Vergütung eines vorzeitig aus dem Amt entlassenen Testamentsvollstreckers
letzte Aktualisierung: 26.10.2023
OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.7.2023 – 5 U 98/22
BGB §§ 2221, 2227
Vergütung eines vorzeitig aus dem Amt entlassenen Testamentsvollstreckers
1. Zur Bemessung der Vergütung eines vorzeitig aus dem Amt entlassenen Testamentsvollstreckers
nach der „Neuen Rheinischen Tabelle“.
2. Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach
nicht stets auch für die Verwirkung seines Vergütungsanspruchs ausreichen. Ob dies der Fall ist,
beurteilt sich nach dem Sach- und Streitstand bei der Entscheidung des Prozessgerichts über den
Vergütungsanspruch und nicht nach dem Kenntnisstand des Nachlassgerichts zum Zeitpunkt der
Entscheidung über die Amtsenthebung.
3. Hat der Erblasser im Jahre 2010 angeordnet, dass sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers
„nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des
Testamentsvollstreckers in ihrer jeweils gültigen Fassung berechnet“, so verweist dies auf die
Vorgaben der sog. „Neuen Rheinischen Tabelle“. Das dem Testamentsvollstrecker eingeräumte, im
Zivilprozess über die Angemessenheit der Vergütung voll nachprüfbare Ermessen bei der
Bestimmung der Vergütung nach
auf einer unzutreffenden Anwendung der Tabelle beruhende Abrechnung unverbindlich und durch
gerichtliche Entscheidung zu korrigieren ist.
Gründe
I.
Der Kläger macht mit seiner Klage gegenüber dem Beklagten Vergütungsansprüche aus seiner
Tätigkeit als ehemaliger Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 5. November 2011
verstorbenen Frau D. (im Folgenden: Erblasserin) geltend. Er wurde mit Beschluss des
Amtsgerichts – Nachlassgericht – Homburg vom 19. Juli 2019 – 8 VI 505/13 – gemäß § 2227
Abs. 1 BGB aus wichtigem Grunde entlassen, zugleich wurde der Beklagte zum neuen
Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt.
Die Erblasserin hatte am 6. September 2010 ein notarielles Testament errichtet (UR Nr. xxx der
Notarin E., Blieskastel, Bl. 7 ff. GA), darin u.a. ihren Neffen G. zu ½ sowie ihre Großnichten U.
und B. zu je ¼ zu ihren Erben eingesetzt, mehrere Vermächtnisse ausgesetzt, u.a. zugunsten des
Klägers und dessen Ehefrau, und Testamentsvollstreckung angeordnet; hierzu enthält das
notarielle Testament unter Ziff. V. folgende Regelung (Bl. 13 f. GA):
„Zum Testamentsvollstrecker berufe ich Herrn Rechtsanwalt L., vorgenannt [= den Kläger],
ersatzweise dessen Tochter, Frau Rechtsanwältin A., vorgenannt.
Der Testamentsvollstrecker/Ersatztestamentsvollstrecker ist ermächtigt, einen Nachfolger zu
ernennen. Ersatzweise ersuche ich das Nachlassgericht, einen Testamentsvollstrecker zu
ernennen.
Der Testamentsvollstrecker/Ersatztestamentsvollstrecker erhält eine Vergütung, die sich nach
den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers
in ihrer jeweiligen Fassung berechnet.
Der Testamentsvollstrecker ist von den Beschränkungen des
Aufgabe des Testamentsvollstreckers/Ersatztestamentsvollstreckers ist die Auseinandersetzung
des gesamten Nachlasses, insbesondere die Ausschüttung des Vermögens an die Erben sowie
der Vollzug der vorstehend unter Ziffer III. angeordneten Vermächtnisse einschließlich des
grundbuchamtlichen Vollzugs der Grundstücksvermächtnisse.
Der Testamentsvollstrecker ist insbesondere auch zur Abgabe von Bewilligungen und Anträgen
jeder Art, insbesondere zur Abgabe der Auflassungen berechtigt.“
Der Kläger, der seit dem Tage der Testamentserrichtung auch über eine widerrufliche
Generalvollmacht/Vorsorgevollmacht der Erblasserin verfügte, die auch für den Fall des
Eintritts einer Geschäftsunfähigkeit fortgelten sollte (Bl. 457 d.A. 8 VI 505/13), hatte das Amt
des Testamentsvollstreckers durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht am 10. November
2011 angenommen (Bl. 15 GA) und sodann mit der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten
begonnen. Konkret veranlasste er unter anderem die Organisation der Beerdigung nach Wunsch
der Erblasserin, die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gemäß
rückständigen Einkommensteuererklärungen der Erblasserin für die Jahre 2010 und 2011, die
Zuführung des bei der D. Bank befindlichen Bankguthabens zum Nachlassvermögen, die
Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung und deren Einreichung beim Finanzamt Kusel-
Landstuhl, die Ausführung der in dem notariellen Testament angeordneten Vermächtnisse
durch Unterzeichnung notarieller Grundstücksübertragungsverträge, die Verhandlungen mit
dem Finanzamt Bad Kreuznach und der Gemeinde Meisenheim am Glan sowie Recherchen zu
weiteren Erben eines Grundstücks in Reiffelbach. Das Nachlassverzeichnis zum Stichtag
5. November 2011 (als Anlage K3 = Bl. 16 ff. GA vorgelegt) wurde unmittelbar nach
Amtsantritt erstellt und den Erben übersandt; es weist als Aktiva Beträge von 734.752,27 Euro
und als Passiva Beträge von 524.400,42 Euro aus (Bl. 21 GA), wobei in beiden Positionen
jeweils ein Betrag von 500.000,- Euro als Wert eines Hausgrundstücks in Blieskastel (Grundbuch
Bl. 1912, Flur 01, Flurstück 134) enthalten war. Dieses Grundstück war von der Erblasserin und
ihrem Ehemann mit notariellem Vertrag vom 26. September 1997 (UR Nr. 2131/1997 Z des
Notars P., Homburg = im Anlagenband B) an die Ehefrau des Klägers gegen Zahlung einer
(wertgesicherten) monatlichen Rente von 2.000,- DM veräußert worden; die Auflassung des
Grundstücks war bis nach dem Ableben des Längstlebenden der beiden Veräußerer vorbehalten
und der Käuferin bzw. deren Erben war unwiderruflich Vollmacht unter Befreiung von den
Beschränkungen des
beiden Veräußerer die Auflassung zu erklären und die Eigentumsumschreibung auf sich zu
betreiben. Unter dem 23. Januar 2012 erklärte die Ehefrau des Klägers unter Vorlage ihrer
Bevollmächtigung die Auflassung des Grundstücks zu eigenen Gunsten (UR. Nr. 133/2012 M
des Notars D., Homburg = im Anlagenband B); am 2. Februar 2012 wurde sie als Eigentümerin
im Grundbuch eingetragen. In der Folgezeit an den Kläger als Testamentsvollstrecker gerichtete
Aufforderungen der Miterbinnen zur Erteilung von Auskünften über die
Immobilienumschreibung und zur Vorlage von Belegen über die zu Lebzeiten geleisteten
Rentenzahlungen ließ dieser unbeantwortet; erst nach seiner späteren Entlassung legte er im
Jahre 2020 dem Beklagten die geforderten Belege vor und wies dadurch die Zahlungen nach (Bl.
60, 62 GA). Zuvor hatte der Beklagte als neuer Testamentsvollstrecker am 29. November 2019
einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Ehefrau des Klägers, gerichtet
auf die Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch, zum Landgericht Saarbrücken
eingereicht. Dieser Antrag wurde mit Urteil vom 18. Dezember 2019 – 16 O 227/19 –
zurückgewiesen, die dagegen zunächst eingelegte Berufung zum Saarländischen
Oberlandesgericht – 1 U 9/20 – nahm der Beklagte am 10. März 2020 zurück (Bl. 37 ff., 80 d.A.
