Kaufvertraglicher Schadensersatzanspruch; Bemessung mithilfe fiktiver Mängelbeseitigungskosten
letzte Aktualisierung: 31.8.2022
BGH, Urt. v. 11.3.2022 – V ZR 35/21
Kaufvertraglicher Schadensersatzanspruch; Bemessung mithilfe fiktiver Mängelbeseitigungskosten
Wird der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz)
gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht
aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen, hat das Gericht eine
Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu
prüfen, in welcher Höhe ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist; das gilt auch und gerade dann,
wenn in einem Sachverständigengutachten eine Schätzungsbandbreite (hier: +/- 30 %) genannt
wird.
Entscheidungsgründe:
A.
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte hafte den Klägern für die mangelhafte
Abdichtung des Kellers nach den Bestimmungen des Kaufrechts trotz
des vereinbarten Haftungsausschlusses, da er arglistig gehandelt habe. Er habe
Kenntnis davon gehabt, dass der Keller des Hauses im Rahmen der Sanierung
weder vertikal noch horizontal vollständig abgedichtet worden sei. Eine Offenbarungspflicht
habe bestanden, weil falsche Angaben im Exposé eine Fehlvorstellung
bei den Klägern über den Umfang der Sanierung des Kellers hervorgerufen
hätten.
Die Kosten für die Herstellung einer fachgerechten Abdichtung seien gemäß
zu schätzen. Die Kläger müssten sich nicht mit der von dem
Sachverständigen beschriebenen kostengünstigeren Mängelbeseitigungsvariante
A zufriedengeben, da deren Umsetzung die Unvollständigkeit der Abdichtungsmaßnahmen
nicht beseitigen würde. Dies sei nur durch die Baumaßnahmen
der Variante B zu erreichen. Ein Abzug neu für alt sei nicht vorzunehmen,
da nicht erkennbar sei, dass die Sanierungsmaßnahmen zu einer Wertsteigerung
des Grundstücks führten. Die von dem Sachverständigen mit +/- 30 % bezifferten
Schätzungenauigkeiten müssten allerdings durch Abzug von 30 % der ermittelten
Kosten Berücksichtigung finden, da Unsicherheiten bei der Ermittlung der Mangelbeseitigungskosten
nicht zulasten des Schädigers gehen dürften. Es könne
nur der Betrag zuerkannt werden, der im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung
für die Mängelbeseitigung sicher anfalle.
B.
Die Revisionen der Parteien sind unzulässig, soweit ihre Angriffe außerhalb
des Rahmens der auf die Anspruchshöhe beschränkten Revisionszulassung
liegen.
I. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die
Anspruchshöhe beschränkt.
1. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz,
der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung
der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entschei-
dungsgründen ergeben. Es ist anerkannt, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe
auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung
auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig
dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant
angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbstständigen
Teil des Streitstoffs stellt (vgl. Senat, Urteil vom 30. März 2007
- V ZR 179/06,
dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage, ob die Geltendmachung
fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Kaufrecht weiterhin möglich
ist, nur auf die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auswirkt.
Davon gehen auch die Parteien aus.
2. Die Beschränkung ist wirksam. Die Zulassung der Revision kann nach
gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Anspruchshöhe beschränkt
werden. Es handelt sich dabei um einen rechtlich selbstständigen und
abtrennbaren Teil des Streitstoffs, auf den die Parteien selbst ihre Revisionen
hätten begrenzen können (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017
- VII ZR 46/17,
- II ZR 221/09,
II. Die Revision des Beklagten ist daher unzulässig, sofern sie rügt, das
Berufungsgericht habe mangels Verzugs lediglich Prozesszinsen (§ 291 BGB)
zusprechen dürfen. Dieser Streitstoff wird von der beschränkten Revisionszulassung
durch das Berufungsgericht nicht erfasst und unterliegt daher nicht der Prüfungskompetenz
des Revisionsgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember
2013 - VI ZR 211/12,
mit abgedruckt). Nach der Rechtsprechung des Senats besteht allerdings eine
Haupt- und Nebenforderung zu einer Einheit verknüpfende Abhängigkeit, wenn
die auf die Hauptforderung anteilig entfallenden Zinsen nur deshalb abgewiesen
worden sind, weil das Berufungsgericht die Hauptforderung als nicht bestehend
angesehen hat. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung umfasst eine beschränkte
Revisionszulassung in diesen Fällen die auf die Hauptforderung entfallenden Nebenforderungen
(vgl. Senat, Urteil vom 24. September 2021 - V ZR 272/19, NZM
2022, 110 Rn. 8). Fehlt es dagegen an einer verknüpfenden Abhängigkeit von
Haupt- und Nebenforderung, umfasst eine ohne ausdrückliche Erwähnung auf
die (Höhe der) Hauptforderung beschränkte Revisionszulassung nicht die Nebenforderungen.
