OLG Zweibrücken 12. Dezember 2000
3 W 208/00
BNotO §§ 15 Abs. 2, 23, 24; BeurkG §§ 54a, b, c

Notarieller Vorbescheid vor Auszahlung vom Notaranderkonto zulässig

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1016
letzte Aktualisierung: 23. Januar 2001
3w20800
Pfälzisches OLG Zweibrücken
3 W 208/00
13.12.2000
BNotO §§ 15, 23, 24; BeurkG 54a, b, c
Notarieller Vorbescheid

Besteht Streit über die Berechtigung an auf Notaranderkonten
hinterlegten Geldbeträgen, kann der Notar die von ihm beabsichtigte
Auszahlung durch beschwerdefähigen Vorbescheid ankündigen.
G r ü n d e:
I.
Der Beteiligte zu 1) ist der Sohn der Beteiligten zu 2). Zur Beilegung eines Rechtsstreits schlossen sie vor dem
Oberlandesgericht Köln am 16. September 1999 einen Vergleich, wonach der Beteiligte zu 1) sich verpflichtet,
zum Ausgleich eines Anspruchs der Beteiligten zu 2) bestimmte Geldbeträge auf ein Anderkonto eines von ihr
zu benennenden Notars einzuzahlen. Ziff. 2 des Vergleichs lautet:
„Der Notar wird angewiesen, der Klägerin (=Bet. zu 2)) nach Maßgabe des nachstehend bezeichneten
Kaufvertrages zur Tilgung der Kaufpreisschuld 196.000,-- DM auszuzahlen, sobald sie ihm einen
Kaufvertrag über eine in Bad Honnef gelegene Eigentumswohnung mit mindestens 3 Zimmern, Küche
und Bad vorlegt, der sie als Erwerberin ausweist. Der Restbetrag einschließlich der Zinsen ist auf den
Nachweis der Erwerbskosten an die Klägerin auszuzahlen. Nicht verbrauchte Erwerbskosten
einschließlich Zinsen werden an den Beklagten (=Bet. zu 1)) ausgekehrt.
Mit Bezugsfertigkeit der Eigentumswohnung verzichtet die Klägerin auf ihr Nießbrauchsrecht an dem
Grundstück ... in ...und hinterlegt die Löschungsbewilligung bei dem von ihr gewählten Notar zu
treuen Händen;...“
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 teilte der von der Beteiligten zu 2) benannte Notar dem Beteiligten zu 1)
mit, er habe die Anderkonten angelegt. Während die Beteiligte zu 2) am 21. Oktober 1999 den Notar allgemein
angewiesen hat, über die Anderkonten nur gemäß den in dem Vergleich getroffenen Bestimmungen zu


