LG Gera 28. September 2020
6 OH 24/18
GBO § 28; GNotKG §§ 93 Abs. 1, 127, 130 Abs. 2

Gebühr für die Abgabe der Identitätserklärung in einer Eigenurkunde

letzte Aktualisierung: 2.3.2022
LG Gera, Beschl. v. 28.9.2020 – 6 OH 24/18

GBO § 28; GNotKG §§ 93 Abs. 1, 127, 130 Abs. 2
Gebühr für die Abgabe der Identitätserklärung in einer Eigenurkunde

Der Notar erhält für eine in Eigenurkunde abgegebene Identitätserklärung zu der im
Teilflächenkaufvertrag mitbeurkundeten Auflassung auch dann eine Gebühr nach Nr. 25204 KV
GNotKG, wenn er bereits anlässlich des Teilflächenkaufvertrages eine Betreuungsgebühr nach
Nr. 22110 ff. KV GNotKG erhalten hatte.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsgegner als Notar eine Gebühr für die Erstellung
des Identitätsnachweises in einer Eigenurkunde zusteht, obwohl er mit Vollzugs- und
Betreuungstätigkeiten zur Abwicklung eines Grundstückskaufvertrags beauftragt worden war.
Der Antragsteller kaufte mit Urkunde des Antragsgegners vom 23.06.2014 (URNr. M 205/2014)
eine noch zu vermessende Teilfläche eines Grundstücks Gemarkung Camburg von den
weiteren Beteiligten zu 4. bis 6., welche gleichzeitig die Auflassung erklärten. Da die
Flurstücksbezeichnung im Teilflächenverkauf noch fehlte, konnte mangels Übernahme des
Grundstücks in das Liegenschaftskataster die Angabe des Grundstücks noch nicht in der Form
des § 28 Grundbuchordnung (GBO) erfolgen. Nachdem das Teilgrundstück vermessen und dem
Antragsgegner der Fortführungsnachweis Nr. 86 des Landesamtes für Vermessung und
Geoinformation in Pößneck vorgelegt worden worden war, beantragte der Antragsgegner durch
Eigenurkunde vom 23.06.2014 unter Bezugnahme auf die Flurstücksbezeichnung Flur 1
Flurstück 1053/9 zur Größe von 824 qm die Auflassung im Grundbuch zu vollziehen. Für seine
Tätigkeit rechnete der Antragsgegner am 02.07.2014 u.a. eine Beurkundungsgebühr nach KV
Nr. 21100, eine Vollzugsgebühr nach KV Nr. 22110, 22112, 22113 und eine Betreuungsgebühr
nach KV Nr. 22200 nebst Auslagen, Dokumenten-/Dateipauschale und Post- und
Telekommunikationspauschale ab. Für die gefertigte Identitätserklärung berechnete er den
Antragstellern zudem eine Gebühr nach KV Nr. 24102, 21201 Nr. 4 in Höhe von 30,00 €. Den
Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 606,78 € glich der Antragsteller aus. Wegen der
weiteren Einzelheiten zum Teilflächenkaufvertrag wird auf die Urkunde vom 23.06.2014 (URNr.
M 205/2014, Bl. 9-14), auf die Identitätserklärung vom 23.06.2014 (Bl. 16 d. A.) sowie auf die
Rechnung vom 02.07.2014 (Kostenrechnungs-Nr.: M 205/0/1-2014, Bl. 15) Bezug genommen.
Auf Anregung der Ländernotarkasse Leipzig vom 13.06.2016 hin, wies der Präsident des
Landgerichts G als vorgesetzte Dienstbehörde den Antragsgegner mit Schreiben vom
05.06.2018 an, seine Kostenberechnung der Beschwerdekammer zur gerichtlichen Überprüfung
vorzulegen (Bl. 2 d. A.). Die Gebühr nach Nr. 25204 KV sei entsprechend der Vorbemerkung 2.2
Abs. 2 KV ausgeschlossen, da für die Tätigkeit in dem Beurkundungsverfahren bereits eine
Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 KV angefallen und mit der Kostenrechnung vom 02.07.2014
auch abgerechnet worden sei.

Dem kam der Antragsgegner mit Schreiben vom 09.07.2018 nach (Bl. 1 d. A.).
Im Kostenprüfungsverfahren wurde die Ländernotarkasse gehört, auf deren Ausführung vom
22.08.2020 wird verwiesen (Bl. 24 d. A.). Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Antragsgegner vertritt in seinen Stellungnahmen vom 24.10.2018 und 07.09.2020 unter
Hinweise auf entsprechende Gerichtsentscheidungen und Literaturnachweise die Auffassung,
dass die Identitätserklärung nicht von der Betreuungsgebühr erfasst werde und daher nach KV
25204 abzurechnen sei, da die Betreuungsgebühr lediglich die normalen Tätigkeiten des Notars
im Rahmen der Abwicklung der notariellen Urkunden erfasse. Die Bestimmung der Kaufsache in
Bezug auf die Vorgaben des Grundbuchrechtes gehe über die normalen Tätigkeiten des Notars
bei Grundstückskaufverträgen hinaus und bedürfe einer zusätzlichen Sorgfalt, da die
Übereinstimmung von Vertrag und Kataster zu prüfen sei. In der Kostenrechnung sei insoweit
lediglich eine falsche Rechtsgrundlage für die Identitätserklärung angegeben worden.

