Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts bei Mängeln an neu errichteten Gebäuden; Unwirksamkeit eines formelhaften Gewährleistungsausschlusses
letzte Aktualisierung: 6.5.2024
OLG Frankfurt, Urt. v. 18.10.2023 – 15 U 228/21
BGB §§ 242, 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1
Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts bei Mängeln an neu errichteten Gebäuden;
Unwirksamkeit eines formelhaften Gewährleistungsausschlusses
1. Ansprüche des Erwerbers aus Mängeln an neu errichteten Häusern oder Eigentumswohnungen
richten sich grundsätzlich nach Werkvertragsrecht, wenn die Errichtung nicht zu lange zurückliegt.
2. Eine formelhafte Einschränkung der Gewährleistung für Sachmängel ist auch in einem
notariellen Individualvertrag gem. § 242 BGB unwirksam, wenn die Freizeichnung nicht mit dem
Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert
worden ist.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Die Kläger machen gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz und Minderung wegen
behaupteter Baumängel geltend.
Der Beklagte ließ als Eigentümer des Grundstücks Straße1, Stadt1, auf diesem Grundstück
ein Mehrfamilienhaus errichten.
Am 23. Juni 2009 beurkundete der Beklagte zu UR-Nr. ... des Notars Q, Stadt2, eine notarielle
Teilungserklärung gemäß § 8 WEG (Bl. 92 ff. Bd. I d.A.).
Der Kläger zu 4) und die Klägerin zu 5) erwarben durch Kaufvertrag vom 23. Juni 2009 - URNr.
... des Notars Q - den noch zu bildenden Miteigentumsanteil hinsichtlich des im Grundbuch
von Stadt3 Blatt ... verzeichneten Grundbesitzes Gemarkung Stadt3 Flur... Flurstück ...
Gebäude- und Freifläche, Straße1, verbunden mit dem Sondereigentum an der Maisonettwohnung
des Aufteilungsplans - in der Teilungserklärung mit W 3 und K 3 bezeichnet - neben
einem Sondernutzungsrecht an der mittleren Carport Nr. 3 zum Preis von 140.000,- €.
§ 6 dieses Vertrages enthält folgende Vereinbarungen:
„(1) Für das Kaufobjekt gelten die Gewährleistungsbestimmungen des BGB.
(2) Nimmt der Verkäufer das Kaufobjekt ohne gemeinsame Übergabe in Benutzung, so ist
der Bauträger von den Verpflichtungen zur Gewährleistung wegen eventueller Baumängel
befreit.
(3) Die Haftung des Bauträgers für weitergehende Ansprüche, insbesondere für Folgeschäden,
ist ausgeschlossen.
(4) Eine Verzögerung des Baufortschrittes infolge von Sonderwünschen oder vertraglich
vereinbarten Eigenleistungen des Klägers hat der Bauträger in keinem Falle zu vertreten.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages vom 23. Juli 2009 wird auf Bl. 56 ff. Bd. I
d.A. Bezug genommen.
Der Kläger zu 2) und die Klägerin zu 3) erwarben durch Kaufvertrag vom 24. Juli 2009 - URNr.
... des Notars X, Stadt4 - je zur ideellen Hälfte eines 3.331/3/1000 Miteigentumsanteil
hinsichtlich des Grundstücks Straße1 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Aufteilungsplan
mit W 2 bezeichneten Wohnung im Erd-, Ober- und Dachgeschoss sowie ein Sondernutzungsrecht
an dem Carport Nr. 2 zum Preis von 135.000,- €. In VI. des Vertrages vereinbarten
die Parteien folgendes:
„1. Unbeschadet der nachstehenden Regelung werden alle Ansprüche und Rechte des Käufers
wegen Sachmängel(n) am Grundstück ausgeschlossen. Das gilt auch für Größe, Güte und
Beschaffenheit von Grund und Boden. Dem Verkäufer sind solche Sachmängel nicht bekannt.
2. Für die vertragsgegenständliche Bauleistung gilt das allgemeine Leistungsstörungsrecht
des Werkvertrages des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es kann der Käufer jedoch zunächst nur
Nacherfüllung, d.h. Beseitigung des Mangels verlangen. Bei fehlschlagender Nacherfüllung
kann der Käufer den Kaufpreis mindern. Das Recht des Käufers, wegen eines Sachmangels
vom Vertrag zurückzutreten, sind ausgeschlossen, außer bei schweren Sachmängeln, die den
vertragsgemäßen Gebrauch ausschließen oder erheblich beeinträchtigen.
Ausgeschlossen sind Recht und Ansprüche des Käufers für solche Schäden, die auf natürlichen
Verschleiß beruhen und für Schäden an Gewerken aufgrund mangelhafter oder unterlassener
Wartung, Pflege und Erhaltung. Der Käufer hat die ordnungsgemäße Ausführung der
Wartungs-, Pflege- und Erhaltungsarbeiten des Verkäufers nachzuweisen. Ausgeschlossen
sind sämtliche Schadensersatzansprüche des Käufers wegen Sachmängeln am Grundstück
und Gebäude. Unberührt bleiben jedoch die gesetzlichen Vorschriften auf Schadensersatz aus
der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung
zu vertreten hat und sonstige Schäden, die von einer vorsätzlichen oder grob
fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruhen. Garantien werden nicht abgegeben.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 70 ff. Bd. I d.A. verwiesen.
Der Kläger zu 6) erwarb durch Kaufvertrag vom 16. März 2010 - UR-Nr. ... des Notars Q (Bl.
82 ff. Bd. I d.A.) - einen Miteigentumsanteil von 3331/3/1000 hinsichtlich des Grundstücks
Straße1 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung W 1, K 1 des Aufteilungsplans,
verbunden mit einem Sondernutzungsrecht an der Terrasse T 1 und einem Carport Nr. 1, zum
Preis von 130.000,- €.
Den jeweiligen notariellen Verträgen vom 23. Juni 2009 und vom 24. Juli 2009 lagen im Hinblick
auf den Bauumfang und die Ausstattung jeweils die Baupläne (Bl. 169 ff. Bd. I d.A.) sowie
die Baubeschreibung (Bl. 187 ff. Bd. I d.A.), auf deren Inhalte jeweils Bezug genommen
wird, zugrunde.
Die Kläger zu 4) und 5) zogen im Februar 2010, die Kläger zu 2) und 3) im März 2010 und
der Kläger zu 6) im September 2010 ein. Die Kläger erstellten aufgrund eines Ortstermins
vom 29. Januar 2011 ein am 1. Februar 2011 unterschriebenes Ergebnisprotokoll der Eigentümer,
in dem mehrere Mängel (u. a. unzureichender Schallschutz, feuchte Außenwand des
Heizungskellers, mangelhafte Lichtschächte, Risse am Außenputz) und nicht fertiggestellte
Arbeiten aufgeführt werden. Der Beklagte, der an diesem Ortstermin teilgenommen hatte,
unterzeichnete dieses Protokoll (Bl. 10 bis 14 Bd. I d.A.) nicht.
Der Beklagte teilte den Klägern zu 2) und 3) durch Schreiben vom 17. Juni 2011 mit, er sei
aus rein persönlichen Gründen bisher nicht dazu gekommen, die Restarbeiten abzuarbeiten,
werde dies allerdings umgehend in Angriff nehmen. Kurzfristig werde mit den Beanstandungen
an den Dachfenstern begonnen. Weiterhin werde die Carportanlage verputzt. Er gehe davon
aus, dass „bis Ende September alle ihrerseits berechtigterweise Beklagtenrestarbeiten
erledigt“ seien. Vor diesem Hintergrund werde darum gebeten, bis zum vorgenannten Zeitpunkt
Ende September 2011 „von weiteren kostenauslösenden Maßnahmen Abstand zu nehmen“.
Die Kläger erstellten aufgrund eines Ortstermins vom 19. Juni 2011, an dem der Beklagte
nicht teilnahm, ein weiteres Ergebnisprotokoll (Bl. 15 f. Bd. I d.A.).
