Zulässigkeit eines Eltern-Kind-Zentrums in einer Teileigentumseinheit
letzte Aktualisierung: 06.02.2020
BGH, Urt. v. 13.12.2019 – V ZR 203/18
BGB § 1004 Abs. 1;
Zulässigkeit eines Eltern-Kind-Zentrums in einer Teileigentumseinheit
a) Bei der Prüfung, ob sich eine nach dem in der Teilungserklärung vereinbarten Zweck (hier:
„Laden mit Lager“) ausgeschlossene Nutzung (hier: Betreiben eines Eltern-Kind-Zentrums) als
zulässig erweist, weil sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene
Nutzung, ist regelmäßig die Ausstrahlungswirkung des § 22 Abs. 1a BImSchG auf das
Wohnungseigentumsrecht zu berücksichtigen; dies gilt auch dann, wenn die Teilungserklärung vor
Einfügung dieser Vorschrift in das Bundesimmissionsschutzgesetz errichtet worden ist.
b) Der Einordnung eines Eltern-Kind-Zentrums als „Kindertageseinrichtung“ bzw. als eine
„ähnliche Einrichtung“ i. S. d. § 22 Abs. 1a BImSchG steht nicht entgegen, dass die Veranstaltungen
teilweise – neben den Angeboten nur für Kinder – unter Beteiligung von Familienmitgliedern
durchgeführt werden und auch den Austausch der Eltern untereinander fördern sollen.
c) Für die Anwendung des
Zentrum zusätzlich zu den privilegierten Angeboten nicht privilegierte Angebote ausschließlich an
die Eltern macht, solange diesen Angeboten eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht den Klägern der mit dem
Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Bei der in der Teilungserklärung
enthaltenen Angabe „Laden mit Lager“ handele es sich um eine
Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter i.S.d.
der vereinbarten Nutzung abweichende tatsächliche Nutzung als Eltern-Kind-
Zentrum sei unzulässig, da diese bei typisierender Betrachtungsweise mehr
störe als die vorgesehene Nutzung. Dies genüge für einen Anspruch aus
Beeinträchtigung nachzuweisen sei. In einem Laden halte man sich nicht in
Gruppen über einen längeren Zeitraum auf; ebensowenig fänden dort gemeinsame
Aktivitäten (wie etwa Spielen, Singen, Tanzen) mit festen Anfangs- und
Endzeiten oder ein Austausch bzw. geselliges Beisammensein mit Kaffee und
Kuchen wie bei dem Betrieb eines Cafés statt. Dies lasse bereits nach der Lebenserfahrung
im Hinblick auf Gespräche, Gelächter und Musik sowie körperliche
Bewegung eine deutlich störendere und konzentriertere Geräuschentwicklung
als bei einer Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren erwarten. Die Privilegierung
des § 22 Abs. 1a BImSchG bzw. dessen Ausstrahlungswirkung komme
dem Beklagten nicht zugute. Angesichts der nicht nur unwesentlichen Ausrichtung
der Veranstaltungen des Eltern-Kind-Zentrums auf die Familie insgesamt
unter Einbeziehung von Eltern, Großeltern, etc. handele es sich weder um eine
„Kindertageseinrichtung“ noch um eine „ähnliche Einrichtung“ im Sinne der Vorschrift.
Auf Grund der einheitlichen Zielsetzung des Eltern-Kind-Zentrums als
Begegnungsstätte ließen sich seine Angebote auch nicht in solche, die nur an
Kinder gerichtet seien, und sonstige Aktivitäten aufteilen.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht
stand. Die Kläger können von dem Beklagten nicht verlangen, die Nutzung als
Eltern-Kind-Zentrum zu unterlassen; der Hauptantrag ist unbegründet.
1. Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist allerdings zutreffend.
Widerspricht die Nutzung einer Teileigentumseinheit durch den Mieter
- hier der Beklagte - einer in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmung,
können die Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht nur den vermietenden
Wohnungseigentümer auf Unterlassung der (gesamten) Nutzung in Anspruch
nehmen, sondern auch den Mieter. Ein solcher Anspruch gegen den
Mieter ergibt sich, wie der Senat jüngst entschieden hat, aus § 1004 Abs. 1
BGB (Urteil vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, zur Veröffentlichung in BGHZ
bestimmt).
2. Von Rechts wegen nicht zu beanstanden ist auch die weitere Auffassung
des Berufungsgerichts, bei der in der Teilungserklärung (im weiteren Sinne,
vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16,
Rn. 6) enthaltenen Angabe „Laden mit Lager“ handele es sich um eine Zweckbestimmung
i.S.d.