16 O 227/19).
Nach der Übernahme des Amtes durch den Kläger war es zu Auseinandersetzungen über das
Erbe vor dem Nachlassgericht gekommen. Eine durch das Testament von der Erbfolge
ausgeschlossene Nichte der Erblasserin, Frau R., erklärte die Anfechtung des notariellen
Testaments; mit notarieller Urkunde vom 20. Juni 2013 (UR 1199 Ri/2013 des Notars D.,
Speyer (Bl. 3 ff. d.A. 8 VI 505/13) beantragte sie die Erteilung eines Erbscheines, der sie neben
dem Neffen und den beiden Großnichten der Erblasserin zu 1/3 als Miterbin ausweisen sollte.
Der Kläger stellte seinerseits einen Erbscheinsantrag nach Maßgabe des notariellen Testaments
vom 6. September 2010 (UR Nr. 1294/2013 der Notarin E., Blieskastel, vom 17. Oktober 2013).
Mit Beschluss vom 22. März 2016 (Bl. 168 ff. d.A. 8 VI 505/13) kündigte das Nachlassgericht
die Erteilung eines dem Antrag des Klägers entsprechenden Erbscheines an. Eine dagegen
erhobene Beschwerde der – zwischenzeitlich durch den Ehemann der von der Erbfolge
ausgeschlossenen Nichte vertretenen – beiden Großnichten der Erblasserin nahm dieser später
zurück (Bl. 274 d.A. 8 VI 505/13), woraufhin der vom Kläger beantragte Erbschein am 23.
Februar 2017 erteilt wurde (Bl. 319 d.A. 8 VI 505/13).
Mit Schreiben vom 31. März 2017 (Bl. 323 ff. d.A. 8 VI 505/13) baten die – durch den
Ehemann der von der Erbfolge ausgeschlossenen Nichte vertretenen – Miterbinnen um
Entlassung des Klägers und dessen Tochter als Testamentsvollstrecker bzw.
Ersatztestamentsvollstrecker mit der Begründung, diese hätten ihnen hartnäckig die – u.a. mit
Schreiben vom 8. Juni 2016, Bl. 322 d.A. 8 VI 505/13 – erbetenen Auskünfte zur
Grundstücksveräußerung an die Ehefrau des Klägers verweigert, und es bestehe der Verdacht,
dass die Familie des Klägers sich des für den Immobilienerwerb gezahlten Betrages bemächtigt
habe. Das Amtsgericht Homburg wies den Antrag mit Beschluss vom 3. November 2017 (Bl
401 ff. d.A. 8 VI 505/13) zurück; auf die dagegen eingelegte Beschwerde zum Senat wurde das
Nachlassgericht mit Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 (Bl. 635 ff. d.A. 8 VI 505/13;
veröff. u.a. in
weil zahlreiche objektive Hinweise vorlägen, die geeignet seien, bei den Erben massives
Misstrauen hervorzurufen, und die den Verdacht nahelegten, dass der Kläger sowohl in seiner
Eigenschaft als Generalbevollmächtigter der Erblasserin, als auch bei der Wahrnehmung seiner
Aufgaben als Testamentsvollstrecker in hohem Maße die Interessen seiner eigenen Familie im
Auge habe und Belange der Erblasserin bzw. der Erbengemeinschaft hintanstellte und sogar
ignoriere.
Nach der Entlassung des Klägers (Bl. 775 ff. d.A. 8 VI 505/13) und der Übernahme des Amtes
durch den Beklagten gab der Kläger den Nachlass an den Beklagten heraus, im Mai 2020
erstattete er aufforderungsgemäß einen „Rechnungs- und Tätigkeitsbericht“ für die Dauer seines
Amtes (Anlage K4 = Bl. 22 ff. GA). Mit Schreiben vom 14. Juni 2021 (Anlage K7 = Bl. 36 ff.
GA) machte er seine Vergütungsansprüche als Testamentsvollstrecker in Höhe von 25.923,08
Euro (brutto) geltend, die er unter Bezugnahme auf die „Neue Rheinische Tabelle“ des
Deutschen Notarvereins, ausgehend von einem „Bruttonachlasswert“ von 734.752,27 Euro, mit
einer „Grundvergütung“ (= 2,5 Prozent hieraus) von 18.368,80 Euro (netto) und Zuschlägen
von jeweils 6/10 für „aufwendige Grundtätigkeit“, „komplexe Nachlassverwaltung“ und
„Steuerangelegenheiten, die über die Erbschaftssteuer hinausgehen“ aus einem „Grundwert“
von 8.414,- Euro (= 4 Prozent des „Nettonachlasswertes“ von 210.351,85 Euro) errechnete,
und von der er wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes eine Kürzung um 3,5/10 des
Gesamtbetrages, d.h. 11.729,90 Euro (netto), in Abzug brachte. Der Beklagte, dem in diesem
Schreiben eine Frist zur Zahlung bis zum 25. Juni 2021 gesetzt wurde, hält den Anspruch des
Klägers dem Grunde nach für verwirkt und der Höhe nach für unberechtigt; außerdem hat er im
Rechtsstreit hilfsweise die Aufrechnung mit einer angeblichen Schadensersatzforderung auf
Erstattung der Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Höhe von
5.253,85 Euro erklärt (Bl. 63 GA).
Der Kläger hat sich angesichts der entsprechenden testamentarischen Anordnung der
Erblasserin für berechtigt gehalten, für die von ihm ausgeübte Tätigkeit eine Vergütung nach
Maßgabe der „Neuen Rheinischen Tabelle“ zu fordern. Vermeintliche Pflichtverletzungen, wie
sie der Beklagte, gestützt auf den Beschluss des Senats vom 6. August 2019 aufzeige, seien bei
Lichte betrachtet überhaupt nicht gegeben, jedenfalls rechtfertige dies nicht die Annahme einer
vollständigen Verwirkung seines Vergütungsanspruchs, der auch im Übrigen der Höhe nach
angemessen sei. Verzögerungen in der Abwicklung des Nachlasses seien durch besondere
Schwierigkeiten, insbesondere aufgrund von Auseinandersetzungen im Erbscheinsverfahren,
bedingt gewesen, in der Zeit vom 13. Dezember 2011 bis zum 10. Oktober 2016, der
Rücknahme der Beschwerde durch den Ehemann der Antragstellerin, habe seine Tätigkeit mehr
oder weniger geruht. Auskunftspflichten gegenüber einzelnen (vermeintlichen) Miterben habe er
nicht gehabt und daher sowie angesichts der zunehmend persönlichen Anwürfe ihres
Verfahrensbevollmächtigten auf entsprechende Anfragen berechtigterweise nicht mehr reagiert.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten mit Auffassung, der Kläger habe seine Pflichten als
Testamentsvollstrecker derart massiv verletzt, dass dies eine Verwirkung seines
Vergütungsanspruches, zumindest aber seine Kürzung (Bl. 91 GA) rechtfertige. Schon in dem
Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 – habe der Senat festgestellt, dass erhebliche
Verdachtsmomente im Sinne einer eigenen Bevorteilung des Klägers und einer groben
Verkennung und Vernachlässigung der den Erben gegenüber bestehenden Pflichten vorgelegen
hätten; insbesondere habe der Kläger seine Auskunftspflichten aus
verletzt, dass er in Bezug auf die Eigentumsübertragung des Hausanwesens auf seine Ehefrau
Belege nur verspätet vorgelegt habe. Außerdem habe er nachhaltig gegen seine Pflichten zur
unaufgeforderten Benachrichtigung sowie zur Erteilung begehrter Auskünfte nebst Unterlagen
gegenüber der Erbengemeinschaft verstoßen; der erst im Juni 2020 vorgelegte Tätigkeitsbericht
sei zur Erfüllung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses nach
rechtfertigten sich daraus, dass der Kläger erst im Jahre 2020 geeignete Belege zu den
Rentenzahlungen vorgelegt und dem Nachlass durch diese Pflichtverletzung und das aus diesem
Grunde gebotene Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des
Nachlassvermögens Kosten in – unstreitiger – Höhe von 5.253,85 Euro entstanden seien.