Sie teilten dem Beklagten durch anwaltlichen Schriftsatz vom 22. Juni 2011 (Bl. 17 f. Bd. I
d.A.) erfolglos mit, er solle sich spätestens bis zum 10. Juli 2011 zu den in den Protokollen
vom 29. Januar 2011 und vom 19. Juni 2011 aufgelisteten Mängeln am Gemeinschaftseigentum
und am Sondereigentum erklären. Binnen derselben Frist solle er mitteilen, in welchem
zeitlichen Rahmen die Arbeiten erledigt werden. Sie gingen von einem Arbeitsbeginn spätestens
am 20. Juli 2011 und einer vollständigen Erledigung bis Ende September 2011 aus.
Die Kläger beantragten sodann durch Schriftsatz vom 22. September 2011 beim Landgericht
Kassel die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zwecks Mängelfeststellung,
woraufhin das Landgericht Kassel in dem Verfahren ... am 11. Oktober 2011 einen Beweisbeschluss
erließ, welcher durch weiteren Beschluss vom 24. Februar 2011 erweitert wurde. Der
zum Sachverständigen bestellte SV1 führte in seinem Gutachten vom 23. April 2013 eine
Vielzahl von Baumängeln auf.
Nachdem das Landgericht am 6. August 2013 die Einholung eines Ergänzungsgutachtens beauftragt
hatte, erstattete SV1 am 24. April 2014 eine ergänzende Stellungnahme.
Am 29. Oktober 2014 beauftragten die Kläger die Y KG auf der Grundlage deren Angebotes
mit der Vornahme der angebotenen Arbeiten (Bl. 117 bis 119 Bd. I d.A.).
Die Kläger zu 2) bis 6) mussten zur Vorfinanzierung der durch die Beauftragung der Y KG
entstandenen Kosten jeweils Kredite bei Banken aufnehmen. Die Kläger zu 4) und zu 5) nahmen
demgemäß am 28. April 2015 bei der Bank1 AG & Co. KGaA einen Nettokredit in Höhe
von 72.768,04 € auf, dessen effektiver Jahreszins 7,98 % (laufzeitabhängige Zinsen bei einem
Sollzinssatz von 7,12% für die gesamte Laufzeit in Höhe von 29.034,99 €) betrug. Bei
83 Raten ab dem 1. Juli 2015 zu je 1.579,- € und einer letzten Rate zum 1. Juni 2022 in Höhe
von 1.531,53 € endete die Laufzeit am 1. Juni 2022; auf den Inhalt des Kreditvertrages
wird Bezug genommen (Bl. 53 f. Bd. III d.A.). Mit der Firma Y war vereinbart, dass alle Rechnungen
zwischen den Klägern zu 2) und 3), den Klägern zu 4) und 5) sowie dem Kläger zu 6)
gedrittelt und jeweils getrennt ausgestellt werden sollten.
Die Y KG stellte den Klägern zu 2) und 3) für Zusatzarbeiten mit Rechnung vom 1. Oktober
2015 laut „Kostenaufstellung Anlage 1 Eingangstreppe EG/Drainageschacht/WDVS Arbeiten
sowie Zusatzarbeiten/Änderungen der Lichtschächte“ 3.866,56 € brutto in Rechnung (Bl. 33
Bd. II d.A.). Rechnungen in entsprechender Höhe ergingen ebenfalls an die Kläger zu 4) und
5) und an den Kläger zu 6).
Im Weiteren stellte die Y KG den Klägern zu 2) und 3) mit Rechnung vom 10. November
2015 (Bl. 63 Bd. II d.A.) für Zusatzarbeiten betreffend des Herstellens einer Eingangstreppe
und einer Betonüberdachung 6.331,63 € brutto in Rechnung; Rechnungen in entsprechender
Höhe ergingen auch an die Kläger zu 4) und 5) sowie an den Kläger zu 6).
Die Y KG beanspruchte mit Schlussrechnung vom 31. Dezember 2016 für „Erd-Abbruch und
Abdichtungsarbeiten Stadt1 Straße1“ einen Betrag in Höhe von 132.806,48 € brutto (Bl. 231
bis 243 Bd. II d.A.). Die Kläger einigten sich in der Folgezeit mit der Y KG dahingehend, dass
sich die Schlussrechnung von 132.806,84 € brutto auf 114.500,01 € brutto (= Nachlass in
Höhe von 13,78%) reduzierte.
Die Klägerin zu 1) begehrt zuletzt mit der Klage Ersatz folgender Positionen:
a) Rechnung der Firma Y KG vom 1.10.2015 in Höhe von 11.599,67 € brutto (3 x 3.866,56
€);
b) Rechnung der Firma Y KG vom 10.11.2015 in Höhe von 18.994,89 € brutto (3 x 6.331,63
€);
c) Schlussrechnung der Firma Y KG vom 31.12.2016 in Höhe von 114.500,01 € brutto
(132.806,84 € brutto - 18.306,83 € (Rabatt));
Gesamtsumme: 145.094,57 € brutto.
Die Kläger zu 2) und 3) beanspruchen hinsichtlich der beiden Innentreppen in ihrer Wohnung
(Treppe zum oberen Wohnraum sowie des Kellerabgangs zum Souterrain) eine Minderung in
Höhe von jeweils 2.900,- € und eine Minderung wegen unzureichenden Schallschutzes in Höhe
von 9.861,- €, mithin insgesamt 15.661,- €.
Die Kläger zu 4) und 5) machen hinsichtlich unzureichenden Schallschutzes ebenfalls eine
Minderung in Höhe von 9.861,- € geltend.
Der Kläger zu 6) verlangt hinsichtlich der Innentreppe in seiner Wohnung (Kellerabgang zum
Souterrain) eine Minderung in Höhe von 2.900,- € und hinsichtlich unzureichenden Schallschutzes
eine Minderung in Höhe von 9.861,- €, mithin insgesamt 12.761,- €.
Die Kläger haben behauptet, der Schallschutz sei unzureichend. Die Innentreppen in den
Wohnungen der Kläger zu 2) und 3) sowie des Klägers zu 6) seien mangelhaft. Sämtliche in
den von ihnen bezahlten Rechnungen der Firma Y KG angesetzten Positionen seien zur Beseitigung
der von dem Sachverständigen SV1 im selbständigen Beweisverfahren ... aufgeführten
Mängel erforderlich gewesen.
Nachdem die Kläger ihre Klagen teilweise erweiterten und mit Zustimmung des Beklagten
teilweise zurückgenommen haben,
haben sie zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 145.094,57 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2011 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger zu 2) und zu 3) 15.661,- € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2011 zu zahlen;
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger zu 4) und zu 5) 9.861,- € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2011 sowie Zinsen in Höhe
von 7,98 % p.a. abzüglich von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag
von 58.225,86 € seit dem 29. April 2015 zu zahlen;
4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 6) 12.761,- € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, in den Rechnungen seien zahlreiche sogenannte Sowieso-Kosten enthalten.
Der Beklagte hat die Rechtsauffassung vertreten, die Kläger zu 2) und zu 3) sowie 4) und zu
5) seien mit ihren Ansprüchen wegen eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses in den
notariellen Verträgen ausgeschlossen. Bezüglich des Klägers zu 6) komme Kaufvertragsrecht
zur Anwendung.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in
dem angefochtenen Urteil, Bl. 249 ff. Bd. IV der Akten.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Vorname1
Y sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des SV2, der Einholung
eines Gutachtens des SV1 sowie dessen mündlicher Gutachtenerläuterung gegenüber
der Klägerin zu 1) in Höhe von 145.094,57 € nebst Zinsen, zu Gunsten der Kläger zu 2) und
zu 3) in Höhe von 15.661,- € nebst Zinsen, zu Gunsten der Kläger zu 4) und zu 5) in Höhe
von 9.861,- € nebst Zinsen und hinsichtlich des Klägers zu 6) in Höhe von 12.761,- € nebst
Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, der Klägerin zu 1) stehe aus den
in Höhe von 145.094,57 € zu. Die Mängelrechte könnten auch ohne Abnahme geltend
gemacht werden, wenn wie vorliegend nicht mehr Erfüllung des Vertrages verlangt werde
und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen sei. Die in den Verträgen
vom 23. Juli 2009 und vom 24. Juli 2009 enthaltenen Haftungsbeschränkungen seien
unwirksam. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass das streitgegenständliche Objekt hinsichtlich
des Gemeinschaftseigentums eine Vielzahl von Baumängeln aufweise, zu deren Beseitigung
die Klägerin zu 1) Kosten in Höhe von 145.094,57 € habe aufwenden müssen. Dies
stehe fest infolge der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen SV1. Die Klägerin
zu 1) habe den Beklagten durch Schriftsatz vom 22. Juli 2011 unter Fristsetzung bis Ende
September 2011 ergebnislos zur Nacherfüllung aufgefordert. Für die Beseitigung der von
dem Sachverständigen SV1 festgestellten Baumängel habe die Klägerin zu 1) entsprechend
der Bekundungen des Zeugen Y die von der Firma Y KG ausgebrachten Rechnungen vom 1.