Einwendungen sind unbegründet.
a) Die Teilungserklärung ist Bestandteil der Grundbucheintragung, ihre
Auslegung unterliegt daher vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht.
Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener
Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie
auch die Sonderrechtsnachfolger der Sondereigentümer bindet. Umstände au-
ßerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den
besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar
sind (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteile vom 8. März 2019 - V ZR 330/17, WM
2019, 275 Rn. 18 und vom 22. März 2019 - V ZR 145/18, juris Rn. 7 jeweils
mwN). Die Nutzung des Sondereigentums wird über die mit der Einordnung als
Wohnungs- oder Teileigentum verbundene Zweckbestimmung hinaus nur dann
auf bestimmte Zwecke beschränkt, wenn dies aus der Teilungserklärung klar
und eindeutig hervorgeht. Bei nächstliegender Auslegung kann allerdings schon
eine schlichte Bezeichnung in der Teilungserklärung als Zweckbestimmung zu
verstehen sein (vgl. Senat, Urteil vom 22. März 2019 - V ZR 298/16, ZfIR 2019,
405 Rn. 8 mwN; siehe auch Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14, WM
2015, 639 Rn. 18: „Ladenraum“).
b) Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht
es als nächstliegend ansieht, die in der der Teilungserklärung beigefügten
Aufstellung über das neu gebildete Wohnungs- und Teileigentum gewählte und
so auch ausdrücklich im Grundbuch eingetragene Bezeichnung „Laden mit Lager“
als Zweckbestimmung anzusehen. Die Gemeinschaftsordnung, die ebenfalls
Bestandteil der Grundbucheintragung geworden ist, nimmt diese Zweckbestimmung
nicht zurück und erlaubt keine weitergehende Nutzung der Teileigentumseinheit
zu dem Betrieb jeglichen Gewerbes. Ohne Erfolg beruft sich die
Revision auf § 2 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung; darin wird lediglich geregelt,
dass die gewerbliche Nutzung der nach dem Aufteilungsplan zur gewerblichen
Nutzung vorgesehenen Räumlichkeiten keiner Genehmigung des Verwalters
bedarf. Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main (
lag, ergibt sich nichts Anderes.
3. Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, die von
der vereinbarten Nutzung „Laden mit Lager“ abweichende tatsächliche Nutzung
der Räumlichkeiten als Eltern-Kind-Zentrum störe bei typisierender Betrachtungsweise
mehr als die vorgesehene Nutzung. Die Feststellungen des Berufungsgerichts
tragen diese Annahme nicht.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann sich eine - wie
hier - nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig
erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die
vorgesehene Nutzung. Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige
Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt,
das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu
erwarten ist (Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14,
Rn. 21; Urteil vom 27. Oktober 2017 - V ZR 193/16,
Diese Einschränkung des Unterlassungsanspruchs, auf die sich auch ein Mieter
berufen kann, dem ein Wohnungseigentümer die Nutzung überlassen hat (vgl.
auch BeckOK WEG/Müller [1.8.2019], § 14 Rn. 119; Simon,
853; i.E. auch Armbrüster/Müller,
einer ergänzenden Vertragsauslegung gerechtfertigt. Eine solche ist sowohl
bei der Auslegung von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer als auch bei
der Auslegung von einseitigen Willenserklärungen möglich, zu denen die Teilungserklärung
nach
den Regeln der ergänzenden Auslegung geschlossen werden, wenn sich bei
der gebotenen objektiven Auslegung „aus sich selbst heraus“ ein bestimmter
hypothetischer Wille des teilenden Eigentümers feststellen lässt. Hierfür ist darauf
abzustellen, welche Regelung der teilende Eigentümer bei einer angemessenen
Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise
getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte
(vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ
160, 354, 357 ff.). Der hypothetische Wille des teilenden Eigentümers geht bei
einer Zweckbestimmung grundsätzlich nicht dahin, den Wohnungs- und Teileigentümern
eine bestimmte Gestaltung ihres Privat- oder Berufslebens vorzugeben
und das ihnen gemäß
Recht zur Nutzung ihres Eigentums (vgl. hierzu Senat, Urteil vom
15. Januar 2010 - V ZR 72/09,
Vielmehr soll in erster Linie das Maß der hinzunehmenden Störungen
festgelegt werden (vgl. in diesem Sinne auch Schultzky in Jennißen, WEG,
6. Aufl., § 15 Rn. 17; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 15 Rn. 16, 30;
BeckOGK/Fritsche [1.8.2019], § 15 Rn. 34.1; siehe auch LG München I, ZWE
2011, 275, 276). Solange dieses Maß eingehalten wird, fehlt es in der Regel
ebenso wie bei einer der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung an einem
schutzwürdigen Abwehrinteresse der anderen Wohnungseigentümer (vgl. Armbrüster/
Müller
WEG/Müller [1.8.2019], § 15 Rn. 200). Dies spricht wiederum für den hypothetischen
Willen des teilenden Eigentümers, solche Nutzungen zuzulassen. Da die
Teilungserklärung - wie auch sonstige Grundbucheintragungen - aus sich heraus
objektiv und normativ auszulegen ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember
2017 - V ZR 275/16,
zulässigen Maßes der Nutzung und der noch hinnehmbaren Beeinträchtigungen
einer typisierenden Betrachtungsweise.
