OLG Hamm 08. August 2011
I-5 U 46/11
BGB § 184; BGB § 177

Anforderungen an eine Aufforderung zur Genehmigung gemäß § 177 Abs. 2 BGB bei einem Wohnungseigentumskaufvertrag

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: i5u46_11
letzte Aktualisierung: 2.11.2011
OLG Hamm, 8.8.2011 - I-5 U 46/11
BGB §§ 177, 184
Anforderungen an eine Aufforderung zur Genehmigung gemäß § 177 Abs. 2 BGB bei
einem Wohnungseigentumskaufvertrag
An die Aufforderung zur Genehmigung im Sinne von § 177 Abs. 2 BGB sind hohe
Anforderungen zu stellen, was Deutlichkeit und Klarheit betreffen. Insbesondere muss aus
dem Aufforderungsschreiben eindeutig hervorgehen, für welchen konkreten Vertrag zur
Genehmigung aufgefordert wird.


Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 46/11
Leitsätze:
An die Aufforderung zur Genehmigung im Sinne von § 177 Abs. 2 BGB sind hohe
Anforderungen zu stellen, was Deutlichkeit und Klarheit betreffen. Insbesondere muss aus
dem Aufforderungsschreiben eindeutig hervorgehen, für welchen konkreten Vertrag zur
Genehmigung aufgefordert wird.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 27.01.2011 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter die Bewilligung einer Grundbuchberichtigung im
Rahmen der Rückabwicklung eines im Jahr 1991 zwischen der Rechtsvorgängerin der
Insolvenzschuldnerin, der U und Q2 GmbH (im Folgenden: U GmbH), als Verkäuferin und
den Beklagten als Erwerbern geschlossenen Kaufvertrags über eine Eigentumswohnung in
Z1. Wegen des erstinstanzlichen Vortrags einschließlich der vor dem Landgericht gestellten
Schlussanträge wird mit den nachfolgenden Ergänzungen auf das angegriffene Urteil Bezug
genommen.
Beklagten ein Angebot auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags, welches die
Beklagten mit notariell beurkundeter Erklärung vom 08.05.1991 (Anlage K 3) annahmen.
Dabei erteilten sie der U GmbH zur Abwicklung des Wohnungskaufs unter Befreiung von der
Beschränkung des § 181 BGB und mit der Berechtigung, Untervollmacht zu erteilen, die
"Vollmacht zur Abgabe aller Erklärungen, im Rechtsverkehr und zur Vornahme aller
Rechtshandlungen <…>, die zur Erfüllung des im Geschäftsbesorgungsvertrag erteilten
Auftrags erforderlich sind". Dabei wird eine Vielzahl von Verträgen aufgelistet, unter
anderem Kaufvertrag und Auflassung.
Am 18.09.1991 wurde der Kaufvertrag notariell beurkundet, wobei Rechtsanwältin W für die
U GmbH als Verkäuferin und für diese als Vertreterin der Beklagten auftrat. Die Beklagten
wurden am 03.11.1993 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 1995 wurde die U
GmbH in die U und Q AG, umgewandelt, über deren Vermögen im Juni 2000 das
Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Mit Schreiben vom 14.01.2009 (Anlage K6) wandte sich der damalige Insolvenzverwalter an
die Beklagten. Unter dem Betreff "Insolvenzverfahren über das Vermögen der U & Q2 AG hier: Objekt Q-Straße 2-9" wies er darauf hin, dass über das "Vermögen der U und Q2 AG,
vormals firmierend unter U und Q2 GmbH" das Insolvenzverfahren eröffnet sei. Nach seinen
Informationen seien die Beklagten Miteigentümer einer Wohnung in dem genannten Objekt,
"Grundbuch-Blatt ####"; beim Abschluss des Kaufvertrags seien sie aufgrund einer erteilten
Vollmacht von der insolventen Firma U und Q2 vertreten worden. Es schließen sich die
folgenden Ausführungen an:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) ist sowohl der
Geschäftsbesorgungsvertrag als auch die hierin erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz gem. § 134 BGB schwebend unwirksam (BGH, WM 2005, 72 ff.). Die
auf Basis der unwirksamen Vollmacht abgeschlossenen Erklärungen - Kaufvertrag und
Auflassung - sind nichtig. Nach hiesigem Dafürhalten liegt hier ein solcher Fall vor.
