Kammergericht 24. März 2022
1 W 2/22
GBO §§ 13, 19, 29; GBVfg § 15; UmwG §§ 2, 20

Auslegung der Bewilligung einer Grundschuld bei Verschmelzung der Gläubigerin

letzte Aktualisierung: 11.5.2022
KG, Beschl. v. 24.3.2022 – 1 W 2/22

GBO §§ 13, 19, 29; GBVfg § 15; UmwG §§ 2, 20
Auslegung der Bewilligung einer Grundschuld bei Verschmelzung der Gläubigerin

Bewilligt der Erwerber eines Grundstücks bzw. Wohnungseigentums in Vollmacht des Veräußerers
die Eintragung einer Grundschuld und wird die dort benannte Gläubigerin in der Folgezeit auf einen
anderen Rechtsträger verschmolzen, kann die Bewilligung dahin ausgelegt werden, dass der
aufnehmende Rechtsträger als Gläubiger der Grundschuld im Grundbuch einzutragen ist (Anschluss
an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2021 – 3 W 233/20, juris; Abgrenzung zu OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 12. August 2020 – I-3 Wx 125/20, ZIP 2020, 1915 = FGPrax 2021, 7 =
MittBayNot 2021, 153).

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Gegenstand der Beschwerde ist nur Punkt
2 der Zwischenverfügung vom 25. November 2021, nachdem das Grundbuchamt die zu
den Punkten 1 und 3 aufgeführten Hindernisse in seiner Verfügung vom 9. Dezember 2021
als erledigt angesehen hat.

2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das von dem Grundbuchamt aufgeführte
Eintragungshindernis besteht nicht, so dass insoweit kein Anlass zum Erlass der
Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

a) Die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1
GBO, wenn sie der Grundstückseigentümer bewilligt, § 19 GBO. Dabei erfordert der
Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und sichere Rechtsverhältnisse
für unbewegliche Sachen zu schaffen, klare und eindeutige Erklärungen. Im Rahmen der
Bewilligung einer Grundschuld ist deshalb der Gläubiger so zu bezeichnen, wie er im
Grundbuch einzutragen ist (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 19, Rdn. 35). Soll ein Recht für
eine Aktiengesellschaft eingetragen werden, bedarf es in der Bewilligung mindestens der
Angabe ihrer Firma und ihres Sitzes, vgl. § 15 Abs. 1 Buchst. b) GBV (Demharter, a.a.O.,
§ 44, Rdn. 53.1).

b) Die danach erforderlichen Angaben zur Gläubigerin der einzutragenden Grundschuld
sind in der Bewilligung vom 27. Februar 2020 – UR-Nr. Fx 1xx/2xxx dem Grunde nach
enthalten.

Hingegen ist die dort als Gläubigerin bezeichnete Aktiengesellschaft im Wege der
Aufnahme durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf die Beteiligte zu 4
verschmolzen worden, § 2 Nr. 1 UmwG. Mit der Eintragung der Verschmelzung in das
Handelsregister des Sitzes der Beteiligten zu 4 am 15. Mai 2020 ist die übertragende
Aktiengesellschaft erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 UmwG. Mangels fortbestehender
Rechtsfähigkeit kann sie nicht als Gläubigerin der Grundschuld im Grundbuch eingetragen
werden (Böttcher, in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 19, Rdn. 165).

c) Die Eintragung eines Verstorbenen im Grundbuch ist nicht zulässig, weil auch er keine
Rechtsfähigkeit mehr besitzt (Senat, Beschluss vom 29. Oktober 1974 – 1 W 1186-1187/74
Rpfleger 1975, 133). Daran ändert es nichts, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt der
Bewilligung noch gelebt hat.

