BGH 02. Oktober 2019
XII ZB 164/19
BGB §§ 1804, 1908i Abs. 2 S. 1, 2301

Betreuung; Schenkungsverbot; Abgrenzung Schenkung unter Lebenden und Schenkung von Todes wegen

letzte Aktualisierung: 13.12.2019
BGH, Beschl. v. 2.10.2019 – XII ZB 164/19

BGB §§ 1804, 1908i Abs. 2 S. 1, 2301
Betreuung; Schenkungsverbot; Abgrenzung Schenkung unter Lebenden und Schenkung
von Todes wegen

a) Ein von einem Betreuer abgegebenes Schenkungsversprechen, durch das eine unter Betreuung
stehende Person ihren gesamten zum Todestag bestehenden Nachlass einer Stiftung verspricht,
unterliegt dem Schenkungsverbot der §§ 1908 i Abs. 2 Satz 1, 1804 BGB (im Anschluss an
Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 – XII ZB 479/11 – FamRZ 2012, 967).
b) Zur Abgrenzung der Schenkung unter Lebenden, deren Erfüllung bis zum Tode des Schenkers
aufgeschoben ist, von der Schenkung von Todes wegen.

Gründe:

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die betreuungsgerichtliche Genehmigung
eines Schenkungsversprechens.

Für die Betroffene ist wegen einer schweren geistigen Behinderung eine
Betreuung eingerichtet. Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2014 wurde ihr Vater,
der Beteiligte zu 1, zum Betreuer unter anderem mit dem Aufgabenkreis
Vermögensangelegenheiten bestellt. Mit Beschluss vom 12. Juli 2018 wurde
der Beteiligte zu 2 zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis "Abgabe
eines Schenkungsversprechens von Todes wegen" bestellt. Dieser gab am
4. September 2018 im Namen der Betroffenen zur Niederschrift eines Notars
ein Schenkungsversprechen ab, wonach die Betroffene ihren gesamten zum
Todestag bestehenden Netto-Nachlass abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten
einer von ihren Eltern gegründeten Stiftung, die mit dem Tod des Vaters der
Betroffenen entstehen sollte, verspricht.

Die von dem Beteiligten zu 2 beantragte betreuungsgerichtliche Genehmigung
der von ihm im Rahmen des Schenkungsversprechens abgegebenen
Erklärungen hat das Amtsgericht nach Bestellung des Beteiligten zu 3 zum Verfahrenspfleger
abgelehnt. Die von dem Beteiligten zu 2 im Namen der Betroffenen
eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom
Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die beabsichtigte Schenkung des Vermögens der Betroffenen auf deren
Todesfall sei nicht genehmigungsfähig, wobei dahinstehen könne, ob dies bereits
aus dem Schenkungsverbot der §§ 1908 i Abs. 2 Satz 1, 1804 BGB folge.
Jedenfalls genüge das abgegebene Schenkungsversprechen auf den Todesfall
nicht den Anforderungen des § 2301 BGB. Danach fänden auf ein Schenkungsversprechen
von Todes wegen die Vorschriften über Verfügungen von
Todes wegen Anwendung. Diese Vorschriften könne die Betroffene jedoch nicht
erfüllen, weil sie bereits seit ihrem ersten Lebensjahr aufgrund ihrer schweren
geistigen Behinderung weder testier- noch geschäftsfähig sei. Zudem könne sie
bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen nicht durch einen Betreuer
vertreten werden.

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Landgericht hat jedenfalls
im Ergebnis zu Recht die Genehmigung des Schenkungsversprechens
verweigert.

a) Dabei kann dahinstehen, ob die Betroffene durch das notarielle
Schenkungsversprechen überhaupt zu einer Verfügung über ihr Vermögen im
Ganzen verpflichtet wird, die nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1822 Nr. 1 BGB zur
Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtsgeschäfts führt, weil das Schenkungsversprechen
jedenfalls nicht genehmigungsfähig wäre. Die betreuungsgerichtliche
Genehmigung eines vom Betreuer im Namen des Betreuten vorgenommenen
genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts darf nicht erteilt werden, wenn
das zugrundeliegende Rechtsgeschäft gesetz- oder sittenwidrig oder unter Verstoß
gegen gesetzliche Vorschriften zustande gekommen ist, insbesondere
wenn der Betreuer bei der Abgabe der Willenserklärung für den Betroffenen von
der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen ist (vgl. BayObLG FamRZ 2001,
51, 52; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs 7. Aufl. § 1828 Rn. 22). Eine dennoch
erteilte betreuungsgerichtliche Genehmigung würde nicht zur Wirksamkeit des
Rechtsgeschäfts führen (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 47). Danach war im vorliegenden
Fall das notarielle Schenkungsversprechen nicht genehmigungsfähig,
weil es weder als Schenkungsversprechen von Todes wegen nach § 2301
Abs. 1 BGB noch als unbedingtes Schenkungsversprechen gemäß § 518
Abs. 1 BGB wirksam zustande gekommen ist.

b) Das Landgericht hat angenommen, dass es sich im vorliegenden Fall
um ein Schenkungsversprechen von Todes wegen gemäß § 2301 BGB handelt.