Vor diesem Hintergrund fordere ich Sie auf, sich schriftlich über die Genehmigung der
Verträge mir gegenüber zu erklären. Einer besonderen Form hierzu bedarf es nicht."
Eine Reaktion der Beklagten erfolgte mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2009 (Anlage K
7a), in dem sie rügten, dem Schreiben vom 14.01.2009 habe keine Vollmacht beigelegen,
darauf hinweisen, dass der Kaufvertrag gem. § 311b BGB spätestens durch ihre Eintragung
im Grundbuch wirksam geworden sei, und eigene Verkaufsabsichten mitteilen. Mit einem
weiteren von ihrem Rechtsanwalt verfassten Schreiben vom 17.04.2009 (Anlage 7b) werden
"unter Aufrechterhaltung jeglichen Rechtsstreitpunktes für den Streitfall" Fotokopien der
notariellen Urkunde über die Annahme des Angebots des Geschäftsbesorgungsvertrags vom
08.05.1991 und des Kaufvertrags vom 18.09.2009 übersandt.
Mit weiterem Schreiben vom 15.12.2009 (Anlage K 8) teilte der Insolvenzverwalter den
Beklagten mit, mangels fristgerechter Genehmigung seien Kaufvertrag und Auflassung
nunmehr unwirksam. Zur Abgabe der zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Erklärungen
setzte er fruchtlos eine Frist bis zum 18.01.2010.
Beklagten für diese die Genehmigung des Kaufvertrags und der Auflassung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB
verlangen. Die von den Beklagten gegenüber der U GmbH erteilte Vollmacht verstoße gegen
das Rechtsberatungsgesetz. Kaufvertrag und Auflassung seien durch das Ausbleiben einer
rechtzeitigen Reaktion der Beklagten auf seine Genehmigungsaufforderung vom 14.01.2009
endgültig unwirksam geworden. Sein Verhalten sei auch nicht treuwidrig.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, sie seien Eigentümer geworden. Die erteilte
Vollmacht verstoße nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, da keine "Vollbetreuung"
vorliege. Zumindest stehe einem Grundbuchberichtigungsanspruch der Einwand aus § 242
BGB entgegen, da sich die Beklagten voll und ganz in die Hände der Beklagten begeben
hätten und allein die U GmbH die Unwirksamkeit der Vollmacht zu vertreten habe.
Hilfsweise erklären sie die Aufrechnung mit angeblichen Schadensersatzansprüchen. Ggf.
bestehende Rechte des Klägers seien verwirkt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagten seien zutreffend als Eigentümer im
Grundbuch eingetragen. Die Vollmachterteilung an die Insolvenzschuldnerin verstoße zwar
gegen das Rechtsberatungsgesetz; dies führe aber nach Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes
nicht zur Nichtigkeit der Vollmacht gem. § 134 BGB, weil sich der Insolvenzverwalter der zu
Unrecht rechtsberatenden Insolvenzschuldnerin und nicht die rechtssuchenden Beklagten auf
den Rechtsverstoß berufe. Zumindest sei die Vollmacht analog §§ 171, 172 Abs. 2 BGB als
wirksam zu behandeln, da sie nach der Überzeugung der Kammer bei Abschluss des
Kaufvertrags vorgelegen habe. Die Grundsätze zur Rechtsscheinsvollmacht fänden auch im
Zweipersonenverhältnis Anwendung. Angesichts der Befreiung der Insolvenzschuldnerin
vom Verbot des Selbstkontrahierens seien die Beklagten ebenso schutzbedürftig wie ein
Dritter.