Das Landgericht Saarbrücken hat die Parteien angehört, mit ihnen zur Sache verhandelt und
nach Übergang in das schriftliche Verfahren mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt
auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß
Bezug genommen wird, den Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von
20.669,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
26. Juni 2021 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne
aufgrund der von ihm vorgelegten – nachvollziehbaren und unbestrittenen – Berechnung eine
Vergütung als Testamentsvollstrecker in Höhe von 25.923,08 Euro beanspruchen. Dieser
Anspruch sei nicht verwirkt, weil im vorliegenden Rechtsstreit festzustellende
Pflichtverletzungen des Beklagten, hier: nur die verzögerte Erteilung von Auskünften, nicht
jedoch rechtswidrige Vermögensverschiebungen zu eigenen Gunsten, die sich entgegen früherer,
den Senatsbeschluss vom 6. August 2018 maßgeblich stützender Befürchtungen nicht bestätigt
hätten, diese weitreichende Folge nicht rechtfertigten. Der berechtigte Vergütungsanspruch sei
jedoch infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung in Höhe von 5.235,85 Euro erloschen; ein
entsprechender Schadensersatzanspruch nach
fahrlässigen Verletzung von Auskunftspflichten durch den Kläger und habe den Beklagten dazu
veranlasst, zur Sicherung des Nachlassvermögens eine einstweilige Verfügung zu beantragen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien jeweils selbständig Berufung eingelegt. Der Beklagte
verfolgt mit seiner Erstberufung sein vormaliges, auf vollständige Klagabweisung gerichtetes
Begehren weiter. Er wiederholt seine Ansicht, der Kläger habe seinen Vergütungsanspruch in
voller Höhe verwirkt; hierfür sei nicht die Verwirklichung einer Straftat erforderlich, es genügten
auch massive Verstöße gegen Treue- und Sorgfaltspflichten, die hier daraus folgten, dass der
Kläger gegen seine „Kardinalpflichten“ zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2215
Abs. 1 BGB) und zur Auskunft und Rechnungslegung (
Der Beklagte beantragt (Bl. 207 GA):
Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. November 2022, Az. 9 O 122/21, wird
aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt (Bl. 187, 215 GA),
1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 30. November 2022, Az. 9
O 122/21, wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger aus dem Nachlass H. weitere 5.253,35
Euro, insgesamt also einen Betrag von 25.923,08 Euro, nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2021 zu zahlen.
Der Beklagte beantrag (Bl. 233 GA),
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin sein Vergütungsanspruch für
berechtigt erachtet wurde, wendet sich aber gegen die Annahme, dieser sei durch die
Aufrechnung teilweise erloschen. Er vermisst schon das Vorliegen einer kausalen
Pflichtverletzung, weil der Beklagte bereits vor der Einreichung des Antrages auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung die gesamten Handakten erhalten habe, sich darin auch Kontoauszüge
für die Zeit von mehr als sechs Monaten vor dem Tode der Erblasserin befunden hätten und
der Beklagte auch von dem Angebot, für Rückfragen zur Verfügung zu stehen, zunächst keinen
Gebrauch gemacht habe. Im Übrigen sei der auf Eintragung eines Widerspruchs gerichtete
Antrag auch inhaltlich ungeeignet gewesen, vermeintliche Ansprüche des Nachlasses zu sichern.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom
28. September 2022 (BI. 113 ff. GA) sowie des Senats vom 5. Juli 2023 (BI. 232 f. GA)
verwiesen. Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts (Nachlassgericht) Homburg – 8 VI 505/13
mit den Beiakten 8 IV 570/04 und 8 VI 452/11 – sowie des Landgerichts Saarbrücken – 16 O
227/19 – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II.
Beide Rechtsmittel sind gemäß
jedoch nur die Erstberufung des Beklagten teilweise Erfolg, während die Zweitberufung des
Klägers zurückzuweisen war. Der Kläger hat zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf
Vergütung seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker gegen den Nachlass; dieser ist, wie das
Landgericht richtig erkannt hat, im Streitfall nicht verwirkt, der Höhe nach bei zutreffender
Berechnung anhand der Vorgaben des notariellen Testaments unter Berücksichtigung des
gesamten maßgeblichen Sach- und Streitstandes jedoch nur in Höhe von 12.291,64 Euro
(brutto) geschuldet. Aufrechenbare Schadensersatzansprüche des Nachlasses gegen den Kläger
wegen der verauslagten Kosten für das einstweilige Verfügungsverfahren gegen dessen Ehefrau
bestehen dagegen nicht.
1.
Für das vorliegende Berufungsverfahren spielt es keine Rolle, dass der Rechtsstreit beim
Landgericht nicht – wie durch
vorgegeben – vor der Spezialkammer für erbrechtliche Streitigkeiten verhandelt, sondern als
allgemeine Zivilsache behandelt worden ist. Wie der Senat – im Einklang mit der einhelligen
obergerichtlichen Rechtsprechung – bereits für die auf Auskunft gegen den
Testamentsvollstrecker gerichtete Klage entschieden hat, ist für die Einordnung als
„erbrechtliche Streitigkeit“ – d.h.: erbrechtliche Angelegenheiten im Sinne des Fünften Buches
des Bürgerlichen Gesetzbuchs“, BT-Drucks. 19/13828, S. 22 – maßgeblich, ob die
streitentscheidenden Normen solche des Erbrechts sind (Senat, Beschluss vom 18. Oktober
2022 – 5 W 71/22,
Vergütungsklage des Testamentsvollstreckers unzweifelhaft der Fall. Die fehlerhafte Beurteilung
der Frage der Spezialzuständigkeit durch die erste Instanz bleibt vorliegend jedoch ohne Folgen,
weil – jedenfalls außerhalb von Fällen der Willkür, für die hier nichts ersichtlich ist – nach § 513
Abs. 2 ZPO die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten
Rechtszuges seine – auch gesetzliche – Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (vgl. OLG
Dresden, Beschluss vom 19. April 2022 – 4 U 2567/21, juris; Lückemann in: Zöller, ZPO 34.
Aufl., § 72a Rn. 2; Gerken in: Wieczorek/Schütze, ZPO 5. Aufl., § 513 Rn. 26; zur Zulässigkeit
einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts bei nicht auf Willkür beruhenden
Zuständigkeitsmängeln im Urteilsverfahren auch SaarlOLG, Urteil vom 13. Februar 2020 – 4 U
64/17, ZfB 2020, 218). Nachdem die Zivilkammer den Rechtsstreit überdies durch Beschluss
gemäß
Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Artikel 101 Abs. 1 des
Grundgesetzes) vor.
2.
In der Sache hat das Landgericht den Kläger zu Recht für berechtigt gehalten, für seine
vormalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker eine Vergütung zu beanspruchen. Dies folgt
allerdings nicht, wie in dem angefochtenen Urteil angenommen, aus
Testamentsvollstrecker für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen
kann, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat; vielmehr ergibt sich die Berechtigung
des Klägers hier vorrangig schon aus dem notariellen Testament der Erblasserin vom 6.
September 2010 (UR Nr. xxx = Bl. 7 ff. GA), dessen Rechtswirksamkeit im vorliegenden
Rechtsstreit nicht in Zweifel steht und das in seiner Ziff. V. neben der Anordnung der
Testamentsvollstreckung und der Einsetzung des Klägers auch vorsieht, dass dieser eine
Vergütung erhält, die sich nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die
Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweiligen Fassung berechnet (Bl. 14 GA; zum
Vorrang solcher testamentarischen Vergütungsregelungen nur Staudinger/Dutta (2021) BGB
§ 2221, Rn. 23). Diese testamentarische Regelung ist vorliegend maßgeblich; sie berechtigt den
Kläger, aus dem Nachlass eine Vergütung für seine Tätigkeit zu fordern und diesen Anspruch
auch gegen den Beklagten als neuen Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend zu machen
(
Staudinger/Dutta (2021) BGB § 2213, Rn. 8).