Oktober 2015, 10. November 2015 und 31. Dezember 2016 vollumfänglich ausgeglichen.
Sämtliche in der Kostenaufstellung enthaltenen Positionen seien mit Ausnahme der Position
09.08. Mängelbeseitigungsmaßnahmen und auch tatsächlich ausgeführt worden. Hingegen
habe der Sachverständige SV1 ausgeführt, die Positionen 01.08, 01.09., 01.09.01., 02.04.,
09.05., 09.08., 10.06., 10.19., 10.20. und 9.9. seien nicht der Schadensbeseitigung zuzuordnen.
Diese vorgenannten Positionen ergäben einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.511,75 €
brutto, so dass auch bei deren Abzug in diesem Fall ein über den Betrag von 114.500,01 € zu
berücksichtigender Restbetrag verbleibe.
Die Kläger zu 2) und zu 3) könnten als Mitgläubiger gemäß §§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 1 BGB von
dem Beklagten Zahlung von 5.800,- € infolge der beiden mangelhaften Treppen beanspruchen.
Der Neuwert beider Treppen betrage 2 x 2.900,- €, unter Berücksichtigung der Bedeutung
der beiden Treppen sowie der Ausführungen des Sachverständigen sei unter Berücksichtigung
von § 287 Abs. 1 ZPO eine Minderung in Höhe von insgesamt 5.800,- € angemessen.
Der Kläger zu 6) könne für die mangelhafte Treppe in seiner Wohnung ebenfalls eine Minderung
im Umfang von 2.900,- € verlangen, da im Hinblick auf die Bedeutung der Treppe nach
§ 287 Abs. 1 ZPO der Neuwert mit 2.900,- € in Ansatz zu bringen sei.
Die Kläger zu 2) und zu 3), die Kläger zu 4) und zu 5) sowie der Kläger zu 6) könnten von
dem Beklagten gemäß §§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 1 BGB eine Zahlung in Höhe von je 9.800,61 €
(rechnerisch richtig: 9.861,- €) verlangen, da das streitgegenständliche Objekt hinsichtlich
des Schallschutzes mangelhaft sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen
SV2 sei von einem unzureichenden Schallschutz auszugehen. Nach dessen Ausführungen
seien die genannten Ertüchtigungsmaßnahmen mit einem Nettobetrag in Höhe von ca.
42.000,- € zuzüglich weiteren 6.000,- € netto für Nutzungseinschränkungen anzusetzen. Unter
Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen sei gemäß § 287 Abs. 1 ZPO -
ausgehend von den gesamten Erwerbskosten für die drei Wohnungen in Höhe von insgesamt
405.000,- € - eine Wertminderung von 7,3 %, mithin eine Minderung in Höhe von 29.583,- €
(3 x 9.861,- €) in Ansatz zu bringen.
Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung begehrt der Beklagte unter Abänderung der
angefochtenen Entscheidung eine vollständige Klageabweisung. Zur Begründung führt er im
Wesentlichen aus, der Klägerin zu 1) stünden keinerlei Ansprüche auf Schadensersatz zu, da
diese wegen der zugrundeliegenden notariellen Verträge vom 23. Juni 2009 sowie vom 24.
Juli 2009 wirksam ausgeschlossen worden seien. Nicht er, der Beklagte, sei Verwender der
jeweiligen Klauseln in den jeweiligen Notarverträgen gewesen, diese seien vielmehr von den
jeweiligen Klägern gestellt worden. Im Hinblick auf den Kläger zu 6) komme Kaufrecht zur
Anwendung, da dieser das Objekt erst erworben habe, als es bereits fertiggestellt gewesen
sei.
Überdies habe das Landgericht überhaupt nicht aufgezeigt, inwieweit Mängel des streitgegenständlichen
Objekts vorlägen. So habe die Klägerseite bereits das BauSoll nicht dargelegt
und das Landgericht ein solches Bau-Soll nicht in das Verhältnis zu den festgestellten Zuständen
gesetzt. Der bloße Verweis auf ein Sachverständigengutachten und darin aufgeführte
Baumängel sei insoweit nicht ausreichend.
Den Klägern zu 2) und zu 3) stehe kein Anspruch auf Minderung in Höhe von 5.800,- € zu.
Wenngleich es zutreffend sein möge, dass die Treppenanlagen in ihrer Wohnung nicht die
notwendige Durchgangshöhe von 2 m gemäß der DIN 18065 erreichten, so habe der Sachverständige
SV1 in seinem Gutachten eine Minderung in Höhe von insgesamt 2.320,- € ermittelt.
Soweit er im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerläuterung eine andere Auffassung
vertreten habe, habe er keinerlei Angaben dazu getätigt, weshalb dies der Fall sei. Gleiches
gelte im Hinblick auf die Treppe, soweit dem Kläger zu 6) insoweit ein Minderungsanspruch
in Höhe von 2.900,- € zugesprochen worden sei, insoweit habe der Sachverständige
in seinem schriftlichen Gutachten einen Minderungsbetrag in Höhe von 1.740,- € für zutreffend
erachtet. Den Klägern zu 2) bis zu 6) stehe auch kein Minderungsanspruch wegen eines
vermeintlich mangelhaften Schallschutzes zu. Zwar habe der Sachverständige SV2 schalltechnische
Mängel festgestellt, allerdings habe das Landgericht auch insoweit wiederum keinen
Vergleich des geschuldeten Bau-Solls gegenüber dem Bau-Ist vorgenommen, weshalb
auch insoweit bereits keine überprüfbare Feststellung dahingehend vorliege, dass es sich um
einen Mangel handele. Zudem habe das Landgericht nicht ansatzweise dargelegt, wie es zu
der Erkenntnis gelangt sei, die Minderung für den vermeintlich nicht gegebenen Schallschutz
sei mit 7,3 % der gesamten Erwerbskosten zu beziffern. Schließlich befänden sich in dem Urteil
keinerlei Ausführungen, weshalb den Klägern zu 4) und zu 5) Zinsen in Höhe von 7,98 %
p.a. abzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 58.225,85 €
zustünden.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen, und verteidigen das angefochtene Urteil.
Auf den Hinweis des Senats vom 14. Juni 2023 (Bl. 363 ff. Bd. IV d.A.) haben die Kläger mit
Schriftsatz vom 11. August 2023 (Bl. 376 f. Bd. I d.A.) mitgeteilt, dass sie jeden noch gestellten
Beweisantrag zur gerichtlichen Beauftragung von Sachverständigen zurücknähmen.
Zudem seien die Zahlungen auf die Rechnungen der Firma Y KG vom 1. Oktober 2015 und
vom 10. November 2015 als Abschläge in den Zahlungen der Schlussrechnung vom 31. Dezember
2016 enthalten.
Die Akte des Landgerichts Kassel - ... - war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird
auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
sowie die Sitzungsniederschrift vom 14. Juni 2023 2023 Bezug genommen.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 17. August 2023 (Bl. 382 Bd. III d.A.) und vom 21.
August 2023 (Bl. 384 Bd. III d.A.) ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen
Verfahren erteilt.