Gegen dieses Urteil wendet sich die rechtzeitig erhobene und begründete Berufung des
Klägers, die er unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags begründet.
Er rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und dessen Rechtsauffassung, zu einer
einseitigen Nichtigkeit gem. § 134 BGB und zur Anwendbarkeit der §§ 171, 172 BGB. Die in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte Genehmigung der Beklagten sei
wirkungslos.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Paderborn vom 27.01.2011 (3 O 141/10)
werden die Beklagten verurteilt, jeweils für den im Grundbuch von Paderborn, Amtsgericht
Paderborn, Wohnungsgrundbuch Blatt #### geführten Grundbesitz, nämlich
#####/####.000.000-Miteigentumsanteil an dem Grundstück H-Straße 2-9, verbunden mit
dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1219 bezeichneten Wohnung, dem
Sondernutzungsrecht an dem mit Nr. 1213 Abstellraum sowie an dem mit Nr. 1219
bezeichneten Pkw-Stellplatz, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf die U & Q2 AG,
T-Straße, ####2 G, zu bewilligen sowie zu beantragen.
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des
erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage
mangels Begründetheit abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Zu Recht hat das Landgericht als Folge des Eintritts des neu bestellten
Insolvenzverwalters einen zulässigen Parteiwechsel angenommen. Entgegen der
Rechtsauffassung der Beklagten kommt es für die Zulässigkeit der Klage auch nicht darauf
an, ob der Gläubigerausschuss der Rechtsverfolgung zugestimmt hat. Unabhängig davon, ob
überhaupt eine gem. § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO zustimmungspflichtige Rechtsverfolgung
vorliegt, ist sie zumindest gem. § 164 InsO wirksam.
Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Bewilligung
der Grundbuchberichtigung.
1.
Ein Anspruch besteht nicht gem. § 894 BGB. Das Grundbuch ist richtig, da die dort als
Wohnungseigentümer eingetragenen Beklagten dies auch wirklich sind. Sie erwarben das
Eigentum gem. § 4 WEG i.V.m. §§ 925, 873 BGB durch dingliche Einigung (Auflassung) mit
der U GmbH und Eintragung im Grundbuch. Auch soweit die Beklagten am 18.09.1991 von
Rechtsanwältin von Borcke als Vertreterin der U GmbH vertreten wurden, bestehen keine
Zweifel an der Wirksamkeit der dabei beurkundeten Auflassung.
a)
Der Senat neigt dazu, die der U GmbH durch notariell beurkundete Erklärung vom
08.05.1991 erteilte Vollmacht, soweit sie zum Abschluss des Kaufvertrags mit dieser und zur
Erklärung der Auflassung dieser gegenüber berechtigt, für wirksam und nicht gem. § 134
BGB wegen Verstoßes gegen das bei Vollmachterteilung geltende Rechtsberatungsgesetz für
nichtig zu erachten.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die im Zusammenhang mit dem Abschluss des
Geschäftsbesorgungsvertrags erteilte Vollmacht in Ausgestaltung und Umfang den gegenüber
Geschäftsbesorgern/Treuhändern erteilten Vollmachten entspricht, die nach der seit dem Jahr
2000 ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz gem. § 134 BGB nichtig sind, weil die eingeräumte Befugnis, ein
ganzes Bündel von Verträgen abzuschließen, eine gewichtige rechtsbesorgende Tätigkeit
darstelle, die über das hinausgehe, was bei Geschäftsbesorgungen wirtschaftlicher Art üblich
sei und gewöhnlich nicht als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden werde (vgl. nur
2003, 2091).
