OLG Hamm 26. Januar 2004
15 W 9/03
BGB § 1365; GBO § 20

Zustimmungserfordernis bei Verfügung über Grundstücksanteil an Lebensgefährtin

§ 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB ersichtlich nämlich primär das Verpflichtungsgeschäft. Das Erfüllungsgeschäft ist gemäß § 1365
Abs.1 Satz 2 BGB nur dann zustimmungsbedürftig, wenn auch
das Verpflichtungsgeschäft zustimmungsbedürftig war, aber die
Zustimmung hierzu nicht eingeholt wurde.15 Ein objektiv unter § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB fallender notarieller Kaufvertrag ist mithin auch ohne Zustimmung des anderen Ehegatten
wirksam, wenn der Erwerber zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Verpflichtungsgeschäftes nicht wusste, dass es sich für
seinen Vertragspartner um ein Gesamtvermögensgeschäft
handelte. Die Auflassung ist vom Grundbuchamt unberührt
von § 1365 Abs. 1 Satz 2 BGB antragsgemäß zu vollziehen.16
Anknüpfend an die eingangs dargestellte Prüfungskompetenz
nach § 20 GBO kann der Rechtspfleger dementsprechend nur
dann zu der Überzeugung kommen, dass das Grundbuch
durch die Eigentumsumschreibung unrichtig wird, wenn sowohl für das Vorliegen des objektiven als auch für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des § 1365 Abs. 1 BGB
im Zeitpunkt der Vornahme des Verpflichtungsgeschäftes
konkrete Anhaltspunkte bestehen. Die begründete Besorgnis,
dass das Grundbuch unrichtig wird, besteht nur in dem Maße,
in dem die begründete Besorgnis besteht, dass § 1365 Abs. 1
BGB einschlägig ist. Dies wiederum setzt voraus, dass sowohl
die objektiven als auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale
vorliegen. Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes kann
nicht über die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 1365
Abs. 1 BGB hinausgehen. Es wurde oben ausgeführt, dass
sich die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 1365
Abs. 1 BGB bei der Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände als Produkt der Abwägung zwischen den Belangen
des durch § 1365 Abs. 1 BGB geschützten, nicht am Rechtsgeschäft beteiligten Ehegatten einerseits und der Sicherheit
des Rechtsverkehrs sowie der nach § 1364 BGB den Regelfall
darstellenden Verfügungsfreiheit des veräußernden Ehegatten
andererseits darstellen. Die Besorgnis, dass das Grundbuch
unrichtig wird, darf nicht als weiterer grundstücksspezifischer
Belang zu Gunsten des nicht beteiligten Ehegatten in diese
Abwägung eingestellt werden und zu einer das subjektive Tatbestandsmerkmal ignorierenden, quasi „überschießenden“
Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes führen. Es handelt
sich bei dem Anliegen, das Grundbuch nicht unrichtig werden
zu lassen, nur um einen spezifisch immobilienrechtlichen,
vollzugstechnischen Annex zum Schutzzweck des § 1365
Abs. 1 BGB, der von dem dargestellten materiellrechtlichen
Abwägungsergebnis auszugehen hat. Ansonsten würde man
die Erleichterung für den Rechtsverkehr durch das subjektive
Tatbestandsmerkmal auf dem Weg über die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts für den Grundstücksverkehr faktisch
aushebeln.17 Daher ist das Grundbuchamt nur dann berechtigt
und verpflichtet, durch Erlass einer Zwischenverfügung nach
§ 18 GBO den Nachweis der Zustimmung des anderen Ehegatten in der Form des § 29 GBO oder den Nachweis weiteren
Vermögens zu verlangen, wenn sich aus den Eintragungsunterlagen oder sonst bekannten Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen
des § 1365 Abs. 1 BGB im Zeitpunkt der Vornahme des notariellen Verpflichtungsgeschäftes sowohl in objektiver als auch
in subjektiver Hinsicht vorlagen.18
41MittBayNot 1/2006 Bürgerliches Recht
Unabhängig davon wäre das subjektive Tatbestandsmerkmal
des § 1365 Abs. 1 BGB vorliegend erfüllt gewesen, wenn es
sich objektiv um ein Gesamtvermögensgeschäft gehandelt
hätte. Maßgeblicher Gesichtspunkt hierfür ist, dass die Erwerberin die Lebensgefährtin des Veräußerers war. Da es sich
bei der Kenntnis vom Gesamtvermögenscharakter eines Veräußerungsgeschäftes um eine innere Tatsache handelt, kann
deren Vorliegen nur aus äußeren Tatsachen gefolgert werden.19 Bei nahen Verwandten, die in Kontakt miteinander
stehen, legen die Umstände die entsprechende Kenntnis nahe.
