch auf Beteiligung an der Provision eines Maklers hat,
von diesem gemäß § 810 BGB die Vorlage der Provisionsabrechnungen verlangen,
die der Makler von seinem Auftraggeber erhalten hat (BGH, Urteil vom
16. April 1962 - VII ZR 252/60, MDR 1962, 562 = BeckRS 2012, 8206 Rn. 56).
Ein Bürge kann Vorlage der Geschäftsbücher seines Bürgschaftsgläubigers verlangen,
soweit darin angebliche Zahlungen des Hauptschuldners verbucht sind
(RGZ 56, 109, 112; BGH, Urteile vom 10. Dezember 1987 - IX ZR 269/86, WM
1988, 209, 210 und vom 18. Mai 1995 - IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230;
BGH, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 21]).

cc) Zur Begründung des rechtlichen Interesses eines Anspruchstellers im
Sinne von § 810 BGB müssen hinreichend bestimmte Anhaltspunkte vorliegen,
die auf einen Zusammenhang zwischen dem Inhalt der zur Einsichtnahme begehrten
Urkunde und dem Rechtsverhältnis hinweisen, zu dessen Klarstellung
die Einsicht verlangt wird. Ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Ein-
sichtsrechts ist dabei die Schutzwürdigkeit dieses rechtlichen Interesses des Anspruchstellers
(BGH, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 24]). Hieran fehlt es, wenn ein
Anspruchsteller lediglich aufgrund vager Vermutungen Urkundeneinsicht verlangt,
um erst dadurch Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung gegen
den Besitzer der Urkunde oder gegen Dritte zu gewinnen. In einem solchen Fall
zielt das Einsichtsverlangen auf eine unzulässige Ausforschung (BGH, Urteil vom
30. November 1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260 [juris Rn. 25]; BGH, NJW
2014, 3312 [juris Rn. 24]).

b) Danach sind die Voraussetzungen des Anspruchs gemäß § 810 Fall 2
BGB auf Vorlage des Maklervertrags, den der Beklagte dem mit der Klage geltend
gemachten Provisionsanspruch entgegenhält, gegeben. Dem Maklerkunden
steht im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers
diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit
dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zu.

aa) Bei dem von der Klägerin mit dem Verkäufer geschlossenen Maklervertrag
handelt es sich um eine verkörperte Gedankenerklärung über ein Rechtsgeschäft,
mithin um eine Urkunde im Sinne des § 810 BGB.

bb) Der von der Klägerin mit dem Verkäufer geschlossene Maklervertrag
weist die nach § 810 Fall 2 BGB erforderliche objektive und unmittelbare Beziehung
zu dem zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossenen Maklervertrag
auf. Der Beklagte bedarf der Vorlage dieses Vertrags zur Verteidigung
seiner rechtlich geschützten Interessen. Beide Maklerverträge stehen über die
zwingende Regelung des § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach sich der Makler von
beiden Parteien des Kaufvertrags nur in der Weise Maklerlohn versprechen lassen
darf, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten, und die in § 656c
Abs. 2 Satz 1 BGB im Falle einer Abweichung angeordnete Nichtigkeitsfolge in
Abhängigkeit zueinander. In dieser Konstellation sind Bestand und Höhe der eigenen
Provisionsverpflichtung des Beklagten erst aus der vom Makler mit dem
Verkäufer errichteten Vertragsunterlage ersichtlich. Darauf, dass die Maklervertragsurkunde
zwischen dem Makler und dem Verkäufer weder im Interesse des
Käufers errichtet wurde noch ein Rechtsgeschäft beurkundet, an dem der Käufer
beteiligt ist (mit dieser Begründung einen Vorlageanspruch verneinend LG Münster,
Urteil vom 15. Dezember 2022 - 8 O 212/22, NZM 2023, 471 [juris Rn. 27]),
kommt es hiernach nicht an.