Der Senat tendiert jedoch dazu, diese Rechtsprechung wegen eines grundsätzlichen
Unterschieds des zu beurteilenden Sachverhalts im vorliegenden Fall nicht anzuwenden:
Während in den vom Bundesgerichtshof bislang entschiedenen Fällen jeweils die
Wirksamkeit der einem Dritten gegenüber erteilten Vollmacht zu beurteilen war, wird hier der
Verkäufer selbst bevollmächtigt. Zumindest was Abschluss und Vollzug des Kaufvertrags
betrifft, liegt damit eine Sonderkonstellation vor, da der Anleger gerade seinen künftigen
Vertragspartner beauftragt und bevollmächtigt. Hinzu kommt, dass bei Vollmachterteilung
das Kaufobjekt (Miteigentumsanteil und Sondereigentum an der Wohnung 1219) bereits
feststand und dem Angebot der Verkäuferin, der U GmbH, auf Abschluss des
Geschäftsbesorgungsvertrags ein Muster für einen Kaufvertrag nebst Auflassung beilag, das
insgesamt auch so umgesetzt wurde. Auch wenn der Gestaltungsspielraum des
Geschäftsbesorgers grundsätzlich für die Frage nach einem Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz nicht allein ausschlaggebend ist, wird ein besonderer Beratungsbedarf
gerade auch dann angenommen, wenn die Bedingungen des abzuschließenden Kaufvertrages
nicht von vornherein feststehen (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.2000 - IX ZR 279/99 - NJW 2001,
70, 71). In dieser besonderen Fallkonstellation sieht der Senat kein solch besonderes
Schutzbedürfnis der Anleger vor unsachgemäßer Beratung und Vertretung, dessen Erreichung
die Nichtigkeit der grundsätzlich abstrakten und wertneutralen Vollmacht begründen könnte
(zum Begründungsansatz der Nichtigkeit der Vollmacht vgl. BGH, Urt. v. 18.03.2003 - XI ZR
188/02 - NJW 2003, 2088, 2089). Vor diesem Hintergrund hält er es grundsätzlich für
gerechtfertigt, hier die Vollmacht für den Abschluss von Kaufvertrag und Auflassung
gedanklich von der weitergehenden Vollmacht zu trennen und insoweit für wirksam zu
erachten.
Die dargestellte Frage kann jedoch offen bleiben, da auch bei Annahme einer Nichtigkeit der
erteilten Vollmacht gem. § 134 BGB eine wirksame Auflassung vorliegt. Da der Senat die
Entscheidung nicht auf die vorstehenden Erwägungen stützt, bedurfte es auch nicht des vom
Kläger begehrten Schriftsatznachlasses.
b)
Auf die Überlegungen des Landgerichts zur Wirksamkeit der Auflassung kann nicht
zurückgegriffen werden.
Die Nichtigkeit gem. § 134 BGB hängt nicht davon ab, wer sich auf sie beruft. Insoweit kann
sich lediglich die nachrangige Frage stellen, ob sich der Kläger bei umfassender Würdigung
aller Umstände des Einzelfalls, auch der hier bestehenden Möglichkeit der Genehmigung
gem. § 177 Abs. 1 BGB, gem. § 242 BGB auf die Nichtigkeit berufen kann (vgl. BGH, Urt. v.
14.06.2004 - II ZR 393/02 - NJW 2004, 2736, 2738).
Vertretungsmacht kann auch nicht aus den §§ 171, 172 BGB hergeleitet werden, da diese in
dem hier vorliegenden Zweipersonenverhältnis nicht anwendbar sind (BGH, Urt. v.
17.06.2005 - V ZR 78/04 - NJW 2005, 2983, 2985). Dementsprechend hat der
Bundesgerichtshof entschieden, dass sich der Verkäufer nicht auf den Rechtsschein einer
(BGH, Urt. v. 08.10.2004 - V ZR 18/04 - NJW 2005, 820, 823; Urt. v. 26.02.2008 - XI ZR
74/06 - NJW 2008, 1585, 1587). Soweit der Bundesgerichtshof in dem am 17.06.2005
entschiedenen Fall ein Dreipersonenverhältnis angenommen hat, obwohl auch dort Verkäufer
und Anleger bei Abschluss von Kaufvertrag und Auflassung von derselben Person vertreten
wurden, liegt eine andere Konstellation vor als in dem hier zu entscheidenden Fall: Während
hier der Verkäufer selbst Vertreter des Anlegers ist und damit in dem maßgeblichen
Vertretungsverhältnis nicht Dritter sein kann, war dort der nicht wirksam bevollmächtigte
Vertreter des Anleger zugleich Vertreter des Verkäufers, so dass letzterer im Hinblick auf die
Vollmacht außenstehender Dritter war.