b) Diese Rechtsprechung wird von dem Berufungsgericht im Ausgangspunkt
berücksichtigt. Bei der näheren Bestimmung des Maßes der Beeinträchtigungen,
die nach der Teilungserklärung hinzunehmen sind, geht es auch zutreffend
davon aus, dass unter einem „Laden“ Geschäftsräume verstanden werden,
in denen ständig Waren zum Verkauf dargeboten werden und bei denen
der Charakter einer bloßen Verkaufsstätte im Vordergrund steht (Senat, Urteil
vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14,
Oktober 2019 - V ZR 271/18, zur Veröffentlichung bestimmt). Es handelt sich
um Räumlichkeiten, in denen sich Personal aufhält, während der Öffnungszeiten
Kunden ein- und ausgehen und gelegentlich Waren angeliefert werden und
die von Kunden sowie Lieferanten mit Fahrzeugen angefahren werden (vgl.
OLG Düsseldorf,
ist zudem die Annahme, dass die Geräusche, die von einem Eltern-Kind-
Zentrum im Hinblick auf die dort typischerweise stattfindenden gemeinsamen
Aktivitäten der Kinder und ihrer Familienangehörigen ausgehen, in tatsächlicher
Hinsicht regelmäßig konzentrierter und lauter sind, als dies bei einer Verkaufsstätte
zum Vertrieb von Waren üblicherweise zu erwarten ist. Insoweit werden
von dem Beklagten auch keine Einwendungen erhoben.
c) Das Berufungsgericht verkennt im Ausgangspunkt auch nicht, dass bei
der Prüfung, ob sich eine nach dem in der Teilungserklärung vereinbarten
Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweist, weil sie bei typisierender
Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung, regelmäßig
die Ausstrahlungswirkung des § 22 Abs. 1a BImSchG auf das Wohnungseigentumsrecht
zu berücksichtigen ist.
aa) Nach
von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen
wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall
keine schädliche Umwelteinwirkung. Dies hat nicht nur Bedeutung für
das öffentlich-rechtliche Immissionsschutzrecht. Vielmehr kommt der Vorschrift
nach dem Willen des Gesetzgebers eine Ausstrahlungswirkung auch auf das
Zivilrecht einschließlich des Wohnungseigentumsrechts zu und zwar selbst
dann, wenn die Kindergeräusche nicht von einer Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a
BImSchG ausgehen (vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 7; siehe auch Senat, Urteil
vom 13. Juli 2012 - V ZR 204/11,
29. April 2015 - VIII ZR 197/14,
eine Einrichtung gemäß der Vorschrift, gilt die Ausstrahlungswirkung erst recht
mit der Folge, dass die nach der Vorschrift privilegierten Geräuscheinwirkungen
bei der Frage, ob eine Nutzung mehr stört als eine nach der Teilungserklärung
vorgesehene, außer Betracht bleiben müssen.
bb) Zu beachten ist allerdings, dass von vorneherein kein Raum für eine
ergänzende Vertragsauslegung ist und damit auch eine Ausstrahlungswirkung
des § 22 Abs. 1a BImSchG mit der dortigen Privilegierung bestimmter Geräuscheinwirkungen
nicht zum Tragen kommen kann, wenn die in der Teilungserklärung
getroffene Regelung bewusst abschließend sein sollte. In diesem Fall
fehlt es an einer Regelungslücke (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 24. April 1985
- IV b ZR 17/84,
teilenden Eigentümer nicht das Recht, die Nutzung der Einheiten als Einrichtung
i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG auszuschließen. Dies kann ausdrücklich und
ausnahmsweise auch konkludent erfolgen. Ist beispielsweise eine Teileigentumsanlage
nach den in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmungen
als sog. Ärztehaus konzipiert, scheidet die Nutzung einer Teileigentumseinheit
als Kindertageseinrichtung ungeachtet ihres Störungspotentials aus, weil
eine solche Nutzung mit dem professionellen Charakter der Anlage nicht zu
vereinbaren ist (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, NJW-RR
2019, 1227 Rn. 9).