Anders gewendet spricht in diesem Fall eine Vermutung für
die Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse.20 Gleiches
dürfte für die Lebensgefährtin gelten, die mit dem Ehemann
zusammenwohnt. In diesem Sinne entscheidet auch das OLG
Hamm21 in einem Beschluss vom 27.1.2004: In dem vom
OLG Hamm entschiedenen Sachverhalt veräußerte der Ehemann das streitgegenständliche Grundstück ebenfalls an seine
neue Lebensgefährtin, welche bereits verschiedene Vermögensgegenstände von ihm übernommen hatte. Aus dieser Tatsachenlage durfte das Grundbuchamt dem OLG Hamm zufolge
die Schlussfolgerung ziehen, dass der Erwerberin die Vermögensverhältnisse des Veräußerers bekannt waren und somit
die subjektive Komponente des § 1365 Abs. 1 BGB vorlag.
Vom Ergebnis her betrachtet ist der hier erörterte Beschluss
des Schleswig-Holsteinischen OLG dennoch nicht zu beanstanden, da § 1365 Abs. 1 BGB schon am objektiven Tatbestand scheiterte. Mithin fehlte es bereits am objektiven
Substrat für das subjektive Element des § 1365 Abs. 1 BGB.
Da ein Beschluss im Urteilsstil und nicht im Gutachtenstil
abgefasst wird, waren Ausführungen zum subjektiven Tatbestand entbehrlich und zwar unabhängig davon, ob dieser bei
Vorliegen eines Gesamtvermögensgeschäftes zu bejahen oder
zu verneinen gewesen wäre.
Notarassessorin Brigitte Bauer, LL. M. EUR., Weilheim
19 MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rdnr. 34.
20 OLG Celle, FamRZ 1987, 942, 944; MünchKommBGB/Koch,
§ 1365 Rdnr. 34.
21 MittBayNot 2006, 41 (in diesem Heft).
4. BGB § 1365; GBO § 20 (Zustimmungserfordernis bei
Verfügung über Grundstücksanteil an Lebensgefährtin)
Das Grundbuchamt ist berechtigt und verpflichtet, den
Nachweis der Zustimmung des Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens zu verlangen, wenn sich im Zeitpunkt des Antrags auf Eigentumsumschreibung konkrete
Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Veräußerungsverbots nach § 1365
Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sind. Dies ist insbesondere
dann der Fall, wenn bei der Verfügung über einen 3/4-Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück, der verbleibende 1/4-Miteigentumsanteil infolge dinglicher Belastungen praktisch wertlos ist. Auf vertraglich übernommene
Gegenleistungen kommt es nicht an. (Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Hamm, Beschluss vom 27.1.2004, 15 W 9/03
Aus den Gründen:
Der Beteiligte zu 1 ist Alleineigentümer eines mit einem
Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Die Beteiligten zu
1 und 3 sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet, das
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15 Henrich, § 10 IV 1.
16 BGH, NJW-RR 1990, 1154 f.
17 In diese Richtung auch BayObLGZ 1967, 87, 92, wonach die
Erleichterung durch die subjektive Theorie dem Immobiliargüterverkehr in gleicher Weise zugute kommen soll, wie dem übrigen
Rechtsverkehr.
