Notarielle Fachprüfung; Neubewertung; Auswahl der Prüfer
letzte Aktualisierung: 8.7.2024
BGH, Beschl. v. 4.3.2024 – NotZ(Brfg) 2/23
BNotO §§ 7a, 7b
Notarielle Fachprüfung; Neubewertung; Auswahl der Prüfer
Ist in der notariellen Fachprüfung eine Aufsichtsarbeit wegen eines Bewertungsfehlers des Prüfers
neu zu bewerten, ist die Neubewertung aus Gründen der Chancengleichheit in der Regel durch die
ursprünglichen Prüfer vorzunehmen, soweit diese nicht als befangen anzusehen sind. Allein der
Umstand, dass einem Prüfer ein Bewertungsfehler angelastet wird, ist dabei nicht geeignet, die
Unvoreingenommenheit des Prüfers in Frage zu stellen (Anschluss an BVerwG, Beschluss vom
19. Mai 2016 – 6 B 1/16, juris Rn. 19 f.).
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Neubewertung von zwei seiner im Rahmen der
notariellen Fachprüfung erbrachten schriftlichen Leistungen.
Der Kläger nahm unter Gewährung eines Nachteilsausgleichs an der Prüfungskampagne
2021/II der von dem Beklagten durchgeführten notariellen Fachprüfung
teil. Mit Bescheid vom 6. Januar 2022 wurde ihm die Bewertung seiner
Aufsichtsarbeiten wie folgt mitgeteilt:
Klausur F 20-121: 2,50 Punkte
Klausur F 20-122: 3,00 Punkte
Klausur F 20-123: 9,00 Punkte
Klausur F 20-113: 6,00 Punkte
Zugleich stellte der Beklagte fest, dass der Kläger von der mündlichen
Prüfung ausgeschlossen sei und die notarielle Fachprüfung nicht bestanden
habe. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach Beteiligung sämtlicher
Korrektoren mit Bescheid vom 20. Mai 2022 zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich der Kläger, soweit für das
Zulassungsverfahren noch relevant, gegen die Bewertung der beiden mit weniger
als vier Punkten bewerteten Aufsichtsarbeiten. Das Kammergericht hat dem Begehren
teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Kläger nach
Neubewertung der Klausur F 20-121 unter Beachtung seiner Rechtsauffassung
(betreffend einzelne Beanstandungen des Erstkorrektors) neu zu bescheiden. Im
Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit seinen allgemeinen Einwendungen
gegen das Prüfungsverfahren könne der Kläger nicht gehört werden. Hinsichtlich
der Aufgaben 3, 4 und 5 der Klausur F 20-121 beanstande der Kläger zu Recht
einige vom Erstkorrektor angebrachte Kritikpunkte. Insoweit sei eine Neubewertung
geboten, die aber nicht durch andere Korrektoren vorzunehmen sei. Von
diesen Aufgaben abgesehen und insgesamt hinsichtlich der Klausur F 20-122
gebe die angegriffene Bewertung keinen Anlass für Beanstandungen.
Das Kammergericht hat die Berufung nicht zugelassen. Mit seinem Antrag
begehrt der Kläger die Zulassung des Rechtsmittels durch den Senat.
II.
Der Antrag ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben.
1. Die begehrte Zulassung der Berufung ist nicht aufgrund der allgemeinen
Einwendungen des Klägers gegen den Ablauf des Prüfungsverfahrens geboten.
a) Der Kläger macht geltend, der Beklagte sei ihm gegenüber voreingenommen
und habe auf unlautere Weise darauf hingewirkt, dass er als "missliebiger
Kandidat" die Prüfung nicht bestanden habe. Als Beleg benennt der Kläger
die Setzung einer aus seiner Sicht zu kurzen Frist zur Beibringung eines Gesundheitszeugnisses
für den beantragten Nachteilsausgleich aus medizinischen
Gründen, die Überprüfung seiner zur notariellen Fachprüfung zugelassenen
Hilfsmittel durch eine Klausuraufsicht ("akribisches Durchblättern der Gesetzestexte")
sowie die personelle Besetzung einer (anderen) Klausuraufsicht mit einem
Verwandten des Beklagten.