cc) So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil es sich um eine gemischte
Anlage handelt, in der sowohl eine Wohnnutzung stattfindet als auch
Teileigentumseinheiten vorhanden sind, die als Büros und Läden genutzt werden
dürfen. Damit ist der Weg einer ergänzenden Vertragsauslegung in dem
Sinne, dass durch die einzelnen Zweckbestimmungen das Maß der hinzunehmenden
Störungen festgelegt werden, nicht von vorneherein verschlossen. In
diesem Rahmen ist auch die Ausstrahlungswirkung des
zu berücksichtigen, wobei dies nicht automatisch die Zulässigkeit der Nutzung
zur Folge hat. Wenn nämlich die Nutzung als Einrichtung gemäß § 22 Abs. 1a
BImSchG auch unter Berücksichtigung der von der Vorschrift gewährten Privilegierung
mehr stört als die nach der Zweckbestimmung zulässige, können die
Wohnungseigentümer Unterlassung der Nutzung verlangen. Darf beispielsweise
die Einheit nach der Teilungserklärung nur zu Wohnzwecken genutzt werden,
mag zwar die Nutzung für eine Kindertagespflege („Tagesmutter“, vgl. dazu
Dötsch,
- V ZR 204/11,
Wohnung als Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkindern) nicht grundsätzlich unzulässig
sein. Die Nutzung als Einrichtung gemäß § 22 Abs. 1a BImSchG dürfte
demgegenüber wegen des erhöhten Publikumsverkehrs regelmäßig ausscheiden.
Hier stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung aber gerade auf die
von der Nutzung des Beklagten ausgehenden, bei Vorliegen einer Einrichtung
i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG also privilegierten Geräuscheinwirkungen durch
Kinder und ihre Familienangehörigen, die konzentrierter und lauter seien als die
bei einer Ladennutzung zu erwartenden Geräusche.
dd) Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ist die Ausstrahlungswirkung
des Bundesimmissionschutzgesetzes auch dann zu beach-
ten, wenn die Teilungserklärung noch vor der Einfügung des § 22 Abs. 1a in
das Bundesimmissionsschutzgesetz errichtet worden ist. So liegt es hier, weil
die Teilungserklärung aus dem Jahr 1987 stammt, während § 22 Abs. 1a
BImSchG erst im Jahr 2011 durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2011 in das Gesetz eingefügt worden
ist (BGBl I S. 1474). Wie gezeigt, beruht die Ausnahme eines Unterlassungsanspruchs
in den Fällen, in denen die tatsächliche Nutzung bei einer typisierenden
Betrachtungsweise nicht mehr stört als die nach der Zweckbestimmung
erlaubte, auf einer ergänzenden Auslegung der Teilungserklärung. Eine
ergänzende Vertragsauslegung ist aber nicht nur bei einer von Anfang an bestehenden
Lücke möglich, sondern auch dann, wenn die Lücke erst nachträglich
durch eine Änderung der wirtschaftlichen oder - wie hier - rechtlichen Verhältnisse
entsteht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 3 mwN).
Bei der Bestimmung des hypothetischen Willens des teilenden Eigentümers ist
- wie auch sonst bei einer ergänzenden Vertragsauslegung - darauf abzustellen,
welche Regelung er bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen
nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er den
von ihm nicht geregelten Fall bedacht hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom
7. Oktober 2004 - V ZB 22/04,
24. Januar 2008 - III ZR 79/07,
Eigentümer hätte die von dem Gesetzgeber ausdrücklich gewünschte Privilegierung
von Kinderlärm auch bei der Festlegung, welche Nutzungen erlaubt
sein sollen, in Rechnung gestellt.