18 BayObLG, MittBayNot 2000, 439; BayObLGZ 1967, 87.
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Scheidungsverfahren zwischen ihnen ist seit Juni 2001 rechtshängig.
Der Beteiligte zu 1 hat mit notariellem Vertrag einen 3/4-Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück an seine
Lebensgefährtin, die Beteiligte zu 2, übertragen und aufgelassen. Der Vertrag sieht als Gegenleistung ein Altenteilrecht
bestehend aus einem Wohnrecht und der Verpflichtung des
Beteiligten zu 2 zur Hege und Pflege des Beteiligten zu 1 in
gesunden und in kranken Tagen vor. Als weitere Gegenleistung ist die Übernahme von 3/4 der auf dem Grundstück lastenden Darlehensverbindlichkeiten vereinbart. Dem Grundbuchamt wurde eine Ausfertigung der Urkunde vorgelegt und
die Eintragung einer Auflassungsvormerkung veranlasst.
Weiter wurde als einzutragende Belastung eines jeden Miteigentumsanteils der Ausschluss des Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft während der Lebzeiten des Beteiligten zu 1 vereinbart.
Am 13.2.2002 hat die Beteiligte zu 3 beim Familiengericht
einen dinglichen Arrest gegen den Beteiligten zu 1 zur Sicherung eines von ihr reklamierten Zugewinnausgleichsanspruchs
erwirkt. Mit Schriftsatz vom 14.2.2002 hat sie eine Ausfertigung des Arrestbefehls beim Grundbuchamt vorlegen und die
Eintragung einer Arresthypothek an dem oben bezeichneten
Grundstück beantragen lassen.
Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eigentumsumschreibung von der Vorlage einer Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3 in grundbuchmäßiger Form abhängig gemacht, da
der Beteiligte zu 1 mit dem 3/4-Miteigentumsanteil über einen
Gegenstand verfüge, der nahezu sein gesamtes Vermögen ausmache. Gegen die vom Landgericht zurückgewiesene diesbezügliche Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde der
Beteiligten zu 1 und 2.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. (…)
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des
Rechts beruht (§ 78 Satz 1 GBO).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2 ausgegangen. Die Kammer war
mit einer rechtsmittelfähigen Zwischenverfügung des Amtsgerichts befasst. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1
GBO waren gegeben. Es ist allgemein anerkannt, dass das
Grundbuchamt berechtigt und verpflichtet ist, durch Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO den Nachweis der Zustimmung des Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens
zu verlangen, wenn sich im Zeitpunkt des Antrags auf Eigentumsumschreibung konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben,
dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Veräußerungsverbots nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sind (vgl. OLG
Frankfurt, FamRZ 1998, 31, 33 m. w. N.). Auch in der Sache
hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand.
Die Kammer hat im Ausgangspunkt die Prüfungspflicht des
Grundbuchamtes hinsichtlich einer Zustimmungsbedürftigkeit gemäß § 1365 BGB zutreffend beurteilt. Es geht hier um
die beantragte Eintragung des Eigentumswechsels aufgrund
der von den Beteiligten zu 1 und 2 in der notariellen Urkunde
vom 17.12.2001 erklärten Auflassung (§ 925 BGB). Die
Wirksamkeit der Auflassung ist dem Grundbuchamt nachzuweisen (§ 20 GBO).
