OLG Naumburg 06. November 2023
12 U 84/23
BGB a. F. § 434 Abs. 1 S. 1

Beschaffenheitsvereinbarung; Mieterliste als Anlage zum Kaufvertrag; Vermietbarkeit einer bestimmten Anzahl von Wohneinheiten als Beschaffenheit

letzte Aktualisierung: 30.9.2024
OLG Naumburg, Urt. v. 6.11.2023 – 12 U 84/23

BGB a. F. § 434 Abs. 1 S. 1
Beschaffenheitsvereinbarung; Mieterliste als Anlage zum Kaufvertrag; Vermietbarkeit einer
bestimmten Anzahl von Wohneinheiten als Beschaffenheit

Durch die Angabe der tatsächlichen Mieterträge in einer dem Kaufvertrag als Anlage beigefügten
Mieterliste kann eine konkludente Vereinbarung insofern liegen, als die Vermietbarkeit einer
bestimmten Anzahl von Wohneinheiten als Beschaffenheit vereinbart ist.

Gründe

A.
Die verbliebene Klägerin zu 1) macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen Sachmängeln an
einer Immobilie geltend.

Wegen der Einzelheiten des in erster Instanz unstreitigen und streitigen Sachverhalts und der
erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Ergänzend und klarstellend wird ausgeführt:

Das Landgericht hat durch Urteil vom 12. Mai 2023 der Klage bis auf einen Betrag in Höhe von
547,96 Euro stattgegeben soweit sie nicht bereits zurückgenommen worden war. Die
Rücknahme betraf die ehemaligen Kläger zu 2) und 3), die beiden Gesellschafter der Klägerin zu
1).
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zu 1) einen Anspruch gegen die Beklagte
auf Erstattung des Mehrbetrages in Höhe von 97.500,00 Euro gemäß § 437 Nr. 2, 441 Abs. 4
BGB habe, da ihr ein Minderungsrecht zustehe. Die streitgegenständliche Immobilie sei
mangelhaft, da für die Dachgeschosswohnung keine Baugenehmigung vorgelegen habe. Der
Soll-Zustand sei hingegen eine Immobilie mit acht Wohneinheiten gewesen. Die Vermietbarkeit
von acht Wohneinheiten habe die Beklagte garantiert, dies ergebe sich aus der Mieterliste, die
Bestandteil des notariellen Kaufvertrages sei. Eine Garantie ergebe sich allein aus der Nennung
der Anzahl der Wohnungen und der damit zu erzielenden Netto-Kaltmieten. Hinsichtlich der
acht Mietwohnungen und deren Vermietbarkeit, nicht deren tatsächliche Vermietung, handele es
sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung. Wegen der fehlenden Baugenehmigung sei
zumindest die Dachgeschosswohnung aber nicht vermietbar. Die fehlende Baugenehmigung
stelle einen Sachmangel dar, da es an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehle, das Objekt für
den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen.

Der vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung gelte nicht soweit eine
Beschaffenheitsvereinbarung bestehe. Dies sei hinsichtlich der Nettomieten aber der Fall.
Eine von der Klägerin zu 1) gesetzte Frist zur Nacherfüllung sei erfolglos abgelaufen. Eine
Baugenehmigung konnte nicht vorgelegt werden. Nachfolgend sei die Minderung gegenüber der
Beklagten erklärt worden.

Die 350,00 Euro Nettokaltmiete für die Dachgeschosswohnung machten 9,71 % an den
gesamten Nettomieteinnahmen aus, weshalb eine Minderung von 97.100,00 Euro gerechtfertigt
sei.

Darüber hinaus bestehe ein Anspruch auf Ersatz der anteilig zu viel entrichteten Kosten für
Makler, Notar, Grundbuch und Grunderwerbssteuer gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB in
Höhe von insgesamt 12.144,99 Euro.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und führt aus, das Landgericht
habe zu Unrecht eine Zahlung an die Kläger tenoriert, obwohl die Kläger zu 2) und 3) ihre
Klage zurückgenommen hatten. Dies sei formell fehlerhaft.

Darüber hinaus bestehe kein Anspruch der Klägerin zu 1). Der Kaufvertrag formuliere
ausdrücklich in Ziffer IV. 1, dass keine Beschaffenheit vereinbart sei und im Übrigen ein
Sachmängelhaftungsausschluss im üblichen Umfange bestehe.

