Verurteilung einer GbR zur Grundstücksübertragung: Nennung aller Gesellschafter im Urteil erforderlich
letzte Aktualisierung: 12.1.2022
KG, Beschl. v. 7.10.2021 – 1 W 343/21
BGB §§ 873, 925; GBO §§ 20, 47, 53;
Verurteilung einer GbR zur Grundstücksübertragung: Nennung aller Gesellschafter im
Urteil erforderlich
Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und zur
Übertragung des Eigentums an dem Grundstück rechtskräftig verurteilt worden, erfordert der
Nachweis der Auflassung gegenüber dem Grundbuchamt eine mit den Eintragungen im Grundbuch
übereinstimmende Bezeichnung der Gesellschaft im Urteil. Daran fehlt es, wenn in einem
Urteilsrubrum nicht alle im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter aufgeführt worden sind.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1 war, soweit hier von Interesse, ursprünglich als Eigentümer des im
Beschlusseingang näher bezeichneten Grundstücks (im Folgenden: Grundstück) im
Grundbuch eingetragen.
Am 15. Juni 2006 gründete er mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 2 zur UR-Nr. J 2... /2...
x des Notars Dr. H... -J... ... J... ... in B... ... eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – „G... 9
Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts“. Die Beteiligten zu 1 und 2 vereinbarten die
Übertragung des Eigentums an dem Grundstück als Einlage des Beteiligten zu 1 in die
Gesellschaft und erklärten dementsprechend die Auflassung auf sich „als Gesellschafter
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes“.
Zugleich bewilligte der Beteiligte zu 1 zur UR-Nr. J 2... /2... x desselben Notars für sich die
Eintragung der Belastung des Eigentums an dem Grundstück mit einem Wohnungsrecht in
dem Grundbuch. Der Beteiligte zu 1 bestimmte u.a., dass die Ausübung des
Wohnungsrechts dritten Personen nicht überlassen werden könne.
Am 1. September 2006 wurde die Beteiligte zu 3 unter Bezeichnung der Beteiligten zu 1 und
2 „als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ an Stelle des Beteiligten zu 1 in
Abt. I lfd. Nr. 2 im Grundbuch eingetragen. Zugleich buchte das Grundbuchamt in Abt. II
lfd. Nr. 12 zu Gunsten des Beteiligten zu 1 das von ihm bewilligte Wohnungsrecht.
Über das Vermögen des Beteiligten zu 1 wurde am 2. Juni 2009 durch das Amtsgericht
Charlottenburg – 36h IN ... x – das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 4 als
Insolvenzverwalter bestellt. Am 7. April 2011 wurde in Abt. II lfd. Nr. 13 des Grundbuchs
hierzu ein Insolvenzvermerk eingetragen.
Am 16. September 2014 verurteilte das Landgericht Berlin – 16 O. 356/13 - die „G... 9
Verwaltungsgesellschaft bR“ vertreten durch die Beteiligte zu 2 sowie die Beteiligte zu 2
persönlich, „die Rückübertragung und Rückauflassung des [Grundstücks] an den
Insolvenzschuldner zu erklären und die Berichtigung der Eintragung im Grundbuch zu
dulden“. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem Kammergericht weitgehend erfolglos –
Urteil vom 14. März 2017, 14 U 175/14.
Der Beteiligte zu 4 erklärte am 21. Juni 2021 unter Bezugnahme auf die Urteile des
Landgerichts Berlin und des Kammergerichts zur UR-Nr. 1... /2... des Notars K... N... ... in
B... ... die Auflassung des Grundstücks auf den Beteiligten zu 1, bewilligte die Löschung des
in Abt. II lfd. Nr. 12 eingetragenen Wohnungsrechts und beantragte die Eintragung eines
Insolvenzvermerks im Grundbuch. Der Urkundsnotar beantragte am 22. Juni 2021 unter
Beifügung einer Ausfertigung seiner UR-Nr. 1... /2... x sowie vollstreckbarer Ausfertigungen
der Urteile des Landgerichts und des Kammergerichts den Vollzug im Grundbuch. Dem
kam das Grundbuchamt am 19. August 2021 durch Eintragung des Beteiligten zu 1 an Stelle
der Beteiligten zu 3 in Abt. I lfd. Nr. 3, der Löschung der Belastung Abt. II lfd. Nr. 12
sowie der Eintragung eines weiteren Insolvenzvermerks in Abt. II lfd. Nr. 14 nach.