Da die Beteiligten zu 1 und 3 unstreitig im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, ist die dingliche Einigung unwirksam (§ 1365 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn der Beteiligte zu
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1 mit der Auflassung eines 3/4-Miteigentumsanteils über seiner Vermögen im Ganzen verfügt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH, NJW 1993, 2441 f.) ist
letzteres auch dann anzunehmen, wenn die Verfügung nur
einen einzelnen Vermögensgegenstand betrifft, dieser das
Vermögen jedoch weitgehend ausschöpft. Maßgebend ist
dabei ein Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung, wobei – abhängig von der Größe des Vermögens – ein
Restvermögen von 10 bis 15% als unerheblich angesehen
wird (BGH, NJW 1991, 1739 f.). In Fällen der Verfügung
über einen Einzelgegenstand setzt die Anwendung des § 1365
BGB zusätzlich voraus, dass der Verfügungskontrahent weiß,
dass es sich bei dem Vermögensgegenstand um das wesentliche Vermögen des Verfügenden handelt oder er die Umstände
kennt, aus denen sich dies ergibt (etwa BGH, NJW 1993,
2441; Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1365 Rdnr. 9;
Kemper in HK-BGB, 3. Aufl., § 1365 BGB Rdnr. 9).
Nicht ausdrücklich erörtert hat die Kammer in diesem Zusammenhang die Frage, ob das Grundbuchamt befugt war,
diesen Gesichtspunkt aufzugreifen. Dies ist jedoch unschädlich, da eine solche Prüfungsbefugnis, wie bereits ausgeführt,
hier zu bejahen war. Die Prüfungspflicht im Rahmen des § 20
GBO erstreckt sich auf alle Aspekte der Wirksamkeit der Auflassung, also grundsätzlich auch auf die Notwendigkeit und
das Vorliegen einer Einwilligung nach § 1365 BGB. Allerdings entspricht es nahezu allgemeiner Auffassung, dass die
Vorlage einer Zustimmungserklärung des Ehegatten nur verlangt werden kann, wenn sich aus den Eintragungsunterlagen
oder sonstigen des Grundbuchamt bekannten Umständen
konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Voraussetzungen des § 1365 BGB erfüllt sind, also das betroffene Grundstück das Vermögen des Verfügenden im wesentlichen ausschöpft und dies dem Verfügungskontrahenten bekannt war
(vgl. OLG Frankfurt a. M., FamRZ 1998, 31, 33; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1989, 95; BayObLG, Rpfleger 2000, 265;
OLG Gelle, NJW-RR 2000, 384).
Nach diesen Grundsätzen waren das Grundbuchamt bzw. das
an seine Stelle tretende Beschwerdegericht befugt, die beantragte Eintragung von der Vorlage einer Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3 abhängig zu machen. Ein hinreichend konkreter Anhaltspunkt dafür, dass die Verfügung über
einen 3/4-Miteigentumsanteil am hier betroffenen Grundstück
einer solchen über das Vermögen im Ganzen gleichstand, ergab sich für das Grundbuchamt aus der Tatsache der Arrestvollstreckung und dem Inhalt des Arrestbefehls. Wenn das zuständige Prozessgericht, hier also das Familiengericht, es für
hinreichend glaubhaft gemacht hält, dass der Verfügende bereits erhebliche Vermögenswerte übertragen hat, ist es bei der
Übereignung eines mit einem Mehrfamilienhauses bebauten
Grundstücks bzw. eines erheblichen Miteigentumsanteils an
diesem durchaus nahe liegend, von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1365 BGB auszugehen.
Hinsichtlich der maßgeblichen Wertverhältnisse ist das Landgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen,
dass der dem Beteiligten zu 1 verbleibende 1/4-Miteigentumsanteil kein erhebliches Vermögen mehr darstellt. Dabei kann
es letztlich dahinstehen, in welchem Umfang die dinglichen
Belastungen von dem Verkehrswert des Gesamtgrundstücks
abzusetzen sind. Selbst wenn man, entsprechend dem Vortrag
der weiteren Beschwerde von einem Verkehrswert von
650.000 DM ausgeht, läge der rein rechnerische Anteil von
einem Viertel deutlich unterhalb des unstreitigen Valutenstandes der an dem Miteigentumsanteil entstehenden Gesamtgrundschuld. Berücksichtigt man weiter, dass als dingliche
Belastung des Miteigentumsanteils der bedingte Ausschluss
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des Anspruchs auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft
eingetragen werden soll, so liegt es auf der Hand, dass es
praktisch kaum möglich sein wird, für ein derart belastetes
und gebundenes Recht auf dem Immobilienmarkt einen Käufer zu finden. Der dem Beteiligten zu 1 verbleibende Miteigentumsanteil ist damit praktisch wertlos.