d) Das von dem Beklagten betriebene Eltern-Kind-Zentrum ist als Kindertageseinrichtung
bzw. jedenfalls als eine „ähnliche“ Einrichtung i.S.d. § 22
Abs. 1a BImSchG zu qualifizieren. Anders als das Berufungsgericht meint, steht
dieser Einordnung nicht entgegen, dass die Angebote teilweise - neben den
Angeboten nur für Kinder (Mini-Kindergarten, Zeichenkurse, Musikkurse, Zumba
Kids, „Scuola Italiana“, Treffen der „Girl Scouts“ und unregelmäßig stattfindende
Kinderfeiern) - unter Beteiligung von Familienmitgliedern durchgeführt
werden (offene Spielzimmer und offene Spielgruppen) und auch den Austausch
der Eltern untereinander fördern sollen. Unerheblich für die Anwendung des
§ 22 Abs. 1a BImSchG ist ferner, dass ein Eltern-Kind-Zentrum zusätzlich zu
den privilegierten Angeboten auch nicht privilegierte Angebote ausschließlich
an die Eltern macht, solange diesen Angeboten eine nur untergeordnete Bedeutung
zukommt.
aa) Unter „Kindertageseinrichtungen“ i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG sind
nach dem Willen des Gesetzgebers Einrichtungen zu verstehen, in denen sich
Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert
werden. Insoweit wird in der Gesetzesbegründung auf das Begriffsverständnis
in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII verwiesen (vgl. BT-Drucks. 17/4836
S. 6). Unter „ähnlichen Einrichtungen“ wie Kindertageseinrichtungen i.S.d. § 22
Abs. 1a BImSchG versteht der Gesetzgeber bestimmte Formen der Kindertagespflege
gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII, die nach ihrem Erscheinungsbild
ähnlich wie Kindertageseinrichtungen betrieben werden, wie dies beispielsweise
bei Kinderläden der Fall ist (vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 6). Dabei handelt es
sich um private Einrichtungen, die von Eltern zum Zweck der gemeinsamen
wechselseitigen Kinderbetreuung selbst verwaltet werden, ohne diese Aufgabe
an Dritte zu delegieren (vgl. dazu BeckOGK/Janda, SGB VIII [1.7.2019], § 45
Rn. 34.3; § 77 Rn. 12; jurisPK-SGB VIII/Rixen, 2. Aufl., § 25 Rn. 7; Wiesner/
Struck, SGB VIII, 5. Aufl., § 25 Rn. 2; Winheller,
Privilegiert sind zudem Kinderspielplätze und ihnen ähnliche Einrichtungen. Darunter
sind kleinräumige Einrichtungen zu verstehen, die auf spielerische und
körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern zugeschnitten sind und die we-
gen ihrer sozialen Funktion regelmäßig wohngebietsnah gelegen sein müssen
(vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 6).
bb) Wie schon der Verweis des Gesetzgebers auf Kinderläden belegt,
darf der Begriff der Kindertageseinrichtung bzw. einer ähnlichen Einrichtung
nicht zu eng gefasst werden. Nur ein offenes Verständnis entspricht dem gesetzgeberischen
Ziel, durch § 22 Abs. 1a BImSchG eine Privilegierungsregelung
von „grundsätzlicher Natur“ zu schaffen, und vor dem Hintergrund, dass
Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft steht, ein
klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen
(vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 1, 4 u. 7). Für eine weite Auslegung spricht
auch, dass der Gesetzgeber auf die (weite) Begrifflichkeit im Sozialrecht (§ 22
Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) Bezug nimmt.
cc) Unter Beachtung dieses gesetzgeberischen Ziels handelt es sich bei
dem Eltern-Kind-Zentrum um eine Kindertageseinrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a
BImSchG bzw. jedenfalls um eine „ähnliche Einrichtung“.
(1) Dass ein nicht unerheblicher Teil der Veranstaltungen nicht ausschließlich
an Kinder gerichtet ist, sondern die Beteiligung von Familienmitgliedern
einschließt (offenes Spielzimmer und offene Spielgruppen) und damit auch
den Austausch der Eltern untereinander fördern soll, ändert entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts an dem Vorliegen einer Einrichtung i.S.d. § 22
Abs.1a BImSchG nichts. Geschützt werden sollen gerade auch neue Angebotsformen,
die über die traditionelle Kinderbetreuung hinausgehen. Eine solche
bietet der Beklagte allerdings auch an, und zwar in Gestalt des Mini-
Kindergartens und der übrigen nur auf Kinder ausgerichteten Veranstaltungen
wie Zeichenkurse, Musikkurse, Zumba Kids und „Scuola Italiana“. Offen bleiben
kann, ob die von dem Beklagten an die Kinder und - teilweise - gleichzeitig an
deren Eltern gerichteten Angebote sämtlich als Angebote einer Kindertageseinrichtung
oder einer ähnlichen Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG zu qualifizieren
sind. Dass bei einigen Veranstaltungen (offenes Spielzimmer, offene
Spielgruppen, Treffen der „Girl Scouts“ und unregelmäßige Kinderfeiern wie
Faschingsfeiern) das für Kindertageseinrichtungen konstituierende Merkmal der
Förderung (vgl. dazu VG Neustadt, BImSchG-Rspr. § 22 Nr. 196 S. 13 und
jurisPK-SGB VIII/Rixen, 2. Aufl., § 22 Rn. 12) weniger im Vordergrund steht, ist
unschädlich. Hinsichtlich dieser Angebote handelt es sich bei dem Eltern-Kind-
Zentrum jedenfalls um eine „ähnliche Einrichtung“ wie einen Kinderspielplatz.