c)
Die Auflassung ist aber gem. §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB von Anfang an wirksam, weil
sie von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 08.08.2011
genehmigt wurde. Die Genehmigung konnte formlos erteilt werden (Palandt/Ellenberger,
2011, § 182 BGB Rn. 2). Bei Erteilung der Genehmigung konnte die Auflassung noch
genehmigt werden, da sie gem. § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam war und nicht
bereits wegen Fristablaufs gem. § 177 Abs. 2 BGB oder wegen Widerrufs durch den Kläger
gem. § 178 BGB endgültig unwirksam geworden war.
Eine frühere Genehmigung konnte der Senat nicht feststellen. Sie wurde nicht ausdrücklich
erklärt und ist auch nicht den außergerichtlichen Schreiben und dem schriftsätzlichen Vortrag
des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu entnehmen. Die Mindestvoraussetzung für eine
Auslegung des Verteidigungsverhaltens der Beklagten als stillschweigende Genehmigung
wäre, dass sie die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts kannten oder zumindest
mit ihr rechneten (vgl. nur: BGH, Urt. v. 29.07.2008 - XI ZR 387/06 - NJW 2008, 3357, 3358
Rn. 14). Das gesamte außergerichtliche und prozessuale Vorbringen der Beklagten ist aber
davon geprägt, dass das Fehlen einer ausreichenden Vollmacht aus verschiedenen Gründen
verneint wird und sich die Beklagten hilfsweise gegen einen ggf. bestehenden Anspruch mit
dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung und der Aufrechnung zur Wehr setzen.
Allein der erkennbare Wille, Eigentümer der Immobilie zu sein, genügt - insbesondere in von
einem Volljuristen aufgesetzten Schreiben - nicht aus, um die zum Erreichen dieses
Rechtszustandes erforderliche Erklärung letztlich zu unterstellen.
aa)
Die Auflassung war bei Erteilung der Genehmigung nicht gem. § 177 Abs. 2 BGB
unwirksam, da keine den Anforderungen dieser Norm entsprechende Aufforderung durch den
Kläger vorlag, insbesondere nicht im Schreiben vom 14.01.2009.
Die Aufforderung gem. § 177 Abs. 2 BGB ist eine formlose, empfangsbedürftige, einseitige
geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über Willenserklärungen anzuwenden
sind. Zwar muss sie nicht auf Erteilung der Genehmigung gerichtet, sondern kann
ergebnisoffen formuliert sein (BGH, Urt. v. 14.07.2000 - V ZR 320/98 - NJW 2000, 3128,
3129), dennoch muss sie die klare und deutliche Aufforderung enthalten, sich zur
Genehmigung des Vertrags zu äußern (Münchener Kommentar/Schramm, 2006, § 177 BGB
Reaktion auf die Aufforderung innerhalb der kurzen gesetzlichen Frist von zwei Wochen
knüpft, sind nach Auffassung des Senats an die Deutlichkeit der Aufforderung hohe
Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss aus dem Schreiben klar hervorgehen, für
welchen konkreten Vertrag zur Genehmigung aufgefordert wird, und darf diese nicht an
engere Form- und Fristerfordernisse geknüpft werden, als sie vom Gesetz vorgesehen sind.
Das gilt im besonderen Maße im vorliegenden Fall, in dem das Geschäft für den vollmachtlos
Vertretenen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist und bereits seit mehr als 15 Jahren
abgewickelt ist, so dass die angeschriebenen Erwerber nicht mehr mit einer drohenden
Rückabwicklung des Wohnungskaufs rechneten.