Zwar stelle das Fehlen einer Baugenehmigung einen Sachmangel dar, aber hier greife der
ausdrücklich vereinbarte Ausschluss der Mängelhaftung. Vorsatz oder Arglist sei der Beklagten
nicht vorzuwerfen. Sie habe keine Kenntnis von der fehlenden Baugenehmigung gehabt,
sondern die Immobilie im besten Wissen und Gewissen an die Klägerin zu 1) verkauft. Seit Juli
2005 seien auch alle Wohnungen vermietet gewesen. Dies sei auch derzeit der Fall.
Fehlerhaft habe das Landgericht eine Beschaffenheitsgarantie angenommen, die im
Privatverkauf nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden könne. Aus der
Mieterliste könne eine solche nicht abgeleitet werden. Bei der Mieterliste gehe es vorrangig
darum, dass die Mietzinsen mit dem Tage des Besitzüberganges der Käuferin zustehen sollen.
Daraus die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Garantie abzuleiten, gehe fehl. Da
diese Garantie insbesondere auch nicht in Ziffer IV Nr. 1 lit. a) bis j) enthalten sei, sei eine
solche nicht vereinbart.

Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Mai 2023, Az. 3 O 259/22, teilweise
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen.

B.
Die gemäß § 511 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO
form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache nur
in Höhe von 451,45 Euro Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht dem Grunde nach stattgegeben. Das Urteil beruht
insoweit auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO (§ 513 Abs. 1, 1. Fall ZPO),
insbesondere rechtfertigen die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten und nach
§ 529 ZPO von dem Senat bei seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen keine
abweichende Beurteilung (§ 513 Abs. 1, 2. Fall ZPO) dem Grunde nach. Lediglich in Höhe von
451,45 Euro hat das Landgericht fehlerhaft zugunsten der Klägerin zu 1) entschieden.

I.
1. Der Klägerin zu 1) steht ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Kaufpreises wegen
Minderung gemäß § 437 Nr. 2, § 441 Abs. 4 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB in zuerkannter Höhe von
97.100,00 Euro zu. Das Vorliegen der hierzu erforderlichen Haftungsvoraussetzungen hat das
Landgericht zutreffend bejaht. Die hiergegen erhobenen Berufungsrügen greifen im Ergebnis
nicht durch.

Aus § 437 Nr. 2, § 441 Abs. 4 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB ergibt sich zu Gunsten des Käufers ein
Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Kaufpreises, wenn dem Kaufgegenstand zum
Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.
Dezember 2021 geltenden Fassung (im Folgenden a. F.) anhaftete, in Bezug auf diesen Mangel
erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde, §§ 437 Nr. 2, 441 Abs. 1, 323
Abs. 1 Satz 1 BGB und der Verkäufer gegen seine Inanspruchnahme auch nicht mit Erfolg
einwenden kann, dass seine Haftung für den gerügten Mangel aufgrund eines vertraglichen oder
gesetzlichen Haftungsausschlusses ausscheidet. Der Verkäufer einer mangelhaften Sache hat
nach den genannten Vorschriften den Mehrbetrag zu erstatten, wenn der Käufer mehr als den
geminderten Kaufpreis gezahlt hat.

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

a) Zunächst ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, dass der Immobilie zum
Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1
Satz 1 BGB a. F. gefehlt hat und aus diesem Grund das Kaufobjekt zum Zeitpunkt des
Gefahrübergangs mangelhaft war.

Die Parteien hatten die Beschaffenheit der Immobilie dahingehend vereinbart, dass acht
vermietbare Wohneinheiten mit einer zum Zeitpunkt des Verkaufs erzielbaren Nettokaltmiete
von 3.601,00 Euro bestehen. Hiervon weicht der tatsächliche Zustand der Immobilie ab, denn
es bestehen lediglich sieben vermietbare Wohneinheiten, da für das Dachgeschoss die Beklagte
keine Baugenehmigung vorlegen konnte. Ohne Baugenehmigung aber ist das Dachgeschoss
nicht für Vermietung als Wohneinheit geeignet, weshalb 9,71 % der angegebenen Mieterträge
nicht erzielt werden können.

Die aus der Bewirtschaftung eines bebauten, vermieteten Grundstücks erzielten Mieterträge
können dabei zu den Eigenschaften gehören, die Gegenstand einer von den
Kaufvertragsparteien vereinbarten Beschaffenheit des Grundstücks nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB
a. F. sind (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 30. März 2001, V ZR 461/99, NJW 2001, 2551,
und Urteil vom 5. November 2010, V ZR 228/09, NJW 2011, 1217), denn als Beschaffenheit
einer Sache im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB a. F. sind sowohl solche Faktoren anzusehen, die
der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der
Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH, Urteil vom 15. Juni
2016, VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874).

Die Parteien haben eine Vereinbarung über die Vermietbarkeit von insgesamt acht
Wohneinheiten als Beschaffenheit der Immobilie getroffen.