verfügen, hat der Beteiligte zu 1), wie bereits bei der Überweisung des Geldes auf die Konten angekündigt, mit
Schreiben vom 11 8. November 1999 eine detaillierte Hinterlegungsanweisung erteilt.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie die Anderkonten abzuwickeln sind. Dabei geht es vor allem um die
Frage, ob der Vergleich oder die dem Notar erteilten Hinterlegungsanweisungen Grundlage für die
vorzunehmenden Auszahlungen sind. Insbesondere ist streitig, inwieweit die Verpflichtungen von der
Bezugsfertigkeit der Eigentumswohnung abhängen und ob zu den "Erwerbskosten" auch die aufgewandte
Maklerprovision zu zählen ist.
Mit Bescheid vom 21. Juni 2000 hat der Notar angekündigt, "nach Maßgabe des Vergleichs vom.16.
September 1999“ im Einzelnen dargestellte Beträge auszuzahlen, sofern bis zum 7. Juli 2000 keine
Beschwerden erhoben werden. Daraufhin hat der Beteiligte zu,1) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Juli 2000, eingegangen beim Notar am 5. Juli 2000 Beschwerde eingelegt, mit dem
Antrag, die Auszahlung der auf den Notaranderkonten eingezahlten Geldbeträge unter Beachtung der
Anweisung des Beteiligten zu 1) vorzunehmen. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Die Kammer ist der Ansicht, der Beteiligte zu 1) sei bereits nicht in seinen Rechten betroffen
§ 19 Abs. 1 FGG), weil die Entscheidung des Notars durch Vorbescheid nicht zulässig sei. Der Notar habe
anstelle der ersten Instanz die ihm übertragenen Aufgaben für die Beteiligten zu entscheiden. Es sei ihm deshalb
nicht gestattet, rechtlich oder wirtschaftlich schwierige Dinge im Wege des Vorbescheides der
Beschwerdeinstanz vorzulegen. Dies gelte jedenfalls für Amtshandlungen des Notars auf dem Gebiet der
Tätigkeiten nach den §§ 23, 24 BNot0.
Mit seiner hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Ziel – Auszahlung des
hinterlegten Betrages unter Beachtung seiner Hinterlegungsanweisung weiter.
II.
1.Die weitere Beschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig (§§ 15 Abs. 1 Satz 3 BNot0, 27 Abs. 1, 29
Abs. 1 FGG). Gegen die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nach
Maßgabe der §§ 27-29 FGG eröffnet (vgl. dazu Eylmann/Vaasen, BNot0/BeurkG § 15 Rdnr. 51). Der
Zulässigkeit der weiteren Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Erstbeschwerde als
unzulässig verworfen hat (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FG 14. Aufl. 27 Rdnr. 7 mit zahlr.w.N. zur
Rspr.).
2. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts
durfte der Notar einen Vorbescheid erlassen. Mithin ist der Beteiligte zu 1) durch den Bescheid des Notars vom
21. Juni 2000 in seinen Rechten beeinträchtigt. Dies nötigt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der
Sache.
a) Nach der Neufassung von § 15 Abs. 2 BNotO ist die Beschwerde wegen Amtsverweigerung des Notars nicht
nur bei Urkundstätigkeit, sondern auch bei Betreuungstätigkeiten nach §§ 23, 24 BNot0 - wie hier ausdrücklich
eröffnet (vgl. Eylmann/Vaasen/Frenz aa0 15 Rdnr. 32; zur früheren Rechtslage: Beschluss des Senats vom 28.
Mai 1993 - 3 W 89/93). Die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNot0 ist deshalb auch im
Verwahrungsverfahren statthaft. § 54 c Abs. 5 BeurkG stellt dies für den praktischen Hauptfall der
Entscheidung des Notars über die Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit des Widerrufs ausdrücklich klar (vgl.
Eylmann/Vaasen/Hertel aa0 S 23,Rdnr. 49).
Notar sein beabsichtigtes Vorgehen (Auszahlung oder weitere Verwahrung) ankündigt. In solchen Fällen ergeht
nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ein beschwerdefähiger Vorbescheid (vgl.
dazu BayObLG NJW-RR 2000, 945 = DNotZ 2000, 376; FGPrax 1998, 78, 79; Bay0bLGZ 1995, 205, 208;