3.
Mit Recht hat das Landgericht den Vergütungsanspruch des Klägers auf der Grundlage des im
vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Sach- und Streitstandes nicht für verwirkt erachtet; die
diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen begegnen auch unter Berücksichtigung des –
vornehmlich aus Wiederholungen bestehenden – Berufungsvorbringens keinen durchgreifenden
Bedenken:
a)
Wie in dem angefochtenen Urteil unter Verweis auf – einschlägige – höchstrichterliche
Rechtsprechung zutreffend ausgeführt wird, kann der Testamentsvollstrecker seinen
Vergütungsanspruch im Einzelfall vollständig verwirken; sein Anspruch kann verwirkt sein,
wenn der Testamentsvollstrecker in besonders schwerwiegender Weise vorsätzlich oder
zumindest grob fahrlässig gegen seine Amtspflicht verstoßen hat (BGH, Urteil vom 5. Mai 1976
– IV ZR 53/75,
Dies kann anzunehmen sein, wenn er sich bewusst über die Interessen der Personen, für die er
als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, hinwegsetzt und mit seiner Tätigkeit eigene Interessen
oder die anderer Personen verfolgt, oder wenn ihm die Interessen der von ihm betreuten
Personen ganz gleichgültig sind und er sein Amt so nachlässig versieht, dass von einer
ordnungsmäßigen (pflichtgemäßen) Amtsführung nicht die Rede sein kann, oder wenn der
Testamentsvollstrecker seine Tätigkeit auf einem Gebiet entfaltet hat, das eindeutig nicht zu
seinem Aufgabenkreis gehört. Der Anspruch ist dagegen nicht verwirkt, wenn der
Testamentsvollstrecker in dem Bestreben, sein Amt zum Wohle der von ihm betreuten
Personen auszuüben, infolge irriger Beurteilung der Sach- oder Rechtslage fehlerhafte
Entschlüsse fasst und Entscheidungen trifft (BGH, Urteile vom 5. Mai 1976 und vom 13. Juni
1979, jew. a.a.O.; Beschluss vom 27. Oktober 2004 – IV ZR 243/03,
Zimmermann, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2221 Rn. 30). Auch langsame und ineffektive
Arbeit führt nicht zu einer Verwirkung (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884 =
OLG Schleswig,
vollständige Untätigkeit über einen längeren Zeitraum (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884).
Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach
können beachtlich sein, sie müssen jedoch nicht stets auch für die Verwirkung seines
Vergütungsanspruchs ausreichen (OLG Hamm, NJOZ 2014, 884; OLG Koblenz, Beschluss
vom 22. August 2011 – 10 U 1384/10, juris). Denn ganz allgemein ist eine Verwirkung nur in
Ausnahmefällen anzunehmen, und Grundlage dieser Beurteilung ist stets der Sach- und
Streitstand bei der Entscheidung des Prozessgerichts über den Vergütungsanspruch, nicht der
Kenntnisstand des Nachlassgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Amtsenthebung.
b)
Im Streitfall sind diese – engen – Voraussetzungen einer Verwirkung der Vergütung entgegen
der Auffassung des Beklagten nicht gegeben. Auf der Grundlage der im hiesigen Rechtsstreit
vorliegenden Erkenntnisse teilt der Senat die Wertung des Landgerichts, wonach
Pflichtverletzungen des Klägers bei seiner Amtsausübung, wie sie der Beklagte hier,
vornehmlich unter Verweis auf den Senatsbeschluss vom 6. August 2018, aufzeigt, bei
angemessener Würdigung aller Umstände, insbesondere ihrer Natur und Intensität, aber auch
der zugrunde liegenden Motivation des Klägers und den besonderen Schwierigkeiten seiner
Aufgabe, eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs – noch – nicht rechtfertigen.
aa)
Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend hervorhebt, hat der Kläger zwar
seinerzeit Auskunftspflichten gegenüber einzelnen Miterben wiederholt verletzt, indem er sich in
Verkennung wesentlicher Rechtspflichten (vgl.
auch getragen von persönlicher Verärgerung über die anderen Beteiligten beharrlich weigerte,
entsprechende Anfragen zu beantworten. Daraus geradezu natürlicherweise folgende
Befürchtungen, die seinerzeit ein berechtigtes Misstrauen gegen die Amtsführung des Klägers
und, daraus folgend, seine Entlassung nach
jedoch in der Folge nicht erhärtet. Soweit aufgrund der Weigerung des Klägers, den Miterben
Auskünfte insbesondere zu Einzelheiten der Veräußerung einer Immobilie der Erblasserin und
ihres Ehemannes an die Ehefrau des Klägers zu erteilen, der Eindruck entstehen musste, dieser
verfolge vordringlich eigene finanzielle Interessen, hat der Beklagte schon erstinstanzlich
eingeräumt, dass die nach dem Kaufvertrag als Gegenleistung geschuldeten Rentenzahlungen
zwischenzeitlich nachgewiesen wurden und regelmäßig erfolgt sind (u.a. Bl. 60 GA).
Dementsprechend hat das Landgericht beanstandungsfrei festgestellt (
keine unzulässige Übervorteilung der Ehefrau des Klägers im Rahmen der
Immobilienübertragung vorgelegen hat und auch sonst keine unzulässigen
Vermögensverschiebungen festgestellt werden können. Der Senat teilt die darauf gründende
Einschätzung des Erstrichters, dass der hiernach verbleibende Pflichtenverstoß des Klägers in
Gestalt seiner Weigerung, den Erben weitere Auskünfte zu erteilen, bei angemessener
Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges noch keinen ausreichenden Grund darstellt, dem
Kläger jedwede Vergütung seiner Tätigkeit zu versagen. Mit Recht berücksichtigt der Erstrichter
in diesem Zusammenhang die gesamte vom Kläger erbrachte Tätigkeit, einschließlich der von
ihm erteilten Auskünfte zum Nachlass, die eine grundsätzliche Bereitschaft zur Erledigung
seiner Aufgaben erkennen lassen; insoweit folgt schon aus dem Tatbestand des angefochtenen
Urteils (vgl.
unmittelbar nach Amtsantritt erstellt und den Erben übersandt hat, was vom Beklagten auch
nicht in Abrede gestellt wird. Unwiderlegt bleibt überdies die Darstellung des Klägers, wonach
er sich bis zur Feststellung der Erbfolge rechtlich für nicht verpflichtet hielt, einzelnen Miterben
weitergehende Auskünfte zu erteilen, die überdies – ausweislich der beigezogenen Nachlassakte
– weitschweifig und mit großer Vehemenz eingefordert wurden, so dass nicht ausgeschlossen
werden kann, dass seinem objektiv pflichtwidrigen Verhalten eine subjektiv irrige Beurteilung
der Sach- und Rechtslage zugrunde lag. All diese Aspekte führen dazu, dass bei der gebotenen
Gesamtwürdigung die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur im Ausnahmefall in
Betracht kommende Annahme einer Verwirkung des Vergütungsanspruches hier – noch – nicht
gerechtfertigt erscheint.