Solche Einrichtungen, die auf spielerische oder körperlich-spielerische Aktivitäten
von Kindern zugeschnitten sind, werden gleichermaßen von § 22 Abs. 1a
BImSchG geschützt (vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 6). Ebenso wie bei Kinderspielplätzen
(vgl. dazu BVerwG
von Familienangehörigen zur Beaufsichtigung und Betreuung die Regel.
(2) Soweit der Beklagte Angebote ausschließlich an Eltern richtet, wie
dies auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts insbesondere
bei dem zweimal wöchentlich stattfindendem Kurs „Deutsch als Fremdsprache“
der Fall ist, wohl aber auch bei den unregelmäßigen Flohmärkten und Vorträgen,
kommt ihnen im Vergleich zu den an die Kinder alleine bzw. an diese zusammen
mit ihren Eltern gerichteten Angeboten, die zeitlich und von ihrer Bedeutung
her im Mittelpunkt der Tätigkeit des Beklagten stehen, nur eine untergeordnete
Bedeutung zu. Sie nehmen dem Eltern-Kind-Zentrum nicht die Eigenschaft
als Einrichtung i.S.d. § 22 Abs.1a BImSchG. Entsprechendes gilt für
die weiteren Angebote, die der Beklagte nach dem - auf Vortrag in den Tatsacheninstanzen
gestützten - Vorbringen der Kläger in der Revisionserwiderung
ausschließlich an Erwachsene richten soll (Yogakurse, Body-Work-Out-Kurse
für Mütter, Erste-Hilfe-Kurse, Seminare, Treffen von Eltern-Kind-Initiativen sowie
Theatergruppen). Dies ändert allerdings nichts daran, dass § 22 Abs. 1a
BImSchG nur die unmittelbar und mittelbar durch Kinder hervorgerufenen Geräuscheinwirkungen
privilegiert.
4. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es hinsichtlich des Hauptantrages keiner weiteren
Feststellungen bedarf, entscheidet der Senat insoweit in der Sache selbst
(§ 563 Abs. 3 ZPO). Unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung des § 22
Abs. 1a BImSchG auf das Wohnungseigentumsrecht stört das von dem Beklagten
betriebene Eltern-Kind-Zentrum bei einer typisierenden Betrachtungsweise
nicht mehr als die nach der Teilungserklärung vorgesehene Nutzung als „Laden
mit Lager“. Deshalb ist das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage
mit dem Hauptantrag abzuweisen.
a) Soweit die Angebote des Beklagten an die Kinder und teilweise
gleichzeitig an die Eltern, Großeltern etc. gerichtet sind, müssen die hiermit im
Zusammenhang stehenden Geräuscheinwirkungen wegen der Ausstrahlungswirkung
des § 22 Abs. 1a BImSchG insgesamt außer Betracht bleiben. Aufgrund
der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ist von dem in dem Gesetz
angeordneten „Regelfall“ auszugehen, dass solche Einwirkungen - ungeachtet
von im Einzelfall möglichen Abweichungen - keine schädliche Umwelteinwirkung
darstellen. Hierbei ist zu beachten, dass unter die durch Kinder hervorgerufenen
Geräuscheinwirkungen nicht nur solche fallen, die durch kindliche
Laute wie Sprechen und Singen, Lachen und Weinen, Rufen, Schreien und
Kreischen, durch körperliche Aktivitäten wie Spielen, Laufen, Springen und
Tanzen, durch kindgerechte Spielzeuge, Spielbälle und Spielgeräte sowie Musikinstrumente
hervorgerufen werden. Vielmehr gilt § 22 Abs. 1a BImSchG
auch für die durch die Betreuung der Kinder bedingten Geräuscheinwirkungen
wie Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern (vgl. BT-Drucks.