II.
Die fristgerecht nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils eingelegte und nach Verlängerung
der Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung des Beklagten ist zulässig
(
Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Klägerin zu 1) steht gegen den Beklagten ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von
75.242,37 €, den Kläger zu 2) und zu 3) ein Anspruch auf Minderung in Höhe von 12.181,- €
(9.861,- € + 2.320,- €), den Klägern zu 4) und zu 5) ein Anspruch auf Minderung in Höhe
von 9.861,- € sowie dem Beklagten zu 6) ein Anspruch auf Minderung in Höhe von 2.532,82
€ (792,82 € + 1.740,- €) zu, weitergehende Ansprüche bestehen nicht.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann Mängelrechte auch selbst geltend machen und
gerichtlich durchsetzen (Messerschmidt/Voit/Moufang/Koos, 4. Aufl. 2022, BGB § 635 Rn.
22). Ist Gemeinschaftseigentum betroffen, sind die einzelnen Auftraggeber Mitgläubiger, ist
nur das jeweilige Sondereigentum betroffen, ist der einzelnen Wohnungseigentümer aktivlegitimiert
(Messerschmidt/Voit/Moufang/ Koos, 4. Aufl. 2022, BGB § 635 Rn. 20).
Es kommen jeweils die Vorschriften des Werkvertragsrechts zur Anwendung.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 17. September
1987 - VII ZR 153/86 -,
21. Dezember 2006 - 8 U 149/06 -, Rn. 48, juris) richten sich etwaige Ansprüche des Erwerbers
aus Mängeln an neu errichteten Häusern oder Eigentumswohnungen grundsätzlich nach
Werkvertragsrecht, wenn deren Errichtung nicht zu lange zurückliegt (BeckOGK/Rast,
1.4.2023, BGB § 639 Rn. 84; BGH
Werkvertragsrecht). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits
fertig gestellt war und die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer
und Verkäufer bezeichnet haben. Entscheidend ist allein, dass sich aus dem Inhalt derartiger
Verträge, aus ihrem Zweck und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie aus der Interessenlage
die Verpflichtung des Veräußerers zu mangelfreier Errichtung des Bauwerks ergibt.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Hinsichtlich der Beklagten zu 4) und zu 5) wurde der
notarielle Vertrag am 16. März 2010 geschlossen, der Einzug erfolgte im Februar 2010, der
notarielle Vertrag mit den Beklagten zu 2) und zu 3) wurde am 24. Juli 2009 geschlossen,
der Einzug erfolgte im März 2010. Der Kläger zu 6) erwarb am 16. März 2010 mit Einzug im
September 2010. Die bei der Akte befindlichen Baupläne stammen aus Mai 2009. Es sind keine
Anhaltspunkte ersichtlich und auch vom Beklagten nicht behauptet, dass einer der Verträge
erst zwei Jahre oder sogar später nach jeweiliger Errichtung geschlossen worden wäre.
Die allein in den notariellen Verträgen mit den Klägern zu 2) und zu 3) bzw. den Klägern zu
4) und zu 5) enthaltenen formelhaften Ausschlüsse/ Einschränkungen der Gewährleistung für
Sachmängel sind auch in einem notariellen Individualvertrag, auch dann, wenn die Regelungen
vom nicht durch den Bauträger hinzugezogene Notar stammen, gemäß § 242 BGB unwirksam,
wenn die Freizeichnung nicht mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über
die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.
September 1987 - VII ZR 153/86 -,
Urteil vom 21. Dezember 2006 - 8 U 149/06 -, Rn. 49, juris; Kniffka/Koeble, Teil 10
Formen des Bauens und Vertragsarten; Baumodelle und Bauträgervertrag Rn. 232-236,
beck-online m. w. N.). Genauso liegt der hier zu entscheidende Fall. Es handelt sich nicht nur
im Klauseln, wie sie üblicherweise in Formularverträgen zu finden sind, die mangels entsprechender
Anhaltspunkte nicht auf einen Individualvertrag zugeschnitten sind, vielmehr hat
auch der Beklagte nicht behauptet oder ist anderweitig erkennbar geworden, dass eine „eingehende
Erörterung ihrer einschneidenden Rechtsfolgen“ nebst Belehrung der Erwerber erfolgt
ist.
Der Beklagte ist mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Juni 2011 unter Fristsetzung bis Ende
September 2011 erfolglos zur Nacherfüllung aufgefordert worden; zudem hat der Beklagte
ausweislich seines Prozessverhaltens - er hat sämtliche Mängel stets in Abrede gestellt - eine
Nacherfüllung letztlich ernsthaft und endgültig verweigert. Jedenfalls gerät der Schuldner
durch die Mahnung eines Gläubigers allen gegenüber in Verzug (MüKoBGB/Heinemeyer, 9.
Aufl. 2022, BGB § 432 Rn. 1; BeckOK BGB/Gehrlein, 66. Ed. 1.5.2023, BGB § 432 Rn. 6).
Im Einzelnen:
Der Klägerin zu 1) steht gegen den Beklagten aus §§ 634 Nr. 2, 633, 637 Abs. 1 BGB ein Anspruch
auf Schadensersatz in Höhe von 75.242,37 € zu.
Im Ausgangspunkt auszugehen ist, nachdem die Kläger mit Schriftsatz vom 11. August 2023
im Berufungsverfahren klargestellt haben, dass insoweit allein noch Kosten aus der Schlussrechnung
der Fa. Y vom 31. Dezember 2016 unter Berücksichtigung eines Rabatts von
13,78% (18.306,83 €) begehrt werden, allein noch von einem Betrag in Höhe von
114.500,01 € brutto (132.806,84 € - 18.306,83 €).
Die Werkleistungen des Beklagten am Gemeinschaftseigentum waren nach Maßgabe des
Bau-Solls, welches sich unter Berücksichtigung der Baubeschreibung (Bd. I Bl. 187 ff. d.A.) -
u. a. anspruchsvoll gestaltete Stadtvilla mit drei exklusiven Eigentumswohnungen - ergibt,
wobei der Beklagte seine Leistungen schlüsselfertig angeboten hat, sodass dem Leistungsumfang
jedenfalls eine Standardausführung zugrunde liegt (vgl. MüKo/Busche, 6. Aufl.,
2012, § 631, Rn. 230), und sich die Mängel gerade auf erbrachte Gewerke (z. B. Drainage,
Drainplatten, Treppenanalage zum Heizungskeller, Lichtschächte) beziehen, unter Berücksichtigung
der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen SV1
(geprüfter Bausachverständiger für Schäden an Gebäuden) teilweise mangelhaft. Die Klägerin
zu 1) musste zur Mangelbeseitigung erforderliche Kosten in Höhe von 87.267,88 € brutto
(= 73.334,35 € netto) aufwenden. Abzüglich des erhaltenen Rabatts durch die Y KG in Höhe
von 13,78 %, den sich die Klägerin zu 1) anrechnen lässt, ergibt sich ein Betrag in Höhe von
75.242,37 € brutto.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, da diese Positionen nicht einer Mangelbeseitigung
zuzuordnen gewesen und durch das Landgericht bereits abgewiesen worden sind, die
Positionen 01.08., 01.09, 01.09.01, 02.04., 09.05. (in Höhe von 1.000,- € netto), 09.08.,
09.09., 10.06., 10.19. sowie 10.20. in Höhe von 6.511,75 brutto (= 5.472,06 € netto).