Voraussetzung hierfür wäre, dass die Schenkung unter der Bedingung steht,
dass der Begünstigte den Schenker überlebt. Ein unbedingtes Schenkungsversprechen
fällt hingegen nicht unter § 2301 Abs. 1 BGB, selbst wenn seine Erfüllung
auf die Zeit des Todes des Schenkers oder später hinausgeschoben
wird (BGH Urteil vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553, 1554
mwN). Zwar ist es für Annahme einer Schenkung von Todes wegen nicht
zwingend erforderlich, dass der Schenker ausdrücklich eine Überlebensbedingung
iSv § 2301 Abs. 1 BGB erklärt (BGH Urteil vom 12. November 1986
- IVa ZR 77/85 - NJW 1987, 840 f.), weil sich eine solche Bedingung auch aus
den Umständen, dem Sinn der Schenkung oder der Interessenlage der Beteiligten
ergeben kann (Staudinger/Kanzleiter BGB [2019] § 2301 Rn. 10 mwN). Im
vorliegenden Fall will die Betroffene nach ihrem Tod jedoch die noch zu gründende
Stiftung ihrer Eltern (§ 83 BGB) als Beschenkte einsetzen. Wird in einem
Schenkungsversprechen allein eine juristische Person (§ 80 Abs. 1 BGB) als
Begünstigte eingesetzt, liegt die Annahme fern, dass die Wirksamkeit der
Schenkung von einer echten Überlebensbedingung iSv § 2301 Abs. 1 BGB abhängig
gemacht werden soll (vgl. auch Staudinger/Kanzleiter BGB [2019]
§ 2301 Rn. 10). Vielmehr dürfte in einem solchen Fall eine unbedingte Schenkung,
deren Erfüllung bis zum Tode des Schenkers aufgeschoben ist, vorliegen,
auf die § 2301 BGB keine Anwendung findet (BGH Urteil vom 20. Juni 1984
- IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553, 1554). Diese Abgrenzung kann hier jedoch
dahinstehen.

aa) Nimmt man mit dem Landgericht an, dass es sich bei dem notariellen
Schenkungsversprechen um ein Schenkungsversprechen von Todes wegen
gemäß § 2301 Abs. 1 BGB handelt, wäre dieses unwirksam. Nach § 2301
Abs. 1 Satz 1 BGB finden auf das Schenkungsversprechen von Todes wegen
die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung, wobei unterschiedliche
Auffassungen dazu vertreten werden, ob hierbei die für den Erbvertrag
geltenden Formvorschriften einzuhalten sind (so Staudinger/Kanzleiter
BGB [2019] § 2301 Rn. 3; Palandt/Weidlich BGB 78. Aufl. § 2301 Rn. 6;
Burandt/Rojahn/Burandt Erbrecht 3. Aufl. § 2301 BGB Rn. 15) oder die Form
des § 2247 BGB genügt (so MünchKommBGB/Musielak 7. Aufl. § 2301, 13;
BeckOK BGB/Litzenburger [Stand: 1. August 2019] § 2301 Rn. 7 mwN). Ungeachtet
dieser Frage setzt die Abgabe eines Schenkungsversprechens von Todes
wegen daher entweder die Testierfähigkeit des Schenkers (§ 2229 BGB)
oder dessen Geschäftsfähigkeit (§ 2275 Abs. 1 BGB) voraus. Nach den vom
Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist die Betroffene aufgrund
ihrer geistigen Behinderung weder geschäfts- noch testierfähig, so dass
sie persönlich ein Schenkungsversprechen von Todes wegen nicht hätte abgeben
können. Eine wirksame Vertretung der Betroffenen durch den Ergänzungsbetreuer
ist bei der Abgabe eines Schenkungsversprechens von Todes wegen
weder bei Anwendung der erbvertraglichen Formvorschriften (§ 2274 BGB)
noch bei Anwendung der für eine Testamentserrichtung geltenden Bestimmungen
(§ 2064 BGB) möglich.