Diesen Anforderungen an die Deutlichkeit eines Aufforderungsschreibens wird das Schreiben
des Insolvenzverwalters vom 14.01.2009, obwohl es die ausdrückliche Aufforderung enthält
"sich schriftlich über die Genehmigung der Verträge mir gegenüber zu erklären", nicht
gerecht: Zum einen werden in dem Schreiben lediglich der Geschäftsbesorgungsvertrag und
die Vollmacht als schwebend unwirksam bezeichnet, während die Auflassung und der
Kaufvertrag als nichtig eingestuft werden. Da lediglich schwebend unwirksame Geschäfte
durch eine Genehmigung wirksam werden können, kann dem Schreiben allenfalls eine
Aufforderung zur Genehmigung von Geschäftsbesorgungsvertrag und Vollmacht entnommen
werden, die bei Annahme eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gem. § 134 BGB
nichtig und damit nicht genehmigungsfähig waren. Zum anderen wird die Genehmigung an
ein vom Gesetz nicht vorgesehenes Schriftformerfordernis geknüpft. Soweit im Schreiben
vom 14.01.2009 weiter ausgeführt wird, einer "besonderen Form hierzu bedarf es nicht", ist
dies aus dem Empfängerhorizont angesichts der ausdrücklichen Forderung nach einer
schriftlichen Erklärung über die Genehmigung nur so zu verstehen, dass keine
weitergehenden Formerfordernisse, z.B. das einer notariellen Beurkundung, bestehen.
Dass das Schreiben vom 14.01.2009 tatsächlich von einer Vielzahl der Empfänger
missverstanden wurde, zeigt sich schon daran, dass - wie der Prozessbevollmächtigte des
Klägers im Termin vor dem Senat ausführte - lediglich ein Viertel bis ein Drittel der
angeschriebenen Erwerber auf dieses oder ein vergleichbar formuliertes Schreiben mit einer
Genehmigung oder einer Bitte um Fristverlängerung reagiert haben. Entgegen den
Einschätzungen des Insolvenzverwalters bestätigt diese nach Auffassung des Senats
überraschend geringe Anzahl an vertragserhaltenden Rückmeldungen die Auffassung des
Senats, dass das Schreiben nicht hinreichend klar formuliert war. Auch der von den Beklagten
wegen des Schreibens vom 14.01.2009 aufgesuchte Rechtsanwalt aus I wusste, wie der
Beklagte zu 2) in seiner persönlichen Anhörung durch den Senat bekundete, mit diesem
Schreiben nichts anzufangen. Bei der Beurteilung der genannten Rücklaufquote ist zu
berücksichtigen, dass die Käufer bei Verlust der erworbenen Grundstücke angesichts der
Insolvenz der Rechtsnachfolgerin der Verkäuferin nicht damit rechnen konnten und können,
Gegenansprüche zu realisieren. Klarheit darüber, für welche Verträge zur Genehmigung
aufgefordert wird, wird für den Anleger auch nicht dadurch herbeigeführt, dass ihm, soweit er
juristischer Laie ist, die dargelegte Differenzierung zwischen schwebender Unwirksamkeit
und Nichtigkeit eher fremd sein dürfte.
nicht damit begründet werden, dass das Schreiben vom 14.01.2009 durch die in ihm
hergestellte Verbindung zwischen dem Kaufvertrag und einer Nichtigkeit auch nach
Auffassung des Senats durchaus dazu geeignet war, einen unbefangenen Empfänger dazu zu
veranlassen, Rechtsrat einzuholen. Allein der Umstand, dass ein befragter Rechtsanwalt ggf.
die Rechtslage richtig eingeschätzt und auf die Möglichkeit einer formlosen Genehmigung der
schwebend unwirksamen Auflassung hingewiesen hätte, führt nicht dazu, das Schreiben als
Aufforderung zu einer solchen anzusehen. Der Kläger muss sich an seiner unzutreffenden und
dadurch missverständlichen Darstellung festhalten lassen.