Der Senat geht unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen SV1 davon
aus, dass u. a. der Drainageschacht undicht gewesen ist, was auf eine fehlende Abdichtung
zwischen den Betonringen zurückzuführen ist. Die KMB-Beschichtung ist teilweise vollständig
von den vorgestellten Drainplatten verdrängt worden, so dass eine ausreichende Schichtdicke
nicht mehr gegeben war, wobei Ursache eine nicht ausreichende Durchtrocknung der KBMBeschichtung
vor dem Anbringen der Drainplatten und der Verfüllung mit Erdreich gewesen
ist. Gleichzeitig haben sich die Drainplatten nach unten auf den Fundamentvorsprung verschoben
und dort die Beschichtung von der Hohlkehle und dem Fundamentvorsprung abgeschoben,
so dass keine ausreichende Schichtdecke mehr gegeben war, um dem anstehenden
Wasserdruck standzuhalten. Zudem lag der Entwässerungshorizont der Drainage teilweise
oberhalb der Oberkante der Bodenplatte des Kellers, was zu zusätzlichen Feuchtebelastungen
in diesem Bereich führte. Daneben waren die senkrechten Drainplatten ca. 30 cm am Fußpunkt
in die horizonale Kiespackung einzubinden, wobei vorliegend nur 5 cm möglich gewesen
sind. Da auch kein filterstabiler Kies eingebaut wurde, hätte ein Filterkies um die Kiespackung
geführt werden müssen. Insgesamt entsprach die ausgeführte Drainage nicht den Anforderungen
der DIN 4095. Das Gebäude musste daher komplett aufgegraben und die Drainageplatten
sowie die Drainage ausgebaut werden, um sodann nach den anerkannten Regeln
der Technik Drainage und Drainplatten einzubauen. Zudem war der Kellerfußboden aufzustemmen
und an die horizontale Abdichtung anzuschließen und eine Abdichtung bis zur horizontalen
Mauerwerksabdichtung zu führen, um eine Durchfeuchtung der ersten Steinlage
nach innen zu verhindern. Die Treppenanlage außen zum (Heizungs-)Keller war nicht fertig
gestellt. Es befand sich lediglich eine nicht fertig gestellte KMB-Dickbeschichtung auf dem
Rohbaumauerwerk, die ungeschützt und nicht UV-stabil gewesen ist. Aufgrund der zum Zeitpunkt
der Begutachtung eingetretenen weiteren erheblichen Schäden bedurfte es eines Neubaus
dieser Treppenanlage. Am Abgang fehlte ein
Ablauf sowie ein Anschluss an die umlaufende Drainage. Auch der Lichtschacht im Bereich
des Heizungs- und Solarraums war nicht zur Drainage hin entwässert, so dass es mehrfach
zu einem Überlaufen in den Kellerraum gekommen war. Im Zusage der Außenwandsanierung
war der Lichtschacht mir den anderen Lichtschächten fachgerecht zusammen mit einer Rohrverbindung
an die Drainage anzuschließen. Gleichfalls waren sämtliche Lichtschächte fehlerhaft
isoliert.
Das Gutachten des Sachverständigen SV1 ist nachvollziehbar, in sich widerspruchsfrei und in
jeder Hinsicht überzeugend. Der Sachverständige hat das Bauwerk und die Örtlichkeiten persönlich
in Augenschein genommen, die erforderlichen Vermessungen durchgeführt und ist sodann
unter Darlegung seiner Erkenntnisquellen zu einem detailliert begründeten Ergebnis gelangt.
Soweit durch das erstinstanzliche Gericht bzw. die Parteien Ergänzungsbedarf gesehen
wurde, hat der Sachverständige im Rahmen seines schriftlichen Ergänzungsgutachtens sowie
der mündlichen Erläuterung klarstellend ausgeführt, ohne hiermit seine bis dahin getroffenen
Feststellungen nachhaltig selbst in Zweifel zu ziehen oder maßgeblich einzuschränken. Auch
die Parteien haben keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der sachverständigen
Ausführungen vorgebracht. In fachlicher Hinsicht ist der Sachverständige dem Senat aus einer
Vielzahl an Begutachtungen als besonders bewährt und geeignet bekannt. Nach allem
wird dem Gutachten nach Überprüfung beigetreten.
Der Sachverständige SV1 hat des Weiteren überzeugend und nachvollziehbar bestätigt, dass
mit Ausnahme der Positionen - neben weiteren den Positionen 01.08., 01.09, 01.09.01,
02.04., 09.05. (in Höhe von 1.000,- € netto), 09.08., 09.09., 10.06., 10.19. sowie 10.20. (s.
o.) - 05.01. bis 05.06, 09.06., 09.06.01, 09.07., 09.12., 09.14., 10.03.,10.07., 10.08. und
10.09. sämtliche weiteren in der Rechnung der Y KG vom 31. Dezember 2016 angeführten
Kostenpositionen, die eine Gesamtsumme in Höhe von 73.334,35 € netto (ohne Rabattabzug)
ergeben, erforderlich gewesen sind, um die vorhandenen Schäden zu beseitigen.
Erforderlich sind diejenigen Aufwendungen, welche der Auftraggeber als vernünftiger und
wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen
halten durfte, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln
muss (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 119/10,
2013, 430 m.w.N.). Der Auftraggeber hat die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren
Kosten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wobei an die Darlegung grundsätzlich
keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Zum Vortrag gehört eine nachvollziehbare
Abrechnung der Mängelbeseitigungsaufwendungen. Der Auftragnehmer muss in die Lage versetzt
werden, die abgerechneten Arbeiten daraufhin zu überprüfen, ob sie erforderlich waren
(vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2015 - VII ZR 220/14 -, Rn. 83, juris; Kniffka in Kniffka/Koeble,
Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 213). Ist die Beauftragung eines Dritten
erforderlich, so muss der Besteller nicht im Interesse des säumigen Unternehmers besondere
Anstrengungen unternehmen, um den kostengünstigsten oder einen besonders preisgünstigen
Drittunternehmer zu finden (Messerschmidt/Voit/Moufang/Koos, 4. Aufl. 2022, BGB
§ 637 Rn. 20 m. w. N.). Vielmehr darf der Besteller grundsätzlich darauf vertrauen, dass der
Preis des beauftragten Drittunternehmers angemessen ist. Dagegen ist ein etwaiges Vertrauen
darauf, der Drittunternehmer werde nur der Mängelbeseitigung dienende Arbeiten durchführen,
nicht geschützt (BGH, Urteil vom 25. Juni 2015 - VII ZR 220/14 -, Rn. 84, juris).
Diese Maßstäbe berücksichtigend sind insbesondere unter Berücksichtigung des Vorbringens
des Beklagten allein nachfolgende Positionen aus der Rechnung der Y KG erstattungsfähig:
Aus den Ausführungen des Sachverständigen SV1 in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten
vom 24. April 2014, Seite 11 folgt, dass aufgrund der Vielzahl der vorhandenen Mängel,
wie z. B. die Undichtigkeiten im Keller, ein Fachingenieur mit der Baubetreuung zu beauftragen
sei, wobei die Kosten mit ca. 10 % der Sanierungskosten zu veranschlagen sei. Die übrigen
unter Position 01 der Rechnung angeführten Positionen - soweit diese nicht bereits durch
das Landgericht in Abzug gebracht worden sind (s. o.) - sind nach dessen Ausführungen
ebenfalls zur Beseitigung erforderlich.
Mit Ausnahme der Position 02.04., welche bereits durch das Landgericht in Wegfall geraten
ist, sind sämtliche Positionen unter den Positionen 02 (Erdarbeiten), 03 (Drainagearbeiten),
04 (Abdichtungsarbeiten) der Rechnung vom 31. Dezember 2016 erstattungsfähig. So hat
der Sachverständige SV1 u. a. in seinem Ergänzungsgutachten vom 30. April 2020, S. 5 ausgeführt,
dass die im Schriftsatz des Klägers vom 11. Dezember 2017, S. 2 unter I. 2. „Keller
außen“ aufgeführten Arbeiten, welche insbesondere die Positionen 2 - 4 (aber auch die dort
angeführten Positionen 10 und 11) umfassten, zur Beseitigung der vorhandenen Schäden
und Mängel - insbesondere der äußeren Abdichtung der Außenwände - erforderlich gewesen
seien.
