Kammergericht 03. März 2022
22 W 92/21
BeurkG § 40; GmbHG § 55 Abs. 1

Unterschriftsbeglaubigung durch ausländischen Notar in Abwesenheit der Unterzeichnenden

BeurkG § 40; GmbHG § 55 Abs. 1
Unterschriftsbeglaubigung durch ausländischen Notar in Abwesenheit der Unterzeichnenden

1. Eine der nach deutschem Recht erfolgten Unterschriftsbeglaubigung gleichwertige Beurkundung liegt dann nicht vor, wenn der ausländische Notar lediglich ihm vorgelegte Unterschriften mit anderen Unterschriften vergleicht, die ihm schon vorlagen.

2. Eine Übernahmeerklärung nach § 55 Abs. 1 GmbHG kann auch durch einen vollmachtlosen Vertreter erfolgen, wenn dieses Handeln später formgerecht durch den Übernehmer des Geschäftsanteils genehmigt wird.

KG, Beschl. v. 3.3.2022 – 22 W 92/21

Problem
Der Geschäftsführer einer GmbH meldete eine Barkapitalerhöhung zum Handelsregister an. Der Anmeldung waren eine Satzungsneufassung mit der Bescheinigung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG und Erklärungen über die Genehmigung der Beschlussfassung und der Übernahmeerklärungen beigefügt. Dies war erforderlich, da der Geschäftsführer, der selbst Gesellschafter war, für die drei weiteren Gesellschafter als vollmachtloser Vertreter auftrat. Eine Genehmigungserklärung war dabei durch den Verfahrensbevollmächtigten notariell beglaubigt worden, die anderen beiden durch einen Luxemburger Notar, wobei die Urkunde mit einer Apostille versehen war. Schließlich war der Anmeldung ein Vermerk des Verfahrensbevollmächtigten beigefügt, in dem Zweifel an der Wirksamkeit der durch den Luxemburger Notar erfolgten Beglaubigung geäußert wurden, weil sich aus dem Beglaubigungsvermerk nicht ergab, dass die Unterschriftsleistung vor dem Notar erfolgt oder anerkannt worden war und auf Nachfrage mitgeteilt worden sei, dass der Notar die Unterschriften lediglich mit bei ihm hinterlegten Unterschriftsproben verglichen habe. Das Amtsgericht Charlottenburg hatte daraufhin Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Übernahmeerklärungen erhoben, weil die erfolgte Beglaubigung in Luxemburg keine gleichwertige Ersetzung der nach deutschem Verfahrensrecht erforderlichen Unterschriftsbeglaubigung sei.

Entscheidung
Die von dem Verfahrensbevollmächtigten gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts gerichtete Beschwerde wurde vom KG als zulässig angesehen, in der Sache hatte das Amtsgericht jedoch zu Recht das Fehlen ausreichender Übernahmeerklärungen im Rahmen einer Zwischenverfügung beanstandet.

Das Vorliegen wirksamer Übernahmeerklärungen bei einer Barkapitalerhöhung ist durch das Registergericht zu prüfen. Übernahmeerklärungen nach § 55 Abs. 1 GmbHG können auch durch einen Vertreter abgegeben werden. Insoweit spricht auch nichts dagegen, dass ein vollmachtloser Vertreter auftritt, dessen Erklärungen dann nachträglich genehmigt werden. Derartige Genehmigungserklärungen müssen jedoch der Form des § 55 Abs. 1 GmbHG entsprechen. Hierdurch soll bereits im Vorfeld der Registereintragung gewährleistet werden, dass die zur Übernahme zugelassenen Personen tatsächlich Übernahmeerklärungen abgegeben haben. Dieser Zweck kann nur vollständig erreicht werden, wenn die Form auch für die Vollmacht und die diese ersetzende Genehmigungserklärung gilt.

Eine Beglaubigung durch einen luxemburgischen Notar kann hierfür ausreichen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Beglaubigung dem entsprechenden Beurkundungsvorgang nach deutschem Recht gleichwertig ist. Nicht ausreichend ist dabei jedenfalls, wenn die Beglaubigung der Unterschriften von Geschäftsführer und Gesellschafter in Abwesenheit der Unterzeichner erfolgt. Der Notar hatte hier die ihm vorgelegten Unterschriften lediglich mit anderen bei ihm vorhandenen Unterschriften verglichen und auf der Grundlage dieses Vergleichs auf die Echtheit der Unterschriften geschlossen. Dies widerspricht der Regelung des § 40 Abs. 1 BeurkG, wonach die Unterschrift nach Identitätsfeststellung des Unterschreibenden in Gegenwart des Notars gefertigt oder jedenfalls anerkannt werden muss. Die Einhaltung der Erfordernisse des § 40 Abs. 1 BeurkG stellt eine notwendige Voraussetzung einer öffentlichen Beglaubigung nach deutschem Recht dar.

Selbst wenn die Beglaubigung nach luxemburgischem Recht ordnungsgemäß erfolgt wäre, bliebe sie unzureichend, da die Ortsform hier für die Beglaubigung nicht genügt. Nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB kommt für die Übernahmeverträge deutsches Recht zur Anwendung, weil es um die Übernahme eines Geschäftsanteils an einer GmbH nach deutschem Recht geht und der Vertrag in Deutschland abgeschlossen werden soll.

Praxishinweis
In der Praxis ist die Substitution eines deutschen Beurkundungsvorgangs mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbunden. Häufig wird angenommen, dass auch die Beurkundung durch einen ausländischen Notar die Form wahren könne. Voraussetzung sei allerdings, dass die Gleichwertigkeit der ausländischen Beurkundung gegeben sei. Zuverlässige Anhaltspunkte dafür, in welchen Ländern die Beurkundung diesen Anforderungen an die Gleichwertigkeit entspricht, gibt es kaum. In älteren Entscheidungen wurde die Gleichwertigkeit bei der Beurkundung durch einen Notar in Basel-Stadt bejaht (OLG München RiW 1998, 147; OLG Frankfurt DNotI-Report 2005, 78). Für die Beurkundung des GmbH-Kapitalerhöhungsbeschlusses durch einen niederländischen Notar wurde durch das OLG Düsseldorf (NJW 1989, 2200) Gleichwertigkeit angenommen. Regelmäßig wird eine Gleichwertigkeit schon deswegen ausscheiden, weil den ausländischen Notar bspw. keine gesetzlichen Mitteilungspflichten wie die an das Finanzamt nach § 54 Abs. 1 EStDV treffen, keine geldwäscherechtliche Prüfung vergleichbar der nach dem deutschen GwG durch den ausländischen Notar durchzuführen ist oder er auch regelmäßig nicht die Pflicht hat, wie ein deutscher Notar nach § 40 Abs. 2 GmbHG eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

03.03.2022

Aktenzeichen:

22 W 92/21

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
GmbH

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 69-70

Normen in Titel:

BeurkG § 40; GmbHG § 55 Abs. 1