bb)
Vergeblich wiederholt und vertieft der Beklagte mit der Berufung seine Darstellung, der Kläger
sei seiner Verpflichtung, zeitnah ein abschließendes Nachlassverzeichnis zu erstellen und den
Erben periodisch Rechnung zu legen, nicht nachgekommen, indem er seinen abschließenden
Tätigkeitsbericht vom 20. Mai 2020 erst nach Aufforderung des Beklagten vom 3. März 2020 am
4. Juni 2020 eingereicht habe (Bl. 60 GA). Das ist so nicht richtig. Wie in dem angefochtenen
Urteil zutreffend und für das Berufungsverfahren bindend festgestellt wurde, hat der Kläger
vielmehr unmittelbar nach Aufnahme seiner Amtsgeschäfte ein Nachlassverzeichnis gemäß
Anlage K3 zur Klageschrift vorgelegte tabellarische Übersicht (Bl. 16 ff. GA), die – jeweils unter
Berücksichtigung eines Betrages von 500.000,- Euro als Gegenwert des im Jahre 1999
veräußerten Hausanwesens – Aktiva in Höhe von 734.752,27 Euro und Passiva in Höhe von
524.400,42 Euro zum Stichtag ausweist, seinerzeit von dem Kläger vorgelegt und den Erben
übersandt wurde. Auch wenn dieses Verzeichnis zunächst nur vorläufigen Charakter aufwies,
weil seinerzeit noch nicht alle für eine abschließende Darstellung erforderlichen Informationen
vorlagen, ist der Kläger damit seiner – grundlegenden – Verpflichtung aus
nachgekommen. Dass er in der Folge aufgrund rechtsirriger Beurteilung und auch erkennbar
veranlasst durch die Auseinandersetzungen mit einzelnen Miterben und ihren Angehörigen
keine weiteren Auskünfte erteilte, war mit der daraus folgenden Befürchtung, er handele in
erster Linie zum eigenen Vorteil, zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung vom 6. August 2018
maßgeblicher Anlass, die Voraussetzungen des
aber, unbeschadet der darin liegenden Missachtung seiner Rechtspflichten aus §§ 2218, 666
BGB, nach der zutreffenden, vom Senat geteilten Ansicht des Landgerichts, der die Berufung
keine neuen entscheidenden Argumente entgegensetzt, noch keinen ausreichenden Grund dar,
ihm seine Vergütung als Testamentsvollstrecker insgesamt zu versagen, nachdem andererseits
wesentliche Aufgaben bei der Inbesitznahme und der Verwaltung des Nachlasses – unstreitig –
von ihm erfüllt wurden, Verzögerungen in der weiteren Sachbehandlung nach seiner nicht
wiederlegten Darstellung jedenfalls teilweise auch durch die mit den aufkommenden, jahrelang
andauernden Auseinandersetzungen über das Erbe erklärt werden können und der Beklagte
auch gegen den nach der Entlassung vorgelegten abschließenden Tätigkeitsbericht keine
durchgreifenden Beanstandungen erhoben hat.
4.
Jedoch ist eine Vergütung nur in erheblich geringerer Höhe geschuldet, als von dem Kläger mit
Schreiben vom 14. Juni 2021 geltend gemacht und vom Landgericht rechtsfehlerhaft als
unstreitig zugrunde gelegt wurde. Denn der Beklagte hatte sich schon erstinstanzlich auch gegen
die Höhe der Klageforderung gewandt und insbesondere unter Bezugnahme auf die zur
Verwirkung vorgebrachten Umstände auf die Notwendigkeit einer Kürzung des
Vergütungsanspruchs hingewiesen. Die infolgedessen gebotene rechtliche Prüfung der
Anspruchshöhe anhand der Vorgaben des notariellen Testaments vom 6. September 2010 führt
im Streitfall zu einer berechtigten Vergütung in Höhe von – nur – 12.291,64 Euro (brutto).
a)
Mit der Regelung in Ziff. V. des notariellen Testaments vom 6. September 2010, die – weil sich
der Vergütungsanspruch in erster Linie nach dem Willen des Erblassers bestimmt – auch
hinsichtlich der Anspruchshöhe dem gesetzlichen Kriterium der „Angemessenheit“ gegenüber
Vorrang genießt (OLG Schleswig,
23), wurde dem Kläger eine Vergütung versprochen, die sich „nach den Empfehlungen des
Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweils gültigen
Fassung berechnet“. Diese nach allgemeinen Grundsätzen der Auslegung (
zugängliche Anordnung ist dahin zu verstehen, dass sich der Vergütungsanspruch des Klägers
jedenfalls im Ausgangspunkt nach den Vorgaben der sog. „Neuen Rheinischen Tabelle“ (veröff.
u.a. in
auch von der Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1967 - III ZR 95/65, NJW 1967,
2400 – zugrunde gelegten Beschlusses des Vereins für das Notariat in Rheinpreußen aus dem
Jahre 1925 (sog. „Rheinische Tabelle“) seit dem Jahre 2000 zur Verwendung empfiehlt (vgl. zu
einer inhaltsgleichen testamentarischen Regelung OLG München,
einen solchen Verweis auf eine bestimmte Vergütungstabelle wird das dem
Testamentsvollstrecker eingeräumte, im Zivilprozess über die Angemessenheit der Vergütung
voll nachprüfbare Ermessen bei der Bestimmung der Vergütung nach
eingeschränkt (BeckOGK/Tolksdorf, BGB Stand 1.4.2023, § 2221 Rn. 15; Staudinger/Dutta
(2021)
der letztwilligen Verfügung befindliche Berechnungsgrundlagen bestehen nicht. Da es sich bei
den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins um allgemein zugängliche und damit
offenkundige Tatsachen (
Berücksichtigung des bei Verfügungen von Todes wegen zu beachtenden Formenzwanges mit
der ganz herrschenden Ansicht als unbedenklich anzusehen (Lange, in: BeckOK BGB, 65. Ed.
1.2.2023, § 2221 Rn. 3; Kroiß, in: NK-BGB 6. Aufl., § 2221 Rn. 38; Staudinger/Dutta (2021)
BGB § 2111, Rn. 27; a.A. Zimmermann, 9. Aufl. 2022,
b)
Hiervon ausgehend hätte sich der Kläger nach dem Testament unter Beachtung der Vorgaben
der „Neuen Rheinischen Tabelle“ einen berechtigten Vergütungsanspruch in Höhe von –
lediglich – 10.329,11 Euro (netto) errechnen dürfen (
wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes um 5/10 gekürzten – Vergütungsgrundbetrag von
4.695,05 Euro (netto) und weiteren Zuschlägen für besondere Erschwernisse von zusammen
5.634,06 Euro (netto) zusammensetzt; daraus folgt zuzüglich Umsatzsteuer ein berechtigter
Gesamtbetrag in Höhe von 12.291,64 Euro (brutto). Soweit die – weitaus höhere – Abrechnung
des Klägers vom 14. Juni 2021 auf einer mehrfach unzutreffenden Anwendung dieser Vorgaben
beruhte, überschritt sie den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum; sie ist daher unverbindlich
und durch gerichtliche Entscheidung entsprechend zu korrigieren (
Staudinger/Dutta (2021)
§ 2221 Rn. 15; vgl. allgemein BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05,
149):
aa)
Als Vergütungsgrundbetrag, der die einfache Testamentsvollstreckung (normale Verhältnisse,
glatte Abwicklung), d.h. die Nachlassverwaltung bis zur Abwicklung der erbschaftsteuerlichen
Fragen, einschließlich der Überleitung des Nachlasses auf einen Nachfolger als
Testamentsvollstrecker abdeckt, war unter Beachtung der testamentarischen Vorgaben
vorliegend ein Betrag in Höhe von 9.390,09 Euro anzusetzen. Denn Bemessungsgrundlage für
den Vergütungsgrundbetrag ist ausweislich Ziff. I der Empfehlungen der am Todestag des
Erblassers bestehende Bruttowert des Nachlasses; die Höhe des Vergütungsgrundbetrages
beläuft sich bei einem Nachlasswert von bis zu 250.000,- Euro auf 4 Prozent dieses Wertes. Im
Streitfall beläuft sich der maßgebliche Bruttowert des Nachlasses auf Grundlage des vom Kläger
vorgelegten Nachlassverzeichnisses auf 234.752,27 Euro; der seiner Abrechnung vom 14. Juni
2021 zugrunde gelegte – höhere – Betrag von 734.752,27 Euro ist nicht maßgeblich. Dieser
enthält nämlich – sowohl bei den Aktiva, als auch bei den Passiva – einen Betrag in Höhe von
500.000,- Euro als Gegenwert des im Jahre 1999 an die Ehefrau des Klägers veräußerten
Hausgrundstücks in Blieskastel (Grundbuch Bl. 1912, Flur 01, Flurstück 134); dessen Wert hat
jedoch bei der Ermittlung des Bruttonachlasswertes nach der Neuen Rheinischen Tabelle außer
Betracht zu bleiben. Insoweit heißt es nämlich in den Empfehlungen unter Ziff. I –
Vergütungsgrundbetrag ausdrücklich, dass Verbindlichkeiten nur dann vom Bruttowert des
Nachlasses abzuziehen sind, wenn der Testamentsvollstrecker nicht mit den Verbindlichkeiten
befasst ist. Genau das war hier jedoch der Fall; denn nach Maßgabe des notariellen
Kaufvertrages vom 26. September 1991 (UR Nr. 2131/1997 Z) war mit dem Tode der
Erblasserin die Übereignung des Grundstücks auf die Ehefrau des Klägers geschuldet, zu deren
Vollzug diese in dem Vertrag selbst ermächtigt worden war und wovon diese in der Folge auch
mit notarieller Urkunde vom 23. Januar 2012 (UR. Nr. 133/2012 M) selbst Gebrauch gemacht
hat, ohne dass der Kläger als Testamentsvollstrecker damit befasst werden musste oder auch nur
erkennbar damit befasst worden wäre.