Die weiteren von den Beklagten erhobenen Bedenken gegen das Vorliegen einer wirksamen
Aufforderung (Fehlen eines Nachweises der Rechtsnachfolge der Insolvenzschuldnerin und
angeblich unzureichende Bezeichnung der Immobilie) teilt der Senat hingegen nicht. Die
Rechtsnachfolge durch Umwandlung wurde im Schreiben vom 14.01.2009 hinreichend
dargelegt; Rückfragen der Beklagten, die ggf. eine Vertiefung erfordert hätten, sind nicht
erfolgt. Soweit im Schreiben vom 14.01.2009 ausgeführt wird, die Wohnung sei "unmittelbar
von der insolventen Firma U & Q2 erworben" worden, ist aus dem Zusammenhang deutlich,
dass nicht die Insolvenzschuldnerin, sondern die U GmbH gemeint war. Die Immobilie war
auch durch die Angabe der Adresse in der Betreffzeile des Schreibens und die Angabe des
zutreffenden Grundbuch-Blatts für den jeweiligen Erwerber ohne Weiteres zu identifizieren.
Soweit die Beklagten schließlich bereits außergerichtlich rügten, dem Schreiben vom
14.01.2009 habe keine Vollmacht beigelegen, hat dies keine Auswirkungen auf die
Wirksamkeit der Aufforderung gem. § 174 S. 1 BGB, da die Rüge nicht unverzüglich, also
ohne schuldhaftes Zögern, erfolgte, sondern erst ca. fünf Wochen nach Zugang des
Schreibens vom 14.01.2009.
bb)
Im Zeitpunkt der Genehmigung war die Auflassung auch nicht bereits wegen eines zuvor
erklärten Widerrufs des Insolvenzverwalters gem. § 178 BGB endgültig unwirksam.
Der Widerruf ist eine einseitige, empfangs-, aber nicht formbedürftige Willenserklärung. Ein
ausdrücklicher Widerruf liegt nicht vor; der Widerruf erfolgte auch nicht stillschweigend. Den
vorgerichtlichen Schreiben des Insolvenzverwalters vom 14.01.2009 und vom 15.12.2009
kann ebenso wenig wie seinem schriftsätzlichem Vorbringen im laufenden Rechtsstreit auch
nicht durch Auslegung gem. § 133 BGB entnommen werden, dass sich der Kläger hierdurch
wegen des von ihm angenommenen Vertretungsmangels einseitig vom Vertrag lösen wolle.
Vielmehr ist dem Schreiben vom 14.01.2009 ausschließlich zu entnehmen, dass er die
Entscheidung über die Wirksamkeit in die Hand der Beklagten legen wollte, was auch dem
schriftsätzlich wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat artikulierten tatsächlichen
Willen des Insolvenzverwalters entsprach.
Auch im Schreiben vom 15.12.2009 leitet der Kläger die dort angenommene Unwirksamkeit
der Auflassung und des Kaufvertrags ausschließlich vom Fehlen einer rechtzeitigen
Genehmigung der Beklagten ab. Das Schreiben enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass er für
den Fall, dass eine endgültige Unwirksamkeit nicht bereits gem. § 177 Abs. 2 BGB
zu entnehmende Wille des Insolvenzverwalters, nunmehr die Grundbuchberichtigung gem. §
894 BGB durchzuführen, also nicht an die Auflassung gebunden zu sein, genügt insbesondere bei einem von einem Volljuristen aufgesetzten Schreiben - auch insoweit nicht.
Durch den eingeschlagenen Weg des § 177 Abs. 2 BGB und das Festhalten an diesem
unterscheidet sich der vorliegende Fall von der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom
16.11.1987 (II ZR 92/87 - NJW 1988, 1199, 1200) entschiedenen Konstellation, auf das allein
sich die Kommentarliteratur (Palandt/Ellenberger, 2011, § 178 BGB Rn. 1; Münchener
Kommentar/Schramm, 2006, § 178 BGB Rn. 8; beck’scher Online-Kommentar/Valenthin,
Stand 01.03.2011, § 178 BGB Rn. 2) stützt, wenn sie in der Geltendmachung eines
Bereicherungsanspruchs einen Widerruf sehen will.