ertigen die genannten Punkte
unbeschadet der Frage ihrer rechtzeitigen Rüge (vgl. zur Ausschlussfrist des § 18
Abs. 1 NotFV Senat, Beschluss vom 16. November 2020 - NotZ (Brfg) 5/20,
Schluss, der Beklagte sei voreingenommen und habe an die Korrektoren der Aufsichtsarbeiten
"durchgestochen", dass der Kläger unerwünscht sei und durchfallen
müsse. Der Nachteilsausgleich aus medizinischen Gründen (§ 16 NotFV)
wurde antragsgemäß gewährt, nachdem der Kläger das hierfür erforderliche Gesundheitszeugnis
innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt hatte; seinen vorsorglich
gestellten Fristverlängerungsantrag hat der Kläger zurückgenommen. Die
stichprobenartige Kontrolle der mitgeführten Hilfsmittel im Sinne des § 11 Abs. 4
NotFV ist ein anerkanntes und probates Mittel zur Unterbindung und gegebenenfalls
Aufdeckung eines Täuschungsversuchs im Sinne des
zur Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge geboten (vgl. Fischer/Jeremias/
Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl., Rn. 231 f.; Teschner in BeckOK BNotO,
Stand 1. August 2023, § 7f Rn. 1). Die Wahrnehmung der Klausuraufsicht im
Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 NotFV durch einen Verwandten des Beklagten lässt
nicht erkennen, inwiefern dies Einfluss auf das Prüfungsergebnis des Klägers
gehabt haben könnte; Entsprechendes behauptet auch der Kläger mit seinem
Zulassungsantrag nicht.
Vor diesem Hintergrund war das Kammergericht nicht veranlasst, die vom
Kläger hierzu angebotenen Beweise zu erheben. Ein Anhaltspunkt dafür, dass
der Name des Klägers den Korrektoren seiner schriftlichen Aufsichtsarbeiten entgegen
worden sein könnte, besteht auch nach Auswertung der - die Korrespondenz
mit den Korrektoren enthaltende - Prüfungsakte nicht. Die Klausuren enthielten
keine Hinweise auf die Person des Klägers und waren ordnungsgemäß
nur mit der dem Kläger zugeteilten Kennziffer versehen, die dieser selbst auf
ihnen vermerkt hat (§ 11 Abs. 3 NotFV). Ein Verfahrensmangel, auf dem die angegriffene
Entscheidung beruhen kann (
mit
b) Die Rechtmäßigkeit der offenen Zweitbewertung ist höchstrichterlich
geklärt (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016 - 6 B 1/16, juris
Rn. 12 mwN) und in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich,
aaO Rn. 609; Teschner in BeckOK BNotO, Stand 1. August 2023, § 7b
Rn. 12; Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 7b Rn. 2; jeweils
mwN). Die hiergegen erhobenen grundsätzlichen Einwände des Klägers sind
nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.
2. Ein Zulassungsgrund ist auch insoweit nicht gegeben, als das Kammergericht
den Angriffen des Klägers gegen die inhaltliche Bewertung der streitgegenständlichen
Klausuren nicht gefolgt ist. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
dieser Entscheidung (
BNotO) bestehen nicht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt die Prüfertätigkeit, die sich
aufgrund ihrer Komplexität weitgehend nicht durch allgemeingültige Regeln erfassen
lässt, einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Eigenart
dieses Bewertungsvorgangs und die dabei zu beachtenden Anforderungen des
Gebots der Chancengleichheit machen es notwendig, den Prüfern einen Bewertungsspielraum
zuzuerkennen, dessen Wahrnehmung nur einer eingeschränkten
Nachprüfung unterliegt. Unter diesen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum
fallen zum Beispiel die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung,
die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander oder die
Würdigung der Qualität der Darstellung im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens,
ferner Wertungen, die sich damit befassen, ob der Bearbeiter
die von der Prüfungsaufgabe aufgeworfenen Fragen vollständig oder nur lückenhaft
erkannt hat, oder die Frage, ob ein in der Prüfungsarbeit enthaltenes Problem
lediglich ein "Randproblem" oder ein "entscheidendes Problem" der Arbeit
darstellt. Dies gilt gleichermaßen für das Gewicht positiver Ausführungen in der
Prüfungsarbeit oder die Bedeutung eines Mangels in der Gesamtbewertung.