Zu Recht ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass
es für die Anwendbarkeit des § 1365 BGB nicht auf die von
der Beteiligten zu 2 vertraglich übernommenen Gegenleistungen ankommt. Diese Sichtweise entspricht der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa
BGH, NJW 1993, 2441; Kemper, a. a. O., § 1365 Rdnr. 7).
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Beteiligte zu 1 entgegen seinem Vorbringen in dem Zugewinnausgleichsverfahren weiteres Vermögen in nennenswertem Umfang hat. Der aus der Abtretung der Lebensversicherung resultierende bedingte Rückabtretungsanspruch kann rechnerisch allenfalls so berücksichtigt werden, dass bei der Bewertung des Grundstücks und des verbleibenden Miteigentumsanteils die Valutenstände der Belastungen um den Rückkaufswert reduziert werden, da die Abtretungen dieselben Verbindlichkeiten sichert, wie die Grundpfandrechte. Auch dann
übersteigen die Valutenstände jedoch noch den rechnerischen
Anteil von 1/4 an dem Wert des Gesamtgrundstücks. Das Vorhandensein weiteren Vermögens hat der Beteiligte zu 1 weder
gegenüber dem Grundbuchamt noch gegenüber der Kammer
geltend gemacht.
Zu Recht ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass
hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beteiligten zu 2 die Vermögensverhältnisse des Beteiligten zu 1 und
damit der Umstand, dass 3/4 des Grundeigentums sein Vermögen im wesentlichen ausschöpften, bekannt waren. Die Kammer hat insoweit auf den unstreitigen Umstand abgestellt,
dass die Beteiligte zu 2 die Lebensgefährtin des Beteiligten zu
1 ist und bereits verschiedene Vermögensgegenstände von
ihm übernommen hatte. Die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kenntnisstandes der Beteiligten zu 2
liegen auf tatrichterlichem Gebiet und sind im Wege der
Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt überprüfbar. Relevante
Fehler des landgerichtlichen Verfahrens sind insoweit nicht
ersichtlich und werden von der weiteren Beschwerde auch
nicht geltend gemacht.
5. BGB § 1018 (Zulässigkeit einer Wärmebezugsdienstbarkeit)
Eine Grunddienstbarkeit ist nicht schon deswegen inhaltlich unzulässig, weil die Einhaltung der in ihr festgeschriebenen Unterlassungsverpflichtung den Eigentümer
wirtschaftlich zu einem bestimmten Tun (Wärmebezug
von einem Unternehmen) zwingt.
OLG München, Beschluss vom 25.1.2005, 32 Wx 003/05;
mitgeteilt von Jupp Joachimski, Vorsitzender Richter am
BayObLG
Der Beteiligte ist Eigentümer eines Grundstücks. In Abteilung II des
Grundbuchs ist unter lfd. Nr. 2 Folgendes vorgetragen:
„Grunddienstbarkeit (Unterlassen des Errichtens, Betreibens,
Bereitstellens und Beziehens von Wärme zur Raumheizung und
Brauchwarmwasser sowie Heizanlagenbetreibungsrecht) für
den jeweiligen Eigentümer von BV Nr. 1 in Band …, Blatt …;
gemäß Bewilligung vom 29.5.1992 und 5.6.1996 (UR …); eingetragen am …“
Bürgerliches Recht
Die im Grundbuch bezeichnete Bewilligung lautet wie folgt:
„Der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks hat es zu
unterlassen:
a) auf dem dienenden Grundstück Anlagen zu errichten oder
zu betreiben oder errichten und betreiben zu lassen, die der
Erzeugung von Wärme zur Raumheizung und von Wärme
zur Bereitung von Brauchwarmwasser dienen;
b) auf dem dienenden Grundstück von Dritten Wärme oder
Brauchwarmwasser zu beziehen oder beziehen zu lassen.“
Mit Schriftsatz vom 15.3.2004 legte der Beschwerdeführer beim
Amtsgericht eine „Grundbuchbeschwerde“ ein und beantragte, die
bezeichnete Grunddienstbarkeit zu löschen. Dieser Antrag wurde
vom Grundbuchamt zurückgewiesen. Eine gegen die Zurückweisung
eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht zurück. Gegen den Beschluss des Landgerichts wandte sich die weitere Beschwerde des Beteiligten, mit welcher er sein Löschungsbegehren
weiterverfolgte. Das zulässige Rechtsmittel erwies sich als nicht begründet.