Ob und wenn ja mit welchem Inhalt die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des
§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. getroffen haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil
vom 29.6.2016, VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015). Erklärungen und Handlungen sind im
Hinblick auf die Frage, ob eine Vereinbarung getroffen wurde, nach dem Empfängerhorizont zu
beurteilen, §§ 133, 157, 242 BGB. Dabei ist maßgeblich auf den Inhalt des notariellen
Kaufvertrages abzustellen, wie es auch das Landgericht zutreffend getan hat. Das Landgericht
hat den Vertrag samt Anlage unter Berücksichtigung der Parteiinteressen dahingehend ausgelegt,
dass sich aus der Mieterliste als Anlage die Beschaffenheitsvereinbarung ergebe, dass ein
Mehrfamilienhaus mit acht Mietwohnungen verkauft werde. Diese Annahme des Landgerichts
ist in der Berufungsinstanz nicht zu beanstanden. Dabei obliegt dem Berufungsgericht eine
unbeschränkte Überprüfung der vorinstanzlichen Vertragsauslegung dahin, ob diese bei
Würdigung aller dafür im Einzelfall maßgeblichen Umstände sachgerecht erscheint (BGH, Urteil
vom 14. Juli 2004, VIII ZR 164/03, NJW 2004, 2751).

Dies ist hier der Fall.

Soweit die Berufung meint, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung nur ausnahmsweise
anzunehmen sei, wenn besondere Umstände vorlägen, die beim Käufer die berechtigte
Erwartung weckten, der Verkäufer wolle für diese Beschaffenheit einstehen, was hier nicht der
Fall sei, irrt sie. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist davon auszugehen, dass die
in einem Kaufvertrag enthaltenen und ausdrücklich zum Gegenstand der Vereinbarungen
gemachten Angaben über tatsächlich erzielte Mieterträge als Zusicherung einer Eigenschaft zu
verstehen sind, wenn der Käufer nicht auf Grund besonderer Umstände andere Vorstellungen
über den Wert des Kaufgrundstücks hegt, als sie nach der Verkehrsanschauung bei solchen
Objekten mit dem zugesicherten Mietertrag verbunden sind (BGH, Urteil vom 30. März 2001,
V ZR 461/99, NJW 2001, 2551; OLG Köln, Urteil vom 29. November 2018, 3 U 24/18, NJWRR
2019, 686). Dies zugrunde gelegt, ist davon auszugehen, dass durch die Angabe der
tatsächlich erzielten Mieterträge in der als Anlage beigefügten Mieterliste die Beklagte jedenfalls
durch konkludente Erklärung für deren Vermietbarkeit im Verhältnis zur Klägerin zu 1)
einstehen wollte. Die Klägerin zu 1) als Käuferin durfte bei einer derartigen Erklärung nicht nur
erwarten, dass die aufgelisteten Mietverhältnisse tatsächlich zu dem angegebenen Mietzins
bestehen. Nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen
und der Umstände des Einzelfalls durfte sie die entsprechende Erklärung auch als Zusage
verstehen, dass der Kaufgegenstand einen baulichen Zustand aufweist, der die versprochene
Nutzung objektiv ermöglicht.

Besondere Umstände, die eine abweichende Vorstellung der Klägerin zu 1) begründen könnten,
hat die Beklagte nicht aufgezeigt.

Dem steht nicht entgegen, dass die Mietverhältnisse in Ziffer V Nr. 2 des Kaufvertrages
abgehandelt werden und vorrangig Gegenstand der Regelung ist, ab wann die Mieten der
Käuferseite zustehen sollen. Hierfür hätte es ausgereicht, die bestehenden Mietverhältnisse zu
bezeichnen. Eine Angabe der Mieterlöse als solches wäre hierfür nicht erforderlich gewesen.
Dass die Vermietbarkeit von acht Wohneinheiten nicht Gegenstand der selbstständigen
Garantieversprechen in Ziffer IV Nr. 1 des Kaufvertrages ist, führt nicht dazu, dass eine über
die Garantieversprechen hinausgehende Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien
ausgeschlossen wäre. Eine Beschaffenheitsvereinbarung ist nicht zugleich eine Garantie im
Sinne des § 443 Abs. 1 BGB. Eine Garantie im Sinne des § 443 Abs. 1 BGB steht eigenständig
neben den Rechten des Käufers aus der gesetzlichen Mängelhaftung (Grüneberg/Weidenkaff,
BGB, 82. Auflage 2023, § 443 Rn. 1). Dass die Beklagte eine Garantie hinsichtlich der
Vermietbarkeit von acht Wohnungen abgegeben haben soll, macht weder die Klägerin zu 1)
geltend noch geht hiervon das Landgericht aus. Es handelt sich vielmehr schlicht um eine
vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. Dass es sich bei der
Mieterliste um eine Beschaffenheitsangabe handelt, stellt sogar die Berufung auf Seite 6, 1.
Absatz (Bl. 102 Bd. II d. A.) klar. Dass die Angaben in der Mieterliste im Ergebnis
ausnahmsweise nicht als Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung zu werten sein könnten,
ergibt sich jedenfalls nicht daraus, dass sie nicht in Ziffer IV Nr. 1 des Kaufvertrages als
Garantiebestandteil benannt sind.