bb)
Der danach korrekterweise festzusetzende Vergütungsgrundbetrag von 9.390,09 Euro ist wegen
der vorzeitigen Beendigung des Amtes des Klägers nach Maßgabe von Ziff. I der Empfehlungen
auf 5/10 des Grundbetrages zu kürzen.
(1)
Auch in den Fällen, in denen der Erblasser die Höhe der Vergütung – wie hier – selbst
bestimmt, kann die Erforschung seines – wirklichen oder mutmaßlichen – Willens ergeben, dass
die vom Erblasser bestimmte Vergütung im Prozess herabgesetzt werden muss. Dies ist der Fall,
wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Vergütung niedriger festgesetzt hätte, etwa, wenn
er gewusst hätte, dass die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers durch eine Nachlassverwaltung
abgekürzt werden würde (KG, OLGE 18, 316, 317), oder wenn das Amt des
Testamentsvollstreckers vorzeitig endet, etwa durch Tod, vorzeitige Niederlegung oder
Entlassung nach
Grüneberg, a.a.O., § 2221 Rn. 5; Kroiß, in: NK-BGB, a.a.O., § 2221 Rn. 18; vgl. BGH, Urteil
vom 22. Februar 1965 – III ZR 203/63, bei Keßler, DRIZ 1966, 395, 398). Unter diesen, auch
hier gegebenen Voraussetzungen rechtfertigt sich nach Maßgabe der von der Erblasserin
ausdrücklich in Bezug genommenen Empfehlungen des Deutschen Notarvereins eine
Reduzierung der Grundvergütung; gemäß Ziff. 1 der Empfehlungen erhält der
Testamentsvollstrecker hier anstelle des vollen Grundbetrages 2/10 bis 5/10 des Grundbetrages,
während sein Nachfolger im Amte eine Vergütung nur für diejenigen Tätigkeiten erhält, die
nicht bereits der Vorgänger abgeschlossen hatte (Ziff. V.2 der Empfehlungen; vgl. Kroiß, in:
NK-BGB, a.a.O., § 2221 Rn. 18). Soweit sich der Kläger in seiner Abrechnung vom 14. Juni
2021 unter Hinweis auf die Kommentierung bei Palandt (jetzt: Grüneberg) zu § 2221 Rn. 5,
hiervon abweichend, einen Abschlag von 3,5/10 von seiner Gesamtvergütung in Abzug bringen
lassen wollte, beruhte dies auf seinem fehlerhaften Verständnis dieser Kommentarfundstelle, die
ungeachtet einer etwas ungenauen Formulierung erkennbar auf die vorgenannten Empfehlungen
des Deutschen Notarvereins verweist.
(2)
Danach war im Streitfall – nur – die Grundvergütung des Klägers zu kürzen und, entsprechend
den von der Erblasserin in ihrem Testament in Bezug genommenen Vorgaben der Neuen
Rheinischen Tabelle, mit einem Bruchteil zwischen 2/10 und 5/10 in Ansatz zu bringen. Insoweit
hält der Senat mit Blick auf die Entlassung des Klägers im Jahre 2019, unter Berücksichtigung
der von ihm bis zu diesem Zeitpunkt entfalteten Tätigkeiten und den seinem Nachfolger
verbleibenden Aufgaben, eine Reduzierung des Vergütungsgrundbetrages (9.390,09 Euro) auf
5/10 für angemessen. Er berücksichtigt dabei, dass der Kläger über einen Zeitraum von rund 8
Jahren die gesamte Abwicklung des Nachlasses begleitet hat, wobei auf der Grundlage seiner –
vom Beklagten nicht ansatzweise bestrittenen – Darstellung in der Klageschrift davon
ausgegangen werden muss, dass, von der pflichtwidrigen Auskunftsverweigerung gegenüber
einzelnen Miterben abgesehen, die bis dahin angefallenen Aufgaben von ihm wahrgenommen
wurden. Unter Berücksichtigung der in Ziff. V der Empfehlungen vorgeschlagenen Verteilung
der Vergütung unter mehreren aufeinanderfolgenden Testamentsvollstreckern und weil auch
nicht angenommen werden kann, dass die dem Beklagten als Nachfolger im Amte
verbleibenden Aufgaben die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten nach Art und Ausmaß erheblich
übertreffen werden, erachtet der Senat vorliegend einen am oberen Rand der empfohlenen
Bandbreite liegenden Vergütungsbruchteil von 5/10, mithin einen Betrag von 4.695,05 Euro als
gekürzten Grundvergütungsbetrag, als sachgerecht.
cc)
Vom Kläger mit seiner Abrechnung beanspruchte Zuschläge für besonderen Aufwand bei der
Abwicklungsvollstreckung sind nach Maßgabe der Empfehlungen vorliegend nur wegen
„aufwendiger Grundtätigkeit“ und „komplexer Nachlassverwaltung“, jeweils im Umfange von
3/10 des Vergütungsgrundbetrages (9.390,09 Euro), d.h. zwei Mal 2.817,03 Euro, berechtigt;
seine weitergehende Abrechnung ist auch insoweit offenbar unbillig und daher nicht verbindlich.
(1)
Der Kläger kann lediglich einen – moderaten – Zuschlag von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages
für „aufwendige Grundtätigkeit“ verlangen. Der Zuschlag für eine aufwendige Grundtätigkeit
(2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist nach Ziff. II.1 Buchstabe a) der Empfehlungen
des Deutschen Notarvereins gerechtfertigt, wenn die Konstituierung des Nachlasses
aufwendiger als im Normalfall ist, etwa durch besondere Maßnahmen zur Ermittlung, Sichtung
und Inbesitznahme des Nachlasses, Erstellung eines Nachlassverzeichnisses, Bewertung des
Nachlasses, Regelung von Nachlassverbindlichkeiten einschließlich inländischer Erbschaftsteuer.
Als „Normalfall“ wird es angesehen, wenn es sich um einen aus Bargeld, Wertpapierdepot oder
Renditeimmobilie zusammengesetzten Nachlass handelt, der z. B. durch bloßes Einholen von
Kontoauszügen, Grundbucheinsichten und Sichtung von Mietverträgen konstituiert ist.
Abzustellen ist hierbei also – mit anderen Worten – auf einen besonderen Arbeitsaufwand bei
der Konstituierung des Nachlasses (OLG Schleswig,
Kläger geltend gemacht, dass die Ermittlungen, Sichtungen und Inbesitznahme des Nachlasses
überdurchschnittlich gewesen sei. Hierzu hat er unwidersprochen vorgetragen, dass er
erhebliche zusätzliche Bemühungen entfalten musste, insbesondere die Organisation und
Abwicklung der Beerdigung nach Wunsch der Erblasserin, die Erfüllung mehrerer
Grundstücksvermächtnisse, die Erbschaftsteuerangelegenheiten gegenüber dem Finanzamt
Kusel-Landstuhl und die mit erheblichen Schwierigkeiten und mehrfacher Klageandrohung
verbundene Zuführung des bei der D. befindlichen Bankguthabens zum Nachlassvermögen.