Hingegen ist die in der Rechnung vom 31. Dezember 2016 enthaltene Position 05 (Abbrucharbeiten
05.01. - 05.06.) vollumfänglich nicht erstattungsfähig. Auf den Hinweis des Senats
vom 14. Juni 2023, dass es insoweit an ausreichendem Sachvortrag im Hinblick auf eine Erforderlichkeit
unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen SV1 in seinen
Gutachten vom 23. April 2013, S. 38f, 78f., vom 24. April 2014, S. 51f., vom 30. April 2020,
S. 9f. sowie seiner mündlichen Gutachtenerläuterung vom 12. Januar 2021 (Bl. 225 f. Bd. III
d.A.) fehle und zudem eine Zuordnung der angeführten Positionen 05.01 bis 05.06 zu den
Gutachten des Sachverständigen SV1 bereits auch nicht ausreichend dargetan sei, hat die
Klägerin zu 1) keinen weiteren Sachvortrag mehr gehalten und insbesondere auf einen weiteren
Sachverständigenbeweis ausdrücklich verzichtet. Damit hat die Klägerin zu 1) auch auf
etwaige in diesem Zusammenhang bislang unberücksichtigt gebliebene und unter Sachverständigenbeweis
gestellte Beweisfragen verzichtet. So hat der Sachverständige im Rahmen
seiner mündlichen Gutachtenerläuterung am 12. Januar 2021 u. a. ausgeführt, dass er ein
etwaiges Gründungsproblem im Hinblick auf die Haupttreppe nicht untersucht habe und er
weitere Untersuchungen hätte durchführen müssen. Zudem ist ein Vertrauen darauf, der
Drittunternehmer werde nur der Mängelbeseitigung dienende Arbeiten durchführen, nicht geschützt.
Die Position 07. „Regie- und Tagelohnarbeiten“ (07.01. - 07.04.01.) aus der Rechnung vom
31. Dezember 2016 ist nachvollziehbar und vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden.
Im Hinblick auf die Positionen 09 (Zusatzarbeiten) und 10 (Zusatzarbeiten Firma Z) sind die
Positionen 09.01., 09.02., 09.03., 09.03.01., 09.03.02., 09.03.03., 09.03.04, 09.04., 09.05.
(im Umfang von 3.102,28 € netto), 09.10., 10.01., 10.02., 10.04., 10.05.,10.10., 10.11.,
10.13., 10.14., 10.15. und 10.18. erstattungsfähig. Dies folgt aus den Ausführungen des
Sachverständigen SV1, insbesondere in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 30.
April 2020, S. 5 (s. o. zur Position 02).
Nicht erstattungsfähig sind die Positionen 09.06, 09.06.01, 09.07, 09.12, 09.14, 10.03.,
10.07., 10.08 und 10.09, nachdem die Klägerin zu 1) auf den Hinweis des Senats vom 14.
Juni 2023 keinen ergänzenden Sachvortrag mehr gehalten und auf weiteren Sachverständigenbeweis
verzichtet hat; auf die Ausführungen im Hinblick auf die Position 05 „Abbrucharbeiten“
wird Bezug genommen. Bezüglich Position 09.12 ist zudem eine Zuordnung zum
Mangel IV.7 (Hausputz) gemäß dem Schriftsatz der Klägerin zu 1) vom 11. Dezember 2017,
S. 5 (Bl. 225 Bd. II d. A.) sowie zu den Sachverständigengutachten vom 23. April 2013,
S. 20 sowie vom 24. April 2014, S. 26 auch nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die Positionen
10.07.- 10.09. erschließt sich unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen
SV1 in seinem Ergänzungsgutachten vom 30. April 2020, S. 4 zudem bereits nicht, weshalb
der Schacht komplett abgebrochen und erneuert werden musste.
Die Erforderlichkeit der Position 09.11. „Zusatzarbeiten“ ergibt sich aufgrund den Ausführungen
des Sachverständigen vom 12. Januar 2021, dass die Zinkrinnen bei Ausführung durch
den Beklagten geschuldet gewesen sind. Gleiches gilt im Hinblick auf die Position 09.13., es
handelt sich insbesondere nicht um Sowiesokosten, da diese Kosten (Montage eines zuvor
demontierten Vordaches mit Glas) bei einer gebrauchstauglichen Herstellung nicht zusätzlich
entstanden wären (vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten vom 30. April 2020, S. 15; Protokoll
vom 12. Januar 2021, S. 6). Die Positionen 10.12., 10.16. und 10.17. sind ebenfalls erforderlich,
insbesondere handelt es sich nicht um Sowieskosten. Mit der Position 10.12. wurden
die notwendigen provisorischen Ableitungen aus dem Arbeitsraum heraus zur Vermeidung
von Wassereindrang geltend gemacht, die Arbeiten stehen im Zusammenhang mit der
Sanierung der Abdichtung der Außenwände (vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten vom 30.
April 2020, S. 11). Gleiches gilt für die Position 10.16., ausweislich derer die vorher abgeräumten
Pflanzsteine für den Lichthof der Souterrainwohnung auf dem Fundament wieder
neu verlegt worden sind. Diese Kosten wären bei einer gebrauchstauglichen Herstellung nicht
„sowieso“ entstanden. Diese Arbeiten standen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Arbeiten
zur Sanierung der mangelhaften Abdichtung der Außenwände (vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten
vom 30. April 2020, S. 8). Nichts anderes gilt unter Berücksichtigung der
Ausführungen des Sachverständigen SV1 im Hinblick auf die Position 10.17., mit der das Plenum
für die noch nicht eingebauten Pflastersteine nach dem Verfüllen des Arbeitsraumes vor
der Außenwand nach deren Abdichtung hergestellt und die Bordsteine vor Aufnahme des
Pflasters gesetzt worden sind (vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten vom 30. April 2020,
S. 8).
Bemisst sich der Aufwendungsersatzanspruch - wie vorliegend - nach den an einen Drittunternehmer
zu zahlenden Kosten, so umfasst er bei einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten
Besteller die auf den Rechnungs-Nettobetrag entfallende Mehrwertsteuer (vgl. Messerschmidt/
Voit/Moufang/Koos, 4. Aufl. 2022, BGB § 637 Rn. 28).
Soweit die Klägerin zu 1) in ihrem Schriftsatz vom 11. August 2023 im Hinblick auf die Hinweise
des Senats vom 14. Juni 2023 anführt, es sei übersehen worden, dass der Zeuge Vorname1
Y - mit Ausnahme der Position 9.08 der Rechnung vom 31. Dezember 2016 - bekundet
habe, sämtliche übrigen Positionen der Rechnung betreffe Mängelbeseitigungsmaßnahmen,
was überdies auch das Ergebnis der mündlichen Erläuterung des Sachverständigen SV1
vom 12. Januar 2021 gewesen sei, geht dies fehl. Im Hinblick auf die gutachterlichen Ausführungen
wird auf die Darlegungen im Hinblick auf die nicht erstattungsfähigen Positionen Bezug
genommen (s. o.), auf eine weitere sachverständige Klärung haben die Kläger im Schriftsatz
vom 11. August 2023 ausdrücklich verzichtet. Die Bekundungen des Zeugen Y genügen
vor dem Hintergrund der Hinweise des Senats vom 14. Juni 2023 bereits nicht, weil diese
weder ergänzenden klägerischen Sachvortrag noch erforderliche ergänzende Begutachtungen
durch einen Sachverständigen ersetzen können. Überdies steht einem Zeugen, der sich lediglich
zu Tatsachenfragen äußert, die Beurteilung, ob es sich um erforderliche Aufwendungen
im Sinne des
des Hinweises vom 14. Juni 2023 bereits weiteren Sachvortrags der Klägerin
zu 1) bedurft hätte.
Rechnerisch ergibt sich ein Betrag ein Betrag in Höhe von 87.267,88 € brutto (73.334,35 €
netto); abzüglich eines Rabatts in Höhe von 13,78 % ergibt sich ein Zahlungsbetrag in Höhe
von 75.242,37 € brutto.