Weitere Umstände, warum die Klägerin zu 1) die Angaben der Mieterträge nicht als zugesicherte
Eigenschaft verstanden haben kann, macht die Berufung nicht geltend.

Ein solcher Umstand liegt auch nicht darin begründet, dass es in Ziffer IV Nr. 1 des
Kaufvertrages lautet, dass eine besondere Beschaffenheit nicht vereinbart ist. Sind in einem
Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler
Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, kann dieser in der Regel nur dahin ausgelegt
werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nach
§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. gelten soll (BGH, Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 29.
November 2006, VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22. Juni
2017, 4 U 30/16, BeckRS 2017, 116290). Die Auslegungsregel, nach der sich ein zwischen den
Parteien vereinbarter allgemeiner Ausschluss der Haftung für Sachmängel nicht auf eine von den
Parteien nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vertraglich vereinbarte Beschaffenheit erstreckt, gilt
auch, wenn eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache nicht ausdrücklich, sondern „nur“
konkludent vereinbart worden ist (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012, VIII ZR 96/12, NJW
2013, 1074; BGH, Urteil vom 6. November 2015, V ZR 78/14, NJW 2016, 1815; OLG
Saarbrücken, Urteil vom 22. Juni 2017, 4 U 30/16, BeckRS 2017, 116290).

Dass womöglich die Wohnung dennoch vermietet wird, führt nicht zum Erfolg der Berufung.
Im Rahmen des Gewährleistungsrechtes kann es dahinstehen, ob durch den Mangel ein Schaden
entstanden ist. Relevant ist der objektiv bestehende Minderwert durch die fehlende
Baugenehmigung und die dadurch fehlende (legale) Möglichkeit der Vermietung. Dieser ist wie
aufgezeigt gegeben und nicht durch eine dennoch erfolgte Vermietung entfallen.
Auf die Ausführungen der Berufung hinsichtlich der fehlenden Arglist der Beklagten als
Verkäuferin kommt es im Ergebnis nicht an, denn für das Vorliegen der vereinbarten
Beschaffenheit greift der vereinbarte Haftungsausschluss wie dargestellt nicht.

b) Auf die Aufforderung der Klägerin zu 1) zur Vorlage der Baugenehmigung der
Dachgeschosswohnung hat die Beklagte trotz entsprechender Fristsetzung nicht reagiert, sodass
die Klägerin zu 1) nach Ablauf der Frist mit Schreiben vom 29. Juni 2022 die Minderung
erklären konnte.

c) Gegen die Berechnung des Minderungsbetrages wendet sich die Berufung nicht. Er ist auch
mit 97.100,00 Euro korrekt unter Berücksichtigung des Anteils des Dachgeschosses von 9,71 %
an den in der Mieterliste aufgeführten Mieterträgen berechnet.

2. Darüber hinaus hat die Klägerin zu 1) gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Zahlung
von insgesamt 11.693,54 Euro Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB wegen zu
viel entrichteter Kosten für Maklergebühren, Notarkosten, Grundbuchkosten sowie
Grunderwerbssteuer. Die Berufung hat insoweit in Höhe von 451,45 Euro Erfolg.

Die Berechnung des Landgerichts ist in den Punkten Notarkosten, Gerichtskosten sowie
Kosten der Vormerkung und Höhe der Maklergebühren nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Grunderwerbssteuer hingegen ergibt sich eine Reduktion um lediglich 4.355,00
Euro. Unstreitig hat die Klägerin zu 1) 49.500,00 Euro Grunderwerbssteuer tatsächlich gezahlt.
Auf den geminderten Kaufpreis von 902.900,00 Euro wären lediglich 45.145,00 Euro angefallen.
Insoweit schied eine prozentuale Minderung aus, da auch bei der Grunderwerbssteuer mit
Rundungen gerechnet wird.

II.
Die Kostenentscheidung zu den Kosten der ersten Instanz folgt aus §§ 92 Abs. 1 Alt. 2, 100
Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Da die erstinstanzliche Kostenentscheidung unzutreffend und vom
Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen ist, war diese - wie tenoriert - abzuändern.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

06.11.2023

Aktenzeichen:

12 U 84/23

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB a. F. § 434 Abs. 1 S. 1