cc) Das Vorlagebegehren des Beklagten erschöpft sich nicht in einer unzulässigen
Ausforschung, so dass das rechtliche Interesse des Beklagten auch
schutzwürdig ist. Der Beklagte verlangt nicht aufgrund vager Vermutungen Urkundeneinsicht,
um erst dadurch Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung
gegen den Besitzer der Urkunde oder gegen Dritte zu gewinnen. Vielmehr
bestehen hinreichend bestimmte Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Inhalt
der Vertragsurkunde, deren Vorlage der Beklagte begehrt, und dem vorliegend
streitgegenständlichen Anspruch auf Maklerprovision, zu dessen Klarstellung der
Beklagte die Einsicht verlangt, ein Zusammenhang besteht.

dd) Der Zuerkennung eines Vorlageanspruchs nach § 810 Fall 2 BGB im
Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers steht nicht entgegen,
dass der Gesetzgeber in § 656c BGB - anders als im Falle des § 656d
BGB - keine Nachweispflicht geregelt hat.

Die Regelung des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Anspruch aus
einer Vereinbarung nach § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB - zur anteiligen Übernahme
der Maklerkosten durch die Partei, die in keinem Vertragsverhältnis zu dem Makler
steht - erst fällig wird, wenn der ursprüngliche Vertragspartner des Maklers
die Erfüllung seiner Provisionsverpflichtung beziehungsweise die Zahlung seines
Anteils nachgewiesen hat, findet in § 656c BGB keine Entsprechung. Aus der
unterbliebenen Regelung einer entsprechenden Fälligkeitsvoraussetzung in
§ 656c BGB kann zwar gefolgert werden, dass mangels planwidriger Lücke eine
analoge Anwendung des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommt (vgl.
bereits vorstehend Rn. 45).

Bei der Frage, ob der Maklerkunde im Falle der von § 656c BGB regulierten
Doppeltätigkeit des Maklers dessen Provisionsverlangen einen Anspruch auf
Urkundenvorlage nach § 810 Fall 2 BGB entgegenhalten kann, geht es hingegen
nicht um die Frage der Fälligkeit der Provisionsforderung, sondern um die Herleitung
eines Gegenanspruchs aus § 810 BGB, einer allgemeinen bürgerlichrechtlichen
Vorschrift über die Vorlegung von Sachen, der gegebenenfalls - bei
etwaig fortbestehender Fälligkeit des Provisionsanspruchs - gemäß §§ 273 f.
BGB die Durchsetzbarkeit des Provisionsanspruchs hindert.

c) Die Geltendmachung des Gegenanspruchs gemäß § 810 Fall 2 BGB
durch den Beklagten begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB,
dessen Geltendmachung im Streitfall zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet
führt.

Zwar hat nach § 274 Abs. 1 BGB gegenüber der Klage die Geltendmachung
des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung
gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu
verurteilen ist. Ausnahmsweise kann aber, wenn eine gleichzeitige Ausführung
der beiderseitigen Leistungen nicht möglich ist, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts
zur Klageabweisung führen (MünchKomm.BGB/Krüger aaO § 274
Rn. 9; Grüneberg/Grüneberg aaO § 274 Rn. 2). Dies ist insbesondere der Fall,
wenn zwischen den Ansprüchen ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt besteht,
dass der einredeweise geltend gemachte Gegenanspruch der Überprüfung des
mit der Klage verfolgten Anspruchs dient (OLG Frankfurt am Main, BB 1978, 323
= BeckRS 1977, 1609 Rn. 50). So verhält es sich im Streitfall. Ergibt die von der
Klägerin geschuldete Urkundenvorlage eine den Voraussetzungen des § 656c
BGB nicht genügende Doppeltätigkeit der Klägerin, kann dies wegen der in
§ 656c Abs. 2 Satz 1 BGB angeordneten Nichtigkeitsfolge ihren Provisionsanspruch
zu Fall bringen.

C. Danach ist auf die Revision des Beklagten das Urteil des Landgerichts
wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

21.03.2024

Aktenzeichen:

I ZR 185/22

Rechtsgebiete:

Maklervertrag
Allgemeines Schuldrecht
AGB, Verbraucherschutz
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 242, 656c, 656d, 810