Ein Anspruch der Kläger zu 2) und zu 3) als Mitgläubiger sowie der Kläger zu 4) und zu 5) als
Mitgläubiger in Höhe von je 9.861,- € sowie des Klägers zu 6) in Höhe von 792,82 € gegen
den Beklagten auf Minderung wegen unzureichenden Schallschutzes ihrer jeweiligen Wohnungen
besteht aus
Der Beklagte hat unter Berücksichtigung der den notariellen Verträgen zu Grunde liegenden
Baubeschreibung - u. a. anspruchsvoll gestaltete Stadtvilla mit drei exklusiven Eigentumswohnungen
- einen Schallschutz geschuldet, der ein erhöhtes, die Anforderungen der DIN
4109 übersteigendes Maß erfordert. Die DIN 4109 soll nach den Ausführungen des Sachverständigen
SV2 - öffentlich und bestellter Sachverständiger für technische Akustik / Schallschutz
- Menschen in Aufenthaltsräumen vor unzumutbaren Belastungen schützen.
Der Sachverständige SV2 hat in seinen schriftlichen Gutachten vom 6. April 2016 (Bl. 84 ff.
Bd. II d. A.) und vom 7. März 2017 (Bl. 161 ff. Bd. II d.A.) dargelegt, dass bei den Wänden
(EG bzw. OG /DG), den Geschoss-Decken (Stein-/ Fliesenbelag), den Treppenanlagen mit
hartem Belag, der Abwasserinstallation (WC in Wohnung 3 der Kläger zu 4) zu 5)/ DG) und
bei den Jalousien die vorgefundenen Werte von den Zielwerten so stark abwichen, dass diese
als erhebliche Belästigung und damit als wesentlich anzusehen seien. Allein die Luftschall-
Dämmung der Geschossdecken und die Trittschalldämmung von Fußböden mit Parkett oder
ähnlichem Belag genüge den gestellten Anforderungen. Das Gutachten des Sachverständigen
SV2 ist nachvollziehbar, in sich widerspruchsfrei und in jeder Hinsicht überzeugend. Der
Sachverständige hat das Bauwerk und die Örtlichkeiten persönlich in Augenschein genommen,
die erforderlichen Messungen durchgeführt und ist sodann unter Darlegung seiner Erkenntnisquellen
zu einem detailliert begründeten Ergebnis gelangt. Die weitergehenden Feststellungen
des Landgerichts zur Bauausführung der Wände, der Fußböden, Treppen, Abwasserinstallation
sowie Rollläden und damit einhergehenden unzureichender Schalldämmung
sowie damit einhergehender Ausgleichsmaßnahmen hat der Beklagte mit der Berufung unangegriffen
gelassen, überdies kann insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (UA
S. 17 3. Absatz - S. 18 1. Absatz) verwiesen werden.
Die Berechnung der Höhe einer Minderung erfolgt gemäß § 638 Abs. 3 BGB, indem der vereinbarte
Kaufpreis um das Verhältnis herabgesetzt wird, um das das mangelhafte Werk gegenüber
einem mangelfreien Werk im Wert herabgesetzt ist. Die geminderte Vergütung X ergibt
sich danach aus der Formel Verkehrswert bei Mangelfreiheit: Verkehrswert mit Mängeln
= vereinbarter Werklohn : geminderter Werklohn. Diese Formel aufgelöst zum geminderten
Werklohn X ergibt die Formel X = vereinbarter Werklohn x Verkehrswert des mangelhaften
Werks : Verkehrswert eines mangelfreien Werks (BeckOGK/Rast, 1.4.2023, BGB § 638 Rn.
63). Es genügt, wenn die Minderung gem. § 287 ZPO i. V. m.
Schätzung ermittelt wird, wenn - wie vorliegend der Fall - ausreichende Schätzungsgrundlagen
vorliegen (vgl. BeckOGK/Rast, 1.4.2023, BGB § 638 Rn. 69). Bei der Bemessung des
Wertes der vertragsgemäßen Leistung (Sollwert) kann vorliegend davon ausgehen werden,
dass dieser dem Wert der vereinbarten Vergütung - hier die in den notariellen Verträgen vereinbarten
Kaufpreiszahlungen in einer Gesamthöhe von 405.000,- € - entspricht (vgl.
BeckOGK/Rast, 1.4.2023, BGG § 638 Rn. 73). Bei Wohnflächenabweichungen kann die Minderung
nach dem Verhältnis der Sollgröße der Wohnfläche zu ihrer Istgröße bestimmt werden
(BeckOK BGB/Voit, 66. Ed. 1.11.2022, BGB § 638 Rn. 7).
Vorliegend hat der Sachverständige SV2 die Abweichungen von den Zielwerten, welche nicht
durch eine Ertüchtigung, sondern monetär durch eine Minderung ausgeglichen werden können,
wie folgt festgestellt:
Wohnung 1 des Klägers zu 6): betroffen sind 12 qm (Minderungskoeffizient 20%) = 2,40 qm
(12 x 20 :100),
Wohnung 2 der Kläger zu 2) und zu 3): betroffen sind 12 qm (Minderungskoeffizient 5%) =
0,6 qm (12 x 5 :100) und 215 qm (Minderungskoeffizient 20%) = 43 qm (215 x 20 :100) =
gesamt 43,60 qm,
Wohnung 3 der Kläger zu 4) und zu 5): betroffen sind 12 qm (Minderungskoeffizient 5%) =
0,6 qm (12 x 5 :100) und 215 qm (Minderungskoeffizient 20%) = 43 qm (215 x 20 :100) =
gesamt 43,60 qm,
Der Gesamtwohnfläche nebst Keller von 554,80 qm (140 qm + 153,86 qm + 133,85 qm +
127,09 qm) entsprechend der vorgelegten Wohn- und Nutzflächenberechnung (Bl. 171 f. Bd.
I d.A.) steht eine bemakelte Fläche von 89,60 qm (2,40 qm + 43,60 qm + 43,60 qm) gegenüber.
Daraus folgt eine zu mindernde Fläche von 16,15 %. Bezogen auf einem Gesamtkaufpreis
in Höhe von 405.000,- € ergibt sich rechnerisch ein Betrag in Höhe von 65.407,50 € für
diese Fläche. Soweit das Landgericht bezogen auf die gesamten Erwerbskosten einen Betrag
in Höhe von 29.583,- € bei einer rechnerischen Minderungsquote von 7,3 % errechnet hat,
ist dies vor diesem Hintergrund und des Verbots einer Schlechterstellung des Berufungsführers
(vgl. dazu Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 528 ZPO, Rn. 24)
im Ergebnis nicht zu beanstanden und wirkt sich vorliegend allein zu Lasten der Kläger zu 2)
bis zu 6) aus, welche das landgerichtliche Urteil nicht angefochten haben.
Denn entsprechend des Hinweises des Senats, dem die Kläger zu 2) bis zu 6) nicht mehr entgegengetreten
sind, ergibt sich ein Minderungsbegehren der jeweiligen Eigentümer der Wohnungen
allein im Hinblick auf eine eigene (Flächen-)Beeinträchtigung entsprechend ihres eigenen
Wohnungsanteils. Der Kläger zu 6) ist bezogen auf die beeinträchtigte Gesamtwohnfläche
von 89,60 qm mit 2,40 qm (= 2,68 %) betroffen, die Kläger zu 2) und zu 3) sowie die
Kläger zu 4) und zu 5) mit jeweils 43,60 qm (= 48,66 %). Bezogen auf einen Gesamtminderungsbetrag
in Höhe von 29.583,- € entfallen auf den Kläger zu 6) 792,82 € (2,68 % von
29.583,- €), auf die Kläger zu 2) und zu 3) sowie die Kläger zu 4) und zu 5) jeweils
14.395,09 € (48,66 % von 29.583,- €). Da es § 528 ZPO verbietet, das Urteil zum Nachteil
des Berufungsführers abzuändern, weil der Rechtsmittelführer davor geschützt ist, dass er
auf sein eigenes Rechtsmittel hin über die mit der angegriffenen Entscheidung vorhandene
Beschwer hinaus weiter beeinträchtigt wird, kommt eine Verurteilung des Beklagten betreffend
die Kläger zu 2) und zu 3) sowie die Kläger zu 4) und zu 5) über einen Betrag in Höhe
von 9.861,- € - wie durch das Landgericht geschehen - hinausgehend nicht in Betracht.