Der Senat meint, dass diese Umstände im unbestritten vorgetragenen Umfang das übliche
Ausmaß einer gewöhnlichen Nachlassabwicklung allenfalls moderat übersteigen, weil diese zwar
teilweise ein überobligatorisches Tätigwerden erforderten, dieses jedoch die ohnehin
geschuldeten Aufgaben lediglich nach Dauer und Ausmaß in einem überschaubaren Maße
erschwert haben. Deshalb ist der vom Kläger in seiner Abrechnung dafür angesetzte Mittelwert,
von dem nur mangels besonderer Anhaltspunkte auszugehen ist (Ziff. II.1 der Empfehlungen),
hier offensichtlich nicht sachgerecht. Vielmehr hält der Senat zur Abgeltung des dargelegten
zusätzlichen Aufwandes nur einen moderaten Zuschlag in Höhe von 3/10 des
Vergütungsgrundbetrages, d.h.: 2.817,03 Euro, für angemessen und auch in jeder Hinsicht
auskömmlich.
(2)
Auch unter dem Gesichtspunkt einer „komplexen Nachlassverwaltung“ kann der Kläger nur
einen – moderaten – Zuschlag von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages beanspruchen. Der
Zuschlag für „komplexe Nachlassverwaltung“ (2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist
gemäß Ziff. II.1 Buchstabe c) der Empfehlungen bei komplexem Nachlass geschuldet, d. h. für
aus der Zusammensetzung des Nachlasses resultierende Schwierigkeiten seiner Verwaltung, z.B.
bei Auslandsvermögen, Gesellschaftsbeteiligung, Beteiligung an einer Erbengemeinschaft, im
Bau befindlicher oder anderer Problemimmobilie, hohen oder verstreuten Schulden,
Rechtsstreitigkeiten, Besonderheiten im Hinblick auf die Beteiligten (z. B. Minderjährige,
Pflichtteilsberechtigte, Erben mit Wohnsitz im Ausland). Hierzu hat der Kläger geltend
gemacht, dass die umfangreichen und lang andauernden „Rechtsstreitigkeiten“ mit Frau R.
sowie den Miterben B. und U. jeweils durch zwei Instanzen einen großen Zeitanteil in Anspruch
genommen hätten. Außerdem hat er unwidersprochen auf zeitaufwendige Bemühungen um eine
Auseinandersetzung der Stückländereien in Reiffelbach verwiesen, die Verhandlungen mit dem
Finanzamt in Bad Kreuznach und der Verbandsgemeinde Meisenheim erforderlich gemacht
haben. Der Senat erkennt an, dass diese Umstände die Komplexität der Nachlassverwaltung für
den Kläger jeweils moderat erhöht haben, berücksichtigt dabei aber auch, dass es sich angesichts
der genannten Regelbeispiele um einfach gelagerte Besonderheiten handelte, nachdem
insbesondere die erwähnten Grundstücke nicht im Ausland, sondern in der angrenzenden
Nordpfalz belegen waren und sich die Beteiligung des Klägers an den erwähnten
„Rechtsstreitigkeiten“ auf Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschränkte, die angesichts
ihrer verfahrensrechtlichen Ausgestaltung mit geringerem Aufwand verbunden sind, als ein
streitiges Erkenntnisverfahren vor dem Prozessgericht. Diese Umstände bilden wiederum
Anhaltspunkte, die schon auf den ersten Blick eine deutliche Unterschreitung des – vom Kläger
in seiner Abrechnung angesetzten – Mittelwertes gebieten und jede höhere Forderung als
offenbar unbillig erscheinen lassen. Bei sachgerechter Würdigung rechtfertigen sie vorliegend
einen Zuschlag in Höhe von 3/10 des Vergütungsgrundbetrages, d.h.: 2.817,03 Euro.
(3)
Ein Zuschlag für Steuerangelegenheiten ist vorliegend offensichtlich nicht geboten. Der
Zuschlag für Steuerangelegenheiten (2/10 bis 10/10 des Vergütungsgrundbetrages) ist gemäß Ziff.
II.1 Buchstabe e) der Empfehlungen für die Erledigung von Steuerangelegenheiten geschuldet,
die nicht unter die Grundvergütung oder den Zuschlag gemäß Ziff. II.1 Buchstabe a) fallen, wie
z.B. die nachträgliche Bereinigung von Steuerangelegenheiten oder Einkommensteuererklärungen.
Solche Tätigkeiten hat der Kläger hier nach eigener Darstellung jedoch nicht
entfaltet. Zwar legt er dar, die „gesamten Steuerverpflichtungen“ der Erblasserin für Umsatzund
Einkommenssteuer der Jahre 2010 und 2011 „durchgeführt“ zu haben, präzisiert dies
jedoch dahin, dass er – nur – die entsprechenden Unterlagen zusammentragen und
zusammensuchen musste, um die entsprechenden Erklärungen sodann durch den beauftragten
Steuerberater durchführen zu lassen. Damit beschränkte sich der damit zusammenhängende
Aufwand des Klägers auf reine „Zuarbeiter-Tätigkeiten“, die jeder Steuerpflichtige, der seine
Steuerangelegenheiten von einem Steuerberater ausführen lässt, im Vorfeld erfüllen muss. Auch
unter Berücksichtigung, dass es um Einkommenssteuer- und Umsatzsteuererklärungen für zwei
Jahre ging, ist ein besonders zu honorierender zusätzlicher Aufwand des Klägers darin nicht zu
erkennen.
(4)
Weitere, in den Empfehlungen genannte mögliche Zuschläge für besondere Tätigkeiten
(Auseinandersetzung, aufwendige oder schwierige Gestaltungsaufgaben) hat der Kläger nicht
geltend gemacht. Auf Grundlage seiner Darstellung ist davon auszugehen, dass solche
zusätzlichen Aufgaben nicht angefallen und entsprechende Zuschläge daher nicht geschuldet
sind.
dd)
Die danach geschuldete Vergütung des Klägers in Höhe von insgesamt 10.329,11 Euro (netto)
ist mit 19 Prozent Umsatzsteuer zu beaufschlagen, da der Kläger Rechtsanwalt ist, seine
Tätigkeit als Testamentsvollstrecker als Unternehmer erbracht hat und daher gemäß § 2 Abs. 1
UStG der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Zwar ist die Vergütung des Testamentsvollstreckers
nach
anders bestimmt hat. Vorliegend hat die Erblasserin jedoch in ihrem Testament auf die
Empfehlungen des Deutschen Notarvereins Bezug genommen, deren Ziff. IV ausdrücklich
darauf hinweist, dass die Umsatzsteuer in den vorgenannten Beträgen nicht enthalten ist; daraus
ist zu folgern, dass Umsatzsteuer zusätzlich zu erheben ist (OLG Schleswig,
Staudinger/Dutta (2021)
Vergütungsanspruch des Klägers in Höhe von 12.291,64 Euro.
5.
Der offene Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht durch die vom Beklagten hilfsweise
erklärte Aufrechnung mit einer angeblichen Schadensersatzforderung in Höhe von 5.253,85
Euro teilweise erloschen (
BGB; denn entgegen der Ansicht des Erstrichters steht dem Nachlass kein Anspruch auf Ersatz
verauslagter Kosten für das gegen die Ehefrau des Klägers geführte Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zu.
a)
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass ein
Testamentsvollstrecker, der ihm obliegende Verpflichtungen verletzt, gemäß
für den daraus entstehenden Schaden dem Erben verantwortlich ist, wenn ihm ein Verschulden
zur Last fällt. Ein solcher Schadensersatzanspruch gehört entsprechend
Nachlass und unterliegt daher dem Prozessführungsrecht des (neuen) Testamentsvollstreckers
aus
Weidlich, in: Grüneberg, a.a.O., § 2212 Rn. 1); dies schließt seine Befugnis zur Aufrechnung mit
einem solchen Anspruch, wie sie vorliegend erklärt wurde, ein (Weidlich, in: Grüneberg, a.a.O.,
§ 2212 Rn. 1; Zimmermann, in: MünchKomm-BGB a.a.O., § 2212 Rn. 6).
b)
Jedoch liegen im Streitfall die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Kläger
nicht vor. Dieser hat zwar bei der Ausübung seines Amtes gegen gesetzliche Auskunfts- und
Rechenschaftspflichten (
Auskünfte zu den von der Erblasserin vereinnahmten Rentenzahlungen verweigerte, obschon
die von ihm geschuldete Verschaffung eines Gesamtüberblicks über das Erbe auch solche
Auskünfte zum Verbleib von Nachlassgegenständen umfasste (vgl. Zimmermann, in:
MünchKomm-BGB a.a.O., § 2218 Rn. 11 ff., 13; Lange, in: BeckOK BGB, a.a.O., § 2218 Rn.