So liegt es, soweit die Revision sich mit der Begründung gegen
die Annahme eines Verzugsbeginns ab dem 1. Dezember 2015 wendet, die Mahnung
der Kläger vom 17. November 2015 sei wegen einer erheblichen Zuvielforderung
nicht verzugsbegründend gewesen. Das betrifft die dem Anspruchsgrund
der Zinsforderung zuzuordnende Voraussetzung des Verzugsbeginns, also nicht
die bloße Abhängigkeit von Haupt- und Nebenforderung.
III. 1. Die Revision der Kläger ist unzulässig, soweit sie sich gegen die
Abweisung der Klage durch das Berufungsgericht in Höhe eines Teilbetrages von
5.000 Das Berufungsgericht
lehnt eine Einstandspflicht des Beklagten für die Kosten des zusätzlichen
Einbaus einer der richtigen Raumklimakonditionierung dienenden Perimeterdämmung
bereits dem Grunde nach ab, indem es ein arglistiges Verhalten
des Beklagten in Bezug auf diesen Abdichtungsmangel verneint und den Haftungsausschluss
insoweit für wirksam erachtet. Zum Grund des Anspruchs gehören
auch alle Einwendungen, die den Bestand oder die Durchsetzbarkeit des
Klageanspruchs berühren (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 37/67, NJW
1968, 2105). Die Frage, ob ein Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB wegen
Arglist des Verkäufers unwirksam ist, berührt den Anspruchsgrund und ist von
einer auf die Anspruchshöhe beschränkten Revisionszulassung nicht umfasst.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Revision der Kläger zulässig,
soweit sie sich gegen die Kürzung der durch den Sachverständigen ermittelten
Kosten für die notwendigen Sanierungsarbeiten um 30 % richtet. Dieser
Streitstoff ist von der Zulassungsentscheidung erfasst, obwohl das Berufungsgericht
die diesbezügliche Klageabweisung nicht auf die Unzulässigkeit einer fiktiven
Schadensberechnung gestützt hat. Die Schadensberechnung der Kläger beruht
insgesamt auf der Annahme der Zulässigkeit einer fiktiven Schadensberechnung.
Erwiese sich diese als unzulässig, müsste der Schaden insgesamt neu
berechnet werden; dies rechtfertigt die Annahme, dass die Revision in Bezug auf
die Schadenshöhe uneingeschränkt zugelassen worden ist.
3. Über die vorsorglich für den Fall einer hinsichtlich der Schadenshöhe
beschränkten Revisionszulassung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der
Kläger ist trotz teilweiser Unzulässigkeit ihrer Revision nicht zu entscheiden. Wie
der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat erklärt hat, bezieht sich die Nichtzulassungsbeschwerde nur auf die gerügte
Rechtsverletzung bei der Anwendung von
des Schadens.
C.
Soweit die Revision des Beklagten zulässig ist, ist sie in der Sache unbegründet.
Demgegenüber hat die Revision der Kläger Erfolg, soweit sie zulässig
ist.
I. Zur Revision des Beklagten:
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision des Beklagten stand.