II.
Der nach § 130 Abs. 2 Satz GNotKG auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten seitens des
Antragsgegners gestellte statthafte und auch im Übrigen zulässige Kostenprüfungsantrag (§ 127
GNotKG) ist unbegründet. Gegenstand des Kostenprüfungsverfahrens ist ausschließlich die in
der Weisung des Landgerichtspräsidenten aufgeworfene Frage, ob der Notar für eine in
Eigenurkunde abgegebene Identitätserklärung zu der im Teilflächenkaufvertrag mitbeurkundeten
Auflassung auch dann eine Gebühr nach Nr. 25204 KV GNotKG erhält, wenn er bereits
anlässlich des Teilflächenkaufvertrages eine Betreuungsgebühr nach Nr. 22110 ff. KV GNotKG
erhalten hatte.

Diese Frage ist nach Auffassung der Kammer zu bejahen. Die Kammer vermag der in der
Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass die Gebühr für die Eigenurkunde schon dann
entfalle, wenn der Notar im Zusammenhang mit einem bestimmten Beurkundungsverfahren eine
Betreuungs- oder Vollzugstätigkeit entfaltet hat, ohne dass sich die Eigenurkunde konkret auf
diese Betreuungs- oder Vollzugstätigkeit zu beziehen brauche, nicht zu folgen. Soweit diese
Ansicht damit begründet wird, dass der Gesetzgeber durch den Einmalanfall der
Betreuungsgebühr nach KV Nr. 22200 gemäß § 93 Abs. 1 GNotKG der Häufung von Gebühren
für Betreuungstätigkeiten eine Absage erteilt habe, die nach dem alten Recht in § 147 Abs. 2
KostO möglich war, so vermag dies aus den seitens des OLG Dresden im Beschluss vom 21.
November 2016 – 17 W 1084/16 – dargelegten Gründen - denen auch die Ländernotarkasse in
ihrer Stellungnahme vom 22.08.2020 folgt - nicht zu überzeugen. Weder die Anmerkungen zu
Nr. 25204 KV GNotKG noch die Vorbemerkungen 2.2 Abs. 2 KV GNotKG sind entsprechend
des Wortlautes unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte sowie der gesetzgeberischen
Zielsetzung so zu verstehen, dass jegliche sonstige Erfüllung eines gebührenrechtlichen
Betreuungs- oder Vollzugstatbestandes im Rahmen der Abwicklung eines beurkundeten
Vertrages die Gebühr für die Eigenurkunde des Notars entfallen lässt. Die Kammer verweist
hierzu vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des OLG Dresden im Beschluss vom
21.11.2016 - 17 W 1084/16, Rdn 18-24 juris.

Gegen die Höhe des angesetzten Geschäftswertes und die rechnerische Richtigkeit der
Gebührenermittlung sowie gegen die weitere Abrechnung der Auslagen bestehen keine
Bedenken; solche wurden von den Beteiligten auch nicht vorgebracht. Alleine der Umstand der
fehlerhaften Bezeichnung der Rechtsgrundlage für die Identitätserklärung (KV 24102, 21201 Nr.
4 statt KV 25204 GNotKG) rechtfertigt keine Berichtigung der rechnerisch zutreffenden
Kostenrechnung. Ein Verstoß gegen das Zitiergebot aus § 19 GNotKG liegt in Ansehung der
Stellungnahme des Antragsgegners vom 24.10.2018 (Bl. 7-8 d. A.) nicht vor. Grundsätzlich sind
nach dem GNotKG zwar strenge Anforderungen an das Zitiergebot in der Rechnung zu stellen
(Korintenberg, GNotKG, 19 Aufl., § 19 Rn. 21). Zu beachten ist allerdings, dass das Zitiergebot
nicht um seiner selbst willen besteht und daher auch nicht von seinem Zweck gelöst werden
kann (vgl. BGH, Beschluss vom 03.04.2008, Az.: V ZB 115/07). Jedenfalls mit Vorlage der
Stellungnahme des Antragsgegners vom 24.10.2018 geht dieser zutreffend von dem
Gebührentatbestand des KV 25204 GNotKG aus.

Gerichtsgebühren sind nicht entstanden. Die erstinstanzliche landgerichtliche Entscheidung
ergeht gerichtsgebührenfrei. Dies ergibt sich, anders als noch im Anwendungsbereich der KostO
(dort § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO), nicht aus den §§ 127 ff. GNotKG. Dies folgt aber daraus, dass
Teil 1 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG keinen anwendbaren Gebührentatbestand enthält
(vgl. Leipziger-GNotKG/Wudy, 2. Aufl. 2016, § 128 Rn. 138 m. w. N.).

Von der Erhebung gerichtlicher Auslagen wird abgesehen (§ 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i. V. m. §
81 Abs. 1, 2 FamFG). Außergerichtliche Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten, da die
entsprechenden Voraussetzungen nicht vorliegen. Da keine Gebühren und Auslagen
entstanden bzw. nicht zu erstatten sind, ist die Festsetzung des Wertes des Antragsverfahrens
nicht veranlasst.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Gera

Erscheinungsdatum:

28.09.2020

Aktenzeichen:

6 OH 24/18

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO § 28; GNotKG §§ 93 Abs. 1, 127, 130 Abs. 2