Schließlich ist die Vergabe von Punkten und Noten - sofern nicht (anders als hier)
mathematisch determiniert - sowie die Frage, ob eine Prüfungsleistung als
"brauchbar" zu bewerten ist, Gegenstand des Bewertungsspielraums (zuletzt Senat,
Beschluss vom 14. November 2022 - NotZ (Brfg) 5/22,
juris Rn. 26 mwN).
In den Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen
die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen,
ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewer-
tungsspielraums überschritten haben, etwa, weil sie von falschen Tatsachen ausgegangen
sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben, ihre autonomen
Bewertungsmaßstäbe nicht einheitlich angewandt oder allgemeingültige Bewertungsgrundsätze
nicht beachtet haben. Ferner müssen prüfungsspezifische Wertungen
und Gewichtungen nachvollziehbar sein und dürfen keine inhaltlichen Widersprüche
aufweisen. Ob ein angerufenes Gericht nur zu einer abweichenden
Bewertung kommt, ist mithin unerheblich, denn es darf sich nicht an die Stelle
des Prüfers setzen (Senat, aaO Rn. 27 mwN).
Anderes gilt für die fachliche Wertung durch den Prüfer, das heißt dessen
Entscheidungen über die fachliche Richtigkeit konkreter Ausführungen des Prüfungsteilnehmers.
Deren Bewertung hängt davon ab, ob der vom Prüfungsteilnehmer
eingenommene Standpunkt nach dem Stand der Fachwissenschaft vertretbar
ist. Dieser objektive - gerichtlich voll überprüfbare - Bewertungsmaßstab
tritt für die Beantwortung von Fachfragen an die Stelle der autonomen Einschätzung
des Prüfers, der fachlich vertretbare Antworten und brauchbare Lösungen
nicht als falsch bewerten darf. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von
Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist,
die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem
Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden (Senat, aaO
Rn. 28 mwN).
Ob der Prüfer seinen Bewertungsspielraum eingehalten hat, kann nur anhand
seiner Begründung festgestellt werden. Der Prüfer hat bei schriftlichen Prüfungsarbeiten
daher die tragenden Erwägungen darzulegen, die zur Bewertung
der Prüfungsleistung geführt haben, um dem Prüfling eine - gegebenenfalls gerichtliche
- Kontrolle der Prüfungsentscheidung zu ermöglichen. Die Begründung
muss so beschaffen sein, dass der Prüfling diese in den Grundzügen nachvoll-
ziehen kann, das heißt die Kriterien erfährt, die für die Benotung maßgeblich waren,
und verstehen kann, wie die Anwendung dieser Kriterien in wesentlichen
Punkten zu dem Bewertungsergebnis geführt hat. Es muss insoweit nicht in allen
Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar
sein, welchen Sachverhalt sowie welche allgemeinen und besonderen
Bewertungsmaßstäbe der Prüfer zugrunde gelegt hat und auf welcher wissenschaftlich-
fachlichen Annahme die Benotung beruht. Dies schließt allerdings
nicht aus, dass die Begründung nur kurz ausfällt, vorausgesetzt, die vorstehend
dargestellten Kriterien für ein mögliches Nachvollziehen der grundlegenden Gedankengänge
des Prüfers sind erfüllt. Eine zunächst fehlende Begründung kann
insoweit auch im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens - etwa im Rahmen der
Überdenkung durch den Prüfer - nachgeholt werden (Senat, aaO Rn. 29 mwN).
b) Dies zugrunde gelegt, sind die - hinreichend begründeten - Voten der
Korrektoren - soweit in zweiter Instanz noch zu überprüfen - in jeder Hinsicht von
dem ihnen zustehenden prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum gedeckt
und enthalten auch keine fachlich angreifbaren Einschätzungen.
aa) Die gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeit F 20-121 gerichteten Rügen
des Klägers greifen nicht durch.
(1) In Aufgabe 1 dieser Klausur ging es um die gutachterliche Erörterung,
wie die von F und S gewünschte asymmetrische Aufteilung der Wohnungen
rechtlich zu realisieren ist; zudem war anzugeben, was hierfür im Hinblick auf die
beiden Grundstücke zuvor zu veranlassen ist. Bei dieser Aufgabenstellung durften,
wie das Kammergericht zutreffend erkannt hat, beide Korrektoren über die
bloße Nennung von
Eigenheiten der beiden möglichen Lösungswege erwarten. Die hierzu vom Kläger
in seiner Klausur maßgeblich angebotenen Argumente (Auseinandersetzung
der vermeintlichen Erbengemeinschaft) waren vom Sachverhalt nicht gedeckt
("vormals in Erbengemeinschaft") und lagen zudem jedenfalls jenseits der konkreten
Aufgabenstellung.