Wegen mangelhaften Treppen steht den Klägern zu 2) und zu 3) gegen den Beklagten ein
Anspruch auf Minderung als Mitgläubiger in Höhe von 2.320,- € sowie dem Kläger zu 6) in
Höhe von 1.740,- € aus
Nach den vom Beklagten insoweit unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Landgerichts
erreichen die beiden Treppenanlagen im oberen Wohnraum sowie im Kellerabgang zum Souterrain
in der Wohnung der Kläger zu 2) und zu 3) teilweise jeweils nicht die notwendige
Durchgangshöhe von 2 m gemäß der DIN 18065, was einen zur Minderung berechtigenden
Mangel darstellt. Der Sachverständige SV1 hat unter Berücksichtigung des Herstellungswertes
der beiden Treppen von 2 x 2.900,- €, einer Zuordnung der sicheren Begehbarkeit von 80
% und einer deutlichen Beeinträchtigung von 50 % unter Berücksichtigung der anerkannten
Zielbaummethode (vgl. dazu Ganten/Kindereit Baumängel, 1. Teil. E. Kriterien zur Bemessung
einer Wertminderung Rn. 23, beck-online m. w. N.) eine Minderung in Höhe von 2.320,-
€ (2 x 2.900,- € x 0,8 x 0,5) errechnet, welche vorliegend zu Grund zu legen ist. Soweit der
Sachverständige - abweichend von seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 24. April
2014, S. 44 f. - im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerläuterung am 12. Januar 2021 ohne
weitere Begründung - auch anderweitige belastbarer Umstände sind nicht erkennbar -
auch eine (höhere) Minderung in Höhe von jeweils 2.900,- € pro Treppenaufgang bejaht hat,
hat er eine tragfähige Begründung, die das Landgericht in den Stand gesetzt hätte, darauf eine
Minderung nach § 287 ZPO zu schätzen, nicht vorgebracht. Auf den Hinweis des Senats,
dass unter Berücksichtigung der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen SV1 in
seinem schriftlichen Gutachten vom 24.04.2014 ein Minderungsbegehren der Kläger zu 2)
und zu 3) in Höhe von 5.800,- € zweifelhaft sei, haben die Kläger zu 2) und zu 3) im nachfolgenden
Schriftsatz nicht nur auf eine weitere Begutachtung verzichtet, sondern zudem vorgebracht,
dass eine Anpassung durch den Senat vorgenommen werden solle.
Gleichfalls steht dem Kläger zu 6) ein Minderungsanspruch wegen einer zu steilen Hausflurtreppe
in seinem Wohnbereich (Treppe im Souterrainbereich) in Höhe von (lediglich) 1.740,-
€ unter Berücksichtigung der oben genannten Maßstäbe zu. Die tatsächlich vorhandene Steigung
zwischen 22 und 24 cm entspreche nicht der DIN 18065, die Toleranzen von 5 mm zwischen
den Nennmaßen der einzelnen Stufen werde zum Teil überschritten und die die lichte
Durchgangshöhe betrage 1,89 m, was der DIN 18065 nicht entspreche. Auch diese Feststellungen
des Landgerichts hat der Beklagte unangegriffen gelassen. Nach der Zielbaummethode
hat der Sachverständige bei einem zugrunde liegenden Herstellungswert der Treppe von
2.900,- €, einer Zuordnung der sicheren Begehbarkeit von 80% und einer sehr hohen Beeinträchtigung
von 75% eine Minderung in Höhe von 1.740,- € (2.900,- € x 0,8 x 0,75) errechnet
(vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten vom 24. April 2014, S. 23 f.). Anhaltspunkte für
eine Minderung in Höhe von 2.900,- € sind durch den Sachverständigen nicht belegt, im Übrigen
geltend die Ausführungen zum Verzicht auf eine weitere Begutachtung entsprechend
der obigen Ausführungen auch für den Kläger zu 6).
Den Klägern zu 4) und zu 5) steht aus § 280 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. §§ 286, 288 Abs. 4 BGB
auch ein Anspruch auf Ersatz des ihnen entstanden Verzugsschadens zu (vgl. dazu Jauernig/
Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB § 288 Rn. 9), nachdem sie mit den übrigen Klägern die Firma Y
KG mit der Ersatzvornahme beauftragten und in diesem Zusammenhang bei der Bank2 eG -
beginnend ab dem 1. Juli 2015 bis zum 1. Juni 2022 (vgl. Kreditbedingungen gemäß Kreditvertrag
vom 28. April 2015 (Bl. 53 f. Bd. III d.A.) - einen Kreditvertrag aufnehmen mussten,
um ihren „1/3-Anteil“ entsprechend der getroffenen Abrede im Innenverhältnis der Kläger
mit der Y KG gegenüber dieser begleichen zu können.
Der Gläubiger kann Kosten eines Kredits ersetzt verlangen, auf dessen Inanspruchnahme er
infolge der verzögerten Leistung durch den Schuldner angewiesen ist. Soweit der Zinssatz
den Verzugszins übersteigt, ist er als Verzugsschaden zu ersetzen (BeckOGK/Dornis,
1.10.2022, BGB § 286 Rn. 310). Auch bei Privatgläubigern spricht die Lebenserfahrung für
den Anschein der Kausalität zwischen Verzug und Kreditaufnahme (BeckOGK/Dornis,
1.10.2022, BGB § 286 Rn. 312). Vor diesem Hintergrund ergibt sich ein weiterer Zinsschaden
der Kläger zu 4) und zu 5) in Höhe von 7,98 % abzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 25.080,79 € seit dem 1. Juli 2015 bis zum 1. Juni
2022. Der effektive Jahreszins ist zwischen den Parteien unstreitig, der Senat ist an die Feststellungen
des Landgerichts gebunden, überdies ist der Beklagte auch dem Vorbringen der
Kläger zu 4) und zu 5) zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten. Zu Grunde zu legen ist allerdings
allein ein Betrag in Höhe von 25.080,79 € (75.242,37 € : 3) statt 48.364,86 €. Da die
Kläger zu 4) und zu 5) nach ihrem eigenen Vortrag eine Kreditaufnahme benötigten, um den
auf sie entfallenden 1/3-Anteil der Klägerin zu 1) an der Ersatzvornahme durch die Firma Y
beauftragen zu können, kommt ein darüber hinausgehendes Begehren der Höhe nach nicht
in Betracht und auch nicht über den 1. Juni 2022 hinausgehend, da zu diesem Zeitpunkt der
Kreditvertrag geendet hat.
Im Übrigen folgen die Zinsentscheidungen aus den
Klageschrift dem Beklagten am 29. Oktober 2014 und die Klageänderung vom 3. November
2015 diesem am 5. November 2015 zugestellt worden sind.
Die Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug beruht auf §§ 92 Abs. 1 2. Alt., 100 Abs. 1,
269 Abs. 3 S. 2 ZPO, für den zweiten Rechtszug auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 2. Alt, Abs. 2
Nr. 1, 100 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 100 Rn. 18 ff., beckonline).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1
und 2, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgerichts (
Der Wert des Streitgegenstandes für den ersten Rechtszug war unter Berücksichtigung der
teilweisen Klagerücknahmen sowie der Umstellung der Klage von Schadensersatz anhand fiktiver
Kosten auf Aufwendungsersatz unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung
des Bundesgerichthofes (Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 -,
Verlaufe des Rechtsstreits auf insgesamt 242.338,19 € festzusetzen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren war auf 183.377,57 €
(145.094,57 € + 15.661,- € + 9.861,- € + 12.761,- €) festzusetzen. Bei den von den Klägern
zu 4) und zu 5) geltend gemachten Zinsen in Höhe von 7,98 % abzüglich Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von
58.225,85 € handelt es sich um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforderung, da dieser
Anspruch von dem Hauptanspruch (vgl. Kosten der Ersatzvornahme) rechtlich abhängt und
mit diesem gemeinsam geltend gemacht worden ist,
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:18.10.2023
Aktenzeichen:15 U 228/21
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
WEG
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 242, 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1