Unter dem 6. September 2021 haben die Beteiligten zu 2, 5 und 6 durch ihren
Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen die Eintragung des Beteiligten zu 1 als
Eigentümer in Abt. I des Grundbuchs erhoben und insofern die Eintragung eines
Amtswiderspruchs beantragt. Die Beteiligten zu 5 und 6 seien der zunächst aus den
Beteiligten zu 1 und 2 bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesellschafter
beigetreten. Derselbe Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 6. September 2021
im Namen des Beteiligten zu 1 gegen die Löschung des Wohnungsrechts ebenfalls mit dem
Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs Beschwerde erhoben.
Das Grundbuchamt hat beiden Beschwerden mit Beschlüssen vom 9. September 2021 nicht
abgeholfen.
II.
1. Gegenstand des hiesigen Verfahrens – 1 W 343/21 – ist die gegen die
Eigentumsumschreibung gerichtete Beschwerde vom 6. September 2021. Das weitere, von
dem Beteiligten zu 1 erhobene Rechtsmittel wird zum Verfahren 1 W 342/21 geführt.
2. Die mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs erhobene Beschwerde ist
zulässig, § 71 Abs. 2 S. 2 GBO.
Die Beteiligte zu 2 ist auch beschwerdeberechtigt. Das ist derjenige, der, falls die Eintragung
unrichtig wäre, nach
zu dessen Gunsten also der Widerspruch einzutragen wäre (vgl. BGH,
1442;
juris; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 71, Rdn. 69). Gemäß
Recht an einem Grundstück nicht oder nicht richtig eingetragen ist, die Zustimmung zu der
Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die
Berichtigung betroffen wird. Das ist die Beteiligte zu 2 in ihrer Eigenschaft als
Gesellschafterin der vormals eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, weil die
Gesellschaft als Eigentümerin im Grundbuch gelöscht und statt ihrer der Beteiligte zu 1
eingetragen worden ist.
Als – weitere - Gesellschafterinnen der vormals eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen
Rechts gälte für die Beteiligten zu 5 und 6 nichts Anderes. Auch wenn für deren
Rechtsstellung innerhalb der Gesellschaft jeder Nachweis fehlt, muss sie im Rahmen der
Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt werden.
Das Rechtsmittel ist durch ihre Verfahrensbevollmächtigten schließlich auch wirksam
erhoben worden. Dabei kann dahinstehen, ob diese an der Vertretung der Beteiligten zu 2, 5
und 6 gemäß § 43a Abs. 4 BRAO gehindert waren, weil sie zugleich für den Beteiligten zu 1
gegen die Löschung der Belastung in Abt. II lfd. Nr. 12 Beschwerde erhoben haben. Dessen
Rechtsstellung würde durch den hier angestrebten Amtswiderspruch gegen seine Eintragung
als Eigentümer beeinträchtigt. Ein solcher, möglicherweise bestehender
Interessenwiderstreit wirkt sich grundsätzlich nicht auf die den Verfahrensbevollmächtigten
erteilte Verfahrensvollmacht aus und führt nicht zur Unwirksamkeit ihrer
Verfahrenshandlungen. Das ist höchstrichterlich für die Prozessvollmacht geklärt (BGH,
gegründete Erwägungen finden auf die prozessuale Vollmacht keine Anwendung; die
Vorschriften der §§ 78 ff. ZPO bilden für die Prozessvollmacht ein Sonderrecht. Es gibt
keinen Grund, dies bei einer zur Vertretung eines Beteiligten in einem Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit erteilten Vollmacht anderes zu sehen. Auf sie sind letztlich die
Regelungen der Prozessvollmacht entsprechend anzuwenden, § 11 S. 5 FamFG.