17/4836 S. 6; siehe auch BVerwG, BImSchG-Rspr. § 22 Nr. 207 S. 2). Nachdem
die Aufgaben der Kinderbetreuung zulässigerweise auch von Familienangehörigen
wahrgenommen werden, handelt es sich auch bei den von diesen im
Rahmen der Betreuung ausgehenden Geräuscheinwirkungen entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts um mittelbar von Kindern verursachte und
deshalb gemäß § 22 Abs. 1a BImSchG privilegierte Emissionen.
b) Der Beklagte muss entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
nicht alle ihm zumutbaren Mittel, etwa Schallschutzmaßnahmen, ausschöpfen,
um die Beeinträchtigung anderer möglichst gering zu halten. Die Privilegierung
nach § 22 Abs. 1a BImSchG schließt die in § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG
normierten Pflichten gerade aus, wonach Anlagen so zu errichten und zu betreiben
sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach
dem Stand der Technik vermeidbar sind, und dass unvermeidbare schädliche
Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (vgl. BT-Drucks.
17/4836 S. 6; Jarass, BImSchG, 12. Aufl., § 22 Rn. 45). Lediglich für die technische
Ausstattung der Einrichtung sowie der Spielgeräte gilt das allgemeine Immissionsschutzrecht,
so dass diese den technischen Anforderungen entsprechen,
also den Vorgaben des
17/4836 S. 6). Dass diesbezüglich Defizite bestünden, ist nicht festgestellt.
c) Auch im Hinblick auf die Öffnungszeiten stört das Eltern-Kind-Zentrum
nicht mehr als ein nach der Zweckbestimmung zulässiger Laden mit Lager.
Hierfür kann dahinstehen, ob mit „Laden“ in der Teilungserklärung statisch auf
die zum Zeitpunkt der Teilung geltenden Ladenschlusszeiten oder dynamisch
auf die künftig jeweils geltenden verwiesen wird (offen gelassen auch vom Senat
in dem Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14,
zum Meinungsstand BeckOK WEG/Müller [1.8.2019], § 15 Rn. 219 mwN). Die
Öffnungszeiten halten sich nämlich sowohl im Rahmen der im Zeitpunkt der
Teilung (20. November 1987) geltenden Vorschriften als auch im Rahmen der
derzeit geltenden Regelungen. Da der Freistaat Bayern von der seit der Föderalismusreform
bestehenden Möglichkeit, ein eigenes Ladenschlussgesetz zu
erlassen, keinen Gebrauch gemacht hat, gilt gemäß Art. 125a Abs. 1 GG das
entsprechende Bundesgesetz fort. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über
den Ladenschluss (LadSchlG) in der ab dem 1. Januar 1964 bis zum 30. September
1989 geltenden Fassung durften Läden montags bis freitags durchgängig
von 7.00 Uhr bis 18.30 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr, einmal
im Monat bis 18.00 Uhr geöffnet sein. Das von dem Beklagten betriebene
Zentrum überschreitet diese Zeiten nicht, da es von montags bis freitags von
9.00 Uhr bis 18.00 Uhr und samstags von 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr und einmal
pro Monat von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet ist. Diese Öffnungszeiten sind
auch mit der derzeit für Bayern geltenden Regelung vereinbar, da nach der ab
dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung des Gesetzes über den Ladenschluss die
Öffnung zulässig ist von montags bis samstags von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr (§ 3
Satz 1 Nr. 2 LadSchG).
d) Ebenso wenig geht bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise
der mit dem Betrieb des Eltern-Kind-Zentrums verbundene Publikumsverkehr
über das hinaus, was bei dem Betrieb eines Ladens mit Lager regelmäßig
zu erwarten ist. Dass es hier anders sein soll, hat das Berufungsgericht nicht
festgestellt.
e) Damit verbleiben als mögliche Beeinträchtigungen, durch die die Kläger
mehr als durch einen Laden mit Lager gestört werden könnten, nur noch die
ausschließlich an Erwachsene gerichteten Angebote des Beklagten. Hierauf
kann jedoch der von den Klägern mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch
auf Unterlassung der gesamten Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum nicht
gestützt werden.
aa) Soweit es um die unregelmäßig stattfindenden Flohmärkte, Vorträge
und die zweimal wöchentlich angebotenen Kurse „Deutsch als Fremdsprache“
für Eltern geht, fehlt es bereits typischerweise an einer emissionsintensiveren
Nutzung als eine Nutzung als Laden. Entsprechendes gilt für Yogakurse für Erwachsene,
Erste-Hilfe-Kurse, Seminare und Treffen von Eltern-Kind-Initiativen,
die nach dem Vortrag in der Revisionserwiderung von dem Beklagten ebenfalls
angeboten werden sollen.