bb) Nimmt man hingegen mit der Rechtsbeschwerde an, es liege ein
Schenkungsversprechen unter Lebenden iSv § 518 Abs. 1 BGB vor, scheitert
die Wirksamkeit und damit auch die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts
jedenfalls an dem betreuungsrechtlichen Schenkungsverbot der
§§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1804 BGB. Danach kann der Betreuer in Vertretung
des Betreuten keine Schenkungen vornehmen (§ 1804 Satz 1 BGB). Ausgenommen
von diesem Verbot sind lediglich - hier nicht vorliegende - Schenkungen,
durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden
Rücksicht entsprochen wird (§ 1804 Satz 2 BGB). Da es sich bei § 1804 BGB
um ein Verbotsgesetz iSv § 134 BGB handelt, wäre eine vom Betreuer vorgenommene
Schenkung selbst dann nichtig, wenn das Geschäft vom Betreuungsgericht
genehmigt worden wäre (MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs 7. Aufl.
§ 1804 Rn. 11 mwN).

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch keine
Einschränkung des Schenkungsverbots aufgrund der Ausführungen des Senats
in dem Beschluss vom 25. Januar 2012 (XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967). In
diesem Fall hatte sich der Senat mit der Frage zu befassen, ob die von einem
Betreuer erklärte Bewilligung der Löschung eines im Grundbuch zugunsten des
Betreuten eingetragenen Wohnungsrechts dem Schenkungsverbot nach
§§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1804 BGB unterfällt. Der Betreute konnte nach seinem
Umzug in ein Pflegeheim aus gesundheitlichen Gründen das zu seinen Gunsten
bestellte beschränkte dingliche Wohnungsrecht endgültig nicht mehr selbst
nutzen und eine anderweitige wirtschaftliche Nutzung des Rechts, etwa durch
die Vermietung der Wohnung, war nicht möglich (§ 1093 Abs. 2 BGB), weil die
nach § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB hierfür erforderliche Gestattung des Eigentümers
fehlte. Dadurch hatte das Wohnungsrecht für den Betreuten jeglichen
wirtschaftlichen Wert verloren. Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat der Senat
entschieden, dass der Verzicht auf ein wertlos gewordenes Wohnungsrecht
den Begriff der Schenkung im Sinne des § 1804 BGB nicht erfüllt (Senatsbeschluss
vom 25. Januar 2012 - XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967 Rn. 18).

Die dieser Entscheidung zugrundeliegende Erwägung des Senats,
dass eine Rechtsposition, die keinen Vermögenswert darstellt, nicht dem
Schutz des § 1804 BGB untersteht (Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012
- XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967 Rn. 17), lässt sich - entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde - schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht
übertragen, weil es sich hier um werthaltiges Vermögen handelt. Allein der Umstand,
dass der Anspruch aus dem Schenkungsversprechen erst nach dem Tod
der Betroffenen fällig werden sollte, ändert hieran nichts. Der Zweck des § 1804
BGB liegt in dem Schutz des Vermögens des Betreuten, aus dem nichts unentgeltlich
weggegeben werden soll (Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012
- XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967 Rn. 17). Im Übrigen wäre das Vermögen
der Betroffenen mit Abschluss des Schenkungsversprechens bereits zu Lebzeiten
mit der Verpflichtung belastet, den im Zeitpunkt ihres Todes vorhandenen
Nachlass an die noch zu gründende Stiftung zu übertragen. Von dieser Verpflichtung
könnte sich die Betroffene bis zu ihrem Tod nur unter den engen Voraussetzungen
eines Schenkungswiderrufs nach § 530 Abs. 1 BGB lösen. Zudem
wäre die Betroffene, und im Falle ihres Versterbens wären ihre Erben, bei
einer nicht rechtzeitigen oder nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Schenkungsversprechens
gemäß §§ 280 ff., 521 BGB der Beschenkten zum Schadensersatz
verpflichtet. Deshalb wirkt sich der Abschluss des Schenkungsversprechens,
auch wenn dessen Erfüllung bis zum Zeitpunkt des Todes der Betroffenen
hinausgeschoben werden soll, auf das Vermögen der Betroffenen
nachteilig aus, so dass im vorliegenden Fall das Schenkungsverbot nach
§ 1804 BGB uneingeschränkt eingreift.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen,
weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung,
zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

02.10.2019

Aktenzeichen:

XII ZB 164/19

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Stiftung
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Allgemeines Schuldrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testierfähigkeit
Testamentsform
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag

Erschienen in:

RNotZ 2020, 226-229
ZNotP 2020, 176-177
FGPrax 2020, 34-36
ZEV 2020, 52-54

Normen in Titel:

BGB §§ 1804, 1908i Abs. 2 S. 1, 2301