Angesichts der konkreten Frage, was im Hinblick auf die beiden (Nachbar-)
Grundstücke zuvor, d.h. vor Aufteilung der Wohnungen, zu veranlassen sei,
genügte der vom Kläger erbrachte Hinweis auf
er lediglich im Zusammenhang mit sonst fehlenden Dienstbarkeiten erfolgte.
Diese Antwort schöpft die zwingende Vorgabe zur Begründung eines einheitlichen
Grundstücks (
des
Vereinigung der Grundstücke zu klären gewesen. Die hierzu bestehende
Alternative einer Zuschreibung des einen Grundstücks zum anderen
nach
(2) Aufgabe 2 erforderte die Prüfung eines möglichen Ausschlusses der
Sachmängelgewährleistung gegenüber dem Kaufinteressenten C und die Formulierung
der entsprechenden Regelungen zur Sachmängelgewährleistung. Die
vom Kläger hierzu befürwortete Anwendung der Regeln über den Bauträgervertrag
war von dem vorgegebenen Klausursachverhalt nicht getragen. An der Aufgabenstellung
weitgehend vorbei geht in der Folge die vom Kläger vorgeschlagene
Vertragsklausel, die sich im Wesentlichen mit der Abnahme des Werkes
befasst und lediglich einen Nacherfüllungsanspruch formuliert.
bb) Auch hinsichtlich der Klausur F 20-122 zeigt der Zulassungsantrag des
Klägers keinen Bewertungsfehler auf.
(1) Die geringfügige redaktionelle Unvollständigkeit des Klausursachverhalts
war, wie das Kammergericht zutreffend ausgeführt hat, für die angegriffene
Bewertung nicht erheblich. Der Satz "Die Grundbücher sind inzwischen dahingehend
berichtigt worden, dass die Tochter T als Eigentümerin ist und für E in Abteilung
II ein Nacherbenvermerk besteht" ließ sich ohne Weiteres und zweifelsfrei
um das Wort "eingetragen" nach "Eigentümerin" ergänzen. Der Kläger macht
selbst nicht geltend, dass er insoweit Verständnisschwierigkeiten unterlegen
wäre.
(2) Im Rahmen der aufgegebenen gutachterlichen Prüfung durften die Korrektoren
neben der erfolgten inhaltlichen Erörterung der Rechtslage auch die Zitierung
der einschlägigen Gesetzesvorschriften erwarten. Dies betrifft bei Aufgabe
1a die Nennung von
(3) Der Kläger hat die Aufgaben 1b und 1c, in denen gesondert nach Gestaltungsmöglichkeiten
der T (Vorerbin) und der E (Nacherbin) gefragt wird, teilweise
gemeinsam beantwortet und in diesem Zusammenhang den Sachverhalt
freihändig um einen gemeinsamen Antrag von T und E auf Grundbuchberichtigung
ergänzt - und damit abgeändert. Auf dieser Grundlage ist der Kläger von
einer bereits erfolgten Annahme der Erbschaft durch sowohl T als auch E ausgegangen.
Eine solche Ergänzung des Sachverhalts war in diesem jedoch weder
angelegt noch durch die oben unter (1) erörterte geringfügige Unvollständigkeit
veranlasst. Allein von der Eintragung der Nacherbschaft der E kann, wie das
Kammergericht unter Hinweis auf
einen entsprechenden Antrag der E geschlossen werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers waren die Korrektoren nicht von
Amts wegen gehalten, Teile der vom Kläger zu Aufgabe 3 angebotenen Lösung
auch bei der Bewertung von Aufgabe 1b zu berücksichtigen. Dies folgt - unbeschadet
des fehlenden eindeutigen Verweises durch den Kläger in seiner Klau-
surlösung - schon aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung: In Aufgabe 1b
war danach gefragt, welche Gestaltungsmöglichkeiten die T bei dem vorliegenden
Testament der F hat (also ex post), während in Aufgabe 3 danach gefragt
war, wie F anders hätte testieren können (also ex ante), um die Stellung von T
zu verbessern.