bb) Letztlich kommt es hierauf für die Begründetheit des Hauptantrages
allerdings nicht an. Selbst wenn die Angebote störender sein sollten als die
Nutzung als Laden mit Lager, dies könnte etwa bei den nach dem Vorbringen
der Kläger von dem Beklagten angebotenen Theatergruppen - sofern sich das
Angebot nicht an Kinder richtet - oder den Body-Work-Out-Kursen für Mütter
der Fall sein (für die Unzulässigkeit des Betriebs eines Frauensportstudios in
einer als Laden vorgesehenen Teileigentumseinheit OLG Schleswig, NZM
2003, 483; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 15 Rn. 49), begründete dies
keinen Anspruch auf Unterlassung der gesamten Nutzung als Eltern-Kind-
Zentrum durch den Beklagten. Wie oben ausgeführt worden ist, stellen diese
Angebote die Qualifizierung des Zentrums als Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a
BImSchG nicht in Frage. Könnten die Kläger gleichwohl vollständige Unterlassung
verlangen, erstreckte sich dies auch auf die an Kinder gerichteten Ange-
bote, die nach dem Schutzzweck des § 22 Abs. 1a BImSchG gerade privilegiert
werden sollen. Stellen sich einzelne, nicht privilegierte Angebote des Beklagten
störender dar als der Betrieb eines Ladens, können die Kläger deshalb nur die
Unterlassung dieser Angebote, nicht jedoch die Unterlassung des gesamten
Betriebs der unter § 22 Abs. 1a BImSchG fallenden Einrichtung verlangen.
5. Zu den von den Klägern hilfsweise gestellten Anträgen, die in der Revisionsinstanz
angefallen sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990
- VIII ZR 296/88,
- XI ZR 369/16,
Ausgangspunkt folgerichtig - keine Entscheidung getroffen. Da insoweit die Sache
nicht entscheidungsreif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Hierzu weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
a) Dass die Wohnungseigentümer von einem anderen Eigentümer oder
- wie hier - von einem Mieter nicht die vollständige Unterlassung der von diesem
entgegen der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung vorgenommenen
Nutzung verlangen können, weil diese bei typisierender Betrachtungsweise
nicht mehr stört als die vorgesehene, schließt Unterlassungsansprüche gemäß
oder Mieters nicht aus (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 2019 - V ZR 330/17,
Zweckbestimmung entsprechender Nutzung). Ob die Kläger von dem Beklagten
verlangen können, es zu unterlassen, auf einem Teil der Außenfläche vor der
Teileigentumseinheit Kinderwagen und Fahrräder abzustellen (erster Hilfsantrag),
lässt sich ohne weitere tatsächliche Feststellungen nicht entscheiden.
b) Die Kläger müssen nicht jede Lärmimmission hinnehmen, die durch
den Betrieb des Eltern-Kind-Zentrums verursacht wird. Dies gilt im Grundsatz
auch für nicht mehr zumutbare Immissionen durch Kinderlärm (vgl. hierzu insbesondere
BGH, Beschluss vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, WM 2017,
587 Rn. 14). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kläger Anspruch auf die Einhaltung
einer bestimmten Lautstärke haben, wie dies durch die Anknüpfung an
einen bestimmten Dezibelwert in dem zweiten Hilfsantrag zum Ausdruck
kommt. Im Gegenteil: Gemäß
von Geräuscheinwirkungen, die von - wie hier - gemäß § 22 Abs. 1a
Satz 1 BImSchG erfassten Einrichtungen ausgehen, Immissionsgrenz- und
-richtwerte nicht herangezogen werden. Ein nur auf physikalische Größen beruhender
Bewertungsmaßstab der Akustik für die Beurteilung von durch Kinder
hervorgerufene Geräuscheinwirkungen wird dem besonderen Toleranzgebot
der Gesellschaft grundsätzlich nicht gerecht (vgl. BT-Drucks. 17/4836 S. 7 f.).
Insoweit muss den Klägern aber Gelegenheit gegeben werden, sachdienliche
Anträge zu stellen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:13.12.2019
Aktenzeichen:V ZR 203/18
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Sonstiges Öffentliches Recht
NJW 2020, 1354-1358
Normen in Titel:BGB § 1004 Abs. 1; WEG § 15 Abs. 1; BImSchG § 22 Abs. 1a