Grundbuchsachen sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 23 Abs. 2 Nr. 8
GVG.
3. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat es im Ergebnis
zu Recht abgelehnt, in Bezug auf die Eintragung des Beteiligten zu 1 in Abt. I des
Grundbuchs einen Amtswiderspruch einzutragen.
Ein Amtswiderspruch ist einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter
Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das
Grundbuch unrichtig geworden ist, § 53 Abs. 1 S. 1 GBO. Während die Gesetzesverletzung
feststehen muss, ist es ausreichend, wenn die durch die Eintragung eingetretene
Grundbuchunrichtigkeit glaubhaft gemacht worden ist (Demharter, a.a.O., § 53, Rdn. 28;
Schneider, in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 53, Rdn. 112f). Zumindest an letzterem fehlt es
hier.
a) Allerdings sind die Bedenken der Beschwerde hinsichtlich des beim Vollzug der
Eigentumsumschreibung im Grundbuch von dem Grundbuchamt durchgeführten
Verfahrens nicht unberechtigt.
Die Umschreibung des Eigentums an einem Grundstück durch Löschung des bisherigen
und Eintragung des neuen Eigentümers erfolgt auf Antrag,
derjenige, dessen Recht betroffen ist, bewilligt,
erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils in der Form des § 29 Abs. 1
S. 1 GBO nachgewiesen ist, § 20 GBO. Die Einigung muss gegenüber dem Grundbuchamt
so nachgewiesen werden, wie sie sachenrechtlich zur Herbeiführung der Rechtsänderung
notwendig ist (Demharter, a.a.O., § 20, Rdn. 13). Fehlt der erforderliche Nachweis, verletzt
das Grundbuchamt gesetzliche Vorschriften, wenn es die begehrte Eintragung im
Grundbuch dennoch vornimmt (Böttcher, in: Meikel, a.a.O., § 20, Rdn. 5).
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Nachweis der Auflassung dann zu führen ist,
wenn der Insolvenzverwalter eine Verfügung des Schuldners wirksam angefochten hat. Die
Anfechtung hat keine dingliche Wirkung, sondern löst nur einen schuldrechtlichen
Anspruch des Insolvenzverwalters gegen den Anfechtungsgegner aus, das anfechtbar
Erworbene zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Hat der Schuldner ein Grundstück
anfechtbar übertragen, erfolgt die Rückgewähr durch Einigung mit dem Anfechtungsgegner
über den Eigentumsübergang auf den Schuldner und dessen Eintragung im Grundbuch, §
873 Abs. 1 BGB (Senat, Beschluss vom 26. April 2012 – 1 W 96/12 –
1223).
bb) Die Auflassung muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen
Stelle, in der Regel einem Notar, § 20 Abs. 2 BNotO, erklärt werden, § 925 Abs. 1 S. 1
BGB. Die Beteiligten müssen die Erklärungen nicht selbst abgeben, sondern können sich
dabei auch vertreten lassen, was bei Gesellschaften zwingend ist, da sie selbst nicht
handlungsfähig sind. Dann ist gegenüber dem Grundbuchamt aber die Identität der
Gesellschaft mit der im Grundbuch eingetragenen und die Vertretungsmacht der für sie
handelnden Personen – in einer für das Grundbuchverfahren tauglichen Form -
nachzuweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das identitätsstiftende Merkmal einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht die gewählte Bezeichnung der Gesellschaft als
Verband ist, sondern die Nennung ihrer im Grundbuch aufgeführten Gesellschafter gemäß
§ 47 Abs. 2 S. 1 GBO (
cc) Bei der rechtskräftigen Verurteilung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur
Auflassung eines Grundstücks gilt letztlich nichts Anderes. Zwar gilt die zur Auflassung
erforderliche Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat, § 894 S.
