OLG Köln 11. Juli 2022
2 Wx 102/22
GBO §§ 47, 53, 71 Abs. 2, 78 Abs. 2; FamFG § 59 Abs. 1; BGB § 738 Abs. 1 S. 1

Tod des Mitgesellschafters einer Zwei-Personen-Grundstücks-GbR: Eintragung des verbleibenden Gesellschafters als Alleineigentümer des Grundstücks

letzte Aktualisierung: 17.11.2022
OLG Köln, Beschl. v. 11.7.2022 – 2 Wx 102/22

GBO §§ 47, 53, 71 Abs. 2, 78 Abs. 2; FamFG § 59 Abs. 1; BGB § 738 Abs. 1 S. 1
Tod des Mitgesellschafters einer Zwei-Personen-Grundstücks-GbR: Eintragung des verbleibenden Gesellschafters als Alleineigentümer des Grundstücks

Bei dem Tod eines Mitgesellschafters einer Zwei-Personen-GbR wird im Falle der Anwachsung der
verbleibende Gesellschafter als Alleineigentümer eines der Gesellschaft gehörenden Grundstücks
eingetragen.

Gründe:

I.
In notarieller Urkunde vom 01.09.2010 (URNr. X1 für 2010 des Notars A in B, Bl. 60 ff.)
gründete Herr C D mit der Beteiligten zu 1., seiner Ehefrau, eine BGB-Gesellschaft unter
dem Namen „E GbR“. Unter § 11 „Tod eines Gesellschafters“ heißt es:

„Stirbt ein Gesellschafter, so wächst dessen Geschäftsanteil dem verbleibenden
Gesellschafter an. Beim Tode des längstlebenden Gesellschafters oder im Falle des
gleichzeitigen Versterbens geht der Anteil auf den jeweiligen Erben bzw. den vom
jeweiligen Gesellschafter genannten Vermächtnisnehmer über. Die Geschäftsanteile sind
insoweit vererblich.“

Herr D brachte den im Grundbuchblatt X2 des Grundbuchs von F verzeichneten
Grundbesitz (jeweils Gemarkung F, Flur 4, Flurstücke 24 und 95) in die Gesellschaft ein.
Als Eigentümerin wurde am 10.09.2020 die vorgenannte Gesellschaft mit Herrn C D und
der Beteiligten zu 1. als Gesellschaftern eingetragen.
Am 10.06.2021 verstarb Herr C D.

Gemäß Antrag der Beteiligten zu 1. vom 16.12.2021 (Bl. 122) hat das Grundbuchamt am
26.04.2022 als Alleineigentümerin die Beteiligte zu 1. eingetragen mit dem Vermerk
„Infolge Anwachsung nach Tod des Gesellschafters 3.1. auf Nr. 4 umgeschrieben.“
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer am 27.04.2022 bei dem Amtsgericht
eingelegten, als „Widerspruch“ bezeichneten Beschwerde (Bl. 137). Sie bringt vor, die
Hälfte des Grundbesitzes fiele in den Nachlass ihres verstorbenen Vaters, sodass für
diesen Anteil Erbansprüche von ihr sowie ihrer Schwester vorlägen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

II.
Eine Beschwerde gegen eine vollzogene Eintragung ist unzulässig; mit ihr kann nur das
Ziel verfolgt werde, das Grundbuchamt zur Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO
anzuweisen (§ 71 Abs. 2 GBO). Auch mit diesem zulässigen Ziel hat das Rechtsmittel
keinen Erfolg.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen unter dem Gesichtspunkt der
Beschwerdeberechtigung, die nach § 59 Abs. 1 FamFG eine Beeinträchtigung in eigenen
Rechten voraussetzt. Ob die Beteiligte zu 2. im Hinblick darauf, dass der Erblasser in dem
notariellen Testament vom 01.09.2010 die Beteiligte zu 1. zur Alleinerbin berufen hat, eine
Beteiligung als (Mit-)Erbin überhaupt geltend machen kann, kann aber dahinstehen.
Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die beanstandete Eintragung nicht
unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden ist und nicht zu einer
Unrichtigkeit des Grundbuchs im Sinne des § 53 GBO geführt hat. Vielmehr hat das
Grundbuchamt aufgrund des Todes des Mitgesellschafters mit Recht die Beteiligte zu 1.
als Alleineigentümerin eingetragen, da sie mit dem Tod des Mitgesellschafters
Alleineigentum an dem Grundbesitz erworben hat. Die Rechtsnachfolge in die
Gesellschafterstellung vollzieht sich nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages (BGH,
Beschluss vom 10.02.2022, V ZB 87/20, juris Rn. 11). Dies schließt das
Gesellschaftsvermögen ein, zu dem hier der im Grundbuchblatt 135 verzeichnete
Grundbesitz gehörte. Im Falle der Anwachsung wird der verbleibende Gesellschafter zum
Rechtsnachfolger der erlöschenden Gesellschaft und damit auch Eigentümer eines der
Gesellschaft gehörenden Grundstücks, wobei sich die Umschreibung als
Grundbuchberichtigung darstellt (Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 47 Rz. 31.2). So
liegen die Dinge hier: Der vorliegende Gesellschaftsvertrag sieht in § 11 Satz 1 – insoweit
in Übereinstimmung mit § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB – vor, dass beim Tod eines
Gesellschafters sein Anteil dem verbleibenden Gesellschafter anwächst. Beim Tod des
ersten Gesellschafters vollzieht sich der Übergang der Mitbeteiligung am Grundbesitz
daher außerhalb des Erbrechts, weshalb es für die Umschreibung im Grundbuch nicht
darauf ankommt, wer Erbe des zuerst verstorbenen Gesellschafters geworden ist. Soweit
§ 11 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages eine Vererblichkeit vorsieht, gilt dies nur
(„insoweit“) für den in Satz 2 geregelten Fall des Versterbens des letzten verblieben
Gesellschafters.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2
GBO nicht vorliegen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 160.000,-- €
(die angegriffene Umschreibung bezieht sich auf eine mit der Hälfte zu bewertende
Beteiligung am gebuchten Grundbesitz; in der Veräußerungsanzeige des Urkundsnotars
vom 01.09.2010 war der Einbringungswert des Grundbesitzes mit 320.000,-- € angegeben,
Bl. 70)

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

11.07.2022

Aktenzeichen:

2 Wx 102/22

Rechtsgebiete:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

BWNotZ 2022, 291-292
Rpfleger 2023, 20-22

Normen in Titel:

GBO §§ 47, 53, 71 Abs. 2, 78 Abs. 2; FamFG § 59 Abs. 1; BGB § 738 Abs. 1 S. 1