(4) Bei Aufgabe 1d haben die Korrektoren ausdrücklich anerkannt, dass
der Kläger die Notwendigkeit der Löschung des Nacherbenvermerks für sich genommen
zutreffend gesehen hat. Angesichts der gebotenen gutachterlichen Prüfung
ist es jedoch mit dem Kammergericht nicht zu beanstanden, dass die Korrektoren
in diesem Zusammenhang Ausführungen dazu erwartet haben, welche
Regelungen der Notar den Kaufvertragsparteien vorschlagen könnte, um insbesondere
auch den Käufer zu schützen. Dagegen lagen Erörterungen zum Geldwäschegesetz
weder nach dem Sachverhalt noch nach der Aufgabenstellung zu
1d nahe. Den hierzu gleichwohl erfolgten Ausführungen des Klägers musste daher
keine entscheidend positive Bedeutung beigemessen werden.
(5) Bei Aufgabe 2 haben die Korrektoren zu Recht beanstandet, dass der
Kläger die unter den Umständen des Klausurfalles nach vorherrschender Rechtsprechung
und Literatur gegebene Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen T
und E zur Befreiung der T nicht benannt und stattdessen, ohne die Streitfrage zu
diskutieren, lediglich die Einsetzung eines Pflegers für die nach seiner Auffassung
zwingend zu beteiligenden Ersatzerben vorgeschlagen hat.
(6) Bei Aufgabe 3 hat der Kläger die anerkannten Möglichkeiten eines
Vorausvermächtnisses und der Bestellung eines Nacherbenvollstreckers nicht
genannt. Beides durfte jedoch angesichts des vorgegebenen Klausursachverhalts
erwartet werden. Die Gewichtung dieses Mangels im Verhältnis zu dem
stattdessen angebotenen Lösungsweg obliegt im Rahmen des prüfungsspezifischen
Beurteilungsspielraums den Korrektoren; für eine Überschreitung der diesbezüglichen
Grenzen ist hier nichts ersichtlich.
3. Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht insoweit, als das Kammergericht
entschieden hat, dass die gebotene Neubewertung der Aufsichtsarbeit
F 20-121 durch die bisherigen Korrektoren vorzunehmen ist. Geht es - wie im
Streitfall - um eine Neubewertung wegen eines Bewertungsfehlers des Prüfers,
ist die Neubewertung aus Gründen der Chancengleichheit in der Regel durch die
ursprünglichen Prüfer vorzunehmen, soweit diese nicht als befangen anzusehen
sind. Die Herstellung möglichst gleicher Prüfungsbedingungen ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur juristischen Staatsprüfung
bei einem Einsatz der bisherigen Prüfer am besten gewährleistet, weil diese für
die Nachbewertung auf ihr aufgabenbezogenes Bewertungssystem und darauf
beruhende Leistungsvergleiche zurückgreifen können (BVerwG, Beschluss vom
19. Mai 2016 - 6 B 1/16, juris Rn. 19 f.; Urteil vom 24. Februar 1993 - 6 C 38/92,
Rn. 509; jeweils mwN). Allein der Umstand, dass einem Prüfer ein Bewertungsfehler
angelastet wird, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht geeignet,
die Unvoreingenommenheit des Prüfers in Frage zu stellen (BVerwG, Beschluss
vom 19. Mai 2016, aaO, juris Rn. 19 mwN). Dem schließt sich der Senat für die
notarielle Fachprüfung an.
4. Schließlich ist eine Zulassung auch nicht im Hinblick auf den ursprünglichen
Feststellungsantrag (Klageantrag Ziff. 3) geboten. Die Parteien haben diesen
Antrag im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt,
so dass das Kammergericht insoweit nur noch über die Kostenfrage zu entscheiden
hatte. Der Zulassungsantrag des Klägers zeigt schon nicht auf (§ 124a
Abs. 4 Satz 4 VwGO in Verbindung mit
Kostenentscheidung zulassungsrelevant fehlerhaft sein sollte; er blendet die Erledigung
vielmehr aus und stellt allein auf die Bedeutung der Hauptsache ab.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
mit
Abs. 1 BNotO,
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:04.03.2024
Aktenzeichen:NotZ(Brfg) 2/23
Rechtsgebiete:
Notarielles Berufsrecht
Sachenrecht allgemein
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht
WEG
BNotO §§ 7a, 7b