1 ZPO. Gleichwohl muss der andere Teil seinerseits die zur Auflassung erforderliche
Erklärung vor dem Notar beurkunden lassen (Senat, a.a.O.). Die Anwesenheit des
verurteilten Teils wird dann durch die Vorlage des Urteils bei dem Notar fingiert.
Gegenüber dem Grundbuchamt bleibt aber der Nachweis der Identität der zur Abgabe der
Erklärung rechtskräftig verurteilten Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der im Grundbuch
eingetragenen Gesellschaft erforderlich. Dieser Nachweis ist – nur – geführt, wenn der Titel
die Gesellschafter so ausweist, wie sie im Grundbuch gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 GBO
eingetragen sind.
Hier stimmt die Bezeichnungen der im Grundbuch vormals eingetragenen Gesellschaft
nicht mit der aus den Urteilen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts überein. In
beiden Urteilen fehlen Angaben zu dem Beteiligten zu 1 als Gesellschafter der zur Abgabe
der Auflassungserklärung verurteilten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, während er neben
der Beteiligten zu 2 im Grundbuch aufgeführt worden war.
b) Die Beteiligten zu 2, 5 und 6 haben aber nicht glaubhaft gemacht, dass das Grundbuch
durch die Umschreibung des Eigentums von der Beteiligten zu 3 auf den Beteiligten zu 1
unrichtig geworden ist. Hierfür liegen auch ansonsten keine ausreichenden Anhaltspunkte
vor. Vielmehr spricht der Inhalt der Grundakten eher für die Richtigkeit des Grundbuchs.
§ 20 GBO ist lediglich eine Ordnungsvorschrift. Wird sie nicht beachtet oder unrichtig
angewandt, führt allein der Verstoß hiergegen noch nicht zur Unrichtigkeit des
Grundbuchs, wenn die für die Rechtsänderung erforderlichen materiell-rechtlichen
Voraussetzungen, §§ 873, 925 BGB, vorgelegen haben (Demharter, a.a.O., § 20, Rdn. 3;
Böttcher, a.a.O., § 20, Rdn. 5). Die Anforderungen des
Erkenntnisverfahren vor den Zivilgerichten nicht (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16.
Aufl., Rdn. 4286). Dort genügt zur ausreichenden Identifizierung der Gesellschaft die
Angabe ihres Namens, ihres Sitzes und ihrer vertretungsberechtigten Gesellschafter, §§ 253
Abs. 2 Nr. 1, 130 Nr. 1 ZPO (Althammer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 50, Rdn. 17). Dem
entspricht die Bezeichnung der Beklagten in den Urteilen des Landgerichts und des
Kammergerichts.
Dafür, dass es sich bei der dortigen Beklagten um die vormals im Grundbuch eingetragene
Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, spricht die von den Beteiligten zu 1 und 2 in dem
Gesellschaftsvertrag vom 15. Juni 2006 – UR-Nr. J 2... /2... des Notars Dr. H... x-J... ... J... x
in B... x – bestimmte Bezeichnung, die identisch mit jener aus den beiden Urteilen ist.
Daran ändert auch die verwendeten Endungen – „bürgerlichen Rechts“ und „bR“ – nichts.
Beide bezeichnen offensichtlich dieselbe Rechtsform. Letztlich haben die Beteiligten zu 2, 5
und 6 die Identität der Beklagten mit der vormals im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft
auch nicht in Zweifel gezogen.
Für die erforderliche Einigung über den Eigentumsübergang an dem Grundstück sprechen
dann die Verurteilung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die darauf beurkundeten
Erklärungen des Beteiligten zu 4 vom 21. Juni 2021 zur UR-Nr. 1... /2... x des Notars K... x
N... ... in B... ... . Der Eigentumsübergang wurde schließlich mit den entsprechenden
Eintragungen im Grundbuch vollzogen.
4. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen,
Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 61, 46 Abs. 1 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:07.10.2021
Aktenzeichen:1 W 343/21
Rechtsgebiete:
Notarielles Berufsrecht
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 873, 925; GBO §§ 20, 47, 53; ZPO § 984