OLGSamm FGPrax 1995, 171; OLG Frankfurt/M DNotZ 1992, 61; ZNotP 1999, 83; OLG Schleswig DNotZ
1993, 67; LG Frankenthal MittBayNot 1996, 321, 322; Elymann/Vaasen/Frenz aa0 S 15 Rdnr. 20 und Hertel §
23 Rdnr. 50; Schippel/Reithmann, BNot0 7. Aufl. § 15 Rdnr. 79; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNot0 4. Aufl.§ 15
Rdnr. 91; Haug, DNotZ 1992, 18, 22 auch mit Nw. zur vereinzelt gebliebenen Gegenmeinung des LG
Frankfurt/M).
c) Der Senat ist in seinem bereits zitierten Beschluss vom 28. Mai 1993 der ganz herrschenden Meinung
gefolgt. Hieran wird festgehalten. Die Ausführungen des Landgerichts vermögen nicht zu überzeugen. Die
Situation des Notars ist auch im Rahmen seiner Tätigkeit gemäß §§ 23, 24 BNot0 mit derjenigen des
Nachlassgerichts bei Erteilung des Erbscheins vergleichbar. Hier wie dort geht es darum, beträchtliche Schäden
zu vermeiden, die auch bei Auszahlung hoher Geldbeträge entstehen können, sofern solche verbraucht werden
(vgl. zum Erbscheinsverfahren etwa BGHZ 20, 255, 257; Firsching, NJW 19551 1540, 1541 f.). Ebenso wenig
ist zu befürchten, die Notare könnten die Möglichkeit, einen Vorbescheid zu erlassen, missbrauchen und sich
auch in einfach gelagerten Fällen zunächst auf eine Vorankündigung beschränken anstatt abschließend Gelder
auszuzahlen. Denn wie bei den Nachlassgerichten (vgl. BGHZ 20, 255, 258 f.) kann auch bei den Notaren
darauf vertraut werden, dass sie nur in Fällen einer schwierigen Sach- und Rechtslage hiervon Gebrauch
machen. Davon, dass eine solche Situation hier gegeben ist, geht ersichtlich auch die Beschwerdekammer aus.
Des Weiteren lässt sich gegen die hier vertretene Ansicht nicht einwenden, dass nach ganz herrschender - vom
Senat geteilter - Ansicht in Grundbuchsachen Vorbescheide unzulässig sind. Die Zulässigkeit des notariellen
Vorbescheids erscheint zwar danach nicht selbstverständlich (vgl. Winkler MittBayNot 1998, 141, 147). Die
Ablehnung für Grundbuchsachen beruht aber auf den besonderen Grundsätzen des Verfahrens (vgl. Senat,
Beschluss vom 28. Januar 1997 - 3 W 180/96 - veröffentlicht OLGR 1997, 1). Für die Tätigkeit des Notars steht
demgegenüber - ebenso wie bei der Erteilung des Erbscheins - im Vordergrund, möglicherweise entstehende
irreversible Schäden zu verhindern (vgl. Anmerkung Vollhardt MittBayNot 1996, 323, 324). Letztlich geht
auch der Gesetzgeber davon aus, dass es für den Notar im Einzelfall geboten sein kann, der Auszahlung
entgegenstehende Amtspflichten über die Beschwerdemöglichkeit des § 15 Abs. 2 BNot0 zu klären (vgl.
Eylmann/Vaasen/Hertel aaO § 54 c BeurkG Rdnr. 7; Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung
vom 21. März 1996, BT-Drucksache 13/4184, S. 38).
3. Erweist sich danach die Erstbeschwerde als zulässig, unterliegt die getroffene Entscheidung des Landgerichts
der Aufhebung. Eine eigene Entscheidung des Senats als Rechtsbeschwerdegericht kommt nicht in Betracht,
weil der zu beurteilende Sachverhalt nicht feststeht. Im angefochtenen Beschluss wird zwar der
Verfahrensablauf dargestellt. Insoweit könnten sich aber Änderungen ergeben haben. Dazu verweist der Senat
auf das Schreiben des Notars vom 21. November 2000. Sollten mittlerweile Beträge ausgezahlt worden sein,
wird dies im Weiteren bei der Zulässigkeitsprüfung zu berücksichtigen sein (vgl. Eylmann/Vaasen/Hertel § 23
BNot0 Rdnr. 49 m.w.Nw.).
III..
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde
hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 Kost0 entsprechend der unbeanstandeten Wertfestsetzung der
Vorinstanz bemessen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

12.12.2000

Aktenzeichen:

3 W 208/00

Erschienen in:

DNotI-Report 2001, 43
MittBayNot 2001, 228
RNotZ 2001, 121-122
FGPrax 2001, 88-89
ZNotP 2001, 165-166

Normen in Titel:

BNotO §§ 15 Abs. 2, 23, 24; BeurkG §§ 54a, b, c