Kammergericht 25. April 2017
1 W 699/16

Grundbucheintragung einer Auseinandersetzung einer Errungenschaftsgemeinschaft nach polnischem Recht

10. Grundbucheintragung einer Auseinandersetzung einer Errungenschaftsgemeinschaft nach polnischem Recht

KG, Beschluss vom 25.4.2017, 1 W 699/16; mitgeteilt von Ronny Müller, Richter am KG

EGBGB Art. 15 Abs. 1, Art. 43 Abs. 1

Leitsatz:

Sind die Eigentümer in gesetzlicher (Güter-)Gemeinschaft nach polnischem Recht im Grundbuch eingetragen und hat sich der eine Ehegatte im Rahmen der Auseinandersetzung der Gemeinschaft verpflichtet, dem anderen einen hälftigen Miteigentumsanteil zu übertragen, kann dieser Anspruch mangels Identität des Schuldners mit dem eingetragenen Eigentümer erst dann durch Vormerkung gesichert werden, wenn das eigentum in Bruchteilseigentum überführt worden ist. Hierzu genügt die gegenseitig erklärte Auflassung hälftiger Miteigentumsanteile allein nicht; die Umwandlung des gesamthänderisch gebundenen Eigentums in Bruchteilseigentum muss auch im Grundbuch vollzogen worden sein.

Sachverhalt:

1 I. A und B sind in gesetzlicher Gütergemeinschaft nach polnischem Recht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. 2016 erklärten sie notarieller Urkunde, geschieden zu sein und sich hinsichtlich des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungseigentums dahin auseinandersetzen zu wollen, dass jeder von ihnen Miteigentümer zu je ½ werde. Entsprechend erklärten sie die Auflassung. Darüber hinaus veräußerte A ihren Miteigentumsanteil an B und bewilligte „die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Käufers (B) auf Übertragung des Eigentums an dem Kaufgegenstand”.

2 Mit Schriftsatz (…) hat der Urkundsnotar unter Beifügung seiner Urkunde die Eintragung der bewilligten Vormerkung im Grundbuch beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung (…) darauf hingewiesen, dass der verkaufte hälftige Miteigentumsanteil noch nicht existiere und deshalb die Vormerkung derzeit nicht eingetragen werden könne. Es bedürfe zunächst der Voreintragung der Beteiligten zu je ½ und insoweit einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung.

(…)

Aus den Gründen:

(…)

5 (…) Das Grundbuchamt hat im Ergebnis zu Recht mit der Zwischenverfügung auf das Erfordernis der Voreintragung der Beteiligten als Eigentümer zu je ½ hingewiesen.

6 a) Zutreffend hat das Grundbuchamt deutsches Verfahrens-recht angewandt. Das Verfahren vor dem deutschen Grundbuchamt richtet sich auch bei Auslandsberührung stets nach deutschem Recht – lex fori. Auch materiellrechtlich beurteilt sich die dingliche Rechtslage an Grundstücken nach deutschem Recht – lex rei sitae –, Art. 43 Abs. 1 EGBGB (Senat, Beschluss vom 22.5.2012, 1 W 163/11, FGPrax 2012, 236, 237). Danach erfolgt die Eintragung einer Vormerkung auf Antrag, § 13 Abs. 1 Satz 1 GBO, wenn sie derjenige, dessen Recht von ihr betroffen wird, bewilligt, § 885 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, § 19 GBO.

7 b) Das Grundbuchamt hat auch richtig erkannt, dass die Belastung eines noch nicht existierenden ideellen Bruchteils mit einer Vormerkung nicht möglich ist (BGH, NJW 2013, 934, 935). Der der A aufgelassene hälftige Miteigentumsanteil ist noch nicht entstanden, weil die – in der Präambel der Urkunde erklärte – Auflassung noch nicht im Grundbuch vollzogen worden ist, vgl. § 873 Abs. 1 BGB. Er kann damit nicht mit einer Vormerkung belastet werden.

8 Auf den Einwand der Beschwerde, in einem solchen Fall sei es grundsätzlich möglich, eine entsprechende Vormerkung an dem – noch ungeteilten – Grundstück bzw. Wohnungseigentumsrecht zu bestellen, kommt es nicht an. Die Vormerkung kann dennoch zurzeit nicht eingetragen werden.

9 c) Die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch setzt voraus, dass sich der zu sichernde Anspruch gegen denjenigen richtet, dessen Grundstück oder Grundstücksrecht von der Vormerkung betroffen wird; der Schuldner des Anspruchs muss also bei der Eintragung der Vormerkung Eigentümer des von der Vormerkung betroffenen Grundstücks oder Inhaber des von ihr betroffenen Grundstücksrechts sein (BGH, NJW 2014, 2431, 2433; BGHZ 134, 182, 188; Senat, Beschluss vom 1.2.2011, 1 W 3/11, FGPrax 2011, 109, 110). Die danach erforderliche Identität zwischen Schuldner und eingetragenem Eigentümer besteht vorliegend nicht.

10 Die Beteiligten sind noch in gesetzlicher Gemeinschaft nach polnischem Recht im Grundbuch eingetragen. Dem polnischen Recht unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe, Art. 15 Abs. 1 EGBGB. Danach ist das gemeinschaftliche Vermögen der Beteiligten gesamthänderisch gebunden; kein Ehegatte kann über seinen Anteil, der ihm im Fall der Beendigung der Gütergemeinschaft am gemeinschaftlichen Vermögen oder an einzelnen zu diesem Vermögen gehörenden Gegenständen zustehen wird, verfügen noch sich zu einer solchen Verfügung verpflichten, Art. 35 Satz 2 Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch Polen (de Vries/Gralla in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Polen, Stand 2015, III. 6. Eherecht).

11 Daran ändert auch die – bislang in grundbuchmäßiger Form, § 29 Abs. 1 GBO, nicht nachgewiesene – Scheidung der Beteiligten nichts. Die Auseinandersetzung der Gemeinschaft ist hinsichtlich des Wohnungseigentums bislang nicht vollzogen worden. Die Beteiligten haben lediglich die Auflassung erklärt, § 925 BGB. Die Zuordnung des Wohnungseigentums auf die Beteiligten zu hälftigen Bruchteilen erfordert darüber hinaus aber auch die Eintragung im Grundbuch, § 873 BGB (vgl. OLG München, ZEV 2012, 415, 416).

(…)

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

25.04.2017

Aktenzeichen:

1 W 699/16

Rechtsgebiete:

Ausländisches Recht (nach Ländern)
Grundbuchrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2017, 590