Es ist jedoch anerkannt, dass an seiner Stelle die Erben eingetragen werden können, wenn
die Rechtsnachfolge in grundbuchmäßiger Form, § 35 Abs. 1 GBO, nachgewiesen wird.
Einer an die Rechtslage angepassten neuen oder geänderten Bewilligung bedarf es dann
nicht (Kössinger, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 19, Rdn., 70; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 229, Fn. 699; Böhringer, ZfIR 2021, 201, 207).

d) Erlischt eine juristische Person, nachdem die Eintragung eines Rechts für sie im
Grundbuch bewilligt worden ist, vor der Eintragung in Folge einer Verschmelzung, soll
Entsprechendes hinsichtlich des Gesamtrechtsnachfolgers gelten (Kössinger, a.a.O.;
DNotI-Report 1998, 177, 179). Die zu Gunsten des übertragenden Rechtsträgers erteilte
Bewilligung gehe auf den übernehmenden Rechtsträger über (Vossius, in: Widmann/Mayer,
Umwandlungsrecht, 2002, § 20, Rdn. 191). Andere erachten eine entsprechende Auslegung
der Bewilligung für geboten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2021 – 3 W 233/20
– juris).

aa) Ob die Bewilligung mit der Verschmelzung ohne weiteres auf den übernehmenden
Rechtsträger im Rahmen der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge übergeht,
erscheint im Hinblick auf den rein verfahrensrechtlichen Charakter der Bewilligung (BGH,
DNotZ 2013, 369, 372) fraglich. Auch ein vor der Umwandlung noch nicht beendeter
Zivilprozess des übertragenen Unternehmens soll nicht ohne weiteres mit dem
aufnehmenden Unternehmen fortgeführt werden, sondern zunächst in entsprechender
Anwendung des § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochen sein (Schulte, in:
Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., § 20, Rdn. 18).

bb) Der verfahrensrechtliche Charakter von Grundbucherklärungen schließt hingegen ihre
Auslegung nicht aus. Im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Erfordernis
urkundlich belegter Eintragungsgrundlagen kann im Grundbuchverfahren eine Auslegung
aber nur erfolgen, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Dabei
ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen
Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände
dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar
sind (BGH, ZMR 2015, 390, 393; NJW 1995, 1081, 1082; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 172;
Demharter, a.a.O., § 19, Rdn. 28).

Danach kann die Bewilligung hier zweifellos dahin ausgelegt werden, dass sie nicht unter
der Bedingung der Fortexistenz der dort bezeichneten Gläubigerin bis zur Eintragung der
Grundschuld abhängig gemacht werden sollte, sondern auch die – unmittelbare –
Eintragung der Beteiligten zu 4 als ihrer Gesamtrechtsnachfolgerin umfasste.

(1) Betroffen von der zur Eintragung beantragten Belastung des Wohnungseigentums ist die
Beteiligte zu 1. Sie ist als Eigentümerin in Abt. I lfd. Nr. 1 des Wohnungsgrundbuchs
eingetragen. Die Beteiligte zu 1 hat danach die Eintragung der Grundschuld zu bewilligen,
§ 19 GBO.

Die Bewilligung musste sie jedoch nicht persönlich erklären, sondern konnte sich hierbei
vertreten lassen. Das ist auch so geschehen. In der notariellen Verhandlung vom
27. Februar 2020 trat für sie – und zugleich die Beteiligten zu 2 und 3 – ein (Unter-
)Bevollmächtigter auf, dessen Vertretungsmacht letztlich auf den zwischen den Beteiligten
zu 1 bis 3 in § 4 des Kaufvertrags über das Wohnungseigentum vom 24. Februar 2020 –
UR-Nr. Fx 1xx/2xxx des Notars J. in B. – getroffenen Regelungen beruhte.

Darin hatte die Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 und 3 eine Finanzierungsvollmacht
erteilt, wie sie regelmäßig in entsprechenden notariellen Kaufverträgen enthalten ist.
Bestimmungen zu einer bestimmten Gläubigerin enthält § 4 der UR-Nr. Fx 1xx/2xxx nicht.
Lediglich nach § 4 Abs. 7 waren die Beteiligten zu 2 und 3 verpflichtet, bis zur
Beurkundung des Vertrags „die bankübliche Zusage eines in der Europäischen Union zu
allgemeinen Bankgeschäften berechtigten Kreditinstituts über die Gesamtfinanzierung des
Kaufpreises bzw. entsprechende Kapitalnachweise zu erbringen“. Selbst wenn damit eine
Beschränkung der Beteiligten zu 2 und 3 bei der Auswahl möglicher Gläubiger verbunden
sein sollte, handelte es sich sowohl bei der in der Bewilligung bezeichneten
Aktiengesellschaft als auch ihrer Gesamtrechtsnachfolgerin um solche Kreditinstitute.

