OLG Naumburg 06. November 2017
12 Wx 54/17
BGB § 1365 Abs. 1; GBO §§ 53 Abs. 1 S. 1, 71; WEG § 12 Abs. 1; WGV § 3 Abs. 2

Keine Geltung des § 1365 BGB für den Insolvenzverwalter

letzte Aktualisierung: 17.5.2019
OLG Naumburg, Beschl. v. 6.11.2017 – 12 Wx 54/17

BGB § 1365 Abs. 1; GBO §§ 53 Abs. 1 S. 1, 71; WEG § 12 Abs. 1; WGV § 3 Abs. 2
Keine Geltung des § 1365 BGB für den Insolvenzverwalter

Das Erfordernis der Zustimmung des Ehegatten nach § 1365 Abs. 1 BGB gilt nicht für den
Insolvenzverwalter über das Vermögen des anderen Ehegatten.

Gründe:

I.
Der Beteiligte zu 1. ist als Eigentümer zu 131/1000 Miteigentumsanteil an dem o. g. Grundstück
eingetragen, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 1 des Aufteilungsplanes.
Mit Beschluss vom 25. April 2013 (Geschäfts-Nr.: 7 IN 295/12) wurde Rechtsanwalt
Dr. H. R. zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beteiligten
zu 1. bestellt. Mit notariellem Kaufvertrag des Notars Dr. J. L. aus H.
vom 22. Mai 2017 (UR-Nr.: 707/2017) veräußerte dieser in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter
den o. g. Miteigentumsanteil an dem o. g. Grundstück an den Beteiligten zu 2. zu
einem Kaufpreis von 45.000,00 Euro. In der notariellen Urkunde bewilligte und beantragte
der Insolvenzverwalter eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf
Übertragung des Eigentums in das Grundbuch einzutragen. Dieser schloss sich diesem Antrag
an. Die Auflassungsvormerkung wurde darauf am 2. Juni 2017 im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 28. April 2017 erhob der Beteiligte zu 1. "Widerspruch" gegen die bereits
beantragte, oder noch erfolgende Beantragung der Auflassung durch den vollziehenden
Notar wegen Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Zur Begründung führte
er aus, dass ein Verstoß gegen das Veräußerungsverbot aus § 12 WEG vorliege. Mit weiterem
Schreiben vom 17. Juli 2017 führte er ergänzend aus, dass ein weiterer Grund für einen
solchen "Widerspruch" in der Tatsache zu sehen sei, dass er schon seit Jahrzehnten,
jedenfalls seit 3. Oktober 1990, im gesetzlichen Güterstand mit seiner Ehefrau lebe und es
sich bei dem o. g. Miteigentumsanteil um sein gesamtes, auf jeden Fall aber weit überwiegende
Vermögen i. S. d. § 1365 BGB handele. Bisher habe seine Ehefrau aber ihre Zustimmung
zur Veräußerung gemäß § 1365 Abs. 1 BGB nicht erteilt. Der Anspruch auf Eintragung
eines Amtswiderspruchs sei somit gegeben und werde hiermit ergänzend beantragt.

Mit Beschluss vom 21. August 2017 hat das Amtsgericht Stendal - Grundbuchamt - dem
Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht
Naumburg zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Schreiben
des Beteiligten zu 1. vom 17. Juli 2017 im Zusammenhang mit dem am 28. April 2017
eingegangenen Widerspruch als Rechtsmittel gegen die am 2. Juni 2017 erfolgte Eintragung
einer Auflassungsvormerkung ausgelegt werde. Dieses sei als Beschwerde zu werten, die
nach § 71 GBO form- und fristgerecht eingelegt worden, jedoch nicht begründet sei.

Der Beteiligte zu 1. stütze sein Rechtsmittel auf die fehlenden Zustimmungen des Verwalters
nach § 12 WEG sowie seiner Ehefrau nach § 1365 BGB. Diese seien hier jedoch nicht erforderlich.
Mangels Vereinbarung nach § 12 WEG sei eine Verfügungsbeschränkung nicht gegeben.
Auch die Regelung aus § 1365 BGB greife nicht ein, weil der Insolvenzverwalter kraft
Amtes zum Wohl der Gesamtheit der Gläubiger gehandelt habe.

II.
1. Die Beschwerde ist unter Auslegung des Beschwerdebegehrens mit dem Inhalt zulässig,
das Grundbuchamt anzuweisen, einen Widerspruch nach § 53 GBO einzutragen oder eine
Löschung vorzunehmen (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO).

2. Sie ist jedoch nicht begründet. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch
in das Grundbuch einzutragen, wenn eine Eintragung unter Verletzung gesetzlicher
Vorschriften erfolgt und das Grundbuch hierdurch unrichtig geworden ist. Das ist hier
jedoch nicht der Fall.

Das Grundbuchamt hat die beantragte Auflassungsvormerkung zu Recht eingetragen. Dieser
Eintragung steht auch nicht die Veräußerungsbeschränkung aus § 12 Abs. 1 WEG entgegen.
Danach kann eine solche Beschränkung zwar als Inhalt des Sondereigentums vereinbart
werden, sie muss aber ausdrücklich in das Grundbuch eingetragen werden (§ 3 Abs.
2 WGV). Dies ist hier nicht geschehen, wobei weder vorgetragen wurde, noch sonst ersichtlich
ist, dass eine solche Beschränkung bei der Begründung des Wohnungseigentums überhaupt
vereinbart worden ist. Aus Ziffer III 5. der Teilungserklärung vom 23. Juli 1996 der Notarin
Kerstin Adamietz (UR-Nr.: 1364/1996) ergibt sich vielmehr, dass das Wohnungseigentum
frei veräußerlich und vererblich sein sollte.

Auch eine fehlende Zustimmung der Ehefrau des Beteiligten zu 1. nach § 1365 Abs. 1 BGB
rechtfertigt keine Eintragung eines Amtswiderspruchs. Denn dieses Zustimmungserfordernis
gilt nicht für den Insolvenzverwalter (z. B. Mock in Uhlenbruck, InsO, Rn. 260 zu § 80).

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 80, 84 FamFG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren hat ihre Rechtsgrundlage
in den §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

06.11.2017

Aktenzeichen:

12 Wx 54/17

Rechtsgebiete:

Eheliches Güterrecht
Grundbuchrecht
WEG

Erschienen in:

MittBayNot 2019, 188

Normen in Titel:

BGB § 1365 Abs. 1; GBO §§ 53 Abs. 1 S. 1, 71; WEG § 12 Abs. 1; WGV § 3 Abs. 2