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts,
die Kläger hätten einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Sanierungsmaßnahmen
der vom Sachverständigen dargestellten Variante B zur Beseitigung der
Feuchtigkeitsschäden und deren Ursachen.
a) Einer Schadensberechnung auf der Grundlage der Herstellungsvariante
B lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegenhalten, dass
die Maßnahmen denkmalschutzrechtlich unzulässig wären.
aa) Allerdings tritt der sog. kleine Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3,
Fall der Unmöglichkeit der Nacherfüllung keinen darauf beruhenden Schadensersatzanspruch
geben kann und sich die Ansprüche des Gläubigers auf Minderung
oder Rücktritt beschränken (§ 326 Abs. 5 i.V.m.
vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18,
Unmöglich wäre die Nacherfüllung, wenn die Herstellungsvariante B denkmalschutzrechtlich
unzulässig wäre. Davon musste das Berufungsgericht indessen
nicht ausgehen.
bb) Zur Durchführung der von dem Sachverständigen für erforderlich gehaltenen,
mit Eingriffen in die Bausubstanz verbundenen Maßnahmen zur Umsetzung
der Herstellungsvariante B mag eine Genehmigung der Denkmalschutzbehörde
erforderlich sein; zu einer Unmöglichkeit der Nacherfüllung führte das
aber erst, wenn feststünde, dass deren Erteilung ausgeschlossen ist. Hiervon
musste das Berufungsgericht ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ausgehen, und
die Revision zeigt auch keinen diesbezüglichen Vortrag des insoweit darlegungsund
beweispflichtigen Beklagten (vgl. Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch
der Beweislast, 4. Aufl.,
b) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, die Kläger
müssten sich nicht mit den vom Sachverständigen beschriebenen kostengünstigeren
Maßnahmen der Variante A zufriedengeben. Da der Schadensersatz geder
Gläubiger verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn
der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte (sog. positives Interesse;
vgl. Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19,
Hiernach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht
den Schaden der Kläger anhand der Kosten für eine Mängelbeseitigung nach der
Variante B bemisst. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die sich das
Berufungsgericht zu eigen macht, beseitigt die kostengünstigere Variante A nicht
die Unvollständigkeit der Abdichtungsmaßnahmen. Die Rüge der Revision, der
Sachverständige habe nicht ausgeführt, dass die Unvollständigkeit der Abdichtung
nur durch die Maßnahmen der Variante B zu beseitigen sei, ist unbegründet.
, die Variante B
nstruktion, wie sie bei einer Sadie
Kläger nach den vorvertraglichen Äußerungen des Beklagten eine komplette
und überdies sehr aufwändige Sanierung aus dem Jahr 2000 erwarten durften
und über das Fehlen einer solchen Abdichtung arglistig getäuscht worden sind,
werden sie nur durch den Ersatz der Kosten, die für die Variante B entstehen, so
gestellt, als hätte der Beklagte den Vertrag gehörig erfüllt.
2. Soweit der Beklagte geltend macht, seine Arglist in Bezug auf die unvollständige
Horizontalsperre sei nicht tragfähig begründet und Mängel in der Beweiswürdigung
durch das Berufungsgericht rügt, bleibt die Revision ohne Erfolg.
Bezogen auf die Verurteilung in der Hauptsache ist sie zwar nicht unzulässig,
weil der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag insgesamt auch auf Erwägungen
stützt, die die Anspruchshöhe betreffen. Da die Revision wie dargelegt nur
beschränkt auf die Anspruchshöhe zugelassen wurde, ist der Beklagte aber mit
Angriffen gegen die - den Grund des Anspruchs betreffende - Annahme des Berufungsgerichts
ausgeschlossen, er habe arglistig gehandelt.
3. Das Berufungsgericht lehnt einen Abzug neu für alt ebenfalls zu Recht
ab. Dabei kann offenbleiben, ob ein solcher Abzug im Rahmen des an die Nacherfüllungsverpflichtung
des Verkäufers anknüpfenden Schadensersatzanspruchs
nach § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB überhaupt in Betracht kommt. Jedenfalls verweist
das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler darauf, dass schon das Landgericht
keine konkreten Anhaltspunkte für eine Sanierung der Abdichtung gesehen
und deswegen einen Abzug neu für alt abgelehnt habe; hierzu habe der Beklagte
nicht weiter vorgetragen. Der für den Abzug darlegungs- und beweisbelastete
(vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02,
Schädiger hat hinreichend substantiiert darzutun, dass und gegebenenfalls in
welcher Höhe der Geschädigte einen auszugleichenden Vermögensvorteil erlangt
hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - VII ZR 333/90, NJW-RR 1992,
1300, 1301). Dass ein solcher Vortrag gehalten wurde, zeigt der Beklagte mit der
Revision nicht auf, sondern verweist lediglich auf seinen allgemein gehaltenen
erstinstanzlichen Vortrag.