Weitere auf die Person der Gläubigerin bezogene Einschränkungen enthält § 4 der URNr.
Fx. 1xx/2xxx nicht. Der Beteiligten zu 1 kam es danach nicht darauf an, welches
Kreditinstitut die Beteiligten zu 2 und 3 letztlich konkret auswählen würden. Ohnehin war
die Beteiligte zu 1 verpflichtet, das Wohnungseigentum auf die Beteiligten zu 2 und 3 zu
übertragen.

(2) Für die Beteiligten zu 2 und 3 führt die Verschmelzung des von ihnen ausgewählten
Kreditinstituts mit der Beteiligten zu 4 ebenfalls zu keinen – weiteren – Beschränkungen
ihrer Rechte bzw. Pflichten.

Mit dem Vollzug der Verschmelzung im Handelsregister geht das Vermögen des
übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden
Rechtsträger über, §§ 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Die Beteiligte zu 4 ist danach an die der
Bewilligung der Grundschuld zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen
gebunden, wie sie zwischen den Beteiligten zu 2 und 3 und der in der UR-Nr. Fx 1xx/2xxx
als Gläubigerin der Grundschuld bezeichneten Aktiengesellschaft getroffen worden waren
(vgl. Marsch-Barner/Oppenhoff, in: Kallmeyer, UmwG, 7. Aufl., § 20, Rdn. 8).

Welche Vereinbarungen dies konkret sind, muss und kann wegen des hier geltenden
formellen Konsensprinzips nicht geklärt werden. Das ist aber auch nicht erforderlich, weil
nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Bestellung von Grundschulden im
Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohnungseigentum regelmäßig schuldrechtliche
Vereinbarungen zwischen dem Erwerber und Gläubiger zugrunde liegen.

(3) Etwas Anderes ergibt sich aus der von dem Grundbuchamt herangezogenen
Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 2020 (I-3 Wx 125/20 –
ZIP 2020, 1915) nicht, auch wenn es sich bei den dort beteiligten Kreditinstituten um
dieselben wie vorliegend gehandelt haben dürfte.

Dort war die Grundschuld für das übertragende Kreditinstitut erst nach der Eintragung
seiner Verschmelzung mit dem übernehmenden Kreditinstitut im Handelsregister bewilligt
worden. Eine Auslegung der Bewilligung, wie sie hier voranstehend erfolgt ist, erachtete das
Oberlandesgericht dort nicht für möglich, weil das aufnehmende Kreditinstitut noch über
drei Zweigniederlassungen verfügte, die ebenfalls Immobilienkredite vergaben. Es sei nicht
auszuschließen und nicht einmal fernliegend, dass die Kaufvertragsparteien oder der
übernehmende Rechtsträger bei zutreffender Beurteilung der Rechtslage die Bestellung und
Eintragung der Grundschuld für eines der vorbezeichneten Kreditinstitute gewünscht
hätten (OLG Düsseldorf, a.a.O., 1916; dies anzweifelnd Brock, EWiR 2021, 73, 74).

Vorliegend erfolgte die Bewilligung hingegen vor dem Vollzug der Verschmelzung durch
Eintragung im Handelsregister, also zu einem Zeitpunkt, in dem das als Gläubigerin
bezeichnete Kreditinstitut noch als juristische Person existierte. Sein Vermögen ist erst
danach auf die Beteiligte zu 4 übergegangen. Ob sie dieses Vermögen dann intern einer
ihrer Zweigniederlassungen zugeordnet hat, ist für die Frage der zutreffenden, hier durch
Auslegung zu ermittelnden Bezeichnung der Gläubigerin in der Bewilligung vom
27. Februar 2020 nicht von Relevanz (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 243).

Auf der entsprechenden tatsächlichen Abweichung von der Entscheidung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 2020 beruhten die – allerdings nicht
tragenden – Ausführungen desselben Senats in seinem bereits benannten Beschluss vom
3. März 2021 (OLG Düsseldorf – 3 W 233/20 – juris), denen sich der Senat im Ergebnis
anschließt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

24.03.2022

Aktenzeichen:

1 W 2/22

Rechtsgebiete:

Umwandlungsrecht
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 13, 19, 29; GBVfg § 15; UmwG §§ 2, 20