Nichts anderes gilt für die Verfolgung des Grundbuchberichtigungsanspruchs im laufenden
Rechtsstreit. In den zur Akte gereichten Schriftsätzen beruft sich der Kläger nicht auf sein
Recht, sich einseitig vom Vertrag zu lösen. Vielmehr wird in der Klageschrift ausdrücklich
klargestellt, dass ihm die beiden Möglichkeiten einer Beendigung des Schwebezustandes
bekannt sind und er die Möglichkeit des § 177 Abs. 2 BGB wählte, um den Bucheigentümern
selbst die Entscheidungsmöglichkeit zu geben (Bl. 5 d.A.). Auch im Schriftsatz vom
04.06.2010 wird zur Frage der Treuwidrigkeit ausdrücklich darauf hingewiesen, den
Beklagten sei die Gelegenheit zur Genehmigung gegeben worden, "obwohl diesseits sofort
durch Widerruf die endgültige Unwirksamkeit hätte herbeigeführt werden können" (Bl. 32 d.
A.). Hiermit macht der Kläger deutlich, dass er zumindest bislang allein den Weg des § 177
Abs. 2 BGB beschritten hat. Dass er hieran im laufenden Prozess etwas ändern möchte, ist
seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Anders als im Parallelverfahren 5 U 41/11 wird nicht
einmal die Rechtsauffassung vertreten, dass im Schreiben mit der Aufforderung zur
Bewilligung der Grundbuchberichtigung ein stillschweigender Widerruf gem. § 178 BGB zu
sehen sei.
Auch nachdem der Senat auf seine Bedenken an der Wirksamkeit des
Aufforderungsschreibens vom 14.01.2009 hingewiesen hatte, erfolgte kein Widerruf durch
den Kläger. Lediglich nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für diese die
Genehmigung erteilt hatte, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die
Genehmigung sei nach Klageerhebung nicht mehr möglich, da auch hierin ein Widerruf liege.
Selbst wenn man in dieser Erklärung einen stillschweigenden Widerruf sehen will, was der
Senat aus den dargelegten Gründen ablehnt, da die anwaltliche Äußerung einer Rechtsansicht
zur Auslegung einer früheren Verhaltens selbst nicht die Ausübung eines Gestaltungsrechts
darstellt, käme dieser zu spät.
2.
Der geltend gemachte Grundbuchberichtigungsanspruch besteht auch nicht aus
Bereicherungsrecht, da die Beklagten die Position als eingetragene Eigentümer mit
Rechtsgrund erlangt haben, da auch der Grundstückskaufvertrag vom 18.09.1991, wenn
überhaupt eine Nichtigkeit der hierzu erteilten Vollmacht anzunehmen ist, zumindest wegen
der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten Genehmigung rückwirkend
Zeitpunkt erfolgte, zu dem der Kaufvertrag noch schwebend unwirksam war. Wegen der
Einzelheiten wird auf die obigen Ausführungen zur Wirksamkeit der Auflassung Bezug
genommen, die entsprechend für die Wirksamkeit des Kaufvertrags gelten.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Besondere Anforderungen an die Aufforderung zur Genehmigung gem. § 177 Abs. 2 BGB
werden in der vom Senat ausgewerteten ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie
in der Literatur bislang nicht in dem vom Senat nunmehr gezogenen Rahmen diskutiert. Auch
wird bislang der dargestellte Ansatz zu einer Ausnahme von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung zur Nichtigkeit einer Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz nicht erörtert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

08.08.2011

Aktenzeichen:

I-5 U 46/11

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung

Normen in Titel:

BGB § 184; BGB § 177