14; zum geschäftsbesorgenden Miterben auch Senat, Urteil vom 17. Dezember 2021 – 5 U
42/21,
BGB auch zu vermuten ist, dass sie schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2
BGB) erfolgte, ist dem Nachlass jedoch kein kausal zurechenbarer Schaden entstanden. Die
Belastung des Nachlasses mit vergeblichen Prozesskosten beruhte bei der gebotenen wertenden
Betrachtung hier ausschließlich auf der – falschen – Entscheidung des Beklagten, ein ersichtlich
nicht zielführendes und von vornherein aussichtsloses Verfahren auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch gegen die Ehefrau des Klägers
einzuleiten.
aa)
Zwar wird der Zurechnungszusammenhang in der Regel nicht unterbrochen, wenn der Schaden
erst durch die Handlung eines Dritten eintritt. Greifen weitere Personen in ein
schadensträchtiges Geschehen ein, entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger,
sondern begründen – zum Schutz des Geschädigten – allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung.
Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren
Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs
zu werten ist. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten. Hat sich aus dieser Sicht im
Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko
vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei
wertender Betrachtung nur ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang, dann kann
vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen
des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 233/18,
wird etwa der von einer früheren Vertragsverletzung eines Rechtsanwalts ausgehende
Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem
pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit
befasst worden ist, die noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, die
ihr obliegende Sorgfaltspflicht jedoch nicht beachtet hat (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 – IX
ZR 233/17,
Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich, also gemessen an sachgerechter
Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheint oder den Geschehensablauf so
verändert, dass der Schaden bei wertender Betrachtungsweise in keinem inneren
Zusammenhang zu der vom beklagten Rechtsanwalt zu vertretenden Vertragsverletzung steht
(BGH, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2001 – IX ZR 278/00,
Grüneberg, in: Grüneberg, a.a.O., Vorb. v. § 249 Rn. 47).
bb)
Im Streitfall führt die gebotene wertende Betrachtung dazu, dass die durch das vom Beklagten
aufgrund eigenen – falschen – Entschlusses ausgelöste Belastung des Nachlasses mit den Kosten
des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Ehefrau des Klägers nicht mehr der
Pflichtverletzung des Klägers zugerechnet werden können. Denn wie der Kläger mit seiner
Berufung zu Recht rügt, war der Erfolg des von dem Beklagten angestrengten Verfahrens auf
Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch von vornherein erkennbar aussichtslos und auch
in der Sache nicht zielführend, um weiteren Schaden vom Nachlass abzuwenden. Gemäß § 899
Abs. 1 BGB kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs in den Fällen des
in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer
Verfügungsbeschränkung der in
Rechtslage nicht im Einklang steht. Diese Voraussetzungen waren hier jedoch offenkundig nicht
gegeben, was sich dem Beklagten aufgrund der ihm schon zuvor überlassenen Unterlagen,
insbesondere des notariellen Kaufvertrages vom 26. September 1997, hätte aufdrängen müssen,
weshalb sich sein im Jahre 2020 gefasster Entschluss, zugunsten des Nachlasses im Wege der
einstweiligen Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch zu beantragen, als
vollkommen unangemessene und ungewöhnliche Reaktion auf die vormalige Weigerung des
Klägers, den Miterben Auskünfte zur Zahlung des Kaufpreises zu erteilen, darstellte. Der
Beklagte hatte seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – lediglich – damit
begründet, dass „erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des Kaufvertrages des Notars P., UR
Nr. 2131/1997, sowie an der notariellen Urkunde des Notars D., UR Nr. 133/2012“, bestünden,
die „insbesondere den Eintritt der Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung“ beträfen;
aufgrund der „erheblichen Vorwürfe und der massiven Pflichtverletzungen des früheren
Testamentsvollstreckers und Generalbevollmächtigten der Erblasserin“ könne „nicht
ausgeschlossen werden, dass die Übereignung des Grundbesitzes unter Missbrauch der
eingeräumten Befugnisse erfolgt“ sei. Dieser Umstand sei durch den Beschluss des Senats vom
6. August 2018, insbesondere den Ausführungen zur massiven Pflichtverletzung des
Testamentsvollstreckers und früheren Generalbevollmächtigten, glaubhaft gemacht. Dabei hätte
der Beklagte durch bloße Lektüre der vorgenannten Urkunden erkennen können und müssen,
dass der Kläger des hiesigen Rechtsstreits an der Eigentumsübertragung nicht beteiligt gewesen
war, mithin von einer Verwendung, geschweige denn einem Missbrauch seiner Befugnisse, nicht
die Rede sein konnte. Ihm hätte sich daher aufdrängen müssen, dass die Einleitung dieses
Verfahrens und – erst recht – des Berufungsverfahrens gegen das den Antrag zurückweisende
Urteil fehl am Platze war. Der dadurch dem Nachlass entstandene Vermögensschaden in Gestalt
der Belastung mit den Kosten dieses von vornherein aussichtslosen Verfahrens ist deshalb
alleiniger Ausfluss einer evident rechtsfehlerhaften Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch
den Beklagten; er stellt sich bei wertender Betrachtung nicht als ursächliche Folge (auch) der
Pflichtverletzung des Klägers dar.
cc)
Fehlt es mithin an einem auf dem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers beruhenden und ihm
wertungsmäßig zuzurechnenden Schaden, so kommt ein Schadensersatzanspruch des
Nachlasses gegen den Kläger, mit dem der Beklagte wirksam die Aufrechnung (
hätte erklären können, nicht in Betracht. Dies gilt sowohl für den vom Landgericht ausdrücklich
geprüften, hier auch in erster Linie einschlägigen gesetzlichen Anspruch aus
aber auch für alle anderen sonst in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche,
insbesondere solche aus unerlaubter Handlung (
richten sich hinsichtlich Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung nach dem
allgemeinen Schadensersatzrecht (
v. § 249 Rn. 4); auch sie würden deshalb voraussetzen, dass ein pflichtwidriges bzw. unerlaubtes
Verhalten des Klägers in adäquat-kausaler und auch wertungsmäßig ihm zuzurechnender Weise
ein Vermögensschaden entstanden ist, was jedoch mit Blick auf die dem Nachlass entstandenen
Kosten des verfehlten Vorprozesses nicht der Fall ist.
6.
Der Zinsanspruch folgt aus
dem Schreiben vom 14. Juni 2021 auf den 25. Juni 2021 gesetzten Zahlungsfrist mit der Zahlung
der berechtigten Forderung des Klägers im Verzug (
7.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf den
Die Revision ist gemäß
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Wertfestsetzung beruht auf den
Satz 1 GKG. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – wie in der ersten Instanz – sowohl die
geltend gemachte Vergütungsforderung in voller Höhe als auch die dagegen zur Aufrechnung
gestellte vermeintliche Schadensersatzforderung, über die in ihrer vollen Höhe eine der
Rechtkraft fähige Entscheidung ergangen ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Saarbrücken
Erscheinungsdatum:26.07.2023
Aktenzeichen:5 U 98/22
Rechtsgebiete:
Umsatzsteuer
Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
In-sich-Geschäft
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 2221, 2227