4. Die vorsorglich für den Fall einer auf die Schadenshöhe beschränkten
Revisionszulassung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, mit
der er im Revisionsverfahren eine Klageabweisung erreichen will, soweit er zur
Zahlung eines n Zinsen übersteigenden Betrags
verurteilt worden ist, ist zurückzuweisen. Die Rechtssache wirft insoweit
keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).
II. Zur Revision der Kläger:
Soweit die Revision der Kläger zulässig ist, hat sie Erfolg.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der
kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner
Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussicht-
Mängelbeseitigungskosten
bemessen werden kann, wie der Senat zwischenzeitlich entschieden
hat (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19,
Rn. 7).
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können bei der Bemessung
der Höhe des Schadensersatzanspruchs die durch den Sachverständigen ermittelten
Kosten für die notwendigen Sanierungsarbeiten allerdings nicht um 30 %
gekürzt werden.
a) Den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag hat das Gericht gemäß
§ 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung
zu ermitteln. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in Bezug
auf materiellrechtliche Fehler ohne Bindung an die Revisionsrügen von Amts
wegen (vgl. MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl., § 546 Rn. 14) - revisionsrechtlich zwar
nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien
unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt,
wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner
Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senat, Urteil vom
25. Januar 2013 - V ZR 222/12,
2019 - VI ZR 315/18,
ist dem Berufungsgericht aber unterlaufen.
b) Das Berufungsgericht überspannt das Maß notwendiger Überzeugung
im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO und verkennt damit Rechtsgrundsätze der
Schadensbemessung.
aa) Steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde
nach fest und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, kommt dem Geschädigten
die Beweiserleichterung des
strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO reicht bei der Entscheidung über
die Schadenshöhe eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit
für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH, Urteil vom
29. Mai 2013 - VIII ZR 174/12,
möglichst nahe an die Wirklichkeit heranführen (BGH, Urteil vom 17. Dezember
1996 - X ZR 76/94,
bb) Das hat das Berufungsgericht verkannt. Es meint, es dürfe nur der
Betrag ausgeurteilt werden, der im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung für
die Mängelbeseitigung sicher anfalle, so dass bei einer Schätzungsbandbreite
regelmäßig nur der untere Betrag als Schaden ausgeurteilt werden könne. Zu
Unrecht fordert es damit für die von ihm vorzunehmende Schadensbemessung
eine sogar im Rahmen des § 286 ZPO nicht erforderliche absolute Gewissheit.
Zwar dürfen auch bei einer Schätzung gemäß
der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten im Grundsatz nicht zu Lasten
des Schädigers gehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 251/02, NJW-
RR 2003, 878, 879; OLG Celle,
der Sache, dass bei der fiktiven Berechnung der für die Schadensbeseitigung
erforderlichen Sanierungskosten eine (gewisse) Unsicherheit verbleibt, ob der
objektiv zur Herstellung erforderliche (ex ante zu bemessende) Betrag demjenigen
entspricht, der bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur angefallen
wäre oder anfallen würde. Wird der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz
statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280,
281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewen-
Mängelbeseitigungskosten bemessen, hat das Gericht daher
eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen
und insoweit zu prüfen, in welcher Höhe ein Schaden überwiegend
wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2019 - VI ZR 396/18,
eine Schätzungsbandbreite genannt wird. Feststellungen
dazu, ob der von dem Berufungsgericht zuerkannte, am unteren Bereich der
Schätzungsbandbreite liegende Betrag die Kosten der Mängelbeseitigung eher
wiedergibt als die vom Sachverständigen unter Außerachtlassung von Ungenauigkeiten
ermittelten Mängelbeseitigungskosten, hat das Berufungsgericht nicht
getroffen.
III.
Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben
(
weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Die Sache ist zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die Schadensermittlung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats erneut vornehmen kann. Dabei ist zu beachten,
dass im Rahmen des sog. kleinen Schadensersatzes der Betrag verlangt werden
kann, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung zur Beseitigung
der Mängel erforderlich ist (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2004 - V ZR 77/03,
(+ 30 %) liegen kann.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:11.03.2022
Aktenzeichen:V ZR 35/21
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
ZPO § 287 Abs. 1; BGB §§ 280, 281, 437 Nr. 3