Aus den Gründen:
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beschwerde sei
zulässig, jedoch unbegründet, weil eine Löschung im Sinne
des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht vorzunehmen sei; die Eintragung im Grundbuch sei nämlich inhaltlich zulässig. Wegen
der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen
Beschlusses Bezug genommen.
2. Die sorgfältig und ausführlich begründete Entscheidung
des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand:
a) Gemäß § 108 BGB kann Inhalt einer Grunddienstbarkeit
unter anderem sein, dass der Eigentümer des Grundstücks bestimmte Handlungen nicht vornehmen darf. Unstreitig ist es
in der Rechtsprechung, dass eine positive Leistungspflicht
nicht Gegenstand einer Grunddienstbarkeit sein kann (vgl.
hierzu BGH, WM 1984, 820, 821 = MittBayNot 1984, 126;
WM 1985, 808, 809; 1985, 1003, 1004). Dies wird überwiegend aus dem Wortlaut und dem Kontext der Norm gefolgert
(vgl. Walter, NJW 1988, 377, 387).
Daneben besteht Einigkeit darüber, dass die Dienstbarkeit
keine Beschränkung der rechtlichen Verfügungsfreiheit des
Eigentümers des belasteten Grundstücks enthalten darf. Es
darf durch die Grunddienstbarkeit nur eine Unterlassungspflicht im Hinblick auf eine Beschränkung im tatsächlichen
Gebrauch des Grundstücks normiert werden (vgl. BGHZ 29,
244, 248 = DNotZ 1959, 191).
b) Beide Gründe für die Unzulässigkeit einer Dienstbarkeit
liegen nicht vor: Gestaltungen wie die in der eingetragenen
Grunddienstbarkeit vorgenommene können zwar als lediglich
formelle Unterlassungsdienstbarkeiten bezeichnet werden, da
sie materiell im Ergebnis die gleiche Wirkung äußern wie eine
positive Verpflichtung zur Vornahme der nach dem Umfang
des Verbots allein noch erlaubten Handlung. Aus diesem
Grund hat das Bayerische Oberste Landesgericht auch in
früheren Entscheidungen (BayObLGZ 1976, 218; MittBayNot 1978, 213; 1982, 242) derartige Grunddienstbarkeiten
regelmäßig für unzulässig gehalten. Das OLG Düsseldorf
(MDR 1979, 758) hatte damals schon eine entgegengesetzte
Auffassung vertreten.
Zu Recht hebt der BGH (MittBayNot 1984, 126) aber hervor,
dass eine derartige Differenzierung zwischen einer materiellen und einer lediglich formellen Unterlassungsdienstbarkeit
dem Gesetz fremd ist. Eine unmittelbare Rechtspflicht zur
Unterlassung ist qualitativ etwas ganz anderes als ein faktischer Zwang zu einem positiven Tun, der sich erst aufgrund
der tatsächlichen Besonderheiten des dienenden Grundstücks
mittelbar ergibt, etwa weil der Eigentümer eines GaststättenRechtsprechung
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Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

26.01.2004

Aktenzeichen:

15 W 9/03

Rechtsgebiete:

Eheliches Güterrecht
Grundbuchrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2006, 41

Normen in Titel:

BGB § 1365; GBO § 20